Cherry Audio zollt Synthesizer-Legende Alan R. Pearlman Tribut und meldet sich mit einer detailverliebten Hommage zurück: ODC 2800 heißt das neueste Plugin – eine virtuelle Reinkarnation des legendären ARP Odyssey.

Zum 100. Geburtstag des ARP-Gründers bringt Cherry Audio eine Emulation auf den Markt, die nicht nur alle drei Hardware-Revisionen des 70er-Jahre-Klassikers abbildet, sondern das Original auch behutsam erweitert – mit zeitgemäßen Features für moderne Produktionsumgebungen.
Trotz des erweiterten Funktionsumfangs bleibt Cherry Audio seiner Preisphilosophie treu: ODC 2800 kostet nur rund 50 Euro. Ein Teil der Einnahmen geht an die Alan R. Pearlman Foundation, die sich der Förderung elektronischer Musikkultur verschrieben hat.

Vintage-Synthesizer ARP Odyssey in drei Generationen
Der ARP Odyssey galt damals als der klanglich flexiblere Rivale des Minimoog. Er wurde im Laufe der 70er Jahren in drei Serien produziert. Den Anfang machte das Model 2800 Mk 1 „Whiteface“ (1972 bis 1974), ein duophoner Synthesizer im schwarzen Gehäuse mit weißem Frontpanel. Ähnlich wie beim Oberheim SEM kommt ein 12-dB-Filter zum Einsatz – aber auch Oszillator-Sync, Sample & Hold oder Ringmodulation sind möglich.
Das Model 2810-2813 Mk II „Black/Golden“ (1975 bis 1978) hatte hingegen CV/Gate-Anschlüsse, während die Filtersektion nun mit 24 dB à la Moog arbeitete.
Das dritte und letzte Model 2820-2823 Mk III „Black/Orange“ (1978 bis 1981) fiel vor allem durch das neue Gehäusedesign auf. Für diese Farbkombination entschied sich auch Korg beim 2015 erschienen Klone ARP Odyssey.
Beim Cherry Audio ODC 2800 handelt es sich sozusagen um die vierte Generation. Sie integriert viele neue Funktionen, die wir euch in diesem Kurztest vorstellen.
DETAILS & PRAXIS
Cherry Audio ODC 2800 – mehr Stimmen als der ARP Odyssey
Synth-Designer Mark Barton hat bei seiner DSP-Codierung neben der präzisen Reproduktion aller klangbildender Elemente des Vintage-Synths auch an die Polyfonie gedacht. So wird aus dem duophonen Odyssey ein bis zu 16-stimmiger ODC 2800.

Das Plugin von Cherry Audio erinnert offenkundig ans Original, hat aber einen neuen Look und integriert ein erweitertes Bedienfeld für intuitive Zugriffe auf sämtliche Klang- und Effektparameter. Leidiges Menü-Diving ist also nicht nötig. Allerdings geht die Bedienung des virtuellen ARP Odyssey nicht ganz so leicht von der Hand wie bei einem Minimoog oder Prophet.

Drei statt zwei Oszillatoren
Anstelle von zwei VCOs wie beim Original stattet Cherry Audio den Odyssey mit drei Oszillatoren aus. Es gibt eine Sägezahn-, Rechteck- und Pulswelle sowie eine Quantisierungsoption für die VCO-Frequenz.

Der ODC 2800 punktet außerdem mit erweitertem Routing für die Oszillator-Synchronisation zwischen allen drei VCOs. Jeder Oszillator beherrscht FM- und Crossmodulation, hinzu kommt ein Modulator mit 33 wählbaren Quellen. Damit präsentiert sich das Plugin von Cherry Audio deutlich modulativer als der ARP-Synthesizer.
Der Cherry Audio ODC 2800 verfügt über den Portamento-Algorithmus der CS-80 Emulation Cherry Audio GX-80.
Das „Smart Portamento“ startet den Gleiteffekt bei der zuletzt gespielten Note – und klingt dadurch deutlich musikalischer als die damaligen Synthesizer von Moog, Oberheim oder Sequential.
Weitere Extras bei Filter, LFO und VCA
Weiter geht’s mit dem Filter, das alle Filterschaltungen der drei klassischen ARP Odyssey-Modelle emuliert. Beim ODC 2800 fungiert es zudem auch als Hoch- und Bandpass. Das Plugin integriert noch zwei LFOs, die mit fünf verschiedenen Wellenformen arbeiten und verschiedene Einstellungen erlauben.

