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Telefunken Elektroakustik AR-51 Test

Das amerikanische Unternehmen mit den Namensrechten an dem deutschen Unternehmen, das Re-Issues des berühmten U 47 genauso anbietet wie solche von AKGs C12 und den auf C12-Basis bestehenden ELA M 250/251(E), hat neben dem Telefunken Elektroakustik AK-47 auch das AR-51 in der R-F-T-Serie.

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“R-F-T” steht ebenfalls für technisch nicht unwichtige Produkte, war es doch das Kürzel für die “Rundfunk- und Fernseh-Technik” der DDR. Dass die Bezeichnungen und die damit implizierte Nähe zu den bekannten Mikros der Tontechnikgeschichte aus hiesiger Sicht etwas zusammengewürfelt zu sein scheinen, verschwimmt beim Blick aus dem fernen Nordamerika natürlich und ist dementsprechend nebensächlich. Der Berliner regt sich auf, von amerikanischen Touristen mit Lederhosen und Maßkrügen in Verbindung gebracht zu werden, aber für viele Deutsche sind ja beispielsweise San Francisco und New Orleans dann irgendwie doch der gleiche Schnack – auch wenn es neben tausenden Kilometern noch viele weitere Unterschiede gibt. Und Berliner regen sich ja sowieso gerne über alles auf. Doch weg von Weißwurst und Hamburgern zu Röhrenkondensatormikrofonen, denn ein solches ist Telefunkens AR-51.

Die Zahlenspielerei ist nicht sofort ersichtlich, doch soll das AR-51 auf ein oben schon genanntes Mikrofon verweisen, das ELA M 251. Der eigentliche Hersteller dieses Mikrofons war AKG in Wien, als Grundlage diente das erfolgreiche C12 der Österreicher, welches man heute noch in den edlen Tonstudios dieser Welt findet. Der maximal originalgetreue Nachbau eines ELA-Mikrofons ist auch bei Telefunken erhältlich. Warum es dann das AR-51 gibt, wenn es doch „originaler“ sein kann? Ganz einfach: Das AR-51 kostet nicht über 10.000 Euro, sondern „nur“ über 2.000. Auch kein Schnäppchen, aber umschaltbare Großmembran-Röhrenmikrofone sind nun mal nicht in angemessener Qualität für ‘n Appel und ‘n Ei zu haben. 

Details

Klassischer Aufbau

Altbewährtes hat seine Vorteile, und so ist das Telefunken AR-51 in der Form aufgebaut wie schon viele Kondensatormikros vor ihm: Den Kopf bildet ein Drahtgeflecht, welches im Inneren mit einer zusätzlichen feinen Metallgaze bespannt ist. Zwei Seitenstege verdecken die Nähte und halten den oberen umlaufenden Ring, ein unterer bildet den Kragen der Kopfkonstruktion. Die Elektronik sitzt auf einer längs installierten Platine, darunter die ECC81-Triode (NOS), am Fuß befindet sich der Mikrofon-Ausgangsübertrager Haufe T14/1 und der Multipin-XLR-Ausgang in einer Einheit, auf die die große Mutter geschraubt wird, welche den dunklen Metalltubus hält. 

Fotostrecke: 3 Bilder Röhrenmikro mit bewährtem mechanischem Aufbau

Herzstück des Röhrenmikrofons

Das Herzstück eines Röhrenmikrofons ist… nein, nicht die Röhre, sondern die Kapsel: Das kleine Rund ist im Falle des Telefunken AR-51 eine TK51D, die für Telefunken in China gefertigt wird. Auch hier stand natürlich die berühmte CK12 Pate, die nicht nur klanglich wegweisend für AKGs C12 und ELA-250/251 war, sondern auch die „Briketts“ C414 auf den Erfolgsweg brachte. Die nicht mittenkontaktierten Großmembranen sorgen in Verbindung mit der spezifischen Backplate für ein etwas klareres, crisperes Klangbild, als es etwa Neumanns K67 liefert. Am Netzteil kann Level und Phasenlage des Signals der rückseitigen Membran eingestellt werden, wodurch sich insgesamt neun Richtcharakteristiken ableiten lassen, darunter natürlich auch die Doppelmembran-Kugel, die Doppelmembran-Acht und das ausschließliche Signal der vorderen Kapselseite – mit resultierendem Polar Pattern Niere. Übrigens gibt es mit dem Telefunken AR-70 auch eine Version mit insgesamt vier Membranen: Dieses Mikrofon erlaubt „non-spaced“ Stereoaufnahmen nach dem XY- oder MS-Verfahren, also ganz ähnlich dem AKG C24 und dem Neumann SM 69.

