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Zoom G5n Test

Praxis

Das G5n werde ich erst einmal im “Gitarrenamp-Modus” betreiben, was nichts anderes heißt, als dass die Ampsimulationen ausgeschaltet bleiben und mir das Effektgerät als Ersatz für meine Bodentreter dient. Das G5n ist direkt vor meinen unverzerrt eingestellten Sovtek MIG-50H geschaltet, alle Zerr- und Effektsounds werden mit dem Effekt-Multi erzeugt.
Die insgesamt 100 Preset-Patches sind wild durcheinander gemischt, mal mit, mal ohne Amp-Simulation, und meist mit vielen Effekten bestückt. Für den Standard-Einsatz ist wenig dabei, deshalb erspare ich euch auch die Vorstellung der vorgefertigten Sounds. Wir starten den Rundgang komplett reduziert und mit deutlicher Härte, denn unser Testkandidat muss sich gleich mit einem Vorbild messen. In der Werbung auf der Website ist von “78 Boutique Pedals you don’t have” die Rede, und wer so etwas behauptet, der sollte einen direkten Vergleich nicht scheuen. Der Original Tube Screamer TS808 (aktuelles Reissue Modell) steht bereit und ich habe auch identische Einstellungen der Regler gewählt. Hier ist das Ergebnis.

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Ibanez Tube Screamer Original (Jaguar P90) Tube Screamer Model vom G5n (Jaguar P90)

Die Richtung ist klar getroffen, aber nach Boutique klingt es nicht. Hatte ich ehrlich gesagt auch nicht erwartet, denn unser Testkandidat mit 68 gemodelten Pedalen und zehn Amp/Cab-Simulationen kostet aktuell gerade mal 80 Euro mehr als diese Version des Tube Screamers. Am Preis gemessen ist die Performance dann gar nicht mal so schlecht, denn er klingt zwar etwas dünner und nicht so cremig wie das Original, der Sound ist aber auf jeden Fall bandtauglich. Das Einstellen ist kein großer Auftrag, vor allem speichert das G5n jede Veränderung automatisch. Das kann Fluch und Segen zugleich sein, man muss es nur wissen. Denn wenn man eine gute Einstellung gefunden hat und zwischendurch mal kurz an den Reglern schraubt, wird diese dadurch schon nach wenigen Sekunden überschrieben. Daher empfiehlt es sich beim Ausprobieren immer, das gut klingende Patch zu kopieren, damit man keine Dummheiten macht und einen Sound verschlimmbessert. Aber prinzipiell bin ich durchaus ein Freund des automatischen Speicherns, denn ich muss zu meiner Schande gestehen, dass ich schon öfters vergessen habe, gute Einstellungen zu sichern.
Ihr hört nun eine kleine Auswahl aus den unterschiedlichen Zerrgeneratoren, die dem G5n einverleibt wurden. Es wird ein großes Spektrum an Overdrive-, Distortion- und Fuzz-Sounds abgedeckt und klanglich ist das Ganze wie schon beim Tube Screamer Modell in der oberen Mittelklasse einzuordnen. Aber einige Modelle können auch darüber hinaus überzeugen.

Audio Samples
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DYN Drive – Volume an der Gitarre zuerst auf 4, dann auf 10 (Les Paul) Metal Zerre – MetalWRLD (SG) Dreckiger Fuzz Sound – TB MK1.5 (SG)
Das Zoom G5n vereint alles das an Effekten in seinem Gehäuse, was sich der Gitarrist vor seinem Verstärker wünscht.
Das Zoom G5n vereint alles das an Effekten in seinem Gehäuse, was sich der Gitarrist vor seinem Verstärker wünscht.

