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Gibson SG Standard Dark Cherry VOS Test

Gibson SG Standard Dark Cherry VOS – so gut wie das alte Original?
Alte Instrumente sind teuer. Das ist nicht nur bei Geigen so, auch für alte E-Gitarren werden zum Teil astronomische Summen verlangt und auch gezahlt. Im Vergleich zu einer Stradivari sind das zwar immer noch Peanuts, aber für den Durchschnittsmusiker – damit meine ich nicht das Talent, sondern den Kontostand – sind solche Preise recht saftig. Manch einer behauptet auch, dass viele Gitarren aus den fünfziger und sechziger Jahren ihren Preis von oft mehr als 10000 Euro nicht rechtfertigen können, aber wie alles in unserem Wirtschaftssystem funktioniert auch der Handel mit historischen Instrumenten nach dem Gesetz von Angebot und Nachfrage. Grundsätzlich gilt, dass damals erheblich weniger Gitarren produziert wurden als heute und diese Instrumente in der Regel mit sehr guten Klanghölzern ausgestattet, eingespielt und überwiegend in Handarbeit gefertigt sind. Und je gefragter ein solches Modell ist, desto höher steigt sein Preis.

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Und damit wagen wir den Sprung zu unserem heutigen Testobjekt, einem höchst originalen Replikat der sehr beliebten 61er Gibson SG. Dieses wurde mit viel Liebe zum Detail im Gibson Custom Shop hergestellt, und zwar in einer Mini-Auflage von lediglich 25 Stück. Da wird der Mund natürlich wässrig, denn wenn man schon nicht an die begehrten alten Schätzchen kommt, dann vielleicht wenigstens an ein besonderes Instrument, das nur noch 24 andere auf der Welt besitzen. Von dieser Warte aus gesehen sind 3333 Euro eigentlich ein Schnäppchen und angesichts der momentanen Krise vielleicht sogar eine gewinnbringende Geldanlage mit Spaßfaktor, denn Gitarren behalten normalerweise ihren Wert und Sondermodelle mit relativer Sicherheit auch. Aus Sicht des „normalen“ Gitarristen ist das Instrument preislich in der oberen Kategorie angesiedelt und ein solcher Betrag für eine „ganz normale“ SG ist ein richtiger Batzen Geld, für den man einiges erwarten darf. Und genau das ist unsere Aufgabe bei bonedo, fernab von irgendwelchen Finanzspekulationen und Geldanlagemöglichkeiten Instrumente auf das zu testen, wofür sie eigentlich gebaut werden. Und auch für unsere limitierte SG wäre es mehr als schade, wenn sie ihr Leben in einer Glasvitrine fristen müsste.

DETAILS

Unsere Testgitarre orientiert sich an der 61er SG und ist am ehesten mit der SG Standard Reissue aus dem Custom Shop zu vergleichen. Allerdings gibt es einige Unterschiede: Der erste fällt sofort ins Auge, denn der Mahagoni-Korpus ist in Dark Cherry lackiert, einem sehr dunklen Weinrot, das der Gitarre einen edlen Look verleiht. Er besitzt die typisch dünne SG-Form mit den beiden gleichmäßigen Cutaways und dem leichten Shaping an Oberseite, damit sich die Gitarre dem Körper des Spielers besser anpasst. Auch was die Regler und Pickups anbetrifft, ist alles dort, wo es hingehört. Die vier Potiknöpfe kommen im klassischen Top Hat Design in Schwarz mit weißen Zahlen und einer silberner Einlage auf der Oberseite mit Beschriftung. Im Vergleich zu den Standard SGs neuerer Bauart ist unser Testmodell mit einem kleinen Schlagbrett ausgestattet, dem Wing-Shaped Pickguard, bestehend aus fünflagigem Kunststoff in schwarz-weißen Abstufungen. Die Gitarre hat eine Tune-O-Matic Bridge mit Stop-Tailpiece, beides im V.O.S. Finish, also künstlich gealtert mit entsprechenden Oxidationspuren, damit man auch etwas Vintage-Feeling beim Auflegen der rechten Hand spürt. Ein solches Instrument wird selbstverständlich nicht im blanken Karton geliefert, ein gut ausgestatteter stabiler Formkoffer gehört zum Lieferumfang.

