Shure hat das beliebte Mini-Audiointerface X2u zum Vergleichstest beigesteuert – Shure ist ein Unternehmen, das es geschafft hat, ein Produkt zu entwickeln, das so gut wie jeder auf der Welt schon einmal gesehen hat.
Wenn ihr ein Kind in Patagonien oder einen Gemüsehändler in Taschkent bittet, euch ein Mikrofon aufs Papier zu malen, stehen die Chancen sehr gut, dass sich das Ergebnis am Shure SM58, der “Eistüte” orientiert. Audiointerfaces hingegen sind im Grunde nicht das Metier der Amerikaner, doch bestätigen Ausnahmen bekanntlich so manche Regel.
Das X2u ist ein XLR-USB-Interface, welches nicht nur einzeln erhältlich ist, sondern gerne direkt mit dem 58er oder 57er als Paket verkauft wird. Wir haben es vor allem in den Test aufgenommen, weil es auf den ersten Blick robust und gut ausgestattet erscheint –dabei aber erstaunlich preiswert ist!
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Details
Typisch Shure: Robustheit!
Ich habe mal ein SM58 in der Hand gehalten, welches als solches nicht mehr erkennbar war: Das Mikrofon von Rammstein-Sänger Till Lindemann musste eine dieser Feuershows der Band an einen Mikrofonständer gefesselt verbringen. Moderne Audiogerätefolter mit zahlenden Gästen also. Das Erstaunliche war, dass man an diesen verkohlten Metallklotz ein XLR-Kabel anschließen konnte und es immer noch funktioniert hat. Ich bezweifle zwar, dass das X2u ein derartiges Martyrium ähnlich gut wegstecken würde, doch zumindest das Gehäuse verfügt über entsprechendes Rüstzeug. Als einziges Gerät im Test kommt es mit richtig schwerem Druckguss daher und hinterlässt so einen wahrhaft professionellen Eindruck. An einer Längsseite des Shure sind zwei Schlaufenöffnungen zu erkennen, darunter eine kleine Gummimatte.
2/4 Deutlich bulliger als die anderen getesteten Geräte
3/4 Mit diesen Schlaufen lässt sich das Interface am Mikrofonständer befestigen.
4/4 Nix “mini” oder “micro”: Eine richtige USB-B-Buchse ist verbaut!
Per Klettbänder ans Stativ
Mit den beiden mitgelieferten Klettbändern kann sich das X2u hier am Mikrofonständer festklammern. Das ist praktisch, da scheint wirklich jemand mitgedacht zu haben! Der kopfseitig verbaute XLR-Stecker ist zwar keine mir bekannte Markenware (und sieht auch nicht danach aus), es scheint jedoch generell nicht ratsam, ein Mikrofon direkt an das kleine Interface anzuschließen. Aus dem Physikunterricht wissen wir, was Hebelkräfte so alles anzurichten vermögen. Auf der gegenüberliegenden Seite des XLRs wartet eine angenehme Überraschung: Nicht die fimschige fünfpolige Mini-B-Buchse kommt hier zum Einsatz, sondern “a proper solution”: USB Typ B. Arretierend ist keine USB-Verbindung. Um das nötige Maß an Betriebssicherheit zu erhalten, sollte man auch hier also auf den Zug achten.
Viele Bedienelemente und Direct Monitoring
Direct Monitoring
Bedienelemente gibt es vier Stück, davon drei in Form von Rädern. Von oben nach unten handelt es sich dabei um Gain für den Mic-Pre, Kopfhörer-Volume und einen Regler namens “Monitor”. Nördlich des Gains befindet sich eingelassen eine kleine LED, die mit Leuchten in Grün, Orange und Rot Auskunft über den jeweiligen Pegel nach der Wandlung gibt (-30, -12 und 0 dBFS). Am Fußende leuchtet eine blaue LED, wenn man mit dem darüber liegenden Schalter die Phantomspeisung aktiviert hat. Komplettiert wird die Ausstattung des X2u mit einer grünen LED namens “USB” und einer seitlich eingelassenen 3,5mm-Kopfhörerbuchse. Die vom Hersteller angegebenen Werte können sich sehen lassen. So wird der Frequenzgang von 20 Hz bis 20 kHz mit einer Toleranz von nur +/-1 dB angegeben. Da keine anderslautenden Angaben zu finden sind, ist davon auszugehen, dass diese Zahlen nicht nur für Mic-Pre oder ADC gelten, sondern für das gesamte Gerät. Wandeln kann das Gerät mit 44,1 oder 48 kHz Samplingrate, zur digitalen Darstellung der gemessenen Spannung muss ein 16 Bit langes Wort genügen, 24 Bit Quantisierung wird nicht ermöglicht. Wie alle Geräte des Testmarathons bedarf auch das Shure keiner Installation –einstecken, auswählen, benutzen.
