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Keyboard Masterclass Workshop #3

Regeln sind ja bekanntlich da, um gebrochen zu werden. Wer sich schon mal mit Jazzharmonielehre beschäftigt hat weiß, dass es genaue „Vorschriften“ gibt, über welchen Akkorden welche Tonleitern gespielt werden und welche Noten somit erlaubt oder nicht erlaubt sind. Betrachtet man aber die Transkription eines Solos irgendeines bekannten Jazzmusikers, so wird man mit Sicherheit dutzende von Noten finden, die „laut Gesetz“ gar nicht verwendet werden dürften. Doch genau diese Noten sind oft das Salz in der Suppe und machen eine Improvisation erst interessant.

In meinem Workshop „Jazzphrasierung im Popsolo“ habe ich ja bereits ein paar Techniken erklärt, mit deren Hilfe man diese „Würze“ erzeugen kann. Eine davon ist die chromatische Umspielung. Und genau mit diesem Thema wollen wir uns jetzt noch einmal etwas intensiver beschäftigen.

©Kirill Volkov, shutterstock
©Kirill Volkov, shutterstock

Die kompletten Noten des Workshops als PDF-Download

Beispiel 1:

Die Ausgangs-Basis: Wir befinden uns in der Tonart C-Dur und benutzen demnach nur weiße Tasten (C Dur Tonleiter). Als Akkord kommt ein Dm7 zum Einsatz, also die zweite Stufe von C-Dur. Die dazugehörige Skala wäre laut Jazzharmonielehre D-Dorisch, also eine C-Dur Tonleiter, die nicht von C bis C, sondern von D bis D gespielt wird. Die Töne sind also dieselben, und schwarzeTasten kommen hier nicht vor.
In unserem Beispiel wimmelt es aber nur so von schwarzen Tasten. Wo kommen die denn jetzt her?

Audio Samples
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Beispiel 1
Beispiel1

Es handelt sich um chromatische Umspielungen. Die zentralen Noten sind die skaleneigenen Töne E, G, A und C. Doch bevor ich sie anschlage spiele ich zuerst den Halbton darüber und dann den Halbton darunter. Wichtig ist, dass die Zieltöne in der Tonleiter vorkommen; die Noten, die auf dem Weg zum Zielton angeschlagen werden, dürfen durchaus auch tonartfremd sein.

Interessant ist bei diesem Beispiel noch die Auswahl der Zielnoten. Es sind nicht etwa die „klassischen“ Dreiklangstöne Grundton, Terz und Quinte, sondern 9, 11, Quinte und Septim.
Diese Optionstöne geben dem ganzen den Sound, den wir suchen, um unserem Popsolo etwas „Jazzflair“ zu geben.

Manch einem wird vielleicht aufgefallen sein, dass die vier Zielnoten zusammen einen Am7 Akkord ergeben und sich an den letzten Workshop erinnern, in dem wir über Dm7 die Am-Pentatonik benutzt haben. Wir haben hier also ein weiteres Beispiel dafür, wie sich bei einer Impro über Mollakkorden  ein wesentlich interessanteres Ergebnis erzielen lässt. Nicht nur, dass man sich so erfolgreich um die Töne des Grund-Dreiklangs herumdrücken kann. Durch den Einsatz von chromatischen Umspielungen setzt man noch einen drauf und verleiht seinen Lines einen coolen Jazz-Sound..

Beispiel 2

Wir bleiben bei Dm7. Die Zieltöne sind klar erkennbar die halben Noten E, C und A. Diesmal werden sie von oben angespielt, jeweils mit drei chromatischen Noten.

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Beispiel 2
Beispiel2

Beispiel 3

Beispiel 3 ist eine Mischung aus Beispiel 1 und Beispiel 2. Die Zielnoten werden zunächst von oben chromatisch angespielt, dann aber übersprungen und letztendlich von unten erreicht.

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Beispiel 3
Beispiel3

Beispiel 4

Im nächsten Beispiel werden die Zielnoten A und E von oben angespielt, aber mit einem kleinen Umweg, sodass am Ende ein Terzsprung steht.

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Beispiel 4
Beispiel4

Diese vier Beispiele sind sehr typisch für den Einsatz von chromatischen Tönen im Jazz, doch es gibt natürlich noch sehr viel mehr Möglichkeiten. Da es hier aber letztendlich kaum echte Regeln gibt, lernt man den Einsatz von Chromatik am besten, indem man sich Licks von Jazzmusikern anschaut,  sie nachspielt, auswendig lernt und sich so nach und nach ein Vokabular von Phrasen erarbeitet, die man dann in seinen eigenen Improvisationen einsetzen kann.
Auf der nächsten Seite warten jede Menge Phrasen auf Kundschaft.

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