Fotostrecke: 4 Bilder Bauteile der Platine

13 mV/Pa

Das Rauschen des AR-51 steht mit 8 dB(A) in den Daten. Das wäre ungewöhnlich gering für ein umschaltbares Mikrofon, das zudem mit Röhre und Übertrager ausgestattet ist. Als Schalldruckgrenze werden 128 dB(SPL) genannt, als Empfindlichkeit 13 mV/Pa. Die übliche Angabe, dass der Frequenzgang des Mikrofons von 20 Hz bis 20 kHz reiche, findet man auch beim Telefunken-Mikrofon, zudem die Angabe, dass der Toleranzbereich +/- 3 dB groß ist.

Fotostrecke: 6 Bilder Pappschachtel: Einen Koffer für Aufbewahrung und Transport gibt es nur als kostenpflichtiges Extra.

Kein Koffer

Geliefert wird das Mikrofon natürlich mitsamt seines zum Betrieb und der Pattern-Umschaltung notwendigen Netzteils und des Kabels. Neben einer Spinne, die das Mikrofon festklemmt, gehört noch eine Holzschatulle für das Röhrenmikrofon selbst zum Lieferumfang. Statt eines Koffers, der alle Komponenten aufnimmt, erhält man eine Pappschachtel mit Schaumstoffauskleidungen. Ein Koffer namens FC01 kann jedoch separat erstanden werden.

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Praxis

Herstellungsqualität

So, ich möchte zunächst einmal tief einatmen… also: Das Telefunken AR-51 ist nicht so verarbeitet, wie man es von einem Mikrofon der 2.000-Euro-Klasse erwarten kann und sollte. Zumal es sich mit einem wirklich großen Namen schmückt. Beispiele gibt es zahlreiche, das auffälligste ist sicher die lieblos und dadurch schräg angebrachte Pattern-Platte auf dem Netzteil. Ich frage mich tatsächlich, ob es in der Werkstatt kein Licht gab oder eine intergalaktische Raumkrümmung vorlag, die unsere physikalischen Grundgesetze und somit geometrische Beziehungen wie rechte Winkel und Parallelen aus den Angeln gehoben hat. Ok, das war jetzt polemisch, man könnte auch anführen, dass das den Sound nicht beeinflusst. Das stimmt, und ja, es gibt zahlreiche Beispiele für gruseliges Design und gruselige Built-Quality bei tontechnischen Geräten, die dennoch genial sind und zu Legenden wurden. Es gibt sicher Kunden, die auf ein schräges Blech pfeifen, denen es egal ist, dass das Gewinde, mit dem der große Tubus fixiert wird, schwer zu drehen ist, dass Oberflächen sehr einfach und hausbacken wirken und von der Fertigung nichts auch nur annähernd über das Mittelmaß hinausgeht. Wenn man allerdings derartige Toleranzen bezüglich Nachlässigkeiten auch für die Fertigung von Elektronik und Kapsel findet, ist das problematisch, spätestens die Qualitätskontrolle hätte dem Verantwortlichen das Netzteil um die Ohren hauen müssen. Man schaue sich im Vergleich vielleicht einfach mal ein Neumann oder ein Microtech Gefell an.

Fotostrecke: 3 Bilder Besonders gerade ist das nicht. Besonders schlimm natürlich auch nicht.

Fett

Gut, wäre dieser Punkt also erledigt. Ich freue mich, dass der Text sich nun einem erfreulicheren Thema widmen kann, nämlich dem Sound. Schließt man das Röhrenmikro an und schaltet das Signal des (warmen) AR-51 auf die Abhöre oder die Kopfhörer, wird man direkt vom dicken, kräftigen Sound des AR-51 begrüßt. Das ist wirklich ein massiger Klang, wie fetttriefendes Fleisch auf dem Grill – meine Herren! Es wird mit deutlich Farbe gearbeitet, was gehaltenen Vokalen zu einer enormen Griffigkeit verhilft, Konsonanten deutlich verdickt und Atmer wie Rauschanteile geradezu dreidimensional werden lässt. Nach einem kurzen Direktvergeich wird fast jeder wird dieses Mikrofon haben wollen. Das AR-51 ist ein echter Soundmaker. Die Höhen sind ebenfalls strukturiert und reich. Es gibt natürlich auch eine Kehrseite: Wenn die Farbe nicht passt, sich das aber erst im Mix herausstellt, ist man etwas gekniffen. Und ich finde die Abstimmung schon recht brutal: Die Soundbeispiele sind allesamt mit dem True Systems P-Solo Ribbon angefertigt, ein anderer Preamp wie ein Tube-Tech MP-1A oder ein Heritage `73 Jr. (also ein Neve 1073) sind für fast alle Anwendungen zu viel des Guten. Die Kette Heritage-Preamp, Heritage-EQ, 1176 und LA-2A habe ich ausprobiert, das war deutlich zu viel des Guten. Auch geht etwas an Detailreichtum verloren, besonders in den Höhen bei höheren Pegeln und geringen Abständen.  

