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Jet City Amelia Test

Das Jet City Amelia Topteil ist ein typischer Gitarrenamp nach dem Erfolgskonzept der im US-amerikanischen Seattle beheimateten Verstärkerspezialisten: Man bedient sich der klügsten Entwickler der Ampgilde wie z.B. Mike Soldano oder Andy Williams und lässt deren Verstärker-Konstruktionen in Fernost produzieren. So gelingt es, Amps mit Boutique-Anspruch geldbeutelfreundlich einem breiten Musikermarkt zugänglich zu machen. Für den Namen des aktuellen Neuzugangs musste erneut die bedeutende Flugzeugpionierin Amelia Earhart als Namenspatin herhalten, denn bereits 2012 wurde auf der NAMM-Show der “Earhart” vorgestellt, ein Verstärker, der in Kooperation mit dem britischen Ampdesigner Martin Kidd entwickelt wurde und Cornford-artige Ähnlichkeiten (siehe MK50H II) nicht von der Hand weisen konnte.

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War es damals der Nachname, steht 2017 der Vorname der Pilotin für das Topteil, das allerdings optisch als auch preislich einige Veränderungen aufweist. Amelia ist wesentlich günstiger und verfügt über eine zusätzlich schaltbare Overdrive-Schaltung. Ob unsere Pilotin auch in Amp-Form abheben kann, soll uns der folgende Test zeigen.

Details

Gehäuse

Das Amelia Topteil kommt in einem schlichten, mit schwarzem Tolex überzogenen Gehäuse mit den Maßen 635 x 241 x 241 mm (B x H x T). Das Tolex erstreckt sich auch über die Front, die sonst gerne mit Gewebe verkleidet wird, und wird dort nur von einer kleinen Metallplatte mit dem Jet City Logo und einer weißen Zierleiste garniert. Darunter befindet sich das Bedienfeld mit 14 sehr solide wirkenden Knöpfen und mit Power- sowie Standby-Schalter. Zusätzlich finden wir zwei kleine Kippschalter für den Kanalwechsel und die Aktivierung des Overdrives, die für meinen Geschmack hinsichtlich der Robustheit ruhig etwas vertrauenserweckender ausfallen könnten. Links neben den Potis befindet sich die Eingangsbuchse und unter ihr der geschwungenen Amelia-Schriftzug.

Fotostrecke: 5 Bilder Ganz in schwarzem Tolex gekleidet will Amelia die Bühnen dieser Welt erobern.

Die Rückseite beschert uns sämtliche weiteren Anschlüsse, oberhalb davon ein Lüftungsgitter in der ebenfalls tolexbezogenen Rückwand, das uns Einblicke in das sehr aufgeräumte Innenleben des Amps gewährt. Hier sehen wir Trafos und Röhren sicher untergebracht, und falls letztere gewechselt werden müssen, ist die von sechs Schrauben gehaltene Rückseite schnell entfernt.
Vier 12AX7 Vorstufen- und zwei EL34 Endstufenröhren sind an Bord – übrigens lässt sich das Topteil auch mit zwei 6L6 Röhren betreiben. Da der Amp über “Bias Adjustment Control” verfügt, ist ein Röhrenwechsel problemlos möglich, ohne den Bias neu justieren zu müssen.

Fotostrecke: 4 Bilder Die Rückseite wird dominiert vom großen Lüftungsgitter,…

An der Oberseite hilft ein Kunststoffgriff beim Transport, die Unterseite ist mit vier Gummifüßen versehen und Metallschutzecken bewahren den Amp vor den gröbsten Macken. Insgesamt wirkt beim Amelia alles sehr funktional und einer der Gründe für das schlichte Erscheinungsbild ist offensichtlich, keine unnötigen Kosten zu generieren. Design ist sicherlich Geschmackssache, aber ich persönlich bin ein Freund des Mottos: “Edle Einfalt – stille Größe”, zumal es hinsichtlich der Verarbeitung überhaupt keinen Grund zu Beanstandungen gibt.

