AKG C1000S MKIV Test

AKG C1000S im Test: Mikrofone, die in den 70ern oder früher erstmals auf den Markt kamen und auch heute noch (zum Teil wieder) erhältlich sind, genießen fast durch die Bank Klassikerstatusunter Audioschaffenden.

AKG_C1000S_1

Die 80er hingegen sind noch nicht so ganz „vintage“, trotzdem wurden in dieser Zeit viele interessante Produkte und Technologien entwickelt, die für die Musikproduktion noch heute wichtig sind.
Beispielsweise unsere beiden Testmikrofone, zwei AKG C1000S, welche in der nunmehr vierten Modellgeneration (MKIV) angeboten werden. Damals galt das österreichische Stäbchenmikro als eines der ersten erschwinglichen Kondensatormodelle und zielte auf den wachsenden Markt der Mehrspurbesitzer und Hobbyaufnehmer (heute: Homerecorder). Vielseitigkeit und eine unproblematische Bedienung in allen Lebenslagen war das Entwicklungsziel. Dass das etwas klobige Mikrofon unter Freunden audiophiler Perfektion nie so richtig landen konnte, tut dem Erfolg bis heute keinen Abbruch, denn das C1000S soll nach wie vor an vielen Schallquellen eine gute Figur machen. Wir haben uns im Test jedoch auf die Abnahme des Drumsets beschränkt. Wie es sich hier schlägt, lest ihr im Folgenden.

Details

Das AKG C1000S besitzt einen aufschraubbaren Aluminiumkorpus

„Multiporpose High Performance Small Diaphragm“ steht prominent auf der Vorderseite der Kartons, in denen die beiden AKG C1000S geliefert werden. Auf der Rückseite ist das Wort Purpose dann zum Glück korrekt geschrieben. Kommen wir nun zum Inhalt und hoffen, dass der Druckfehler kein böses Omen ist. Es handelt sich übrigens nicht um ein Stereopärchen, sondern um zwei einzelne Exemplare. Neben den Mikrofonen selbst umfasst der Lieferumfang eine einfache Kunststofftasche, einen Windschutz sowie eine Halterung. Der zweite Blick fällt auf zwei gelochte Plastikhütchen, die sich auf die Kapsel des Mikros aufstecken lassen. Das längere von beiden – Polar Pattern Converter genannt – transformiert das C1000S von einem Nieren- in einen Hypernieren-Schallwandler, der Presence Boost Adapter hingegen soll eine mechanische Anhebung des Präsenzbereiches zwischen 5000 und 9000 Hertz zur Folge haben.
Im Gegensatz zu seinen Vorgängerversionen, die ein silbernes Finish besaßen, ist das Aluminiumgehäuse des MKIV anthrazitfarben lackiert. Mit knappen 23 Zentimetern Länge und einem „Leergewicht“ von 320 Gramm fällt es deutlich größer aus als herkömmliche Kleinmembraner in Stäbchenform. Das hat zwei Gründe: Zum einen lässt sich das C1000S mit zwei AA-Batterien bestücken, was es unabhängig von externer Phantomspeisung macht. Zum anderen soll es auch als Handmikro für Sprache und Gesang eingesetzt werden können. Um die Batterien einzusetzen, wird der Korpus mittig aufgeschraubt. Unter dem Gitterkorb verbergen sich jedoch noch weitere technische Beeinflussungsmöglichkeiten. Hier werden – bei Bedarf – sowohl ein minus 10 dB Pad geschaltet als auch ein Low Cut gesetzt. Beides geschieht über winzige Schieberegler. Auch der eingangs beschriebene Pattern Converter sowie der Presence Boost Adapter können erst bei geöffnetem Mikrofon aufgesteckt werden. Das einzige von außen schaltbare Bedienelement ist ein On/Off-Schalter, dessen Status-LED über den Betriebs- sowie den Ladezustand der eingesetzten Batterien informiert.

Fotostrecke: 4 Bilder Klassisches Design: Formal ist das C1000S eine Mischung aus Hand- und Stäbchenmikro.

