Seit dem Turntablism der 90er – vornehmlich Scratching und Beat-Juggling mit dem Plattenspieler – erweiterten immer mehr DJs ihr Repertoire um Grooveboxen, MIDI-Equipment und Computer. Auflegen allein reicht nicht, man wünscht sich mehr Manipulationsmöglichkeiten. Loops, Effekte, Samplen und Resamplen und das alles live und kompakt – der „Controllerism“ ist da. Man benötigt nur noch die richtige Gerätschaft für die eigene Performance. Zahlreiche Produkte mit optional eingebauten Soundinterfaces in allen Qualitätsstufen, Preis- und Gewichtsklassen kämpfen um die Gunst des kreativen Geistes. Dem Trend bei Telefonen und Computern folgend, setzen Hersteller von DJ-Gear nun immer mehr auf erweiterte Touch-Techniken. Der Kampf der Multi-Gesture-Finger-Blobs gegen 60-mm-Fader und Konsorten geht in die nächste Runde.
Stanton, unter anderem bekannt durch Final Scratch, tritt mit einer neuen Produktreihe von DJ-Controllern an. Die System 1 Serie umfaßt den Mixer SCS.1m und das 10“ Vinyl-Control-Deck SCS.1d. Die System 3 Serie, mit dem Controller SCS.3d und dem Mixer SCS.3m verzichtet weitestgehend auf haptische Elemente wie Fader und Knöpfe und setzt auf Multi-Touch-Technik. DaScratch wendet sich an Amateur- und Profi-Aufleger, die ihr bestehendes Setup um einen MIDI-Controller zur Effekt-, Cue- oder Loop-Steuerung erweitern wollen, bietet sich aber auch als universelle Stand-alone-Lösung zur Kontrolle der DJ-Software an. Durch sein geringes Gewicht und kleinen Maße also der ideale Reisebegleiter für ein gefühlsechtes DJ-Erlebnis?
Das Stanton SCS.3d Performance Control Surface kommt in einem schmucken schwarzen Karton nebst USB-Kabel und Quickstartguide. Der gerade mal 21 x 12 cm breite Controller ist nicht nur kompakt, sondern mit seinen 1200 Gramm dazu noch ein Leichtgewicht. Der Boden ist abnehmbar, darunter befindet sich der USB-Port. Einen optionalen Netzteilanschluß und einen USB-Hub für ein zweites Gerät sucht man vergebens. Es ist kein Sound-Interface integriert, ergo benötigt man mit USB-Soundkarte und zwei DaScratch-Einheiten schon mal drei USB Anschlüsse, die unter Umständen auch noch alle fleißig Strom aus den Notebook-Ports ziehen. Ab Mai wird dann der SCS.3m „DaMix“ mit eingebautem Hub und externer Stromquelle für Abhilfe sorgen. Ein Sound-Interface fehlt jedoch auch ihm. Trotz Verwendung von Plastik als Fertigungsmaterial macht der Controller einen stabilen Eindruck und ist sauber verarbeitet. Der Magnetstreifen an der Seite dient zum Andocken weiterer Geräte. Eine Installations-CD fehlt – je nach Örtlichkeit nicht unbedingt zu verschmerzen. Die dazugehörige Software „DaRouter“ bekommt man entweder per Download oder postalisch nach einem Anruf bei der Service-Hotline. Ohne sie ist der Controller stark in seinen Funktionen einschränkt. Laut Stantons eigenen Angaben funktionieren auch die Multitouch-Funktionen nur in Verbindung mit „DaRouter“, der momentan leider nur Presets für Traktor und Serato-Scratch-Live mitbringt. Dazugehörige MIDI-Mappings für Traktor 3 und Traktor Pro/Scratch Pro findet man auf der Stanton Website (Stand: 04.04.2009). Ein Generic-Preset für noch nicht unterstützte Programme ist ebenfalls vorhanden. Manch einer erstellt sich also seine MIDI-Funktionen selbst – sofern die genutzte Software dies erlaubt.
