Musik kann uns mitreißen, uns bewegen, sogar zu uns sprechen. Doch was Nick Cave bei einem Radiohead-Konzert erlebt hat, scheint all diese Beschreibungen zu übertreffen. Auf seinem Blog The Red Hand Files beschrieb er den Auftritt der Band in der O2 Arena in London als spirituelle, transzendente Erfahrung.
Nick Cave wurde auf seinem Blog von einem Fan gefragt, ob er selbst gerne die Konzerte anderer Künstler besucht. Cave erklärte zuerst, dass er während seiner Tourneen bewusst darauf verzichtet, auf andere Konzerte zu gehen. Live-Auftritte seien für ihn emotional und klanglich zu überfordernd:
“Wenn ich auf Tour bin, ist das Letzte, was ich tun möchte, auf ein Konzert eines anderen zu gehen. Ich fühle mich klanglich und emotional überladen, und das Live-Erlebnis ist einfach zu intensiv.”
Nach einer längeren Tourpause hat sich diese Einstellung aber geändert. Cave erklärte, dass er in den vergangenen Monaten mehrere Konzerte besucht hatte, unter anderem von Bob Dylan, Swans, Cameron Winters und Radiohead.
Nick Cave über Radiohead
Der Abend mit Radiohead war jedoch ein ganz besonderer Moment für ihn. Zum einen ist es das erste Konzert, bei welchem er mit so vielen Besuchern und Besucherinnen gemeinsam im Publikum stand. Rund 20.000 Menschen sollen da gewesen sein und die Atmosphäre war entsprechend beeindruckend. Für Cave wurde dabei deutlich, wie kraftvoll Live-Musik sein kann, wenn so viele Menschen gemeinsam tanzen und singen. Diese überwältigende Energie wirke als moralische und fast schon heilende Kraft. Nick Cave beschrieb es wie folgt:
“Mich traf die Erkenntnis, wie unglaublich mächtig Live-Musik ist. Dass eine Gruppe von Individuen zusammenkommen und einen Klang erschaffen kann, der einzigartig für sie ist, und dass Menschen sich mit dieser besonderen Vision verbinden, als wäre es ihre eigene Erfahrung. Ich konnte ihre moralische Qualität spüren, wie diese singuläre Kraft die Fähigkeit besitzt, die Welt mit ihrer Güte zu reparieren.”
“Ich übe verschiedene spirituelle Aktivitäten aus, ich schwimme in einem See, gehe in die Kirche, gehe in der Natur spazieren, meditiere, doch keine bietet die transzendente Möglichkeit eines Live-Konzerts. Es ist eine Form menschlicher Tätigkeit, die Güte ausstrahlt, sich durch die Menge arbeitet und in die Welt hinauswirkt wie eine heilende, kosmische Kraft, die Dinge verbessert und den Teufel auf Abstand hält. Ich glaube, dass das Publikum von Radiohead nicht nur auf die Musik reagierte, die überwältigend war, sondern auch auf den Mut der Musiker, den schieren Wagemut, vor eine Menschenmenge zu treten und ihnen die eigene Seele darzubieten. Wie alle anderen dort war ich zutiefst bewegt und demütig.”
Abschließend lobte Nick Cave den Mut und die Bereitschaft von Radiohead. Sich vor Tausenden Menschen verletzlich zu zeigen und seine wahren Gefühle auszudrücken, gleiche einer modernen Heldentat. Auch Fans und Kritiker lobten den London-Auftritt der Band als grandios und emotional. Für Nick Cave bleibt vor allem die Erkenntnis, dass Live-Musik nach wie vor Menschen verbindet und die Welt sogar heilen kann.
