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TWS 2864-S Gitarrencombo Test

Beim TWS 2864-S Combo handelt es sich um einen Gitarrenverstärker der Tube WorkShop GmbH aus Leingarten bei Heilbronn. Chef und Mastermind ist Mario Gebhardt, seines Zeichens Diplom-Ingenieur und langjähriger Produktentwickler und Entwicklungsleiter bei Beyerdynamic. Zahlreiche Spitzenprodukte für professionelle Anwendungen wurden unter seiner Leitung entwickelt, darunter der High End Tesla-Kopfhörer T1 und die TG Mikro-Serie. Seit einigen Jahren widmet sich der aktive Gitarrist auch seinen eigenen Gitarren- und Bassverstärkern, darunter dem TWS 2864-S Combo.

TWS 2864-S Gitarrencombo Test

TWS 2864-S Combo – das Wichtigste in Kürze

  • Vollröhren Philips Audio-Verstärker aus dem Jahr 1947 als Vorlage
  • Point-to-Point-Verdrahtung
  • hörkurvenkompensierte Mastervolume-Schaltung
  • nahezu konstanter Sound bei jeder Lautstärke
  • ideal als Basis für Overdrive- und Booster-Pedale
  • in Handarbeit hergestellt in Deutschland

Die Geschichte hinter dem TWS 2864-S Combo

Um das Produktportfolio zu erweitern, suchte die Tube WorkShop GmbH nach einem neuen Konzept, das sich von den üblichen Fender-, Vox- oder Marshall-Schaltungen abhebt. Dabei stieß Mario Gebhardt auf einen Vollröhren-Audioverstärker aus dem Jahr 1947, den Philips 2864. Diese ungewöhnliche Entdeckung wurde zur Inspiration für den TWS 2864-S Combo. 1947 waren Röhren die einzige Technologie für die Verstärkung von Audio- und Radiosignalen, denn Transistoren kamen erst in den frühen 1950er-Jahren auf den Markt. Nach der Restaurierung des alten Schätzchens und den ersten Versuchen mit der Gitarre war sofort klar, dass man auf dem richtigen Weg war. Allerdings sollte die Anpassung an moderne Standards und Bedürfnisse noch viel Arbeit bedeuten. Komponenten wie die EE-1 bzw. EEP-1 Röhre oder Ausgangsübertrager und Netztrafo wurden durch moderne und betriebssichere Varianten ersetzt. Dies wiederum erforderte eine Anpassung der Schaltung. Die ursprüngliche Klangregelung bestand nur aus einem “Treble-Cut”, ähnlich dem VOX AC30, und wurde für die Bedürfnisse von Gitarren optimiert. Ein neues Element ist der Bassregler, ein dreistufiger Drehschalter vor der Clipping-Stufe, der dazu dient, Gitarren oder Pedalboards an die Eingangsstufe anzupassen. Die gesamte Schaltung wird von Hand im Point-to-Point-Verfahren verdrahtet, wobei alle Bauteile wie Widerstände und Kondensatoren an gemeinsame Stützpunkte gelötet werden. Diese Bauweise klingt aufgrund kürzerer Signalwege, geringerer Kapazität und Induktivität im Vergleich zu platinenbestückten Verstärkern nicht nur dynamischer, sondern ist auch wartungsfreundlicher und insgesamt robuster.

TWS 2864-S Combo Vollröhren-Combo
Fotostrecke: 4 Bilder Chef und Mastermind Mario Gebhardt holt mit dem TWS 2864-S Vollröhren-Combo ein Stück Vergangenheit in die Neuzeit.