Stanton hat beim SCS.3d auf Fader oder Potis komplett verzichtet. Ein Vorteil, der sich beim Transport positiv auswirkt. DaScratch emuliert, ohne Mode-Umschalter und Transportsteuerung, maximal vier frei belegbare Buttons, nebst zwei Slidern/Fadern. Dazu kommen entweder ein Touch-Dial oder fünf Touch-Buttons oder drei zusätzliche Touch-Fader/-Potis. Da man nicht alle Regler gleichzeitig verwenden kann, sondern zwischen den oben genannten Funktionen umschalten muß, ist DaScratch sehr kompakt ausgefallen.
Die Bedienung erfolgt hauptsächlich über berührungsempfindliche Felder, deren kaum spürbare Latenz zu Anfang positiv hervorgehoben sei. Das Gerät ist in drei Bereiche aufgeteilt:
Im unteren befinden sich die einzigen „klassischen“ Buttons PLAY, CUE, SYNC und TAP für die Transportsteuerung der Decks. Sie lassen sich an prominenter Stelle gut bedienen und der Druckpunkt ist angenehm. Bei Traktor Pro, DJ Decks und Mixvibes funktionierten sie sofort, einzig mit Deckadance verweigerten sie auf meinem Testsystem den Dienst.
In der oberen Sektion befinden sich mittig fünf Touch-Buttons, welche einen der Modi FX, EQ, LOOP, TRIG und VINYL einschalten. Der DECK-Button wechselt zwischen den Playern. Der gewählte Modus verändert die Funktionsweise des runden Center Touchpads. Die „Buttons“ reagieren schneller als ihre mechanischen Vertreter und ändern die Farbe, wenn sie aktiv sind. Flankiert wird die Einheit von zwei Touch-Slidern. GAIN auf der rechten Seite arbeitet im absoluten Modus. Der kontrollierte Parameter nimmt direkt den Wert an, der sich aus der Fingerposition ergibt. Auch eine Zwei-Finger-Steuerung (Fingersprung) ist hier möglich. Sobald der erste Finger auf dem Touchpad plaziert ist, hat man den Startwert gesetzt. Ein Aufsetzen des zweiten Fingers bewirkt einen direkten Wertesprung zu dieser Position, loslassen führt zum Standardwert zurück. So kann man beispielsweise den Track kurz „punchen“ oder Effekte und EQ-Werte „cutten“. Der Pitchslider links arbeitet im relativen Mode, um eine feinere Justierung zu ermöglichen. Jeder der Slider bietet 9 Status-LEDs, wobei LED 5 der Mittelstellung entspricht.
Der Gain-Regler läßt sich schiebend, besser gesagt gleitend, ganz gut bedienen, das gezielte Ansteuern eines Wertes, respektive einer LED erfordert jedoch viel Konzentration und ist schwer zu meistern, beim Loslassen verändern sich zudem teilweise die Werte. Fingersprünge gelingen annähernd nur auf größerer Distanz. Punches mit kleinen Werten sind kaum zu realisieren.
Der Pitch liefert Werte zwischen 0,1 und 0,3 Prozent Genauigkeit (ca. 0,5 BPM bei 120 BPM). Das sollte ausreichen. Veränderungen der Werte beim Loslassen des Sliders sind allerdings nicht selten. Zum Vergleich: Der VCI-100 Controller regelt bis auf 0,1 % genau. Ein PDX2300 Plattenspieler mit Digitalanzeige pitcht ebenfalls mit einer Genauigkeit von 0,1 %.
Das Herzstück des Controllers ist die Center-Sektion mit dem mittigen Center-Touchpad und den umgebenden vier Touch-Buttons. Die Kontrollfläche bietet dem Anwender drei unterschiedliche Operationsmodi. Der Circle-Modus emuliert einen Slider sowie ein Jogwheel und ist der Standard-Modus von DaScratch. Ohne die zuvor installierte DaRouter Software kann man diesen nicht ändern. Der mittige Slider dient zum Scratchen. Fährt man um den äußeren LED-Ring, verhält sich das Centerpad wie ein Jog-Dial beim Trackscanning. Das Spulen im Song ist bei ein- und ausgeschaltetem Deck gleich, hier wäre eine Pitchbend-Funktion bei laufendem Deck interessanter. Scratching ist erst nach justierter Intensität im MIDI-Mapping sinnvoll zu verwenden.