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Praxis
Shure: stabil
Das stabile Gehäuse ist eine Wonne. Beim Aufbauen kommt mir der Gedanke “Genau so muss es sein!“ Mit XLR-XLR-Kabel vom Mikrofon zum mit Klettbändern am Mikroständer fixierten X2u lässt sich das Shure hervorragend benutzen. Allerdings erschien mir der Versuch, es direkt an verschiedene Mikrofone anzudocken aufgrund des Eigengewichts des Teilchens für den Dauerbetrieb doch etwas heikel. Beim robusten SM58 habe ich es dennoch reinen Gewissens gemacht.
Gut: “Rugged” und mit LEDs zu Rückmeldung
Gutes Monitoring
Angenehm ist die dezente optische Rückmeldung per LEDs, die Stellung der Rädchen lässt sich jedoch aufgrund fehlender Markierungen nicht einmal erraten. Spricht hier eigentlich etwas gegen einen auf die Rädchen aufgedruckten weißen Keil, der mit größer gewählten Werten breiter wird? Nee, oder? Außerdem ist die Auskunft “Monitoring” nicht sonderlich aussagekräftig. Die tatsächliche Funktion erkennt man im Grunde erst aus der Benutzung. Es handelt sich nämlich um einen Blend-Regler, der das Verhältnis zwischen Playback- und Direktsignal bestimmt. Das könnte man auch einfach mit auf das Gehäuse schreiben. Aber Shure sind nicht die Einzigen, die sich das sparen. Allerdings verdient es Lob, dass bei den Monitoring-Funktionen nicht gespart wurde. Ich hatte mit meinen Wurstfingern zum Teil etwas Mühe, die kleinen, geriffelten und sehr tief versenkten Stellrädchen differenziert einzustellen. Ich bin diesbezüglich jedoch nicht Otto Normalverbraucher, sondern eher der Gegenpol zu Uhrmacher und Buddelschiffbauer. Immerhin kann man Gain & Co. kaum aus Versehen verstellen, wenn man das X2u anfasst.
Der erste klangliche Eindruck zeigt keinen auffälligen Qualitätsunterschied zu klassischen USB-Interfaces mit eingebautem Mikrofon-Vorverstärker. Die Höhen werden erstaunlich fein aufgelöst, auch die Tiefenwiedergabe ist so, wie man es sich von so einer kleinen Mücke wünschen kann. Am Beispiel “Legokiste” wird zudem deutlich, dass das X2u, das für seine beiden wesentlichen Aufgaben (Vorverstärkung und Wandlung) mit der USB-Busspannung zurechtkommen muss, auch im Bereich Dynamik gut aufgestellt ist. Kommt die menschliche Stimme ins Spiel, fällt aber die etwas geringe Substanz auf. Untere Mitten und der Präsenzbereich könnten für diese Anwendung noch ein wenig mehr Fleisch vertragen. Setzt man hier nicht mit dem EQ breibandig und mit geringem Gain an, wirkt der Sound schnell etwas dünn und verhalten. Den Instrumentalaufnahmen tut dies jedoch gut! Merke: Das Shure X2u ist recht universell ausgerichtet, nicht primär auf das Recording von Sprache und Gesang optimiert. Das Rauschen hält sich in angenehmen Grenzen. Dass es laut Shure bei voll aufgerotztem Gain bei -78 dBFS liegt, erscheint absolut glaubwürdig. Der Headphoneamp wird zwar in puncto Power von einigen anderen in den Schatten gestellt, für die übliche Arbeit mit den meisten Kopfhörern ist sie jedoch dicke ausreichend.
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Für etwas mehr als einen Hunderter Ladenpreis bekommt man mit dem Shure X2U ein durchdachtes, sinnvoll ausgestattetes, ordentlich verarbeitetes System, welches auch klanglich völlig in Ordnung geht. Die Balance zwischen a) Preis und b) Gegenwert bekommt höchstens in Richtung b) ein wenig Schlagseite. Wer viel mit der menschlichen Stimme arbeitet, sollte vielleicht nicht unbedingt der absolute Rookie im Umgang mit Effekten sein. Doch sind hier keine großen Korrekturen mit dem EQ notwendig, eher ein sanfter Support von bestimmten Bereichen. Außerdem muss sowieso spätestens bei der Kompression zumindest rudimentär mit Effekten gearbeitet werden. Es gibt ein paar kleine Punkte, die ich für einen möglichen Nachfolger auf der Wunschliste hätte – doch insgesamt kann ich dieses kleine Helferlein guten Gewissens empfehlen.
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