Der TWS 2864-S Combo zeigt sich ausgesprochen puristisch

Ich habe selten einen so einfach aufgebauten Verstärker gespielt. Mit nur vier Reglern bietet der Amp ähnliche Eingriffsmöglichkeiten wie viele Overdrive-Pedale: Preamp, Bass, Treble und Mastervolume. Der Preamp-Regler ist für die Sättigung zuständig, wobei die Verzerrung hier nur zu einem sehr kleinen Teil in der Vorstufe erzeugt wird. Den Großteil der Arbeit erledigt der Phase Inverter bzw. die Phasenumkehrstufe. Der Mastervolume-Regler, der hier den Namen “WonderVol” trägt, liegt hinter dieser Stufe und ermöglicht somit punktgenaue Sättigungsnuancen. Im Gegensatz zu normalen Mastervolume-Reglern findet hier eine hörkurvenkompensierte Lautstärkeregelung statt, die einen konstanten Sound in jeder Lautstärke ermöglicht, was ich in dieser Ausgewogenheit noch nie bei einem Vollröhrenamp gehört habe. Der Amp klingt bei Zimmerlautstärke fast genauso gut wie im voll aufgedrehten Zustand. Hut ab, Klasse! Der Amp besitzt einen Treblecut-Regler, wie man ihn vom AC 30 kennt. Bleibt noch der Bassregler, mit dem sich der Bassanteil in drei Stufen regeln lässt. Diese Schaltung liegt vor der Clippingstufe und dient im Großen und Ganzen dazu, die Eingangsstufe an die verwendete Gitarre oder das Pedalboard anzupassen.

TWS 2864-S Combo Rückseite
Fotostrecke: 3 Bilder Die Rückseite des Combos zeigt sich halboffen mit freier Sicht auf den Speaker.
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Der TWS 2864-S Combo ist handverdrahtet

Rein optisch sieht man dem eher unscheinbaren Combo seine inneren Werte und den massiven Klang nicht an, dabei gehört der Amp schon in Sachen Verarbeitung zur absoluten Oberliga. Frei verdrahtete Signalwege, die sich klanglich nicht nur in homöopathischen Dosen bemerkbar machen, gehören bei Röhrenamps zur Königsdisziplin. Wie so oft im Leben muss man für hohe Fertigungs- und Klangqualität etwas tiefer in die Tasche greifen als für Produkte, die an Fließbandstrecken in Fernost zusammengeschraubt werden. Mir ist bei Studiosessions, bei denen es um einen reinen und organischen Ton geht, immer wieder aufgefallen, dass man mit puristischen einkanaligen Amps die besten Soundergebnisse erzielt – je weniger Bauteile sich im Signalweg befinden, desto besser sind Dynamik und Ton. Klanglich würde ich den Combo grob in das Vox-Lager einordnen. Die unaufdringlichen Mitten und der sanfte Übergang in eine lebendige Verzerrung über den gesamten Regelweg der Vorstufe sorgen für ein breit gefächertes Angebot klassischer Sounds in erstklassiger Qualität. Bei vielen modernen Amps verschwimmen die Unterschiede der verwendeten Gitarren schnell, nicht aber bei diesem Schätzchen. Deswegen habe ich für jede Einstellung meine ’77er Strat mit Kloppmann-Pickups und eine Gibson SG mit Medium-Output-Humbuckern verwendet. Kommen wir zunächst zum cleanen Sound, bei dem ich den Preamp auf 9 Uhr gestellt habe. Der Ton ist zwar unverzerrt, aber nicht chemisch gereinigt, wie man es von ultra-sauberen Amps wie dem Roland Jazz Chorus kennt.

Audio Samples
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Soundbeispiel 1 – Gibson SG Neck Pickup, Preamp 9 Uhr, Bass mittlere Stellung, Treble 15 Uhr, Mastervolume Max Soundbeispiel 2 – Stratocaster Bridge/Mittlerer Tonabnehmer, Preamp 9 Uhr, Bass mittlere Stellung, Treble 15 Uhr, Mastervolume Max

Für mich liegt der Sweetspot irgendwo zwischen der 11- und 12-Uhr-Stellung des Preamp-Reglers, denn hier geht der Amp bereits eine Symbiose mit der Gitarre und der Spielweise ein und man kann den Sound bei Bedarf wunderbar mit Pedalen erweitern. Die dezent silbrige Verzerrung, die mit einer weichen Kompression einhergeht, entsteht im TWS 2864-S dann, wenn die Phasenumkehrstufe in die Sättigung gefahren wird. Vor- und Endstufe sind in diesen Prozess nur marginal eingebunden. Allein mit dem Anschlag und dem Volume-Poti der Gitarre lassen sich viele klassische Sounds realisieren. Mit einer Strat sind Clapton-/John-Mayer-Sounds ohne Weiteres sofort erreichbar. Es klingt genauso, wie es sein soll, und das ohne den Einsatz zusätzlicher Pedale. Mit Humbuckern ist man schnell in den rotzigen Regionen à la Rusty Anderson, dem Gitarristen von Paul McCartney.