Backplate-Elektret

Technisch handelt es sich bei unseren Testmodellen um sogenannte Backplate-Elektret-Mikrofone, ihre Kapseln sind also permanent vorpolarisiert. Ohne Modifikation arbeiten sie mit Nierencharakteristik, der Umbau mithilfe des Pattern Converter macht sie zu Hypernieren. 50 bis 20000 Hertz beträgt der Übertragungsbereich, die übersichtliche Anleitung in deutscher Sprache bietet für beide Charakteristiken Frequenzkurven. Ab etwa 200 bis 2000 Hertz weist die Kurve für die Nierencharakteristik einen ebenen Verlauf aus, darunter geht es langsam bergab, sofern man nicht den Nahbesprechungseffekt nutzt. Ab 2000 Hertz steigt der Graph um etwa 3 dB an, um ab 15000 Hertz abzufallen. Die Hyperniere verhält sich ähnlich, bleibt hingegen bis etwa 4500 Hertz linear, zeigt allerdings schmale Peaks bei 5000 und 15000 Hertz. Sechs mV/Pa Empfindlichkeit sind für ein Kondensatormikro ein eher niedriger Wert, bedenkt man jedoch den möglichen Einsatz als Nahmikrofon an lauten Quellen ergibt er durchaus Sinn und erweitert den Einsatzbereich. 137 dB Grenzschalldruckpegel lassen das C1000S auch laute Schlaginstrumente verzerrungsfrei übertragen.

Fotostrecke: 3 Bilder Gute Kontakte: Die Stifte der XLR-Buchse sind vergoldet.

Praxis

Ein echter Allrounder am Schlagzeug

An meinem Drumset funktionieren die beiden AKG C1000S problemlos, sowohl technisch als auch klanglich. Zum Einsatz kam dieses mal ein Oriollo-Schlagzeug mit Aluminiumkesseln und den Größen 20 x 14, 12 x 8 und 16 x 14 sowie eine Sakae-Aluminium-Snare in 14 x 5,5 Zoll. Das ganze Kit klingt in natura aufgeräumt und tendenziell rund, wozu auch die Remo-Black-Suede-Emperor-Tomfelle beitragen. Ansonsten ist das Kit mit Ambassador-Fellen ausgestattet. Den allgemeinen Charakter der Testmikros würde ich als unauffällig und wenig aggressiv bezeichnen, in der Standardeinstellung ließen sich im Test an allen aufgenommenen Schallquellen gute Ergebnisse erzielen. Beginnen wir mit der Hi-Hat. 

Fotostrecke: 8 Bilder Die meisten Funktionen des C1000S verbergen sich im Inneren.

Gutmütig an der Hi-Hat

Zunächst positioniere ich eines der beiden C1000S an meiner 15er Paiste 2002 aus den Siebzigern. Als Referenzmikro an der Hi-Hat wähle ich ein Oktava MK012. An beiden Mikrofonen aktiviere ich die Pegelabsenkung um jeweils 10 dB, was im Falle des AKG C1000S das Aufschrauben des Korpus erfordert. Einmal geöffnet, betätige auch gleich den Low-Cut-Schalter. Beim Abhören der Ergebnisse fällt auf, dass das C1000S etwas brüchiger zu Werke geht als das MK012, auch in puncto Präzision muss es sich dem MK012 geschlagen geben. Trotzdem gefällt mir das AKG im Kontext mit den anderen Mikros gut, weil es die Hi-Hats schön integriert und nicht zu aggressiv abbildet. Es erinnert mich hier etwas an das ähnlich aufgestellte Rode M3.

