Wie beeinflussen Übertrager den Klang?

Wenn über Audio-Geräte gesprochen wird, dann ist oft von Übertragern die Rede. Bei Mikrofonen, bei analogem Outboard, aber auch bei anderer Hardware, etwa Gitarrenverstärkern: Es heißt, dass Übertrager den Sound weicher, runder, griffiger oder sonstwie machen. Aber stimmt das? Und was machen Übertrager überhaupt? Ist der Soundunterschied mit und ohne Übertrager wirklich so groß? Und wie unterschiedlich können fast identische Übertrager unterschiedlicher Hersteller klingen?

Zusammengefasst: Audio-Übertrager und ihr Klang für Eilige

  • passive Bauteile, die Wechselspannung (Audio) in Magnetismus und wieder zurück in Spannung übertragen
  • bestehen aus Primär- und Sekundärwicklung auf einem Metallkern
  • sorgen für galvanische Trennung, Symmetrierung/Desymmetrierung und Pegel-/Impedanzanpassung
  • Verwendung: Mikrofone, Vorverstärker, Kompressoren, Equalizer, DI-Boxen etc…
  • klangliche Wirkung: von neutral und transparent bis warm, rund und griffig
  • Übertrager können sehr verhalten bis stark färbend sein, Bau- und Einsatzart wichtiger als Hersteller

Was sind Audio-Übertrager?

Übertrager, die auch Transformatoren der „Tranny“ genannt werden, sind wie Spule, Kondensator, Widerstand, Transistor und Röhre Bauteile in Elektrogeräten. Sie sind passiv, müssen also nicht mit Spannung versorgt werden. Ein Audio-Übertrager besitzt im einfachsten Fall eine Metallspule („Primärwicklung“), an der ein analoges Audiosignal anliegt und eine weitere Spule („Sekundärwicklung“), an der es wieder abgegriffen wird. Dazwischen liegt ein Metallkern. Das funktioniert nur für Wechselspannung, nicht für Gleichspannung.

Wie funktionieren sie?

Durch das Audiosignal an der Primärwicklung entsteht ein Magnetfeld, das mit der Wechselspannung schwankt. Dieses Magnetfeld setzt sich durch den Metallkern fort und induziert in der Sekundärwicklung wieder Spannung. Wenn beide Wicklungen identisch sind, („1:1“), dann entspricht das Signal am Ausgang ungefähr dem am Eingang. Ein wenig Verlust durch die Wandlung Spannung – Magnetismus – Spannung gibt es aber immer.

Wozu werden Übertrager in Audiogeräten eingesetzt?

Alleine rein technisch betrachtet haben Übertrager unterschiedliche Aufgaben. Zunächst bieten Übertrager eine galvanische Trennung. Das bedeutet: Vom Eingang zum Ausgang besteht keine elektrische Verbindung, da es ja nur eine magnetische Brücke gibt. Das ist schon mal ein Brummschutz durch Masseentkopplung, was oft ein positiver Nebeneffekt ist. Gibt es zwei Sekundärwicklungen, von denen eine mit umgekehrte Polarität (Plus und Minus vertauscht) betrieben wird, hat man das Eingangssignal damit symmetriert. Wenn Primär- und Sekundärwicklung unterschiedlich sind, lassen sich Pegel und Impedanzen verändern (Step-Up und Step-Down, die Wicklungsverhältnisse werden In:Out dargestellt, also beispielsweise 8:1 oder 1:2,5).

Wo sind Übertrager zu finden?

Schwache Signale in Mikrofonen, vor allem solche, die von Tauchspulenkapsel und Bändchenmotor kommen, müssen hochtransformiert werden, um den Weg bis zum Preamp zu „überleben“. Ein passives Bändchenmikrofon besteht im Grunde nur aus dem Bändchen in seinem Magnetfeld und einem Übertrager. Die Symmetrierung kann auch in Kondensatormikrofonen per Übertrager geschehen. Trannys in Mikrofon-Vorverstärkern und anderer Hardware (etwa Kompressoren, Equalizer) werden oft aus mehreren Gründen verwendet, unter anderem Pegel- und Impedanzanpassung, Symmetrierung/Desymmetrierung, galvanische Trennung und Schutz. Eine passive DI-Box ist oftmals nicht viel mehr als ein symmetrierender, Pegel und Impedanz zum Ausgang ändernder Übertrager.

