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Gibson N-225 Test

Die Gibson N-225 im bonedo-Test  –  Eigentlich sollte es doch reichen, wenn ein Traditionshersteller wie Gibson alle Jahre wieder eine Ikone wie die Les Paul vorsichtig überarbeitet, ihr vielleicht ein anderes Finish verpasst oder wenn nötig ihre Charaktereigenschaften auch ein wenig an den Zeitgeist angleicht. Könnte man meinen, aber weit gefehlt. Von Zeit zu Zeit sind auch solche Firmen für Überraschungen gut, und Gibson hat sich mit unserer Testkandidatin etwas ganz anderes ausgedacht.

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Mit der N-225 aus der Designer-Serie präsentiert sich eine Gitarre, die schon äußerlich so garnicht in das gewohnte Bild passen will, das wir seit Jahrzehnten zusammen mit dem Markennamen Gibson abgespeichert haben. Natürlich stellt sich in einem solchen Fall immer sofort die Frage, ob hinter der überraschenden Fassade auch überzeugende innere Werte zu finden sind.

Details

Gut schaut sie aus! Ich muss zugeben, dass ich nicht genau wusste, was mich erwartet, bevor ich den schwarzen Formkoffer öffnete, aber nun bin ich doch sehr positiv überrascht. Da liegt sie in ihrem weißen Plüschbettchen und strahlt mich mit ihrem feinen Rot an, das sich Heritage Vintage nennt. Dabei handelt es sich um Nitrolack, wobei es unsere Kandidatin auch in Natural, also holzfarben, und in Ebony gibt, wobei Letzteres mit einer Grafik versehen ist.
Der Korpus besitzt zwei spitz zulaufende asymmetrische Hörner und die beiden F-Löcher an der Oberseite lassen darauf schließen, dass der Korpus hohl oder zumindest ausgehöhlt ist. Und die letzte Annahme ist auch richtig: Sound Chambers nennt Gibson diese Art der Korpus-Ausfräsungen. Übrigens kommt hier nicht das traditionelle Mahagoni zum Einsatz, der Body besteht vollständig aus Ahorn. Darauf finden sich ein Dirty Fingers Humbucker am Steg und ein P90 am Hals, beide aus Gibson-Fertigung, dazu ein Vibrola Tremolo und eine Tune-o-matic Brücke, ein Volumen- und ein Tone Poti mit Push-Pull-Funktion. Zuguterletzt bestimmt ein Dreiwegschalter in Griffnähe unterhalb des Tremolos über die Pickup-Aktivitäten und das Tone-Poti schaltet den Humbucker zusätzlich in den Single Coil Modus. Apropos Griffnähe: Leider versperrt der Tremoloarm den direkten Weg zum Volumen-Poti. Das ist schade, denn der allseits beliebte Schwellsound in Verbindung mit dem Tremolo ist so zumindest direkt am Instrument nicht machbar.

Fotostrecke: 10 Bilder Die N-225 mag rein äußerlich erst mal gar nicht ins gewohnte Gibson-Bild passen

Das Tremolo an sich ist recht simpel, aber sehr effektiv aufgebaut. Es besteht aus gebogenem Metall, das mit drei Schrauben auf dem Korpus fixiert ist. Die Saiten werden von oben angebracht und mit Betätigung des Tremolohebels “verbiegt“ sich die gesamte Konstruktion. Die Klinkenbuchse ist Gibson-typisch seitlich an der unteren Zarge angebracht, ein Gurtpin ist direkt und ohne Unterlage ins Holz geschraubt. Ein Blick auf die Rückseite des makellos verarbeiteten Instruments bringt das Elektronikfach zum Vorschein, und nach Öffnen des schwarzen Plastikdeckels stellt man fest, dass auch im Inneren sehr sauber gearbeitet wurde.
Widmen wir uns nun dem Hals. Dieser besteht ebenso aus Ahorn, besitzt ein Palisandergfdriffbrett und ist mit dem Korpus tadellos verleimt. 22 Medium Jumbo Bünde mit “striking Block Inlays“ an den entsprechenden Stellen sind perfekt eingesetzt und entgratet und weiße Punkte an der Griffbrettkante weisen den Weg. Die Mensurlänge von 628 mm kennt man aus dem Hause Gibson, deshalb dürfte sich jeder, der mit einer Les Paul klarkommt, auch hier sehr wohl fühlen. Damit die Greifhand möglichst komfortabel ihr Werk verrichten kann, hat Gibson der N-225 eine 60‘s Halsform verpasst.