Audio Samples
0:00
Telefunken AR-51, 25 cm, N Telefunken AR-51, 25 cm, A Telefunken AR-51, 25 cm, K Telefunken AR-51, 25 cm, N, 45 Grad Telefunken AR-51, 25 cm, N, 90 Grad Telefunken AR-51, 60 cm, N Telefunken AR-51, 5 cm, N MG UM 92.1S, 25 cm, N MG UM 92.1S, 25 cm, A MG UM 92.1S, 25 cm, K MG UM 92.1S, 60 cm, N MG UM 92.1S, 5 cm, N Aston Origin, 25 cm Mojave MA-201FET, 25 cm

Richtcharakteristiken: Klassisch, aber stabil

Seine Qualitäten kann das Röhrenmikrofon besonders dann ausspielen, wenn man ihm nicht allzu nahe kommt: Unterhalb von 20 Zentimetern wird es sehr bassig und dort, im Frequenzkeller, auch etwas indifferent. Allerdings ist auch das durchaus “vintage”, denn straffe, kurze Bässe sind meist nicht das Metier klassischer Röhrenmikrofone. Schön und ebenfalls typisch sind die charakteristischen Eigenschaften der Richtcharakteristiken, vor allem die Bündelungen zu den hohen Frequenzen hin. Mit besonders auffälligen Einbrüchen muss man in den wichtigen Bereichen nicht rechnen, auch das unvermeidliche “Kraut und Rüben” der Frequenzgänge im Bereich der jeweiligen Off-Axis ist erfreulicherweise erstaunlich unauffällig. Dadurch klingen die Rauminformationen schön ausgewogen.

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Fazit

Das Telefunken AR-51 ist ein klassisches Großmembran-Kondensatormikrofon mit Röhrentechnik, das polarisiert. Klanglich wird zwar mit einer wirklich tollen Farbe gearbeitet, aber mit einem recht groben Borstenpinsel. Ihr sucht ein richtig charaktervolles Soundmonster, bei dem man quasi die Elektronen in der Röhre fliegen hört und geradezu die Windungen des Übertragers im Signal mitzählen kann? Dann hört es euch an! Man sollte aber meiner Meinung nach zumindest einen schnellen, cleanen Preamp und zur Sicherheit ein unauffälligeres Großmembran-Mikrofon vom Schlage eines Beyerdynamic MC 840 griffbereit haben. Handwerklich ist es nicht einmal „You get what you pay for“, denn dafür ist das Mikro zu kostspielig. Diese Attitüde möchte ich bei hochpreisigen Feinmechanikprodukten wirklich nicht haben. Und das kann ich als Kunde auch verlangen. Wer darüber hinwegsehen kann und wem der Betrag von gut 2.000 Euro nicht zu hoch ist, der kann sich das AR sicher zulegen.

Unser Fazit:
4 / 5
Pro
  • auffallende, charaktervolle Färbung
  • griffiges Signal
  • ausgewogene Richtcharakteristiken
Contra
  • handwerklich schwach
  • Soundfärbung schränkt Nutzungsmöglichkeiten ein
Artikelbild
Telefunken Elektroakustik AR-51 Test
Für 2.199,00€ bei
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FEATURES UND SPEZIFIKATIONEN
  • Membrangröße: groß (1“)
  • Empfängerprinzip: Doppelmembran-Druckgradientenempfänger
  • Richtcharakteristik: Kugel, Niere, Acht und sechs Zwischenstufen
  • Wandlerprinzip: Kondensator
  • Betriebsspannung: 48V Phantomspeisung
  • Frequenzgang: 20 Hz – 20 kHz (+/- 3 dB)
  • Übertragungsfaktor: 13 mV/Pa
  • THD+N: 8 dB(A-bewertet)
  • maximaler Schalldruckpegel: 128 dB [ohne weitere Angabe, aber 0,2% THD bei 94 dB(SPL)]
  • Pad: –
  • Hochpassfilter: –
  • Besonderheit: NOS-Röhre
  • Lieferumfang: Spinne, Netzteil, Kabel, Holzschatulle
  • Preis: € 2465,– (UVP)
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MB sagt:

#1 - 23.10.2023 um 15:51 Uhr

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Klasse Artikel danke, super hilfreich Das ist genau das, was ich suche. Neutrale Mikrofone hab ich nämlich. Mir fehlt so ein Soundschwein für was fettes. Falls mein Röhrenvorverstärker zu viel ist, nehme ich halt meinen Isa, der wird da in jedem Fall damit funktionieren.

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