Audio Samples
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Soundbeispiel 3 – Gibson SG, Gain 50 Prozent, Bass mittlere Stellung, Treble 14 Uhr, Mastervolume Max Soundbeispiel 4 – Stratocaster, Gain 50 Prozent, Bass mittlere Stellung, Treble 14 Uhr, Mastervolume Max

Die unglaubliche Dynamik des Amps bleibt auch dann erhalten, wenn man den Preamp komplett aufdreht. Der Sound bleibt offen und transparent und reagiert feinfühlig auf den Anschlag und die verwendete Gitarre. Obwohl der grundlegende Sound einen aufgeräumteren Tiefbass-Bereich hat, habe ich den Bassregler, der ja vor der Clippingstufe liegt, auf Stellung 1 geschaltet.

Audio Samples
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Soundbeispiel 5 – Gibson SG, Preamp Max, Bass Stufe 1, Treble 14 Uhr, Mastervolume Max Soundbeispiel 6 – Stratocaster, Preamp Max, Bass Stufe 1, Treble 14 Uhr, Mastervolume Max
Hohe Handwerkskunst aus Deutschland: Der TWS 2864-S Combo liefert ab!

Mit Booster- und Overdrive-Pedalen versteht sich der TWS 2864-S blendend

Der TWS 2864-S versteht sich bestens mit klassischen Booster- und Overdrive-Pedalen, wobei der Sound nie in Metallregionen abdriftet. Dazu wurde der Combo auch nicht konstruiert.  

Als Beispiel dafür habe ich meinen alten TS9 an den Start gebracht und vor den voll aufgerissenen Amp geschaltet. Sound und Spielgefühl sind hier jenseits von Gut und Böse, auch wenn die Unterschiede zwischen der Stratocaster und der SG leicht verschwimmen. Das liegt wegen der hohen Verzerrung jedoch in der Natur der Sache. Den Bassregler habe ich hier übrigens wieder in Position 2 geschaltet, weil der Tube Screamer den Bassbereich stark ausdünnt.

Audio Samples
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Soundbeispiel 7 – Gibson SG mit Tubescreamer, Preamp Max, Bass Stufe 2, Treble 12 Uhr, Master Max Soundbeispiel 8 – Stratocaster mit Tubescreamer, Preamp Max, Bass Stufe 2, Treble 12 Uhr, Master Max

Der TWS 2864-S klingt nicht nur gut, wenn der Masterregler weit aufgerissen ist. Im Gegensatz zu den meisten Gitarrenverstärkern mit Mastervolume, deren Klang beim Reduzieren der Lautstärke mehr oder weniger unbrauchbar wird, hat TWS-Chef Mario Gebhardt dieses Problem mit einer ausgeklügelten Schaltung größtenteils gelöst. Das Zauberwort heißt WonderVol, eine vereinfachte Bezeichnung für einen frequenzkorrigierten Mastervolume-Regler, der so effektiv arbeitet, dass der Sound in jeder Lautstärke ohne weltbewegende Klangverluste reproduziert werden kann. Natürlich sollte man bedenken, dass sich bei höheren Lautstärken die Lautsprecherpappe stärker bewegt und auch dadurch den Klang beeinflusst. Trotzdem finde ich das Ergebnis sehr gut. Man kann hier sogar in Zimmerlautstärke abrocken, ohne diesen typischen dünnen Sound zu erhalten. Um die Wirkungsweise zu zeigen, habe ich ein Audiofile mit fünf verschiedenen Einstellungen des Mastervolume-Reglers aufgenommen – der Preamp ist hier übrigens komplett aufgerissen. Es sind folgende Einstellungen zu hören:

1.     Komplett aufgedreht, also kein Mastervolume
2.     15 Uhr
3.     12 Uhr
4.     10 Uhr
5.     08 Uhr

Im ersten Soundbeispiel hört ihr, wie diese Einstellungen den Amp leiser machen. Im zweiten Soundfile habe ich die einzelnen Einstellungen normalisiert, damit man den Klangunterschied bei gleicher Lautstärke besser hören kann.