Zum Lieferumfang gehören das Kaltgerätekabel, ein Manual und ein Fußschalter, der zwischen beiden Kanälen und den beiden Mastervolume-Settings umschaltet.

Fotostrecke: 2 Bilder Mit dem Fußschalter werden beide Kanäle und die beiden Mastervolume-Settings umgeschaltet,…

Bedienung

Front
Das Amelia-Topteil ist zweikanalig aufgebaut und vom Reglerbild nahezu identisch mit dem Cornford MK50HII. Die Kanäle sind sowohl per Kippschalter als auch per Fußpedal umschaltbar. Kanal 1 liefert Cleansounds, geht jedoch jenseits der 12-Uhr-Stellung in einen angenehm milden Crunch über. Regelbar ist der Clean-Channel in Volume, Bass, Middle und Treble.
Kanal 2 ist für leicht crunchige Rhythmus- bis hin zu fetten Bratsounds zuständig und bietet eine breit aufgestellte Palette an Zerrgraden. Regelbar ist der Kanal in Gain und Volume, sodass man Lautstärkeverluste bei zurückgedrehtem Gain leicht durch Erhöhen des Volumes kompensieren kann. Bass, Middle und Treble erlauben uns ein effektives EQing. Als kleine Dreingabe verfügt Kanal 2 über einen zuschaltbaren Overdrive, der in Gain regelbar ist und den Zerrsound problemlos in einen Leadsound umwandelt.

Fotostrecke: 5 Bilder Das Bedienfeld beherbergt 14 solide Potis, 2 Kippschalter und die Power- und Standby-Schalter.

An globalen Reglern finden wir zwei Master-Volume-Potis, die jedoch für beide Kanäle unabhängig greifen. Im Default-Setting und ohne Fußschalter wirkt nur Master 1 für beide Kanäle und Master 2 ist ohne Funktion. Per Fußschalter kann ich nun jedoch zwischen beiden Mastervolume-Settings umschalten, was mir im Prinzip je zwei Kanäle mit zwei unterschiedlichen Lautstärken zur Verfügung stellt – eine prima Lösung, wie ich finde. Allerdings musste aufgrund der Stereobuchsenbelegung des Fußschalters die Möglichkeit entfallen, den zuschaltbaren Overdrive in Kanal 2 per Fuß zu aktivieren, was deshalb nur manuell möglich ist.
Der Presence-Regler verarztet den höheren Frequenzbereich und der Depth-Regler bearbeitet die tiefen Frequenzen jeweils hinter dem Mastervolume. Über einen Reverb verfügt der Verstärker nicht.
Rückseite
Die Rückseite beschert uns fünf verschiedene Speaker-Ausgänge, zwei 4 Ohm, zwei 8 Ohm und ein 16 Ohm. An einen Einschleifweg wurde ebenfalls gedacht, und so findet man eine Send- und eine Returnbuchse an der rechten Seite vertikal angeordnet und daneben den Eingang für den Fußschalter.

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Praxis

Für die Audiobeispiele kam eine 4 x 12″ Box mit Celestion V30 Speaker zum Einsatz, abgenommen wurde mit einem SM 57. Um der Klangtreue und Natürlichkeit Genüge zu tun, habe ich auf alle Audiofiles lediglich einen dezenten Reverb gelegt, da der Amp nicht über einen solchen verfügt.

Video

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Clean:
Zu Beginn setze ich alle Regler auf 12 Uhr (entspricht der Reglerstellung zwischen 4 und 5) und lausche dem Grundsound des Clean-Kanals, gespielt mit einer Fender Stratocaster. Zuerst hört ihr den Steg- und dann den Halstonabnehmer.
Amelia liefert mir einen glasklaren und sehr ansprechenden Cleansound, der für mich irgendwo zwischen Marshall und Fender Twin liegt. Ein solcher Cleanton ist bei einem Amp, dessen Vorbild eher für den Einsatz im Rock bekannt ist, keine Selbstverständlichkeit.