Einer von zwei Übertragern in einem Stereo-Röhrenmikrofon (deswegen die vielen Kabel zum Anschluss)

Ebenfalls aus Audio-Geräten bekannt sind Übertrager, durch die gar kein Audiosignal läuft: Transformatoren in Netzteilen nutzen die Technik der doppelten Umwandlung, um beispielsweise die Netzspannung von 230 Volt auf die in einem Audiogerät notwendige Spannung herunterzutransformieren, beispielsweise 12 Volt.

Wie unterscheiden sich verschiedene Ausführungen?

Kernmaterial, Wicklungen, Dimensionen: All das hat Einfluss auf die Eigenschaften eines Übertragers. So ist der Pegelfrequenzgang unterschiedlich, der Phasengang(vor allem an den Bandgrenzen), die Impedanz von Primär- zu Sekundärwicklung, die generierten Verzerrungsprodukte sind verschieden – und so weiter und so fort. Für Designer von Audioschaltungen spielen weiterhin Dinge wie Streuinduktivität und Einstreuempfiundlichkeit, Gleichtaktunterdrückung, Temperaturabhängigkeiten und einige weitere Daten eine Rolle. Außerdem sind die Toleranzen nicht zu vernachlässigen, so können zwei an sich gleiche Produkte durchaus unterschiedlich sein.

Klangliche Auswirkungen von Übertragern

Es gibt Übertrager, die sehr technisch gebaut und eingesetzt werden, mit dem Ziel, eben nicht klanglich aufzufallen. Der „Sound von Übertragern“ kann also von fast nicht wahrnehmbar bis sehr deutlich schwanken. Typisch sind aber folgende klangliche Grundeigenschaften von Audio-Übertragern (vereinfacht):

  • „Schleifen“ von Transienten, dadurch runderer, verzeihenderer Klang
  • harmonische Verzerrungen, dadurch warm bis durchsetzungsfähig wirkend
  • Kompression, vor allem bei tiefen Frequenzen dadurch dicht wirkend
  • diverse Effekte, die den Klang „grainy“, „sämig“ oder „reibend“ wirken lassen können
In diesem Mono(!)-Audiogerät gibt es neben geschlagenen neun Röhren auch fünf Audio-Übertrager (Mitte und halbrechts vorne, zudem hinten rechts in schwarz und grau verkapselt … vorne rechts ist der Netztrafo). Und nein, clean und transparent klingt die Kiste nicht.

Klangunterschiede: Mit und ohne Übertrager

Ich habe ein Mischpult mit einer sehr einfachen Busarchitektur: 16:0:2+2. Es gibt also 16 Channels, keine Busse und zwei Stereosummen. Eine Summe des Harrison 950m ist elektrisch symmetriert, die andere mit Übertragern ausgestattet. Die beschriebenen Unterschiede kenne ich mittlerweile sehr gut. Der Übertragerbus klingt wärmer, voller, dicker, wohliger, aber auch etwas weniger agil. Unter uns: Vor allem, weil ich viel mit färbendem Outboard, Röhren- und Bändchenmikros arbeite (ganz recht, alles mit Übertragern!) und auch gerne eine analoge Bandmaschine im Spiel ist ist mir der Übertragerbus oft zu viel des Guten.

Harrison 950m: Links sind die beiden Masterfader erkennbar. Der rote Bus trägt auch das Übertrager-Icon.

Bei Mikrofonen ist beispielsweise die Firma Neumann interessant. Das U 89 und das TLM 170R haben nämlich die gleiche Kapsel, die K89. Während das U 89 mit Übertrager arbeitet, tut das TLM das nicht (TLM = Transformatorloses Mikrofon!).