Audio Samples
0:00
AKG C1000S, Hi-Hat, solo AKG C1000S, Hi-Hat, im Kit Oktava MK 012, Hi-Hat, solo Oktava MK 012, Hi-Hat, im Kit

An der Snaredrum bietet nicht nur der Presence Boost zusätzliche Optionen

Um die verschiedenen Möglichkeiten der aufsteckbaren Kapselmodifikationen auszuprobieren, bietet sich die Snaredrum an. Zunächst interessiert mich aber, wie das C1000S als Nierenmikrofon im Vergleich mit dem Standardmikrofon für die Snareabnahme, einem Shure SM57, klingt. Wie erwartet, bietet es aufgrund seiner Konstruktion als Kondensatormikro deutlich mehr Höhenanteile und klingt dadurch frischer. Die Übersprechungen von der Hi-Hat sowie vom Crashbecken gefallen mir auch gut, denn sie klingen weniger mittig als jene des SM57. Besonders in akustischer Musik, in welcher die Details der Snaredrum möglichst gut dargestellt werden sollen, dürfte das C1000S mit diesen Eigenschaften die bessere Wahl sein. 

Fotostrecke: 4 Bilder AKG C1000S an der Snare. Auf dem Fell liegt ein Shure SM57.

Als nächstes folgt wieder der Griff zum Mikrofon, schließlich sollen jetzt die beiden Kunststoffaufsätze auf ihren Effekt untersucht werden. Beim An- und wieder Abziehen der Plastikhütchen ist allerdings Vorsicht geboten. So liefert erst der Blick in die Anleitung Gewissheit darüber, wie weit man den Pattern Converter über die Kapsel ziehen muss, beim Abnehmen des Presence Boost überkommt mich kurz die Sorge, das Teilchen mitsamt der Kapsel abzureißen. Für den hektischen Studioalltag ist das nicht ganz optimal. Die klanglichen Auswirkungen lassen sich so beschreiben: Der Presence Boost verstärkt den Attack der Trommel selbst, gleichzeitig werden auch die Becken lauter abgebildet. Der Polar Pattern Converter besitzt den gegenteiligen Effekt. Hier wirkt der Attack zurück genommen, während auch die umliegenden Geräusche stärker ausgeblendet werden. Bedenkt man die Vielzahl der anvisierten Einsatzgebiete, dürften beide Optionen die Bandbreite an passablen Ergebnissen deutlich erweitern. An der Snare sticht der Presence Boost als klare Sound-Alternative und damit als Vorteil des C1000S heraus. 

Audio Samples
0:00
AKG C1000S, Snare, solo AKG C1000S, Snare, im Kit AKG C1000S, Snare, Low-Cut, solo AKG C1000S, Snare, Low-Cut, im Kit AKG C1000S, Snare, Presence-Grid, solo AKG C1000S, Snare, Presence-Grid, im Kit AKG C1000S, Snare, Hyperniere, solo AKG C1000S, Snare, Hyperniere, im Kit Shure SM57, Snare, solo Shure SM57, Snare, im Kit

Als Overhead-Pärchen klingen die C1000S etwas distanziert

Last but not least wandern die beiden C1000S jetzt über das Drumset, dort fühlen sich Kleinmembranmikrofos traditionell wohl. Als Referenzmodelle kommen diesmal AKG-C214-Großmembraner zum Einsatz, welche sich den Ruf erarbeitet haben, besonders gut als Overheads zu funktionieren. Mir gefallen sie, weil sie kompakt und präzise klingen und über eine realistische Tiefenstaffelung verfügen. ORTF ist die Positionierung meiner Wahl und es zeigt sich, dass die C1000S nicht mit den C214 mithalten können. Sie klingen für sich genommen wirklich brauchbar, haben aber im Vergleich Probleme, das Drumkit so direkt und realistisch abzubilden wie die C214. Dies wird besonders bei Toms deutlich, die nicht wirklich „herangeholt“ werden. Auch die Snare klingt pappiger, was sich in einer etwas verschmierten Transientenabbildung äußert. Trotzdem sind die C1000S alles andere als schlecht als Overheads, gerade im Rockbereich dürften sie gut funktionieren. Und nicht zuletzt sollte man den Stückpreis von weniger als 100 Euro im Auge behalten, die C214 kosten das dreifache.