Fotostrecke: 7 Bilder In der Stegposition verrichtet ein Dirty Fingers Humbucker seinen Dienst

Auch die Kopfplatte zeigt Altbekanntes. Das Split Diamond Inlay hat wohl jeder, der sich mit Gitarren beschäftigt, schon einmal gesehen, ebenso den Gibson-Schriftzug. Die Vorderseite ist komplett in Schwarz gehalten, sodass die ebenso schwarzen Stimmflügel der Grover-Mechaniken aus der Distanz kaum auszumachen sind. Aber natürlich sind sie da und erweisen sich wie erwartet als absolut zuverlässige und perfekt laufende Stimmungsmacher mit einer Übersetzung von 14:1. Wie der Korpus zeigen sich auch die Rückseiten von Hals und Kopfplatte in Heritage Cherry, Letztere trägt auch die eingestanzte Seriennummer.

Fotostrecke: 5 Bilder Auch von hinten macht die N-225 eine gute Figur
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Praxis

Die Kombination aus Humbucker am Steg und P90 an der Halsposition gehört zufälligerweise auch zu meinen Favoriten und daher bin ich sehr gespannt, wie die N-225 klingt. Eines vorweg: Sie spielt sich sehr gut und durch ihr geringeres Gewicht auch im Stehen äußerst komfortabel. Trocken liefert die Kombination aus Ahornkorpus und Ahornhals wie erwartet ein recht ausgeprägtes Höhenbild, was durch den ausgehöhlten Korpus in der Lautstärke noch verstärkt wird. Sie klingt sehr perkussiv und direkt, bietet aber auch ohne Amp schon den Schmatz, den man von halbakustischen Gitarren kennt. Das macht Lust auf mehr, also Marshall an und los.
Ich verwende einen JVM 410 mit einer 2×12“ Box mit Vintage 30 Speakern aus selbem Hause. Als Mikro kommt ganz klassisch ein SM57 mit einem Neve-Preamp zum Einsatz – natürlich ganz ohne nachträgliches EQing oder Ähnliches.
Wie immer beginne ich mit einer cleanen Einstellung am Amp und schalte alle Positionen einmal durch, wobei ich immer wieder dasselbe spiele. Mit ihrem Push-Pull Poti bietet die Gitarre ja einen weiteren Sound, nämlich den des gesplitteten Humbuckers, der in allen Durchgängen an der dritten Stelle auftaucht. Los geht es mit der Halsposition.

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Clean PU Switch

Das hätte ich ehrlich gesagt jetzt nicht unbedingt erwartet! Die Gitarre liefert in allen Positionen nicht das erwartete Höhenbrett, sie klingt eher fett und ausgewogen mit etwas mehr Brillanz. Der P90 schmatzt so, wie er es nun einmal tut, und macht am cleanen Amp eine hervorragende Figur. Die Kombination aus P90 und Humbucker, also Durchgang Numero Zwo, strattelt wunderbar, der gesplittete Humbucker fügt sich sehr gut ein, liefert aber eine andere Farbe und zeigt sich von seiner zahmen Seite, wobei er natürlich verdichtet und kompakter klingt als sein Kollege am Hals.

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Clean PU Switch Strum

Im Grunde bleibt alles wie im Beispiel zuvor, nur dass der ausgehöhlte Korpus sich in den Sound einmischt. Nicht falsch verstehen, das tut er natürlich auch vorher schon, nur tritt es jetzt klarer in der Vordergrund.
Ich schalte in den Crunch Mode des Amps, stelle aber eine geringe Dosis Gain ein.

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Crunch PU Switch

Die N-225 scheint sich auch hier sichtlich wohlzufühlen und zeigt Zähne. Alle vier Pickup-Kombinationen lassen sich ohne Kompromisse einsetzen, was nicht bei sehr vielen Gitarren der Fall ist. Der P90 grunzt ganz herrlich und der Humbucker am Steg lässt die Gitarre automatisch eine Etage tiefer am Gurt hängen. Aber auch die Zwischenposition und der Humbucker im Single Coil Modus machen sich ausgeprochen gut! Sie klingen sehr frech und schicken eine Prise Strat durch den Amp. Sehr gut!
Im nächsten Clip hören wir den Humbucker gesplittet, dann im Normalmode.