Vor kurzem war das AIM Audio Inspire zum Test. Das ist ein Kondensatormikrofon, welches als erstes überhaupt den Ausgang umschaltbar gestaltet hat („Transf.“ oder „Elect.“). Das ist natürlich ein gefundenes Fressen für einen Artikel wie diesen hier. Die Unterschiede sind eindeutig, aber auch nicht übertrieben plakativ:

Dieses Mikrofon lässt den User wählen: Übertager oder kein Übertrager?
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Mikrofon mit Übertrager Mikrofon übertragerlos

Ganz grob kann ich sagen: Für viele Vocals, vor allem Rock und Rap, einige Drumsounds und manche Gitarre würde ich eher zum Übertragersound tendieren, für Ambiences und andere Instrumente den elektronisch symmetrierten. Aber das ist nur eine Tendenz!

Verschiedene Trannys, unterschiedlicher Sound

Beispielhaft sei hier der bullige und sackteure SHMC genannt, der Mastering Compressor von Shadow Hills Industries (Plug-in hier im Test). Hier lassen sich die Ausgangsübertrager umschalten, zwischen Iron, Nickel und Steel. Vor allem das Kernmaterial wird hier also als ausschlaggebend genannt: Die Nickellegierung ist eher sauber und klar, Reineisen präsenter und durchsetzungsfähig, der Stahl dicker und druckvoller. Allerdings: Es sind auch viele weitere Parameter der verwendeten Übertrager unterschiedlich, nicht nur das Material des Kerns.

Unterscheiden sich Übertrager verschiedener Hersteller klanglich?

Das hier ist eine große Frage. Wie groß ist der Klangunterschied der unterschiedlichen Ersteller von Audio-Übertragern? Man muss schon sagen, dass Jensen und Lundahlals eher zurückhaltender, cleaner und transparenter wahrgenommen werden, wohingegen Carnhill, Sowter und Cinemagals charaktervoller bezeichnet werden. Extrem ist es bei Vintage-Übertragern wie etwa Haufe oder Beyerdynamic, bei denen allerdings die Alterung noch eine Rolle spielt. Und manch einer findet beispielsweise Edcor nicht so hochwertig. Wie bei Digitalwandlern geht es jedoch auch um das Umfeld: Der Unterschied zwischen ESS Sabre, AKM und Burr-Brown ist manchmal gar nicht so ausschlaggebend.

Eine einmalige Gelegenheit – direkter Klangvergleich

Wie klingen Übertrager mit eigentlich gleichen technischen Eigenschaften, aber von verschiedenen Herstellern? Als Konsument von Audio-Elektronik kommt man nicht in den Genuss eines Direktvergleichs. Ich hatte zum Review kürzlich einen Mikrofonvorverstärker, der ganz klar charaktervoll sein will und einen klaren Übertragersound nutzt: Der British Audio Technologies 1588 ist ein absoluter Soundmaker. Umso interessanter war es, auch einen Prototyp mit ansonsten gleichem Layout und geringen Bauteiltoleranzen für Übertrager mit gleichen Eigenschaften zum Vergleich zu haben.

So gut wie identisch – bis auf die Ein- und Ausgangsübertrager.
Eingangsübertrager: Auf dem oberen Bild war gar nicht zu erkennen, dass auch sie von verschiedenen Herstellern sind.

Das Serienmodell Des BAT besitzt Cinemag-Eingangs- und Ausgangsübertrager, das andere Modell ist mit Trannys von Altran ausgestattet. Der Audiovergleich zeigt: Die Unterschiede sind erkennbar, aber nicht gerade weltbewegend. Was gefällt euch besser? Schreibt es gerne in die Kommentare!

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Preamp mit Cinemags, hot Preamp mit Altrans, hot Preamp mit Cinemags, over Preamp mit Altrans, over
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Ubertrager_und_Klang Bild

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