Peluso 2247SE Standard Edition Test

Das Peluso 2247LE und das 2247SE – beides Nachahmungen des legendären Studiomikros Neumann U 47 – unterscheiden sich in der Produktbezeichnung durch einen Buchstaben und technisch in erster Linie durch die Verwendung unterschiedlicher Röhren:

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Während das 2247LE eine VF14 nutzt, hat John Peluso dem 2247SE eine 6SJ17 eingepflanzt. Ob das ein Unterschied ist, der auch wirklich klanglich nachvollzogen werden kann? Nun, zusätzlich zu diesem Review gibt es einen Direktvergleich der insgesamt drei Neumann-Clones des Herstellers. 

Details

Röhre: 5693/6SJ17

In der Einleitung angesprochen, kann ich sie nun nicht erst einmal links liegenlassen – daher widme ich mich ihr direkt: der Röhre. Die 5693/6SJ17 ist wie auch die originale VF14 eine Vakuumröhre, die nicht im Glas-, sondern im Stahlmantel kommt. Wenige selektierte Bauteile und natürlich ein Übertrager finden sich in nächster Nähe des Tubus.  

Fotostrecke: 3 Bilder Im 2247 Standard Edition arbeitet keine VF14…

Niere und Acht. Und andere Polar-Patterns.

Eine Röhre benötigt eine Betriebsspannung, die bei fast allen Mikrofonen durch ein separates Netzteil bereitgestellt wird. Und während beim originalen U 47 nur Niere und Kugel zur Verfügung standen (oder Niere und Acht, im Falle des sonst fast identischen U 48), kann bei Pelusos Interpretation Niere, Acht und Kugel eingestellt werden – und noch jeweils drei Zwischenstufen, wodurch sich insgesamt neun Patterns ergeben. 

Fotostrecke: 3 Bilder Das Röhrennetzteil erlaubt die Einstellung auch anderer Richtcharakteristika als beim Original-47.

Mittenkontakt und Braunmühl-Weber

Verschaltet werden dabei die Signale der beiden goldbedampften 1“-Mylar-Membranen, die Rücken an Rücken stehen und somit die klassische „deutsche“ Braunmühl-Weber-Konstruktion darstellen, bei welcher die eine Membran der jeweils anderen als Laufzeitglied dient. Und mittenkontaktiert sind sie auch: Die Spannung für die bewegliche Seite der Kondensatorkapsel wird über einen Kontakt mit einem kleinen Käbelchen aus dem Zentrum der Kapselfolie herausgeführt statt wie etwa bei der CK12 (AKG C12, AKG C 414 EB/I) von der Seite. Dadurch unterscheiden sich die Partialschwingungen der Membranen etwas. 

Mikrofongehäuse klassisch

Verpackt ist die ganze Technik in einem einfachen, mattierten Metalltubus, die Kapselkonstruktion ist mit einem Gitter geschützt, welches wie beim Vorgänger aus Berlin ein aufragendes „Kopfgitter“ besitzt. Dadurch ist der Verweis auf das historische Original recht eindeutig. 

Fotostrecke: 3 Bilder Seit weit über einem halben Jahrhundert bewährt: Doppelmembrankapsel mit Mittenkontaktierung.

Werte keine Überraschungen

Keine großen Überraschungen findet man, wenn man in die technischen Angaben schaut. Der Übertragungsbereich, sicher für die Niere auf Hauptachse definiert, liegt bei 20 Hz bis 22 kHz, wobei hier die Angaben für den dortigen Abfall fehlen. -3dB, wie meist als Standard verwendet, sind kaum vorstellbar. Ein Blick in den grafischen Frequenzgang zeigt eine recht linear wirkende Kurve. Wenn man genau hinschaut, sieht man aber, dass die Skala bei 40 Hz beginnt und bereits bei 15 kHz endet. Auch die y-Achse zeigt den Pegel mit einer Abweichung von +/- 60 dB (!), insofern sind die Abweichungen von der 0dB-Achse recht groß, etwa die Boosts bei 2,5 und 10 kHz. Das Rauschen ist mit 14 dB(A) für ein Röhrenmikrofon alter Schule ausreichend moderat. Aber was zählt, ist ja schließlich der Sound, deswegen folgt jetzt direkt die Praxis.

Praxis

Vernünftiger Preamp sinnvoll

Schließt man das Peluso 2247SE an, nachdem man das „normale“ 2247 mit dem kurzen Body genutzt hat, fällt auf, dass man das Gain am Preamp deutlich nach oben korrigieren muss. Aber unter der Voraussetzung, dass man einen ordentlichen Mikrofonvorverstärker einsetzt (wovon bei der Anschaffung eines 2000-Euro-Röhrenmikros auszugehen sein sollte), ist das wenig relevant. Sonst dürfte man ja keine passiven Bändchen wie das Coles 4038 einsetzen… Doch nicht nur für hochwertige Pegelanpassung, sondern auch, um die Qualitäten eines sehr guten Mikrofons bis zum A/D-Wandler zu bekommen, macht ein derartiger Preamp Sinn. Sonst würde beispielsweise das für ein Großmembranmikro durchaus detailgetreue Klangbild leiden, und das wäre ja schade. Es ist vielleicht ein winziges Stückchen weniger als beim 2247 Limited Edition, doch sie ist durchaus da, die Griffigkeit und Dreidimensionalität, die derartige Röhrenmikros ausmacht. Das ist nicht nur für Stimmen interessant, sondern auch für die Aufnahmen von Instrumenten.

