15 Gründe, weshalb dein Mix nicht so klingt wie die Mischung vom Profi

Es kann frustrierend sein: Da steckt man Herzblut, Zeit und Geld für Equipment in eine Mischung, aber trotzdem klingt er noch… nun ja… “selbstgemacht” eben.

©Harman
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Da ist eine schier unüberbrückbare Lücke zu Profi-Produktionen? Eine Lücke vielleicht, aber „unüberbrückbar“ nicht unbedingt. Wir haben 15 Punkte für dich zusammengestellt, an denen du erkennst, was einem professionellen Mix oft im Wege steht.

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1. Kein Plan? Den solltest du aber haben!

Manch einer schafft es auch ohne, aber meist ist es sinnvoll, vor Beginn der Arbeit zu wissen, wo es hingehen soll. Was soll wie klingen? Woran orientiert sich die Produktion? Welche Besonderheiten haben Song, Band, Sänger, die besonders herausgestellt werden müssen? Was gibt es zu tun, was ist erledigt, was sind die Lehren aus vorangegangenen Mischungen, die man beherzigen wollte? Also: Stift und Zettel zur Hand und Plan erstellen!
# Yoad Nevo: Hit-Workflow

2. Du hörst nicht ausreichend gut, was passiert

Die wesentliche Aufgabe beim Mischen ist die klangliche Beurteilung. Dazu muss gewährleistet sein, dass die Abhörsituation möglichst gut ist. Statt hochwertiger Monitore und einem Raum mit guter Akustik kann man als preiswertere Alternative zum Erkennen von Details und für die extremen Frequenzbereiche auch Kopfhörer benutzen. Trotzdem kommst du um möglichst gute Lautsprecher nicht herum. Wichtig ist vor allem, dass du sie gut kennst!  
#Kopfhörer fürs Studio  #Nahfeldmonitore  #DIY-Akustik

Das wichtigste Kontrollinstrument sind die Ohren – und bis dahin muss die Übertragungskette stimmen!
Das wichtigste Kontrollinstrument sind die Ohren – und bis dahin muss die Übertragungskette stimmen!

3. Die technische Grundlage ist mangelhaft

Du hörst es immer wieder – und es stimmt: Fehler, die schon bei der Aufnahme gemacht wurden, lassen sich nicht so einfach wegzaubern. Und was nicht aufgenommen wurde, lässt sich nicht herzaubern. Sicher kann man im Zweifel die drucklose Bassdrum mit einem Sound-Replacer ersetzen, aber die Grundlage für einen guten Mix sind gute, gestimmt und passend klingende Instrumente, die mit dem richtigen Mikrofon am richtigen Ort aufgenommen wurden. Auch bei nicht akustischen Signalen wie Bass über die DI-Box oder den virtuellen Synths gilt: Das Ausgangsmaterial ist schon die halbe Miete! Du arbeitest „in the Box“ mit virtuellen Instrumenten? Prima, dann kannst du noch während des Mischens einen Sound austauschen, statt an einem unpassenden mit tausend Effekten herumzudoktern.

4. Dir steht nur eine musikalisch schlechte Grundlage zur Verfügung

Ein toller Song, eine hervorragende Performance – da darf der Mix schon mal sekundär sein. Es gibt viele Beispiele für tolle Aufnahmen, die im Grunde grauenhaft klingen. Heute, im Zeitalter von Autotune und hervorragenden Editiermöglichkeiten, ist es jedoch oft andersherum und somit nicht selten eine mittelmäßige Performance, die Top von Flop trennt. Natürlich lässt sich begradigen und reparieren, doch einen schwachen musikalischen Vortrag zu „beseelen“, das ist aber noch nicht wirklich möglich. Und außerdem sollte man sich beim Mischen auf andere Sachen konzentrieren müssen statt nur einen Flickenteppich zu bearbeiten.
#So beurteilst du eine aufgenommene Spur

5. Du vergisst einen wesentlichen Part, der vor dem Mix kommt

Mixen ist die eine Sache, das Editieren die andere: Man kann viel erreichen, indem man Schlagzeugspuren quantisiert, Vocalspuren auf die richtige Pitch verhilft, Tom-Signale freischnibbelt und die besten Parts einer Performance im sogenannten Comping zum letzlichen „Master Take“ zusammenführt. Keine Frage: Das ist sehr viel Arbeit. Aber pack sie an! Bei manchen Musikrichtungen sollte man aber auch nicht übertreiben, nichts ist schlimmer als ein eigentlich rotziger Punk-Song nach der „Sagrotan“-Bearbeitung…  