Audio Samples
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Soundbeispiel 9 – Master komplett aufgedreht, 15 Uhr, 12 Uhr, 10 Uhr, 08 Uhr Soundbeispiel 10 – Alle Einstellungen normalisiert, Master komplett aufgedreht, 15 Uhr, 12 Uhr, 10 Uhr, 08 Uhr
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Fazit

Basierend auf einem Vollröhren-Hi-Fi-Verstärker von 1947 hat die Firma Tube WorkShop GmbH einen superdynamischen Gitarrenverstärker konstruiert, der seinesgleichen sucht. Der Amp klingt reichhaltig, groß und rund, ohne großes Rumgeschraube. Authentische klassische Sounds, angefangen bei Hank Marvin, Eric Clapton, John Mayer, The Edge bis hin zu Joe Bonamassa (mit Tube Screamer), lassen sich ohne Probleme realisieren. Die spezielle hörkurvenkompensierte Mastervolume-Schaltung sorgt zusätzlich dafür, dass man einen fast konstanten Sound in jeder Lautstärke erhält, auch in Zimmerlautstärke. Die lange Entwicklungszeit, die hochwertige Verarbeitung und der hervorragende Sound haben leider auch ihren Preis, aber außergewöhnlich gute Qualität kostet in der Regel auch mehr. Für Soundgourmets und Studiomusiker besteht im Grunde eine Antestpflicht.

Basierend auf einem Vollröhren-Hi-Fi-Verstärker von 1947 hat die Firma Tube WorkShop GmbH einen superdynamischen Gitarrenverstärker konstruiert, der seinesgleichen sucht. 
Unser Fazit:
5 / 5
Pro
  • hervorragende Dynamik
  • sehr ausgewogener Sound
  • erstklassige Verarbeitung
  • Point-to-Point-Verdrahtung
  • dank des WonderVol Reglers kann man mit dem Amp auch in Zimmerlautstärke abrocken
Contra
  • hoher Preis
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TWS 2864-S Gitarrencombo Test
Für 3.149,00€ bei
  • Hersteller: Tube WorkShop
  • Bezeichnung: TWS 2864-S
  • Bauart: Vollröhren Gitarrencombo
  • Herkunft: handgefertigt in Deutschland
  • Kanäle: 1
  • Leistung: 14 W (Hot Mode), 7 Watt (Warm Mode)
  • Röhren: 1x EF-86, 2x 6V6, 1 x 12AX7, 1 x GZ34
  • Lautsprecher: 1x 12 Celestion G12M Greenback
  • Regler: Preamp, Treble, Master/WonderVol
  • Schalter: Hot/Warm/Standby, On/Off, 3-Pos.-Bass-Schalter, Impedanzwahlschalter
  • Anschlüsse Vorderseite: Input
  • Anschlüsse Rückseite: 2 x Lautsprecher
  • Gehäusekonstruktion: 12 mm Baltische Birke
  • Abmessungen (B x T x H): 610 x 226 x 508 mm
  • Gewicht: 18,2 kg
  • Besonderheiten: Betriebsspannung zwischen EU und US schaltbar, kein klassisches Tonregelnetzwerk im Signalweg, kürzeste Signalwege, keine Steckverbinder
  • Ladenpreis: 3.149,00 Euro (Februar 2024)
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Profilbild von Joe

Joe sagt:

#1 - 29.02.2024 um 05:53 Uhr

0

„Einfach mehr hören!“ Das war mein erster Eindruck dieses Traumamps.

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Timo sagt:

#2 - 29.02.2024 um 07:28 Uhr

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Der Combo hat seinen Preis. Aber ein gutes Massivholzmöbel hat auch seinen Preis. Man kauft mit diesem edlen Teil nicht nur einen Gitarrenverstärker, sondern einen treuen Begleiter, der einen in jeder musikalischen Lage gut „aussehen“ lässt.

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Michael sagt:

#3 - 29.02.2024 um 08:38 Uhr

0

Bravo Mario. Man hört seinen Kunden zu und baut, was diese brauchen - besser gehts nicht :-)

Profilbild von Tim

Tim sagt:

#4 - 29.02.2024 um 09:47 Uhr

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Hört sich sagenhaft an. Mehr davon!

Profilbild von Stephan Schmitt

Stephan Schmitt sagt:

#5 - 01.03.2024 um 14:04 Uhr

0

Mein Gitarrenkollege in der Band spielt den Amp als Topteil über eine 4x12 Box mit Blue Alnico. Das ist schon sehr durchsetzungsfähig und unverfälscht. Und das Ding rauscht selbst voll aufgeleiert quasi gar nicht.

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