Optisch kein, akustisch kein großer Unterschied zum 2247LE: 2247SE von Peluso.
Optisch kein, akustisch kein großer Unterschied zum 2247LE: 2247SE von Peluso.

2247SE etwas bauchiger als das 2247LE

Wie das 2247LE ist das hier getestete 2247SE keineswegs scharf, aber immer präsent genug. Im Bassbereich ist das Mikrofonsignal nicht schnell und eckig, sondern etwas gemütlicher, behäbiger, runder und bauchiger. Hier entscheidet wohl der Geschmack. Dieser generelle Klangeindruck verstärkt sich mit geringerem Abstand durch die Bassanhebung des Nahbesprechungseffekts – hier würde ich die etwas mittigere Acht der Niere vorziehen. Dass die Textur weniger reich und die Konsonanten weniger dick sind als beim kleineren Standard-2247, das deutlich am wenigsten Ähnlichkeiten mit einem U 47 besitzt, empfinde ich für den Produktionsalltag eher angenehm. Mir ist ein sehr gut formbares Signal meist lieber als ein extremer Soundstempel, mit dem man sich früh in der Signalkette viel verbaut. Aber auch Charakterköpfe haben natürlich ihre Daseinsberechtigung.

Audio Samples
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Peluso 2247SE, Niere, 10 cm Peluso 2247SE, Niere, 40 cm Peluso 2247SE, Niere, 70 cm Peluso 2247SE, Acht, 40 cm Peluso 2247SE, Kugel, 40 cm Peluso 2247SE, Niere, 40 cm, 45 Grad Microtech Gefell UM 92.1S, Niere, 40 cm Audio-Technica AT5045, Niere, 40 cm

Patterns stabil

Die Patternstabilität ist bis fast zum rechten Winkel zu Hauptachse recht ordentlich, bei allen Richtcharakteristiken beginnen dann Höhendämpfung und Nonlinearitäten. In einem dichten Diffusfeld ergänzen sich die seitlichen und rückwärtigen Signale jedoch zu einem ausgewogenen Klangbild, wodurch auch dem Einsatz des SE als Ambient-/Overheadmikrofon nichts entgegensteht. 

Fazit

Das Peluso 2247SE ist klar preiswerter als das 2247LE. Klanglich steht es aber nur einen Hauch hinter der Limited Edition. Das ist so nah, dass man sich gut überlegen muss, was einem die letzten 0,5% noch wert sind und ob man mit einem breiteren Grinsen abends einschläft, wenn man ein Mikrofon mit einer „echten“ alten Stahlröhre deutscher Produktion sein Eigen nennt. Und ganz im Ernst würde ich kaum von „besser“ oder „schlechter“ reden, denn es gibt sicher viele User unter euch, die das etwas wärmere und bauchigere 2247SE dem strafferen und konkreteren 2247LE vorziehen. Ich gehöre allerdings nicht dazu. Insgesamt zeigt Peluso auch mit dem Standard Edition, was für Produkte man anbietet: Gut klingende Mikrofone aus guten Bauteilen, denen ein vernünftiger Preis wichtiger ist als die letzten Millimeter Nähe zum historischen Vorbild und ein absolut perfektes Gehäuse.

Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • detaillierter Sound
  • stabile Richtcharakteristik
  • runder und warmer Bass
  • preiswerter als 2247LE
Contra
  • keins
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Peluso 2247SE Standard Edition Test
Für 2.599,00€ bei
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FEATURES UND SPEZIFIKATIONEN
  • Membrangröße: groß (1“), mittenkontaktiert
  • Empfängerprinzip: Doppelmembran-Druckgradientenempfänger
  • Richtcharakteristiken: Kugel, Niere, Acht mit jeweils drei Zwischenstufen (9 insgesamt)
  • Wandlerprinzip: Kondensator
  • Betriebsspannung: über Speisenetzteil
  • Frequenzgang: 20 Hz – 22 kHz
  • Übertragungsfaktor: 12 mV/Pa
  • THD+N: 14 dB(A-bewertet) bei Nierencharakteristik
  • maximaler Schalldruckpegel: 140 dB (keine THD+N-Angabe)
  • Besonderheit: Röhre: 6593/6SJ7
  • Lieferumfang: Netzteil, Spinne, Multipin-Kabel, Holzkoffer, Flightcase
  • Preis: € 1999,– (UVP)
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