Der Mahagoni-Hals ist, wie üblich bei der SG, mit dem Korpus verleimt und mit einem Griffbrett aus Palisander mit 22 Medium-Bünden bestückt. Diese sind sehr gut abgerichtet und poliert, sodass butterweiche Bendings und Vibratos kein Problem sind. Zur Orientierung haben wir auf dem Griffbrett trapezförmige Perlmutteinlagen und am cremefarbenen Binding an der Halskante schwarze Punkte. Der Hals liegt sehr gut in der Hand, Grund dafür ist natürlich das recht schlanke Slim Taper Profil, mit dem man mühelos bis in die obersten Lagen spielen kann. Die Gitarre ist ab Werk optimal auf den 010er Saitensatz eingestellt, Halsneigung und die niedrige Saitenlage sind so justiert, dass nichts schnarrt. Auch die Oktavreinheit ist perfekt. Lediglich gestimmt muss das Instrument noch werden, nachdem es aus dem Koffer befreit ist. Aber auch hier gibt es nichts Negatives zu vermelden, die geschlossenen Vintage Gibson Deluxe Mechaniken mit Perloid-Knöpfen verrichten ihre Arbeit zur vollen Zufriedenheit. Das Übertragungsverhältnis ist 14:1 und es gibt weder Leerlauf noch tote Punkte, die Mechaniken greifen sauber und erlauben genaues Stimmen. Die Tuner sind beidseitig an der Kopfplatte angebracht, die außerdem den Gibson-Schriftzug und eine Perlmutteinlage trägt sowie die glockenförmige Kunststoffabdeckung des Halsstellstabs mit der eingravierten Signatur des Firmengründers. Das ist übrigens kein Fehler, denn die ersten SG Modelle trugen tatsächlich den Namen Gibson Les Paul SG. Erst später wurde sie nur noch SG genannt.

Bei den Pickups sehen wir den nächsten Unterschied zur SG Standard Reissue. Während Letztere mit Burstbuckern bestückt ist, haben wir es bei unserem Testmodell mit zwei  Angus Young Signature Pickups zu tun. Ein Hinweis, wohin die Reise gehen könnte, beziehungsweise, wo die absoluten Stärken der Gitarre liegen? Aber das werden wir sehr genau im Praxisteil erforschen. Die Tonabnehmer werden standardmäßig mit einem Dreiwege-Toggleswitch geschaltet, bei dem die Kombinationen Hals-, Steg- und beide Pickups möglich sind.

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PRAXIS

Die Gitarre ist nun gestimmt und spielbereit und wir hören uns zuerst die drei Pickup-Kombinationen mit einem unverzerrten Sound an.

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Neck, clean Neck + Bridge, clean Bridge, clean

Der Hals-Pickup liefert einen runden Ton, der für eine SG recht kräftige Bässe generiert, aber auch die Höhen sind ganz gut vertreten. Wem sie zu dominant sind, der kann mit dem Tone-Regler den Klang etwas weicher gestalten. Am Steg wird es relativ spitz, die Angus Young Signature Pickups erzeugen generell einen Sound mit etwas aggressiveren Höhen. Bei Cleansounds kann das zwar manchmal etwas grell wirken, kommt aber bei angezerrten Tönen recht gut. Daher habe ich auch nicht lange gefackelt und den Amp gewechselt: Crunchsound ist angesagt, und zwar in der Kombination mit einem Marshall Plexi. Deutlich zeigt sich die Abstimmung der Tonabnehmer auf diesen klanglichen Einsatzbereich. Die Pickups machen gut Dampf und bringen den Amp etwas mehr zum Zerren als zum Beispiel meine Standard SG. Dabei wird der Sound aber nicht platt gemacht, sondern bietet noch ausreichend Spielraum, um den Verzerrungsgrad mit dem Anschlag zu steuern, wie man beim folgenden Beispiel mit dem Halspickup hören kann.

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Neck, crunch

Ein harter Anschlag erzeugt bereits ein amtliches Zerrbrett, und wenn man leicht in die Saiten schlägt, dann wird der Ton etwas weicher und mit weniger Verzerrung ausgegeben. Das ist erstklassig. Der Halspickup zeigt sich in dieser Klangkategorie sehr präsent und ausdrucksvoll. Auch bei kernigen Rhythmuspassagen kann man ihn aufgrund der knackigen Höhen auf jeden Fall einsetzen, die Durchsetzungskraft ist absolut vorhanden, auch wenn eine zweite Gitarre mitspielt. Der Steg-Pickup liefert den erwarteten bissigeren Ton, frontal, dreckig und rockig.

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Bridge, crunch

Der Tone-Regler entschärft den bissigen Klang bei Bedarf etwas, aber auch hier ist die Absenkung nicht so stark wie bei anderen Gitarrenmodellen, bei denen man einen richtig muffigen Klang erzeugen kann. Aber der Clapton-typische Woman Tone mit komplett zurückgenommenem Tone-Poti ist auf jeden Fall möglich. Im folgenden Beispiel hört ihr zuerst den Steg Pickup mit Tone auf 0, danach auf 10.

