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Coverversionen, die erfolgreicher sind als das Original

Coversongs sind ein heikles Spiel: Wer ein bekanntes Stück neu interpretiert, läuft Gefahr, an der Vorlage gemessen und zerrissen zu werden. Doch manchmal passiert das Gegenteil: ein Cover bringt eine völlig neue Dimension in den Song, trifft den Nerv der Zeit und macht das Original beinahe unsichtbar.

Photographer: Ary Groeneveld (?) ; Auteursrechthouder: Gemeente Rotterdam (Stadsarchief) CC-0, CC0, via Wikimedia Commons

Jimi Hendrix – „All Along the Watchtower“

Bob Dylan schrieb „All Along the Watchtower“ 1967 während einer besonders produktiven Phase. Sein Original ist ein eher zurückhaltender, rätselhafter Folk-Song, getragen von akustischer Gitarre, Mundharmonika und Dylans markanter, nasal klingender Stimme. Der Text ist voller biblischer Anspielungen, rätselhaft und von apokalyptischer Stimmung geprägt. Ein typischer Dylan: poetisch, aber schwer greifbar.

Nur ein Jahr später nahm Jimi Hendrix sich des Songs an und erschuf eine komplett neue Welt. Mit seinem verzerrten Gitarrenspiel, Mitch Mitchells donnernden Drums und einem elektrischen Sound machte er aus Dylans zurückgezogenem Song eine kraftvolle Rockhymne. Hendrix veränderte sogar die Akkordfolgen und die Dramaturgie des Stücks, sodass es wie für seine explosive Gitarrensprache geschrieben schien.

Bob Dylan selbst erkannte sofort, dass Hendrix dem Song etwas gegeben hatte, was ihm selbst nicht gelungen war. Später sagte er: „Es ist seine Version. Sie ist so endgültig, dass ich das Lied fast so spiele, wie er es getan hat.“ Für viele Fans ist „All Along the Watchtower“ heute untrennbar mit Hendrix verbunden. Ein Paradebeispiel dafür, wie ein Cover das Original neu definieren kann.

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Jeff Buckley – „Hallelujah“

Leonard Cohen veröffentlichte „Hallelujah“ 1984. Trotz seiner poetischen Tiefe blieb das Lied lange im Schatten, und Cohens Album Various Positions wurde in den USA zunächst nicht einmal veröffentlicht. Sein „Hallelujah“ war getragen, fast monoton, mit Chören und Synthesizern, die den Song schwer und distanziert wirken ließen.

Erst Jeff Buckley nahm sich dem Lied 1994 auf seinem Album Grace an und schuf daraus eine intime, zutiefst emotionale Ballade. Mit seiner zarten, fast zerbrechlichen Stimme und der minimalistisch gezupften E-Gitarre machte er „Hallelujah“ zu einem Bekenntnis voller Sehnsucht, Verletzlichkeit und spiritueller Intensität. Während Cohen klang, als beobachte er die Geschichte von außen, sang Buckley so, als würde er sie gerade durchleben.

Die Tragik: Buckley starb 1997 mit nur 30 Jahren, bevor er den vollen Erfolg seines Covers erleben konnte. Doch nach seinem Tod entwickelte sich sein „Hallelujah“ zum Inbegriff der modernen Ballade. Es tauchte in Filmen, Serien und auf Beerdigungen auf und machte aus einem einst unbeachteten Song einen globalen Klassiker. Heute denken die meisten Menschen bei „Hallelujah“ nicht an Cohen, sondern an Buckleys zerbrechliche Interpretation.

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Johnny Cash – „Hurt“

„Hurt“ erschien ursprünglich 1994 auf dem Album The Downward Spiral von Nine Inch Nails. Trent Reznors Version ist roh, industriell, beinahe aggressiv. Es ist ein Song über Selbstzerstörung, Sucht und Verzweiflung – typisch für den Industrial-Sound der 90er.

Als Johnny Cash den Song 2002 aufnahm, war er bereits schwer krank und stand am Ende seines Lebens. Produziert von Rick Rubin im Rahmen der „American Recordings“-Serie, wurde „Hurt“ zu einem musikalischen Testament. Cash sang mit brüchiger, tief gealterter Stimme, begleitet nur von Gitarre und Piano. Das dazugehörige Video – gedreht im verfallenen „House of Cash“-Museum, durchsetzt mit Rückblenden seiner Karriere – machte das Lied endgültig zu einem Meilenstein.

Trent Reznor selbst war überwältigt: „Das ist nicht mehr mein Song. Es ist jetzt seiner.“ Mit Cashs Tod kurz nach der Veröffentlichung wurde „Hurt“ zum Vermächtnis einer Ikone. Aus einem düsteren 90er-Song war ein universelles Bekenntnis über Vergänglichkeit und Reue geworden.

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Wenn Neuinterpretationen Geschichte schreiben

Coverversionen sind nicht bloß Nachahmung, sie können die Musikgeschichte neu schreiben. Hendrix zeigte, dass man einen Folk-Song in eine Rock-Hymne verwandeln kann. Buckley verwandelte eine übersehene Ballade in eine zeitlose Hymne und Cash machte aus einem Industrial-Song ein musikalisches Testament.

Sie alle beweisen: Manchmal liegt die wahre Größe eines Songs nicht in seiner ersten Version, sondern darin, wie er durch neue Stimmen und Perspektiven wiedergeboren wird.

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