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sE Electronics T1 Test

Der chinesische Mikrofonhersteller sE Electronics hat ein neues Großmembran-Mikro vorgestellt. Es hört auf den schlichten Namen T1 und verwendet als Membranbeschichtung edlen Stoff, nämlich Titan. Das Leichtmetall mit dem Elementsymbol Ti verströmt eine Aura kühler Distanz, Präzision und Hightech. Im Mikrofonbau ist es allerdings ein Exot. Der japanische Hersteller Sanken und Neumann haben einen entsprechenden Schallwandler im Programm und auch unser Testgerät steht im sE-Lineup nicht alleine mit diesem Merkmal da. Es ist nämlich die Nierenversion des bereits seit einigen Jahren erhältlichen T2.

Titanmembran

Quick Facts zum sE Electronics T1

  • Membran mit Titanbeschichtung
  • zweistufiges Low Cut
  • zweistufiges Pad

Wie der große Bruder soll das T1 mit außergewöhnlich schnellen Transienten und Detailtreue besonders am Drumset hervorstechen. Dort sollen auch die spezielle Spinne und die flache Form ihre Vorteile ausspielen. Dass auch noch ein Hochpassfilter und eine Pegelabsenkung an Bord sind, und die optische Erscheinung an einen österreichischen Mikrofonklassiker erinnert, dürfte ebenfalls nicht schaden. Wie sich das sE Electronics T1 Stereoset in der Praxis bewährt, lest ihr auf den folgenden Zeilen.

sE T1: kantige Form, komplette Ausstattung

Wie von sE gewohnt, werden auch die beiden T1 mit umfangreichem Zubehör ausgeliefert. Dazu zählen ein stabiler Koffer aus Aluminium, eine hochwertige Stereoschiene aus Metall, zwei Spinnen (zu denen unten mehr) samt Ersatzgummibändern, zwei EU-Gewindeverkleinerungen und eine Anleitung.

Die Schallwandlergehäuse bestehen ebenfalls aus Metall und fallen ziemlich kompakt aus. Gute 14 Zentimeter beträgt ihre Länge, für die Positionierung dürfte jedoch besonders die flache Bauart von Vorteil sein. Gute drei Zentimeter misst der Korpus an der dicksten Stelle. Dass man sich ganz offensichtlich von einem Industriestandard hat inspirieren lassen, tut der Sache natürlich keinen Abbruch, zumal die sE Form durchaus eigenständig wirkt. Bis hierhin gleicht das T1 dem T2 bis auf’s Haar, einzig die reduzierte Zahl an Schaltern auf der Vorderseite verrät den geringeren Funktionsumfang unserer Testobjekte. Anstelle von vier möglichen Richtcharakteristiken beim T2 gibt es hier nämlich nur die Niere. Geblieben ist die zweistufige Pegelabsenkung um 10 oder 20 dB, beim Low Cut wurde jedoch ebenfalls modifiziert. Statt 40 oder 80 Hertz bietet das T1 die Wahl zwischen 80 und 160 Hertz.

Bei der Spinne des T1 hat man sich Gedanken gemacht

Während die Aufhängung bei den meisten Großmembranern aus einem Standardmodell mit umlaufender Draht-/Gummibandkonstruktion besteht, hat man sich für das T1 etwas Besonderes ausgedacht. Um die flache Bauform optimal nutzen zu können, ist die Spinne nach vorne hin offen, wodurch das Mikrofon flach bis auf wenige Millimeter an die Quelle heran gebracht werden kann. Die Option früherer Versionen, das Mikro zusätzlich aus der Spinne nach vorne neigen zu können, ist allerdings entfallen.