Audio Samples
0:00
AKG C1000S, Overheads, solo AKG C1000S, Overheads, im Kit AKG C214, Overheads, solo AKG C214, Overheads, im Kit

Fazit

Glamour oder ein besonderes Image gibt es mit den getesteten AKG-C1000S-Mikrofonen nicht. Dafür überzeugen sie mit einer umfangreichen Ausstattung, guter Verarbeitung und einem günstigen Preis. Nicht nur die Option, die Mikros mit Batterien zu betreiben, kann sich für einige Anwendungsgebiete als wichtiges Argument erweisen. Auch die klanglichen Modifikationsmöglichkeiten anhand von kleinen, auf die Kapsel aufsteckbaren Plastikförmchen erwiesen sich im Test als sehr sinnvoll. Am Schlagzeug sorgt besonders der Presence Boost für eine deutlich andere Klangfarbe. Punktabzug gibt es hingegen für die etwas umständliche Handhabung durch die innen liegenden Bedienelemente sowie für die schlecht sichtbaren, extrem kleinen Schalter für den Low Cut und das Pad. Wer damit leben kann, erhält mit dem Testkandidaten ein vielseitiges Mikrofon mit guten Klangeigenschaften.

Unser Fazit:
4 / 5
Pro
  • ausgewogener Klang am Drumset
  • zusätzliche Klangoptionen dank Presence Boost und Hypernieren-Konverter
  • Batteriebetrieb möglich
  • günstiger Preis
Contra
  • Mikro muss zum Bedienen aller Funktionen aufgeschraubt werden
  • winzige Schalter für Low Cut und Pad
  • das An- und Abziehen von Presence Boost und Pattern-Konverter erfordert Konzentration
Artikelbild
AKG C1000S MKIV Test
Für 154,00€ bei
AKG_C1000S_18
Features und Spezifikationen
  • Hersteller: AKG
  • Bezeichnung: C1000S MKIV
  • Wandlerprinzip: Kondensator, permanent polarisiert
  • Richtcharakteristik: Niere, Hyperniere (mit Konverter)
  • Impedanz: 200 Ohm
  • Frequenzgang: 50-20000 Hz
  • Finish: anthrazit-farben lackiert
  • Ausgang: XLR
  • Abmessungen : 22,9 x 3,4 Zentimeter
  • Zubehör: einfache Halterung, EU-Verkleinerungsgewinde, Tasche, Windschutz, Anleitung, Polar Pattern Converter PPC1000, Presence Boost PB1000
  • Besonderheit: Batteriebetrieb mit zwei AA-Batterien möglich
  • Herkunftsland: China
  • Preis: € 88,– (Straßenpreis am 29.1.2019)
Hot or Not
?
Klassisches Design: Formal ist das C1000S eine Mischung aus Hand- und Stäbchenmikro.

Wie heiß findest Du dieses Produkt?

Kommentieren
Profilbild von Kai Calvato

Kai Calvato sagt:

#1 - 05.02.2019 um 16:56 Uhr

0

In wie weit unterscheiden sich denn die MKIVs von den alten Modellen??

    Profilbild von Max Gebhardt

    Max Gebhardt sagt:

    #1.1 - 06.02.2019 um 18:06 Uhr

    0

    Hallo Kai, klanglich kann ich dir das nicht beantworten, da ich die verschiedenen Generationen nicht miteinander verglichen habe. Die technischen Unterschiede zum Vorgängermodell sind jedoch die AA Batterien statt 9V Block. Und die schwarze statt silberne Lackierung. beste Grüße Max

    Antwort auf #1 von Kai Calvato

    Antworten Melden Empfehlen
    +1
Profilbild von Johnny

Johnny sagt:

#2 - 06.02.2019 um 10:59 Uhr

0

"Das C1000 wird nicht in Österreich hergestellt." Kein Wunder, der Produktionsstandort wurde zugedreht.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.
Bonedo YouTube
  • iZotope Ozone 12 Bass Control Demo (no talking)
  • LD Systems ICOA Pro Series - All you need to know!
  • Watch THIS if you use analog gear! Everything you need to know about the Freqport FreqInOut FO1