TC Helicon Mic Mechanic Test

Den Begriff “Mechanic” kann man entweder mit aufgebockten Autos, alten Reklameschildern für Stoßdämpfer und Schraubern im Blaumann mit ölverschmierten Händen verbinden, oder aber den gleichnamigen Film mit einem genialen Charles Bronson im Sinn haben, der dort Arthur Bishop, den hochprofessionellen Auftragsmörder (eben einen “Mechanic”) spielt. Dieser Mechanic benutzt seine Stimme den gesamten Film über nur recht selten – damit wäre wohl geklärt, welche Assoziationen für das kleine Bodentreterchen man bei TC Helicon intendiert hat, denn schließlich ist es im weitesten Sinne ein Effektgerät für die Gesangsstimme.

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TC Helicons Mic Mechanic ist ein kleines Bühnen-Helferchen, welches das Mikrofonsignal vorverstärkt, den Gesang bei Bedarf in der Tonhöhe geradezurücken vermag, ihn ohne weiteres Zutun komprimiert, mit einem Equalizer versieht, gatet, de-esst und mit wählbaren Reverb- und Delay-Effekten versorgt. Der rote Bodeneffekt ist nicht der erste seiner Bauform, sondern ähnelt sehr der Voicetone-Serie von TC Helicon.

Details

“Ob sich der Herr Autor da mal nicht vertan hat?”, mag vielleicht jemand von euch beim Lesen gedacht haben. Mikrofonvorverstärker, Tonhöhenkorrektur, Gate, EQ, De-Esser, Kompressor, Reverb und Delay sind also alle in dieser winzigen Kiste? Aha? Tatsächlich, es stimmt: In dem kleinen Metallgehäuse tummeln sich tatsächlich all diese Fähigkeiten, doch wie man sich schnell denken kann, geschieht dies adaptiv – also ohne Eingriffsmöglichkeiten auf sonderlich viele Parameter, wenn überhaupt etwas eingestellt werden kann. Ob TC Helicon mit dem Mic-Mechanic nur einen Zwischenschritt zum allumfassenden “Bessermacher” hergestellt hat, der dann komplett aller lästiger Bedienelemente entledigt sein wird? Eine schwarze Kiste mit “Garbage Input” und “Perfect Signal Output”? Nun, ich möchte ja nicht sticheln, sondern ein Produkt testen.
Für die verbleibenden Einstellmöglichkeiten stehen drei weiße Regler aus dem Mechanic hervor. Ganz rechts kann die Stärke der Tonhöhenkorrektur bestimmt werden, im Uhrzeigersinn von “Aus” über leichte bis starke Korrektur und Cher-Effekt. Der kleine Tone-Button darunter aktiviert die umfangreiche, aber mysteriöse “Klangverbesserung”, welche die Parameter für die Dynamikbearbeitung und den EQ selbständig setzt.

Fotostrecke: 5 Bilder Ist der TC Helicon Mic Mechanic die Wunderwaffe?

Der mittlere Drehregler regelt den Anteil des ganz links wählbaren Effekts am Gesamtsignal in bekannter Dry/Wet-Manier. Aus der Welt der verzögernden Effekte lassen sich drei Raumgrößen wählen, konkret “Room”, “Club” und “Hall”. Außerdem kann man den Stufenschalter auf “Slap” (kurzes Delay) und “Echo” (hier gemeint: längeres Delay, das auch mit Feedback und musikalischen Zeiten benutzt wird) stellen – zudem kann das Echo mit den drei Räumen kombiniert werden. Im Süden des Gerätes findet man einen unbeschrifteten Fußtaster, an der linken Flanke den flachen Gain-Regler für den Vorverstärker, dessen XLR-Input wie der -Output, der Anschluss für das notwendige externe Netzteil und die USB-Buchse auf der Stirnseite wohnt. An der rechten Flanke findet man den Schalter, um die “Mic-Control”-Funktion des TC-eigenen Gesangsmikrofons aktivieren zu können. Es handelt sich hier um etwas sehr Einfaches, nämlich die Möglichkeit, mit einem Schalter im Mikrofon verschiedene Helicon-Effekte zu aktivieren.

Fotostrecke: 10 Bilder Die Anschlüsse für Mikrofon, USB und Output liegen an der Rückseite des Helicon.

Das Metallgehäuse steht auf einem großflächigen, weißen Riffelgummi, ein Batteriefach gibt es natürlich nicht. Eine kleine, mittige LED und eine rechts oben auf der Oberfläche noch angemerkt – und damit sind dann die äußerlichen Eigenschaften komplett benannt. Das Datenblatt gibt einen Signal-Störspannungsabstand von 104 dB an, der Frequenzgang läuft bei einer Toleranz von +0/-0,3 dB (!) von 20 Hz bis 20 kHz.

