AKG P220 und P420 Test

AKG P220 und P420 im Test – Um Vocals aufzunehmen, greift man im professionellen Tonstudio wie im Homerecording meist zu Großmembran-Kondensatormikrofonen.

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Auch für das Recording verschiedener Instrumente wie Akustikgitarre, einzelner Signale des Drumkits, die Aufnahme eines Gitarrenverstärkers und dergleichen: Großmembran-Mikros liefern qualitativ hochwertige Ergebnisse.
Von AKG gibt es einige bekannte Studiomikrofone, darunter dynamische Mikrofonen mit Tauchspule wie das D112, aber auch eine ganze Reihe Kondensatormikros, das legendäre C12 und verschiedene C414-Derivate. Als „Perception“ wurde vor einigen Jahren eine Serie gestartet, welche verschiedene Mikrofone im für Heimstudio-Anwender und Hobby-Tontechniker bezahlbaren Bereich anbot. Vom Namen „Perception“ ist nur noch das „P“ übriggeblieben, die ursprünglich in Babyblau-Metallic gehaltenen Mikros sind erwachsen geworden und strahlen in dunklem Anthrazit deutlich mehr Seriosität aus. P220 und P420 sind zwei neue Vertreter, die wir in der Praxis einem Test unterzogen haben.

Details

Gehäuse: Druckguss

Beide AKG-Mikros nutzen gleiche Gehäusebauteile, lediglich das äußere Gitter hat beim P420 einen edlen Rotstich, der dem P220 fehlt. Trotz des geringen Preises wird auf ein Housing aus Messing-Druckguss nicht verzichtet. Bei den derart geringen Signalpegeln, wie sie im Mikrofonschaltungen vorkommen, kann sonst auch viel unangenehm einstreuen. Gut also. Im Fuß der Mikrofone ist neben dem obligatorischen XLR-Output auch ein Innengewinde eingelassen, um einen Mikrofonhalter oder eine elastische Aufhängung einzuschrauben. Eine solche „Spinne“ vermeidet Körperschallübertragung über den Mikrofonständer und ist bei beiden Studiomikros im zugehörigen Koffer zu finden. Auch das ist positiv: Zu beiden Mikros gibt es einen Koffer statt Pappschachtel.

Fotostrecke: 5 Bilder Beide Kondensatormikrofone sind im stabilen Druckgussgehäuse beheimatet

Unterschied: Feste Nieren-Richtcharakteristik vs. Pattern-Umschaltung

Äußerlich sind AKG P220 und P420 sehr ähnlich, doch gibt es neben den verschiedenen aufgedruckten Zahlen des Produktkürzels weitere Unterschiede zu entdecken: Während das P220 frontseitig die Schiebeschalter für das Hochpassfilter und die Pad-Vorabsenkung zeigt, erklärt das P420 mit einem Schalter, dass man verschiedene Richtcharakteristika einstellen kann, nämlich Niere, Kugel und Acht. Und das ist auch schon der wesentliche Unterschied: Eine Pattern-Umschaltung gibt es beim AKG P220 nicht, dieses arbeitet mit einer festen Nieren-Richtcharakteristik.

Fotostrecke: 5 Bilder Beide AKGs besitzen eine Doppelkapsel…

Hochpassfilter und Pad besitzen beide AKG-Mikros

Allerdings ist auch AKGs P420 mit einem Hochpassfilter und einem Pad gesegnet, nur finden sich diese Funktionen auf der Rückseite. Mit 300 Hz ist die Grenzfrequenz des HPF beider Mikros erstaunlich hoch, mit 12 dB/Oct auch gar nicht so flach, wie man vielleicht erwarten könnte. Das Pad arbeitet mit 20 dB Abschwächung, was bei beiden Modellen den Granzschalldruckpegel (0,5% THD) von 135 auf 155 dB(SPL) hebt. Das umschaltbare P420 ist interessanterweise mit 15 dB(A) um ein Dezibel rauschärmer als das P220. Auch beim Übertragungsfaktor gibt es Differenzen zwischen den AKG-Mikros: 28 mV/Pa (P240) und 20 mV/Pa (P220). 

Fotostrecke: 3 Bilder Das AKG P420 hat auch auf Niere gestellt…

Gleiche Doppelmembran-Kapsel, nur unterschiedlich angeschlossen?