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Bridge, Tone-Poti

Wer gerne mit dem Lautstärkeregler der Gitarre arbeitet, um den Verzerrungsgrad des Amps zu justieren, der wird hier seine helle Freude haben, denn das funktioniert absolut perfekt. Einem Amp, der auf Mid Gain eingestellt ist und auf die Einstellungen der Gitarre reagiert, kann man bei Volume auf 6 einen annähernd unverzerrten Ton entlocken. Mit weiterem Aufdrehen wird auch der Verzerrungsgrad gleichmäßig angehoben. Ihr hört das im folgenden Beispiel, bei dem ich die Lautstärke an der Gitarre immer um eins weiter nach oben gedreht habe, von 6 bis 10. Mit dieser Gitarre braucht man eigentlich keinen dreikanaligen Amp, das erledigt alles der Volume-Regler.

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Bridge, Volume-Poti
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Wie zu erwarten, gibt es auch keine Probleme in der transparenten Klangwiedergabe bei höherer Verzerrung. Beim Akkord-Test kommen alle Akkorde (E,G,D,A,E) deutlich und vor allem bei den einzelnen Anschlägen des letzten E-Akkords hört man trotz hoher Verzerrung jede einzelne Saite.

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Bridge, Chords

Was mir ebenfalls sehr gut gefällt, ist der homogene Klang der Gitarre. Das mag bei dem einen oder anderen auf Kritik stoßen, denn das Instrument bietet keine große Bandbreite an Sounds – primär ist es ein charakteristischer Ton, der durch die Anwahl der Pickups nur leicht verändert wird. Aber genau das ist es, was eine gute Gitarre erst zu einer Persönlichkeit macht. Wir hören noch einmal die drei Pickup-Kombinationen mit einem entsprechend verzerrten Sound aus dem Marshall Plexi.

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PU-Kombinationen, medium Gain

Bei Hi-Gain- und Metal-Sounds macht die SG Standard ebenfalls eine sehr gute Figur. Sie hat einen erstklassigen Bassbereich, der recht straff und knackig aus den Speakern kommt und dafür sorgt, dass das Instrument auch für tiefere Stimmungen bestens geeignet ist. Es klingt fett, aber nicht mulmig und die Durchsetzungskraft ist auch in dieser Disziplin absolut gewährleistet.

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Bridge, high Gain
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FAZIT

Die Gibson SG Standard VOS in der limitierten Auflage ist ohne Zweifel nicht nur ein Sammlerstück, sondern vor allem eine erstklassige Gitarre. Der Hals ist sehr gut bespielbar, die Werkseinstellung von Hals und Saitenlage ist vorbildlich und auch die Verarbeitung zeigt sich tadellos. Sie punktet mit einem sehr guten Spielgefühl, unterstützt durch eine gute Ansprache und knackigen Attack, also genau die Punkte, die man bei einer SG erwartet. Instabile Stimmung und Intonation, wie bei vielen SGs bemängelt, sind hier absolut kein Thema, im Gegenteil. Die Angus Young Signature Pickups liefern dem Amp ordentlich Dampf, ideal also für alle möglichen Einsätze in verzerrten Gefilden. Im Vergleich zu anderen SGs hat sie einen etwas bissigeren Ton mit einer kleinen Portion mehr Pegel. Die Frage, ob das alles mehr als 3000 Euro wert ist, muss jeder für sich selbst beantworten. Aber sie ist halt eine von 25!  

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Technische SPezifikationen
  • Hersteller: Gibson
  • Model: SG Standard (Custom Shop)
  • Finish: Dark Cherry
  • Korpus: Mahagoni
  • Hals: Mahagoni
  • Profil: Slim Taper
  • Griffbrett: Palisander
  • Halsbr.Sattel: 42 mm
  • Halsbr. 12.Bd.: 52 mm
  • Mensur: 628 mm
  • Bünde: 22 Medium Frets
  • Mechaniken: Gibson Deluxe Vintage Style
  • Pickups: 2x Angus Young Pickups
  • Regler: 2x Volume, 2x Tone
  • Brücke: Tune-O-Matic Bridge mit Stop Tailpiece VOS Finish
  • Zubehör: Koffer
  • Preis: € 3.333, (UVP)
Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • Verarbeitung
  • Bespielbarkeit
  • Sound
  • Pickups, transparente Klangübertragung
  • Ansprache, Dynamik
  • Verzerrungsgrad regeln mit dem Volume Poti
Contra
  • Preis
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Gibson SG Standard Dark Cherry VOS Test
Für 2.890,00€ bei
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