Beide ADSR-Hüllkurven des Software-Synths lassen sich dynamisch spielen, während man im Mixer VCOs, VCF und VCA mit insgesamt 33 Quellen modulieren kann – alles Features, die mir schon beim ersten Durchklicken positiv aufgefallen sind. Mit den Drift Controls für VCO, VCF und Hüllkurven verhält sich das virtuelle Instrument noch etwas „analoger“. Fürs kreative Synth-Programming stehen schon mal viele Türen offen.
Arpeggiator und Effekte beim Cherry Audio ODC 2800
So wie beim zuletzt vorgestellten Cherry Audio Yellowjacket, einer Emulation des EDP WASP von 1978, integriert auch der ODC 2800 einen synchronisierbaren Arpeggiator. Dieser macht das Arpeggieren mit den neuen Funktionen Chance und Feel richtig spannend – viel besser als klassische Akkordbrecher mit ihrem monotonen Auf und Ab.
Die Effektsektion des ODC 2800 passt gut ins Vintage-Bild. Auf dem neuen Effekt-Panel hat man Zugriff auf integrierte Pedal-Effekte – ein Distortion/EQ-Effekt, ein dualer 4/8-stufiger Phaser, Flanger/Chorus, drei Echo-Delays und fünf Reverb-Typen. Die Bedienung gestaltet sich einfach und klanglich gibt es nichts zu kritisieren. Eine feine Sache ist der Effektmodulator, ein spezieller, temposynchronsierbarer LFO zur rhythmischen Steuerung der Effekte.
Nicht zu vergessen: Der Cherry Audio ODC 2800 reagiert auf Wunsch individuell auf polyfonen Aftertouch. Nicht weniger als 24 Zielparameter könnt ihr hier adressieren.

So klingt der Cherry Audio ODC 2800
Cherry Audio nimmt Presets ernst. Wie bei den anderen Effekt- und Synth-Plugins integriert der ODC 2800 zahlreiche Sounds, die von erfahrenen Designern stammen und sich auf insgesamt 13 Klangsparten verteilen. Klanglich entfernt sich der ODC 2080 mit seinen zusätzlichen Effekten teils vom Original. Die Presets überzeugen dafür mit einem Mix aus klassischen und modernen Sounds.

Ein Dutzend Factory Presets aus verschiedenen Soundkategorien habe ich herausgepickt und sie live auf dem Controller-Keyboard angespielt. Sie spielen sich angenehm und reagieren meist musikalisch auf Aftertouch. Die Audio-Demos zeigen einen kleinen Querschnitt durch die Factory Presets. Wer noch mehr Sounds vorhören möchte, gönnt sich das optionale „Centennial Sounds Preset Pack“.
Cherry Audio ODC 2800 und Alternativen
Im Grunde konkurriert der Cherry Audio ODC 2800 derzeit mit drei kommerziellen Plugins, die den ARP Odyssey ebenfalls in der DAW abbilden – Korg, GForce und WayoutWare.
Den Korg ARP Odyssey gibt es einzeln oder als Teil der Korg Collection. Im Korg Shop kostet er regulär um die 100 US-Dollar, versteht sich als akribische Emulation aller drei Generationen des ARP Odyssey und enthält über 200 Presets. Korg bietet ihn auch schon seit Jahren als preiswerte App an – wie gut sie ist, verrät der Korg ARP ODYSSEi App Test.
Wer bereit ist, mehr als das Doppelte vom ODC 2800 zu investieren, findet im GForce Oddity 3 eine hochwertige Alternative. Der WayoutWare Odyssey ist hingegen günstiger als der ODC 2800, bietet aber deutlich weniger Features und Presets.
Nicht zuletzt gibt es den Odyssey auch als neu interpretierte Hardware. Allein der „preiswerte“ Behringer Odyssey kostet aber schon deutlich über 400 Euro. Insgesamt macht der Cherry Audio ODC 2800 also einen ziemlich guten Schnitt. Hier gibt es viele nützliche Presets sowie neue und auch sinnvolle Features für nur 49 Euro.




FAZIT
Wer sich für den ARP Odyssey interessiert, bekommt beim Cherry Audio ODC 2800 eine solide Emulation mit vielen neuen Features zum unschlagbar günstigen Preis. Für den Einstieg stellt es sogar die attraktivste Option unter den jüngsten Emulationen des ARP-Klassikers dar. Mit den vielen zusätzlichen Funktionen schießt Cherry Audio nicht übers Ziel hinaus, sondern ergänzt die ursprüngliche Architektur sinnvoll.
Der der Cherry Audio ODC 2800 reiht sich anstandslos ins stetig wachsende Portofolio der US-amerikanischen Software-Firma ein. Er ist überaus solide und ein Nice-to-have-Plugin. Dafür gibt es von uns vier Sterne und den Tipp, vorab die Demo-Version zu probieren.
Features
- Emulation des ARP Odyssey
- Features aller drei Vintage-Modelle (Mk1 bis Mk3)
- 16 Stimmen, viele Erweiterungen
- Arpeggiator und Effekte
- Skalierbares GUI mit Zoom-Feature
- Library mit über 300 Presets
- Ab Windows 7, Mac OS X 10.13 (M1 Support)
- Online-Aktivierung, VST, VST3, AU, AAX, Standalone
- PREIS: 49 Euro (Straßenpreis vom 17.06.2025)
- Souveräne Emulation des ARP Odyssey
- Moderner Sound, dynamischer Arpeggiator & Effektmodulator
- Gute Library mit vielen Presets