Audio Samples
0:00
Clean-Channel: Grundsound, erst Steg-, dann Hals-Pickup
VolumeBassMiddleTrebleMasterPresenceDepth
4,54,54,54,54,54,54,5

Nun etwas funkiger, gespielt mit einer Telecaster. Sehr crisp kommen die Transienten und die twangigen Höhen meiner Tele zum Vorschein.

Audio Samples
0:00
Clean-Channel: Funky Style, Telecaster
VolumeBassMiddleTrebleMasterPresenceDepth
66574,54,54,5

“Take it to the Max” – den cleanen Kanal möchte ich jetzt zum Kochen bringen und reiße den Volume-Regler bis zum Anschlag auf. Ich bleibe bei der Telecaster und das Zerren bleibt sehr mild, moderat und sehr unaufdringlich.

Audio Samples
0:00
Clean-Channel: Angezerrt, Volume auf Max., Telecaster
VolumeBassMiddleTrebleMasterPresenceDepth
96774,54,54,5

Wie der Cleankanal mit vorgeschalteten Verzerrern umgeht, soll das nächste Audio zeigen, bei dem ein Maxon OD 808 (Tubescreamersound) zwischen Gitarre und Amp hängt. Wie zu erwarten, kommt der Jet City bestens mit Verzerren vor der Vorstufe klar und gibt meinen Maxon sehr deutlich wieder.

Audio Samples
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Clean-Channel: Sound mit vorgeschaltetem Maxon OD 808 Overdrive
VolumeBassMiddleTrebleMasterPresenceDepth
4,54,54,54,54,54,54,5
Der Jet City ist sehr flexibel, liefert überzeugende Cleansounds, aber auch ein breite Palette an Zerrtönen.
Der Jet City ist sehr flexibel, liefert überzeugende Cleansounds, aber auch ein breite Palette an Zerrtönen.

Drive:
Auch hier setze ich zu Beginn alle Regler mittig und habe den OD-Schalter im OFF-Mode. Zum Einsatz kommt eine Les Paul mit Stegtonabnehmer. Die 12-Uhr-Stellung liefert mir bereits ein ordentliches Pfund und bei mittigem Setting des EQs hat das Topteil trotz weiblicher Namensgebung mächtig “balls”. Der Grundsound ist für mich auch irgendwo zwischen Marshall und Soldano anzusiedeln. Insgesamt klingt es tendenziell britisch, hat aber ein paar feinere und weniger raue Nuancen und eben dieses leicht “Süßliche”, das man an Soldano-Amps so schätzt. Das bedeutet auch, dass die “die hard”-Metaller hier eher nicht den Amp der Wahl finden werden. Hier werden eher die Freunde von absolut clean bis maximal 80s, 90s Metal und allem dazwischen bedient.

Audio Samples
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Drive-Channel: Alle Regler mittig, Les Paul
GainVolumeBassMiddleTrebleODOD SwitchMasterPresenceDepth
4,54,54,54,54,54,54,54,54,5

Bluesig crunchige Sounds sind mit niedrigeren Gainsettings problemlos möglich und der Amp reagiert sehr fein auf Spielnuancen:

Audio Samples
0:00
Drive-Channel: Crunchiger Bluessound
GainVolumeBassMiddleTrebleODOD SwitchMasterPresenceDepth
16476OFF4,54,54,5

Ein moderater 70s Rocksound, gespielt mit einer Fender Stratocaster, steht dem Jet City ebenfalls sehr gut zu Gesicht und Hendrix-artige Riffs lassen sich mühelos bewerkstelligen.