Die Center-Sektion im Vinyl-Modus
Im Slider-Modus, der zur EQ- und Effektsteuerung genutzt wird, regelt man maximal drei Fader gleichzeitig. Man gleitet dazu mit dem Finger neben den vertikalen LED-Leisten, die als Orientierung und Statusanzeige dienen, auf und ab. Die Slider bieten eine Genauigkeit von maximal zwei bis vier Prozent mit den obligatorischen Sprüngen beim Loslassen. Das direkte Ansteuern eines Wertes/einer LED funktioniert wegen der größeren Felder genauer als bei PITCH und GAIN. Auch Fingersprünge gelingen im Centerpad besser, Punches mit kleinen Werten sind leider auch hier kaum möglich. Die Beschränkung auf drei Fader lässt die vier Band-EQs außen vor, es sei denn, die DJ-Software kann die Shift-Funktion oder Modifier interpretieren. Die vier umliegenden Buttons schreien geradezu nach Killswitch, nebst RESET-EQs-Funktion.
Die Manipulation der Effekte läuft ähnlich ab wie die EQ-Steuerung. Das Centerpad bietet drei Fader, um die Effektparameter zu steuern, während die umgebenden Buttons die Effekte einschalten.
Die Center-Sektion im EQ-ModusDie Center-Sektion im FX-Modus
Der Button-Modus liefert fünf Touch-Sensitive-Bereiche und wird im Loop- und Triggermodus verwendet. Loopunkte, Cuepoints und Browser-Funktionen sind die vornehmliche Verwendung, Sample Player eine weitere Alternative. Die Flächen sind groß genug, um sinnvoll damit zu arbeiten. Zum Triggern und Loopen eignet sich die Center-Sektion im Button-Modus hervorragend und der Spaß-Faktor kommt ebenfalls nicht zu kurz.
In der Praxis muß das Gerät in der Lage sein, zwei Decks in angemessener Zeit zu kontrollieren. Wenn man erstmal das Bedienkonzept verinnerlicht und eine Aufwärmphase von 30 Minuten absolviert hat, läuft das Ganze schon ziemlich rund. Die Steuerung funktioniert nahezu latenzlos, die LEDs verändern sich in Echtzeit. Allzu wild darf man allerdings nicht über das Circlepad fahren, sonst berührt man unter Umständen ein angrenzendes Feld.
Beatmatching eines Tracks dauert etwa fünf bis zehn Sekunden, wenn man die angezeigten BPM als Basis nimmt und mit Pitch-Bend-Tasten arbeitet. Eine BPM-Toleranz von 0,5 Prozent und gelegentliches Nachjustieren fallen in der Praxis nicht negativ auf. Da intuitive Bedienung – gerade wenn man nur mit einem Controller arbeitet – stark von den eigenen Gewohnheiten abhängt, ist ein persönliches MIDI-Mapping der Schlüssel zum Workflow. Dann ist das Ergebnis ganz beachtlich: Tracks laden, starten und synchronisieren, Loops und Cuepunkte on the fly setzen, Delay dazu. – DJ Herz, was willst du mehr? Doch trotz angepaßtem MIDI-Setup bedarf es einiger Konzentration. Zu wenige Modifikatoren erreicht man direkt. Die Kontrolle der EQs ist nicht zu vergleichen mit traditioneller Steuerung über Drehregler und Fader. Oftmals schaut man zur Anzeige, um sicherzugehen, daß das zu steuernde Deck auch wirklich aktiv ist. Häufiges Umschalten der Bereiche bedarf Aufmerksamkeit und Zeit, die man lieber in die kreative Performance investieren möchte. Ob ein Setup mit zwei Einheiten hier Abhilfe schaffen kann?