Es liegt eigentlich nahe, dass AKG zwar die gleiche Kapselkonstruktion verwenden, doch beim P220 mit seiner festen Charakteristik nicht ermöglichen, dass die hintere Membran, die zur Verschaltung zu Kugel und Acht notwendig ist, ein Signal ausgibt. So ähnlich verhält es sich auch: Beim AKG P420 ist die hintere Membran der Doppelkapsel wie die vordere mittenkontaktiert, beim P220 fehlt dieser Kontaktpunkt. Egal? Nein, denn eine Membran – bei unseren Testkandidaten ist das eine goldbedampfte Mylarfolie – schwingt deutlich anders, wenn sie im Mittelpunkt bedämpft ist. Auch, wenn die rückseitige Membran nicht aktiv ist, als Laufzeitglied für die vordere hat sie eine nicht unerhebliche Aufgabe. Allerderdings wird dies nicht der einzige Grund sein, dass die Nierencharakteristika von P220 und P420 deutlich variieren: Das Fixcharakteristik-Mikro P220 weist einen deutlichen Bassboost um 80 Hz, der dem P420 fehlt. Beide zeigen jedoch die nicht unüblichen Anhebungen zwischen 5 und 10 kHz, die viele Großmembran-Kondensatormikrofone besitzen. Kugel und Acht zeigen gewisse Abweichungen, so ist der Boost der Kugel ein wenig höher, im geglätteten Standard-Frequenzdiagramm ist die Acht etwas niedriger geboostet und kommt mit einem kleinen Dip im tiefen Grundtonbereich von Stimmen, also zwischen 100 und 200 Hertz. Gut also, dass die beiden Mikrofone wahrscheinlich auch klanglich leicht unterschiedlich sein werden. Aber ob das in der Praxis auffällt?

Praxis

„Billig“-Mikrofone?

Kinners, wie die Zeit vergeht… wenn man noch vor zehn Jahren ein Großmembran-Kondensatormikrofon für den Preis eines AKG P220 oder auch P420 angehört hat, dann wusste man sofort, dass man das Doppelte, besser sogar das Vierfache ausgeben müsste, um einen wirklich guten Sound zu erzielen. Wir schreiben das Jahr 2015, und zumindest bezüglich des Preis/Leistungsverhältnisses von Studiomikrofonen ist die Welt eine bessere geworden. Beide Mikros sind zunächst einmal robust gebaut und kommen im praktischen Koffer mit Zubehör. Sie sind beide ausreichend leise im Betrieb, vertragen einen hohen Schalldruck und lösen durchaus fein auf. Billig-Mikrofone? Nur vom Preisschild, nicht vom Klangcharakter! Die vielleicht wichtigste Aussage zuerst: Wer Homerecording betreiben möchte, macht mit beiden AKG definitiv nichts verkehrt! Das ist eine deutliche Verbesserung gegenüber den blauen Perception-Vorgängermikrofonen, denn manche von ihnen haben, diplomatisch ausgedrückt, nur für verhaltene Jubelschreie gesorgt. 

Audio Samples
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AKG P220, Niere, 40 cm AKG P420, Niere, 40 cm

P420 mit Richtcharakteristik Niere klingt ausgewogener als P220

Im Beispiel mit der meistgebräuchlichsten Richtcharakteristik Niere zeigt sich das generelle Verhalten der Mikrofone: Sie zeichnen beide recht detailliert auf. Bevor der Roll-Off der Höhen einsetzt, reagieren sie so, wie man es anhand der Frequenzgänge erwarten kann. Das leicht crispe „Britzeln“ in den Höhen ist nicht zu übertrieben und wird auch bei den meisten Instrumentenaufnahmen nicht zu aufdringlich sein. Interessant: Das AKG P220 klingt etwas kratziger und aggressiver als das P420. Das umschaltbare AKG gefällt nicht zuletzt aus diesem Grund ein wenig besser. Es ist ein bisschen dicker, sämiger, runder und einfach ausgewogener. Im ersten Direktvergleich wird es einem ein bisschen langweiliger vorkommen, doch lässt sich mit einem weniger aufgeregten und besser ausbalancierten Sound im Mix meist besser arbeiten. Vielleicht nicht bei manchen dunklen Männerstimmen und vielleicht vor dem Bassamp oder außen an der Bassdrum, doch würde ich das 420 dem 220 fast immer vorziehen. 

Fotostrecke: 3 Bilder Das AKG P220 (vorne rechts) klingt ein wenig bissiger als das P420.

Nahbesprechungseffekt schwach ausgeprägt

Erstaunlich finde ich, dass das AKG P220 trotz des zumindest nominellen Bass-Boosts nicht so viel Pfund liefet wie das P420. Und noch etwas fällt auf: Der Nahbesprechungseffekt, also die Anhebung der tiefen Frequenzen bei Besprechung mit geringem Abstand, ist bei beiden Mikrofonen eher schwach ausgeprägt. Eigentlich ist es schön, darüber klanglich viel regeln zu können, doch wenn man bedenkt, dass viele P220 und P420 in einer Umgebung verwendet werden, die keine hohen Pegel zulässt (also vom Singer/Songwriter oder dem Rapper in Wohn- oder Schlafzimmer), dann ist es gut, dass man nah an das Mikrofon heranrücken kann, ohne das Signal zu „verbassen“. Das Hochpassfilter arbeitet sauber und schneidet die tiefen Frequenzen bei beiden Mikros sanft, aber bestimmt ab. 