Audio Samples
0:00
Drive-Channel: moderater 70s Rocksound, Stratocaster
GainVolumeBassMiddleTrebleODOD SwitchMasterPresenceDepth
45536OFF4,54,54,5

Für singende Solosounds, hier auf einer Ibanez AT100 mit dem Steghumbucker gespielt, aktiviere ich den Overdrive. Wie schon zuvor halten sich die Nebengeräusche des Amps trotz höherem Gain extrem in Grenzen. Prinzipiell macht der Overdrive-Regler da weiter, wo der Gainregler aufhört und setzt noch eine ordentliche Portion Verzerrung obendrauf:

Audio Samples
0:00
Drive-Channel: Solosound, Ibanez AT100 Gitarre
GainVolumeBassMiddleTrebleODOD SwitchMasterPresenceDepth
656666ON4,566
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Fazit

Jet City macht mit dem Amelia Topteil konzeptionell nahtlos genau da weiter, wo man 2009 mit Mike Soldano begonnen hatte. Diesmal war die Vorlage ein Cornford MK50H II, und ohne diesen Amp jemals gespielt zu haben, kann ich sagen, dass wir hier ein sehr edel klingendes Topteil mit einem erstaunlichen Preis-Leistungsverhältnis vor uns haben. Der Jet City ist sehr flexibel, liefert überzeugende Cleansounds, aber auch ein breite Palette an Zerrtönen. Die EQs arbeiten sehr wirkungsvoll und das Konzept, mit zwei unabhängigen Master-Volume-Reglern letztendlich vier Sounds zur Verfügung zu haben, ist sehr durchdacht. Etwas robustere Schalter an der Front oder die Option, den Overdriveboost per Fuß aktivieren zu können, wären zwei Punkte auf der Wunschliste. Aber angesichts eines Ladenpreises von weniger als 600 Euro, den klanglichen Qualitäten und der sauberen Verarbeitung sind das Kleinigkeiten. Daher von mir eine klare Kaufempfehlung, und das für verschiedene musikalische Genres!

Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • vielfältiger und hochwertiger Sound
  • gutes Preis-Leistungsverhältnis
  • große Flexibilität
  • zwei unabhängige Master-Volume-Regler
Contra
  • Kippschalter wirken fragil
  • Overdrive nicht per Fußschalter aktivierbar
Artikelbild
Jet City Amelia Test
Für 498,00€ bei
Das Jet City Amelia Topteil klingt edel und zeigt sich sehr flexibel bei der Auswahl an Clean- und Zerrsounds.
Das Jet City Amelia Topteil klingt edel und zeigt sich sehr flexibel bei der Auswahl an Clean- und Zerrsounds.
Technische Spezifikationen
  • Hersteller: Jet City Amplification
  • Modell: Amelia
  • Typ: Röhrenverstärker Topteil
  • Herstellungsland: China
  • Ausgangsleistung: ca. 50 W
  • Röhrenbestückung: 2x EL34, 4x 12AX7
  • Bedienfeld: Volume, Bass, Middle, Treble (je 2x), Gain, Overdrive, 2x Master, Presence, Depth
  • Schalter: On/Off, Standby, Channel Switch, Overdrive
  • Rückseite: 5 x Lautsprecheranschluss, Fußschalter, Send, Return
  • Abmessungen: 635 x 241 x 241 mm (B x H x T)
  • Gewicht: 18 kg
  • Lieferumfang: Fußschalter FS-1
  • Preis: 598,00 Euro
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Das Jet City Amelia Topteil klingt edel und zeigt sich sehr flexibel bei der Auswahl an Clean- und Zerrsounds.

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Profilbild von Dirk Kober

Dirk Kober sagt:

#1 - 20.07.2017 um 17:38 Uhr

0

Ich frage mich wie ein Amp 4,5 Sterne bekommen kann und als negativ Punkt nur "fragile Schalter" genannt werden. Der Effektloop ist im Cleanen Kanal nahezu unbrauchbar. Massive Pegelanhebung und Veränderung des Sounds beim Einschalten verschiedener Effekte. Wenn man den zweiten Master als Lead Lautstärke nutzen möchte, wir das Solo immer mit einem extem lauten Plop eingeleitet. Nach 10 Minuten testen ging der Amp wieder zurück. Von diesen Probleme wurde auch schon in mehreren Youtube Kanälen berichtet, habe diese aber auf Grund des sehr guten Tests bei Bonedo nicht ernst genommen.
Der Sound ist aber in der Tat absolut klasse, aber was nutzt das schon, wenn der Rest nicht passt.

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