Kann nervernaufreibende und zeitfressende Frickelarbeit sein, ist aber für einen guten Mix unabdingbar: Editing
Kann nervernaufreibende und zeitfressende Frickelarbeit sein, ist aber für einen guten Mix unabdingbar: Editing

6. Keine gute Frequenzstaffelung: Du hast in den Frequenzbereichen nicht aufgeräumt

Viele Audio-Mischungen kranken daran, dass sich Instrumente gegenseitig Frequenzbereiche streitig machen. Hört daher viel im Zusammenhang, denn der Solo-Modus ist nicht zum Mischen gedacht: Die „fette“ Gitarre beispielsweise klingt nämlich einzeln gehört gar nicht so dick und lässt im Spektrum Platz für andere Signale.
# Fehler beim EQen

7. Levels sind nicht optimal und die Signale haben zu hohe oder zu geringe Dynamik

Die Fader sind enorm wichtig – und nicht zuletzt deswegen so fein aufgelöst, weil bei wichtigen Signalen kleinste Unterschiede viel ausmachen können. Besonders Gitarre/Main-Synth, Snare, Hi-Hat und Vocals müssen sorgfältig austariert werden. Das geht nur dann, wenn frequenzmäßig Klarheit herrscht. Aber selbst dann sind es die Signalschwankungen, die einem in der Mischung das Leben schwer machen können. Kompressoren können die Signaldynamik zügeln. Die Profis wissen, wie wichtig hier die genaue Auswahl und Einstellung ist, denn sehr schnell zerstört man beim zu heftigen Einsatz die Lebendigkeit des Signals.
# Fehler beim Komprimieren

Es gibt viele Tools in der Tontechnik. Manche sollte man häufiger nutzen, manche seltener. Und dann ist da noch die Sache mit ihrer Qualität… weiter geht`s mit den Punkten 8 – 15!

8. Du betrachtest den Song-Mix zu statisch

Wenn in der Strophe Vocals, Drums, Gitarre und Bass eine tolle Einheit bilden und es einfach grandios klingt oder der Chorgesang, der Knarz-Synth-Bass und die 808 klingen, als hätte sie ein Wesen höherer Macht zusammengesteckt – im nächsten Part kann alles ganz anders sein. Alle Signale durch den ganzen Song verfolgen und an jeder Stelle optimal zu bearbeiten, das ist die wesentliche Kunst. Heute stehen dafür Automationen zur Verfügung – und diese wollen genutzt werden!
# Crashkurs Automation

Fast keine Mischung kommt heutzutage ohne Automation aus.
Fast keine Mischung kommt heutzutage ohne Automation aus.

9. Du nutzt für die Mischung nur die Standardwerkzeuge

Fader, EQ, Kompressor: Für viele Mischungen reichen diese Tools aus. Aber eben nicht für alle. Wenn sich Bassdrum und Bass nicht vertragen und Vocals, Hat und Snare nicht entheddern lassen wollen, muss Spezialwerkzeug her. Sidechain-Kompression, Multiband-Dynamics, dynamische Equalizer, Ducker, Basisverbreiterungen, M/S-Bearbeitungen – all das sind weniger Kreativwerkzeuge als hervorragende Problemlöser. Und heute kommt man an diese Tools einfacher und preiswerter denn je. Nutze sie, denn genau das machen die Profis auch!
#Sidechain-Kompression

10. Links-Mitte-Rechts: Es gibt noch mehr auf der virtuellen Bühne

Signale können neben links und rechts auch vorne und hinten spielen, das solltest du nutzen. Soll der Sänger direkt vor einem stehen, ist der Effekt umso verblüffender, je mehr „Tiefe“ durch andere Signale im Mix erzeugt werden. Denke in Räumen und nutze sie: Gute Nachhallprozessoren haben eine Vielzahl von Optionen, von kurzen Erstreflexionsprogrammen bis zu Spiral-Tails.

Nachhallprozessor: Wichtiges Werkzeug im Mix!
Nachhallprozessor: Wichtiges Werkzeug im Mix!