Man könnte alternativ dazu noch die Preamps vor den Amp schnallen, aber das klingt mir persönlich nicht offen genug, da haben die Overdrive-Pedale einen luftigeren und druckvolleren Sound. Es würde jetzt den Rahmen des Tests sprengen, wenn ich alle Effekte vorstellen würde, daher gibt es nur eine kleine Auswahl. Bei den Effekten sind eigentlich alle Standards an Bord, ein paar spezielle Effekte, wie zum Beispiel der Sequence Filter, sind auch dabei. Wer auf experimentelle Sounds steht, wird hier auf jeden Fall fündig, da könnten sogar die leicht überladenen Presets eine gute Ausgangsbasis sein. Qualitativ gibt es relativ große Unterschiede, und so gefällt mir beispielsweise das Auto Wah sehr gut und auch das Hold Delay macht einen guten Eindruck. Mit ihm kann ein Echo “eingefroren” werden. Der Effekt belegt (wie die Ampsimulationen) zwei Einheiten und wird über zwei Displays, acht Regler und zwei Fußschalter bedient. Der linke Schalter aktiviert das Delay, der rechte startet die Hold-Funktion, mit der der Delay Sound einfroren wird und weiterläuft.
Das Bedienkonzept gefällt mir insgesamt sehr gut, die Taster sind mit den wichtigen Funktionen belegt und einiges an Echtzeitsteuerung kann auch dann noch per Fuß vorgenommen werden, wenn mehr als vier Effekte im Einsatz sind. Werden nur wenige benutzt, ist das Klangergebnis noch in Ordnung, beim Einsatz von mehreren leistungshungrigen Einheiten kommt der Prozessor durchaus ins Schwitzen. Der Sound wird dann, je nach Effekt-Typ, etwas undefinierter. Wer gerne große Effektketten zusammenstellt, der stößt bei manchen Kombinationen deshalb auch an die Leistungsgrenze und im Display erscheint “Process Overflow Change Effect”. Gravierend hörbar wird die Leistung des Prozessors bei diversen Pitch-Shift-Effekten. Der Octaver funktioniert gut, aber bei Echtzeitsteuerung (z.B. Whammy Pedal) wird es kritisch, denn das ist die Paradedisziplin, an der sich die Leistung des Prozessors messen lassen muss. Zudem ist das integrierte Expression-Pedal für die Effektsteuerung nicht perfekt ausbalanciert und mir persönlich ist der Regelweg etwas zu kurz. Zudem macht es auch nicht unbedingt einen hundertprozentig roadtauglichen Eindruck. Hier ist eine Auswahl aus verschiedenen Effektkombinationen.

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Auto Wah mit Compressor (Strat) Hold Delay (Strat) Sequence Filter Whammy Pedal Effekt Boost, Tremolo, Analog Delay, Spring Reverb Detune, Delay, Reverb

Nun kommt die zweite Anschlussvariante, der Amp wird ausgeschaltet und das G5n liefert direkt ans Audio-Interface, um die Ampsimulationen auszuhorchen. Hier ist kleines Besteck mit fünf unterschiedlichen Amps und den dazugehörigen Lautsprechern im Programm, das reicht auch zum Abdecken der wichtigsten Sounds. Aber auch hier kann der Klang nicht richtig überzeugen. Die Ampsimulationen haben zu wenig Druck und klingen recht pappig. Als Notlösung, wenn tatsächlich der Amp seinen Geist aufgeben sollte, ist das in Ordnung, aber wenn jemand ein Multi-Effektgerät sucht, mit dem er ausschließlich in die PA spielen möchte, könnte ich das G5n nicht unbedingt empfehlen. In Verbindung mit einem “richtigen” Gitarrenamp liefert es die bessere Performance.

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Marshall JCM800 Amp Simulation Vox AC30 Amp Simulation

Als Zusatzfeature ist ein Drumcomputer an Bord, der mit unterschiedlichen Beats gefüttert ist. Zum Üben ist das auf jeden Fall eine gute Sache. Man kann das Tempo (auch per Tap-Funktion) einstellen und einen zweitaktigen Beat auswählen. Hier ist eine kleine Auswahl aus den 68 verschiedenen Rhythmen.

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Drumbeats
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