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Crunch Humbucker Switch

Der Sound ändert sich nicht radikal, besitzt aber in dieser Konstellation einfach mehr Höhen und Biss.
Hier ein kleines Solo.

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Crunch Lead Humb Neck

Im ersten Teil ist der Humbucker aktiviert, im zweiten der P90. Durch das Hin- und Herschalten zwischen den beiden Pickups ergeben sich je nach Spielweise verschiedene Ausdrucksformen, die den Gitarristen unterstützen.
Abschließend ein Heavy Gain Riff mit dem Humbucker.

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Heavy Crunch

Die N-225 mag zwar zierlich wirken, aber wie lautet doch ein englisches Sprichwort? “Never judge a book by it‘s cover“, und genau so verhält es sich auch hier. Die Achtel pumpen fett aus der Box und jeder Anschlag ist präzise definiert.
Die Gitarre ist sehr vielseitig und kann auch richtig rocken. Durch ihre Aushöhlungen bringt sie immer eine Prise Wärme ins Spiel und klingt genau so, wie eine gute Gitarre klingen soll, einfach richtig. Alle Noten besitzen eine gewisse Luftigkeit, was gerade bei verzerrten Gitarren lebensnotwendig ist, da sie sonst schnell steril wirken.

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Fazit

Die N-225 ist eine erfrischend andere Gitarre aus dem Hause Gibson. Ihr gekammerter Ahornkorpus macht sich ganz deutlich im Klang bemerkbar und gibt ihr, gepaart mit einem leistungsstarken Dirty Fingers Humbucker am Steg und einem P90 am Hals, einen ganz eigenen Charakter. Die Verarbeitung der N-225 ist tadellos, ebenso ihr Handling, sprich ihre Bespielbarkeit. Einziges Manko ist die Position des Volumenreglers, dessen Zugang vom Tremoloarm behindert wird. Ansonsten ist die N-225 ein solides, universell einsetzbares Instrument, das sich in jeder Stilistik zu Hause fühlt.

Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • Optik
  • Sound
  • Verarbeitung
  • Bespielbarkeit
  • Gewicht
Contra
  • Tremoloarm blockiert Zugang zum Volumenregler
  • Gurtpins direkt in den Korpus verschraubt
Artikelbild
Gibson N-225 Test
Für 698,00€ bei
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Facts
  • Hersteller: Gibson
  • Bezeichnung: N-225
  • Korpus: Chambered Ahorn
  • Farbe: Heritage Cherry
  • Hals: Ahorn, 60‘s Profile
  • Mensur: 628 mm
  • Griffbrett: Palisander
  • Bünde: 22 Medium Jumbo
  • Pickups: 1x Gibson Dirty Fingers Humbucker, 1x Gibson P90
  • Hardware: Tune-o-matic Bridge, Grover Mechaniken
  • Gewiht: 3,5 kg
  • Besonderheiten: Vibrola Tailpiece
  • Preis: 1145 Euro
Hot or Not
?
Der Korpus besitzt zwei spitz zulaufende asymmetrische Hörner

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Kommentieren
Profilbild von Chris

Chris sagt:

#1 - 28.04.2013 um 22:47 Uhr

0

Hallo Bassel, schöner und informativer Test, vielen Dank! Nur eine Frage hast du offen gelassen: Wie verhält sich das Vibrola Trem, vor allem hinsichtlich der Stimmstabilität? Grüße, Chris

Profilbild von Bassel

Bassel sagt:

#2 - 29.04.2013 um 19:55 Uhr

0

Hi Chris, vielen Dank! Das Tremolo verhält sich im Grunde genauso, wie man es erwartet. Von Dive Bombs ist eher abzuraten, aber für das Schimmern zwischendurch ist es bestens geeignet. Die Stimmstabilität ist gut.
Beste Grüße, Bassel

Profilbild von ivan

ivan sagt:

#3 - 29.04.2013 um 21:55 Uhr

0

sehr guter test, und entlich mal wieder etwas innovation von gibson. tolle gitarre, auch wenn ich ne stoptailversion bevorzugen würde.

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