Boss ME-90 Test

Das Boss ME-90 ist der neueste Spross der bei Gitarristen seit Jahrzehnten sehr beliebten ME-Serie des japanischen Herstellers. Die Konzeption ist offensichtlich: Übersichtliches Editieren am Gerät mit vielen Reglern statt permanent in Untermenüs eintauchen zu müssen. An Bord sind eine Menge Effekte, Amps und Cab-Simulationen sowie ein Expression-Pedal zur Steuerung von Effekten in Echtzeit. Aber natürlich ist auch das Editieren am Computer möglich. Wir prüfen, was das ME-90 sonst noch alles auf und im Kasten hat.

Boss ME-90 TEST

Boss ME-90 – das Wichtigste in Kürze

  • Multi-Effektgerät mit Amp-Modeling
  • 8 Effektmodule plus Send/Return, Noise Gate und Foot Volume
  • Expression-Pedal
  • 36 Preset Patches, 36 User Patches
  • Boss Tone Studio App – editieren am Computer
  • Herkunft: Malaysia

Gehäuse und Optik des Boss ME-90

Das Boss ME-90 kommt in einem soliden Metallgehäuse, das rutschfest fünf großen Gummifüßen steht. Das Effektgerät kann wahlweise mit vier AA-Batterien betrieben werden oder mit Netzstrom, wobei die üblichen 9 Volt angesagt sind. Der Strombedarf ist moderat, das 1Spot mA Meter zeigt 117 mA an. Damit kann das ME-90 auch noch an einer weniger leistungsstarken Mehrfach-Stromversorgung hängen. Aber eine Stromversorgung wird auf jeden Fall benötigt, denn der Hersteller hat nur vier Batterien zur Erstversorgung im Angebot. Das ME-90 kommt mit einem Expression-Pedal, vier Dual Switches, einem Zwei-Ziffern-Display und 30 Reglern. Womit eindeutig klar ist, wo die Reise hingeht: Haptisches Editieren per Schrauben an Reglern wie an „normalen“ Effektpedalen statt Wischen am Display. Aber es kann auch über USB mit einem Computer verbunden und dann über den großen Bildschirm mit der Boss Tone Studio App editiert werden.

Boss ME-90 Multieffektgerät
Fotostrecke: 3 Bilder Mit dem Boss ME-90 präsentiert der Hersteller ein neues Multieffektgerät mit integriertem Amp-Modeling.

Das Boss ME-90 lässt sich komfortabel am Gerät oder per App editieren

Die Aufteilung ist standardgemäß, alle Schalt- und Bedienelemente sind auf der leicht angeschrägten Oberseite platziert, die Anschlüsse an der Stirnseite. Dort warten Input, Output (2x) sowie Send- und Return-Anschlüsse im 6,3 mm Klinkenformat mit solide verschraubten Buchsen, einzig der Phones-Ausgang besitzt eine 3,5 mm Stereo-Klinkenbuchse. Neben dem Power-Schalter befindet sich der USB-C-Anschluss für die bereits erwähnte Verbindung zum Computer. Neben der Verwendung mit der Boss Tone Studio App ist es auch möglich, das ME-90 als Audio-Interface zum Aufnehmen zu benutzen (USB-Audio). Das ME-90 kann auch per Bluetooth mit einem mobilen Endgerät (Smartphone, Tablet) verbunden werden, um es mit der Boss Tone Studio App von dort zu editieren. Dazu benötigt man allerdings den optionalen Boss BT-Dual Bluetooth Adapter, der für 49 Euro erhältlich ist und in den passenden Slot an der Stirnseite gesteckt wird. Außerdem gibt es einen kleinen Schiebeschalter, mit dem man das ME-90 an das angeschlossene Equipment anpasst. Bei Line wird ein Signal im Line-Pegel ausgegeben, die Cab-Simulation ist dann bei der Verwendung der Preamp-Sektion aktiviert. Schaltet man auf Gt. Amp um, wird die Cab-Simulation deaktiviert und man kann in den System-Settings (Boss Tone Studio App) einstellen, ob ein Power Amp, Amp Input, etc. angeschlossen ist.

Das Boss ME-90 verfügt über 60 Effekte und 11 Amp/Cab-Simulationen

Das ME-90 hat eine Signalkette von acht verschiedenen Effektmodulen plus Volume Pedal, Noise Gate und einen Effektloop für externe Effekte. Macht zusammen die folgenden 11 Module:

PEDAL FX: Wah, Pedal Bend, Expression Funktionen (11 Möglichkeiten)
Comp/FX: Compressor, Auto Wah, Acoustic Simulator, etc. (11 Effekte)
OD/DS: Overdrive, Distortion Fuzz (11 Effekte)
PREAMP: Amp- & Cab-Modeling (11 Modelle)
EQ/FX2: EQ, Modulationseffekte (6 Modelle)
MOD: Modulationseffekte (11 Modelle)
Delay: Delay-Effekte (11 Modelle)
Reverb: Hall-Effekte (4 Modelle)

Boss ME-90 Bedienfeld
Fotostrecke: 6 Bilder Jede Menge Bedienelemente haben sich auf der Oberseite ausgebreitet.