TEST MIT 2 CONTROLLERN
Das Setup des zweiten Controllers gestaltet sich vorbildlich. Einmal an den USB-Port angeschlossen wird der Treiber automatisch installiert und die DaRouter Software meldet sich, um den zweiten Controller auf Wunsch zu aktivieren. Mit zwei Einheiten läßt es sich wesentlich bequemer und sauberer arbeiten – insbesondere hinsichtlich EQ-Manipulation. Sämtliche DJ-Mannöver gehen zügiger und vor allem sicherer von der Hand. Die Effekt-und Loopmanipulation mit zwei Steuereinheiten ist wesentlich intuitiver, man kann quasi mit einer Hand wie auf einer Klaviatur Loops spielen und mit der anderen weitere Aktionen durchführen. Hier ist man behender als bei herkömmlichen Controllern. Allerdings kann man beim Dual-Betrieb nicht mehr zwischen den Decks umschalten. Dies hat sicherlich den Vorteil, daß man explizit einen Controller zur Steuerung eines Decks nutzt und sich nicht versehentlich „vertoucht“. Doch leider unterdrückt dies die Möglichkeit, beide Einheiten für ein Deck zu verwenden, um dann sowohl Loops als auch Effekte zeitgleich auf eine Signalquelle zu routen.
Ein Vier-Deck-Betrieb war mit den Standard-Einstellungen nicht direkt möglich. Momentan wird dies auch nicht nativ unterstützt, jedoch kann man bei Bedarf mit dem Bome-MIDI-Translator ein Preset schaffen und sein .TSI-File selbst programmieren. Möchte man DaScratch als zusätzlichen Effekt- und Loop-Controller zum Vinyl-Setup benutzen, bietet es sich an, die Transportsteuerung zu Effektbuttons umzuprogrammieren.
Mit zwei Controllern macht´s direkt doppelt so viel Spaß!
Für DJs, die einen kompakten MIDI-Controller mit großer Funktionsvielfalt suchen ist der SCS.3d einen Blick wert. Gerade sein Leichtgewicht macht ihn zum Travel-Kandidaten. Die grundlegenden Funktionen einer DJ-Software steuert DaScratch problemlos. Aufgrund der limitierten Anzahl an Touch-Fadern und Buttons sollte man individuelle Belegungen sorgsam auswählen. Auch erreichen die Bedienelemente nie die Präzision hochwertiger Drehcontroller oder Fader, kleinere Ungenauigkeiten beim Steuern muß man aufgrund der kompakten Bauweise in Kauf nehmen. Das ständige Wechseln der Modi ist zuerst gewöhnungsbedürftig, hat man die Bedienung verinnerlicht, geht alles zügig von der Hand und macht mächtig Spaß. DaScratch ist absolut individuell konfigurierbar, was gerade für Effekte, Loops und Samples wichtig ist, muß sich aber hier der Konkurrenz ähnlich großer und teilweise preiswerterer haptischer Geräte stellen. Der Betrieb von zwei SCS.3ds gestaltet sich komfortabel. Besitzt man zwei Kontroll-Einheiten, kann man diese mit einem externen Mischpult betreiben. Gerade (Da)Scratcher werden den Crossfader sonst schmerzlich vermissen. Stanton hat mit der System 3-Reihe einen mutigen Schritt in Richtung Next-Level-Control-Surfaces unternommen. Mit zwei DaScratch und einem DaMix ist man gut aufgestellt. Diese Kombination kostet ohne Soundinterface allerdings etwa 750 Euro. Für die Hälfte des Preises bekommt man bereits Controller mit eingebauter Soundkarte, Mixer, Jog-Dials, Fader und Potis – falls man diese dann noch will. Mein persönliches MIDI-Mapping findet ihr nachfolgend, die Belegung liegt als PDF bei.
SCS3D_MIDI_MAPPING_TSPRO.tsi
SCS3D_MIDI_BELEGUNG_TRAKTOR_PRO.pdf
UNTERSTÜTZTE SOFTWARES
– Traktor DJ Studio/Traktor Scratch
– Serato Scratch Live
– Alle MIDI-fähigen Applikationen
TECHNISCHE DATEN
5 Touch-Sensitive Slider
1 Touch-Sensitives Jogwheel
4 klassische Transport Buttons
9 Touch-Sensitive Buttons
5 Touch-Sensitive Modus Buttons
1 Touch-Sensitive Deck Button
USB1.1 und 2.0 kompatibel
Abmessungen: (L x B x T) 16.5 mm x 120 mm x 35.25 mm
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