Fotostrecke: 5 Bilder Das sE T1 gleicht der T2 Multipattern-Version fast bis auf’s Haar…

Der Clou ist die Titan-beschichtete Membran

Neben der Bauform und der Spinne zeichnen sich die T-Mikrofone durch ihre spezielle Membranbeschichtung aus. Der Mylarträger wird hier nicht mit Gold, sondern mit Titan überzogen. Dank seiner steiferen und leichteren Beschaffenheit soll dies eine ungewöhnlich zügige Transientenübertragung ermöglichen. 20 bis 20000 Hertz beträgt der Übertragungsbereich, die zugehörige Frequenzkurve zeigt einen ebenen Frequenzgang mit leichtem Anstieg bei etwa 13 Kilohertz. Neun dB Ersatzgeräuschpegel und ein Übertragungsfaktor von 25 mV/Pa deuten auf ein empfindliches Mikrofon hin, welches dank des Pads bis zu 157 dB Maximalschalldruck verdauen kann. Allerdings: Neumann und Sanken nutzen bei ihren Titankapseln Memranen, die komplett aus Titan bestehen! Diese Produkte kosten aber auch ein Vielfaches mehr.

Sanken CU-41 Test Artikelbild
Sanken CU-41 Test

Kein kauziger Außenseiter, sondern ein dauerunterschätzter Edelstein unter den Mikrofonen. Ein wenig mehr Aufmerksamkeit, bitte!

07.03.2012
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So klingt das sE Electronics T1 als Overhead-Paar am Drumset

Perkussive Klangquellen eignen sich bekannterweise hervorragend, um die Transientenwiedergabe eines Mikrofons zu beurteilen, also landen die beiden T1 zunächst in ORTF-Anordnung über meinem Drumset, einem Oriollo Phantom mit Alukesseln. Als Snaredrum kommt eine Sakae 14“ x 4“ Brass zum Einsatz. Praktischerweise hat mir der sE Vertrieb zeitgleich ein Paar sE 4100 zur Verfügung gestellt, welche den Testkandidaten – abgesehen von der Gold-beschichteten Membran – recht ähnlich sind. Als weiteres Vergleichspaar bot sich mein eigenes AKG C214 Stereoset an.

Overhead sE T1
sE T1 in ORTF-Anordnung

Der Soundcheck zeigt, dass die T1 weniger “technisch” klingen als sie aussehen, im Gegenteil. Ihre räumliche Abbildung wirkt natürlich, ihren Gesamtklang würde ich als ausgewogen beschreiben. Dass die Titan-beschichtete Membran jedoch Wunder bei der Transientenabbildung vollbringt, würde ich weder im Vergleich mit den 4100 noch meinen C214 behaupten. Letztere klingen tatsächlich kompakter und fokussierter, was mir persönlich in nicht optimalen Räumen besser gefällt. Dies ist aber natürlich Geschmackssache.

Audio Samples
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sE T1, Overheads, im Mix sE T1, Overheads, solo sE 4100, Overheads, im Mix sE 4100, Overheads, solo AKG C214, Overheads, im Mix AKG C214, Overheads, solo

So klingen die sE Electronics T1 an den Toms

An Toms liefern Großmembran-Mikrofone einen guten Mix aus Transparenz und Körper. Da sE die T1 explizit dafür empfiehlt, landen sie für ihre nächste Station genau dort. Und siehe da, sie machen Spaß. Dreidimensional und offen kommen das 12“ Rack- und das 16“ Floortom rüber, gleichzeitig klingen Übersprechungen vom restlichen Set homogen und natürlich, was den Mix deutlich erleichtert. Auch hier standen die beiden 4100 als Vergleichsmikros parat, anders als in der Overhead-Position zeigen sich die Unterschiede etwas deutlicher. Die T1 wirken minimal präsenter, auf das Gesamtergebnis hat dies jedoch kaum Einfluss. Der Vollständigkeit halber habe ich zwei meiner dynamischen Tom-Mikros, ein Electro-Voice N/D 468 am Rack- und ein N/D 868 am Floortom, ebenfalls aufgenommen.

sE T1 Toms
Großmembraner an den Toms – hier die T1
Audio Samples
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sE T1, Toms, im Mix sE T1, Toms, solo sE 4100, Toms, im Mix sE 4100, Toms, solo EV N/D 468 und 868, Toms, im Mix EV N/D 468 und 868, Toms, solo
Schon klar: Vor dem Spielen habe ich die Electro-Voice-Mikrofone von den Trommeln herunter genommen…