Audio Samples
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AKG P420, Acht, 40 cm AKG P420, Kugel, 40 cm AKG P420, Niere, 40 cm AKG P420, Niere, 40 cm, 45 Grad AKG P420, Niere, 70 cm AKG P420, Niere, 15 cm AKG P420, Niere, 15 cm, HPF MA 201FET, 40cm

Konsonanten werden leicht angedickt

Die Dynamik ist bei beiden AKGs nicht übertrieben grandios, geht aber in Ordnung. Bei sehr hohen Pegeln werden die Mikros schlagartig recht unbequem, schnelle Anstiege werden insgesamt vernünftig weitergegeben. Die Impulsweitergabe sorgt nicht für Begeisterung, wird aber ordentlich „verkauft“: Ein leichtes Andicken der Konsonanten steht einigen Signalen ganz gut zu Gesicht und klingt auf den ersten Blick „teuer“. Allerdings sollte man sich nicht vertun. Denn wenn man dann mal in den Genuss kommt, hochwertigere Mikrofone mit etwas stärkerer Kolorierung gegenzuhören – etwa ein Neumann U 47 –, dann zeigt sich der Unterschied deutlich. Und ganz allgemein finde ich, dass man mit Mikrofonen, deren Sound Richtung „mix ready“ geht, eher vorsichtig sein sollte, da sich eben im Mix zeigt, dass man dann doch wieder ordentlich herumdrehen muss. Trotzdem: Für den Preis machen die AKGs das ordentlich und übertreiben glücklicherweise nicht. Allerdings klingen teure Mikrofon-Ausgangsübertrager wirklich besser, wie das Mojave MA-201FET im Beispiel zeigt. 

Fotostrecke: 3 Bilder Die fehlende Umschaltbarkeit der Richtcharakteristik alleine ist es nicht, die den Unterschied ausmacht…

Außerhalb der Hauptaufsprechrichtung verändert sich der Klang schnell

Kugel und Acht sind bei umschaltbaren Mikrofonen meist nicht nur technische Lösungen zur Veränderung der Richtungsabhängigkeit, sondern verändern schlichtweg den Klang des aufzunehmenden Signals – auch wenn es frontal kommt. Und tatsächlich: Die Acht klingt kompakter und mittiger, die Kugel offener und etwas neutraler. Signale werden außerhalb der Hauptaufsprechrichtung recht schnell im Klang verändert. Bei der Aufnahme sehr breiter Klangkörper sollte man also kritisch hinhören. 

Fazit

AKG hat mit den neuen Modellen P220 und P420 zwei sehr vernünftige Kondensatormikrofone auf den Markt gebracht. „Vernünftig“ bedeutet hier, dass es für einen erstaunlich geringen Preis viel Gegenwert gibt. Dabei ist unter anderem wichtig, dass beide Mikros robust sind, gut verarbeitet und im stabilen und praktischen Koffer mit Spinne ausgeliefert werden. Klanglich sind die beiden ohne Makel. Klanglich liefern beide Signale, mit denen sich im Homerecording und im Projektstudio wirklich gut arbeiten lässt, aber keinen hochdynamischen, feinen Profi-Sound. Wichtig noch: Das AKG P420 ist das etwas bessere Mikrofon der beiden. Es liefert das ausgewogenere, gemütlichere Signal.

Unser Fazit:
4 / 5
Pro
  • Klang (P420)
  • Flexibilität (P420)
  • günstiger Preis (P220 und P420)
Contra
  • P220 klanglich schwächer als P420
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AKG P220 und P420 Test
Für 199,00€ bei
Das AKG P420 gefällt klanglich besser und ist flexibler – aber auch teurer.
Das AKG P420 gefällt klanglich besser und ist flexibler – aber auch teurer.

Features und Spezifikationen

  • Empfängerprinzip: Druckgradientenempfänger
  • Richtcharakteristik: Niere (P220), Niere, Kugel, Acht (P420)
  • Wandlerprinzip: Kondensator
  • Betriebsspannung: 48V Phantomspeisung
  • Frequenzgang: 20 Hz – 20 kHz
  • Übertragungsfaktor: 28 mV/Pa (P420), 20 mV/Pa (P220)
  • THD+N: 15 dB(A) (P420), 16 dB(A) (P220)
  • maximaler Schalldruckpegel: 135 dB(SPL)
  • Pad: 20 dB
  • HPF: 300 Hz (12dB/oct)
  • Ausgang: XLR
  • Preis P220: 219,- Euro (UVP)
  • Preis P420: 289,- Euro (UVP)
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Das AKG P420 gefällt klanglich besser und ist flexibler – aber auch teurer.

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