Summa Summarum stehen also 60 verschiedene Effekte und 11 Amp/Cab-Simulationen zur Verfügung. Der ME-90 verfügt über zwei unterschiedliche Modi. Zum einen gibt es den Memory-Mode, in dem man einzelne gespeicherte Patches von Effektkombinationen aufrufen kann. Hier sind 36 Preset und 36 veränderbare User-Patches an Bord. Möchte man im Pedalboard-Style einzelne Effekte aktivieren oder deaktivieren, wechselt man zum Manual-Mode und schaltet die Effektmodule separat. Ein logisches und mittlerweile bewährtes Bedienkonzept, das für alle Einsatzbereiche sehr gut funktioniert. Ist man als Cover-Musiker unterwegs und speichert pro Song nur einen Sound, wird man bei 36 Patches doch zügig an die Grenze kommen. Aber es ist auch möglich, in der Tone Studio App Patches auf dem Computer zu speichern, aus denen man sich die relevanten dann vor dem Gig ins ME-90 ziehen kann.

Boss ME-90 Expression-Pedal
Fotostrecke: 7 Bilder Mit an Board ist ein integriertes Controller-Pedal,…
Kommentieren
Profilbild von Stephan Everling

Stephan Everling sagt:

#1 - 31.12.2023 um 12:08 Uhr

1

Vielen Dank für den Review, den ich allerdings nicht nachvollziehen kann. Von mir würde das ME 90 nur 2 Sterne bekommen, und wohlgemerkt: Ich finde den Sound gut, mag das Konzept und die Möglichkeiten, die das Gerät bietet. Doch das Drumherum ist von einer Hirnlosigkeit, die mir den Puls in die Höhe treibt. Erst einmal, und das kostet den ersten Stern, zeigt Boss sich mal wieder von der Scroogigsten Seite: Kein Netzgerät, kein Bluetooth-Adapter, noch nicht einmal ein fimschiges USB-Kabel liegt dem Gerät bei. Dabei ist Bluetooth eminent wichtig für die Bedienung. Denn, und das kostet den nächsten Stern, ist eine ganze Reihe von Effekten und Einstellungen nur erreichbar, wenn man entweder über einen Computer geht, oder, und das wird die Regel sein, wenn man im Proberaum, Studio oder auf der Bühne ist, über die Handyapp. Die ist aber aus unerfindlichen Gründen nicht per Kabel ansprechbar, sondern nur über Bluetooth, was also zwingend notwendig ist, wenn das ME 90 professionell eingesetzt werden soll. Doch der Bluetooth-Adapter, ach, stimmt, hatte ich ja schon. Denn dritten Stern kostet die Idee, schwarze Knöpfe auf ein schwarzes Gerät zu setzen. Hat der Designer jemals auf einer schlecht beleuchteten Bühne gestanden, in einem Raum mit funzeliger Beleuchtung? Offensichtlich nicht. Stattdessen ist dem ME 90 eine affige, bunte Discobeleuchtung spendiert worden, die zeigen sollen, welche Effekte an sind. Abgesehen davon, dass sich immer mehrere Effekte eine Farbe teilen, kann sich doch niemand merken, was das alles heißen soll, vor allem nicht, bei einem schnellen Seitenblick beim Gig. Wer sich diese Features ausgedacht hat, sollte mit Schwarzwaldklinik nicht unter 100 Folgen bestraft werden. Völlig idiotisch ist auch der Wahn von Boss, der ME-Serie immer 36 unbrauchbare Presets einzuspeichern, statt den Raum für frei programmierbare Sounds zur Verfügung zu stellen. Davon gibt es nämlich nur 36, was je nach Einsatzart knapp sein kann. Doch es gibt auch gute Nachrichten. Zum einen lässt sich die Beleuchtung auf neutrales Weiß umschalten. Zum anderen: Das ME 90 ist gegenüber dem ME 80, das ich jetzt seit einigen Jahren eingesetzt habe, deutlich im Sound verbessert. Auch gibt es Effekte, wie zum Beispiel das Proco Rat als Verzerrungsmodell, die eine wirkliche Verbesserung darstellen. Dass der Sound dünn sein soll, wie einige schreiben, kann ich nicht feststellen. Allerdings braucht es schon einige Beschäftigung mit dem ME 90, um es zufriedenstellend einsetzen zu können. Doch dann, wenn es läuft, dann läuft es auch. Und bei welchem komplexeren Gerät ist das anders? Deshalb werde ich es wohl auch trotz aller Cons, über die ich mich immer wieder aufrege, wahrscheinlich behalten.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.