So klingt das sE Electronics T1 als Front-of-Kit

An der letzten Teststation muss sich ein einzelnes T1 als Front-of-Kit-Mikrofon beweisen. Dafür platziere ich es etwa einen halben Meter schräg vor der Bassdrum, sodass die Bassdrum, die Snare sowie die Hi-Hat in einer geraden Linie zur Einsprechachse stehen. Das Ergebnis kann sich hören lassen. Das T1 klingt offen und groß, es nimmt die Bassdrum und die Toms in den Fokus, ohne das Gesamtbild zu verzerren. Die Becken und die Hi-Hat schimmern angenehm, interessanterweise würde ich aber auch hier nicht die Transienten als die größte Stärke bezeichnen, das Klangbild kommt mir eher breit vor. Das verdeutlicht auch mein Favorit für diese Position, das Mojave MA-201FET, welches bei den Anschlägen insgesamt konkreter wirkt. Wie das Ganze mit ordentlich Kompression (Waves API 2500) auf der FOK-Spur klingt, habe ich euch ebenfalls aufgenommen.

FOK
Hier ist ein einzelnes sE Electronics T1 als FOK-Mikrofon im Einsatz.
Audio Samples
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sE T1, FOK, im Mix sE T1, FOK, im Mix mit Kompression sE T1, FOK, solo sE 4100, FOK, im Mix sE 4100, FOK, im Mix mit Kompression sE 4100, FOK, solo Mojave 201fet, FOK, im Mix Mojave 201fet, FOK, im Mix mit Kompression Mojave 201fet, FOK, solo

Alternativen zum sE Electronics T1 Stereoset

Sowohl preislich als auch hinsichtlich der Ausstattung kommen verschiedene Alternativen zum sE Electronics T1 in Betracht. Eine davon ist das in diesem Test ebenfalls verwendete AKG C214, welches sich durch ein vielseitiges Einsatzspektrum und einen etwas nüchterneren Sound auszeichnet.

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Test des sE Electronics T1 Stereosets: Fazit

Mit dem T1 hat sE Electronics eine reine Nierenversion des schon länger erhältlichen T2 auf den Markt gebracht. Es zeichnet sich durch eine Titan-beschichtete Membran aus, welche sich besonders bei der Transientenwiedergabe bezahlt machen soll. Im Test macht das Stereoset am Drumset eine sehr gute Figur und überzeugt mit ausgewogenen Ergebnissen. Ob die Titanmembran tatsächlich eine so viel schnellere Transientenwiedergabe ermöglicht, darf jedoch bezweifelt werden, der Vergleich mit dem ebenfalls vorhandenen sE 4100 offenbart am Drumset nur geringe Unterschiede. Pluspunkte kann das Stereoset auch bei der Verarbeitung und vor allem bei der praxisnahen Funktionalität sammeln. Damit wird das T1 Stereoset zum echten Arbeitstier und dürfte sich – neben dem Schlagzeug und Percussion – für viele Einsatzgebiete eignen. Wer also auf der Suche einem guten Pärchen Mittelklasse-Allrounder ist und mit der Niere als einziger Charakteristik klarkommt, sollte diese Teile einem persönlichen Check unterziehen.

  • Lieferumfang: Case, 2x Spinne, Stereoschiene, Ersatzgummibänder, Anleitung, EU-Gewindeverkleinerung
  • Wandlerprinzip: Kondensator
  • Richtcharakteristik: Niere
  • Ausstattung: schaltbarer Low Cut 80 und 160 Hertz, schaltbares Pad (-10dB, -20 dB)
  • Empfindlichkeit: 25 mV/Pa
  • Frequenzgang: 20 bis 20000 Hertz
  • hergestellt in: China
  • Webseite des Herstellers: https://seelectronics.com/
  • Preis: € 799,– (Straßenpreis am 11.3.2024)
Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • offen klingendes, vielseitig einsetzbares Stereoset
  • praxisgerechte Spinnen
  • komplette Ausstattung
  • hochwertige Verarbeitung
Contra
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sE Electronics T1 Test
Für 399,00€ bei
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