11. Man sieht den Weihnachtsbaum vor lauter Lametta nicht mehr: Du übertreibst

Hier noch ein Chorus-Effekt auf die Gitarre, der Rotary-Speaker auf der gedoppelten Stimme, das Ping-Pong-Delay auf der Percussion und den so toll wabernden modulierten Raum auf den Keys – so schnell bekommt man eine Mischung zugematscht. Die meisten Effekte sind sinnvoll eingesetzt, wenn sie nicht sofort als solche auffallen. Und fallen sie auf, sollten sie musikalisch Sinn machen und nicht um ihrer selbst willen genutzt werden. Zurückhaltung und Konzentration auf das Wesentliche ist angesagt – keine leichte Aufgabe bei der heutigen Plug-in-Flut. 

12. „Klar. Kann ich machen.“ – Du nimmst zu viel Rücksicht

Die Musiker sind beim Mix dabei? Ist es der Gitarrist? Dann darf man sich auf ein zu präsentes Arpeggio in der Bridge gefasst machen. Ist es der Sänger, der vielleicht den ganzen Job auch bezahlt? Dann wird der Gesang gerne zu laut, sogar, wenn der gute Herr gar nicht zugegen ist. Betrachte den Mix als Mix, niemals die Personen dahinter. Trau dich, zu deinen Entscheidungen zu stehen: „Nein, die 12-saitige Gitarre vermatscht den Refrain zu sehr, die muss raus. Oder eben die E-Gitarre.“ oder „Entweder supporten wir das Sample mit dem Filmzitat richtig, damit es sich gegen den Snare-Roll durchsetzt, oder wir verschieben es auf den Part mit den Juno-Flächen.“

13. Du lässt dich von unfairen Vergleichen demotivieren: Gemastertes Material klingt immer anders!

Wenn du deine Mischung mit den Top-Produktionen dieser Welt vergleichst, wirst du meist deswegen verlieren, weil du ja nur das komplett fertige Produkt zum Vergleich heranziehen kannst. Wie der Final-Mix im Vergleich zum fertigen Master klingt, das weißt du nicht. Im Zweifel werden dir aber alle Mastering-Engineers dazu raten, keine Effekte im Stereobus zu verwenden und einen „Vocals Up“- und einen „Vocals Down“-Mix mit abzugeben (also lauter und leiser gemischter Gesang), vielleicht auch einen Stem-Mix (das sind Instrumentengruppen als Einzelspuren), da sich Lautstärkeverhältnisse besonders durch die Kompression und das Limiting im Mastering noch verändern.
# Mastering

Im Mastering wird zusätzlich komprimiert – dadurch verschieben sich Lautstärkeverhältnisse. Allerdings sind gemasterte Produktionen den ungemasterten Mischungen klanglich ein deutliches Stück voraus, was die Vergleichbarkeit schwer macht.
Im Mastering wird zusätzlich komprimiert – dadurch verschieben sich Lautstärkeverhältnisse. Allerdings sind gemasterte Produktionen den ungemasterten Mischungen klanglich ein deutliches Stück voraus, was die Vergleichbarkeit schwer macht.

14. Die letzten Zentimeter: Die Qualität der verwendeten Technik entscheidet. Ein bisschen.

Eigentlich erst hier kommt das „Gear“ ins Spiel: Schon mit mittelmäßigen Werkzeugen kann der Profi sehr gute Ergebnisse erzielen. Allerdings können auf einem derartigen Fundament die qualitativen Besonderheiten so richtig aufblühen – und der Engineer genau den Kompressor, EQ oder sonstiges Gerät oder Plug-In auswählen, das genau passt.

15. Du hast auch noch etwas anderes zu tun

Schmeiß Job, Schule oder Studium, lösch dein Adressbuch, gib Freund/Freundin den Laufpass, sag allen Verwandten, dass du sie sowieso total blöd findest und nie wieder sehen willst, häng alle anderen Hobbys und Interessen an den Nagel, iss nur Fast-Food und verzichte auf Sport und Urlaube: Jetzt hast du Zeit, dich die nächsten Jahre ausschließlich um das Mixing zu kümmern (vorausgesetzt, du hast nach dem gelöschten Adressbuch und dem gecancelten Broterwerb noch Aufträge und ausreichend Equipment dafür…). Ok, ich drücke mich weniger radikal aus und reanimiere den vielleicht totgeglaubten, aber passenden Spruch: Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen.

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