Praxis

Ganz offensichtlich ist TC Helicons Mic Mechanic nicht für Parameterfüchse, Tontechnik-Nerds und Gear-Heads entwickelt worden, sondern für den Sänger, der direkt loslegen möchte. Also wird das rote Gerätchen direkt verkabelt und mit Mikrofonsignalen gefüttert. Das Einstellen des Gains ist zwar durch die entweder grün (= “ok”) oder rot (= “nee, zu viel”) leuchtende LED rechts oben verständlich, doch hätte zumindest orange (= “pass ein bisschen auf, das ist fast zu viel”) nicht weh getan – auch nicht bei den Herstellungskosten. Weil die Phantomspeisung für Kondensatormikrofone wirklich permanent anliegt, sollte man beim Verkabeln immer muten. Wie man es erwartet, agiert der Fußschalter als Bypass.

Fotostrecke: 3 Bilder Der Mic Mechanic stellt nicht viele Parameter zu Verfügung

Die Korrektur der Tonhöhe arbeitet so, wie man es von TC kennt. Nicht umsonst gelten Helicon als hervorragend darin, kaum hörbare Tonhöhenveränderung in Echtzeit zu gewährleisten. Wenn der User nicht zu sehr dazu geneigt ist, den Regler aufzudrehen und vielleicht die Artefakte nicht als solche wahrzunehmen, besteht die eigentliche Gefahr eigentlich nur noch darin, dass man auf kleineren Bühnen vielleicht das prozessierte und das Originalsignal hören könnte (was durchaus peinlich sein dürfte). Der Tontechniker vermisst natürlich die Eingriffsmöglichkeiten, um die Korrekturen zu optimieren, aber der Mic Mechanic richtet sich ja explizit nicht an diese Gruppe, sondern wird unter Sängern sogar als Ersatz für den Tontechniker, einen Teil seiner Gerätschaften und vor allem seine Kompetenzen beworben. Immerhin: Der Mechanic vernichtet nicht das feste und flüssige Catering im Backstage. Bedenkt man also die Zielgruppe des Helicon, kann man mit der Pitch-Correction zufrieden sein – auch vor dem Hintergrund, dass es sich hier um ein spezifisches Live-Gerät handelt, welches man (bitte!) nicht im Studio einsetzen werden wird.

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Bypass solo Bypass mit Wurlitzer-Begleitung Mic Mechanic mit zunehmender Correction

Das gilt genauso für die Effekte. Die drei Reverb-Algorithmen sind so gestrickt, dass sie besonders live “funktionieren”. Das bedeutet im Klartext, dass die Erstreflektionen nicht zu stark färben und verschmieren und nichts enthalten, was sich über eine PA sowieso “versendet” – zu viel Feingeist wäre also tatsächlich fehl am Platze. Andersherum ist der Sound aber auch nicht zu löchrig, resonierend, eindimensional oder was sonst noch mit billigen, alten oder schlecht programmierten Reverbs assoziiert werden kann. TC Helicon kann sich bei der Schwester tc electronic sicher auch ausgiebig bei den Reverb-Effekten bedienen – so hört es sich zumindest an.

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Effects Switchthrough, Wet/Dry 12 Uhr

Ich kenne die Voicetones-Serie von Helicon ja schon etwas länger. Wenn hier vielleicht jemand spekuliert hat, es ließen sich die Parameter für die genannten Effekte per USB recht frei einstellen und für die Stimme und vielleicht das Venue individualisieren… Fehlanzeige, eine Editierung ist nicht möglich! Und ihr werdet mir beipflichten, wenn ich das Wörtchen “schade” hierfür verwende. Will man also etwas vielseitiger sein, hat man als Sänger Kenntnisse hinzugewonnen, die man umsetzen will, ist man für manche klanglichen Aspekte sensibler geworden, sprich: hat man sich entwickelt, dann ist man schon aus dem “Friss oder stirb!”-Helicon herausgewachsen. Einfachheit in allen Ehren, doch was spricht denn jetzt eigentlich gegen einen tieferen Zugriff, wenn man das möchte? Etwa, dass TC da auch umfangreichere, teurere Geräte im Portfolio hat?

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Tone Off Tone On

Der Tone-Button beispielsweise wird den User zunächst in Erstaunen versetzen: Ja, wer nicht genau die übliche Signalkette einer Stimmenbearbeitung kennt, wird feststellen, dass die eigene Stimme auf einmal “professioneller” klingt, also eher so, wie man es als Musikkonsument gewohnt ist. Ich muss aber wohl nicht unterstreichen, dass in der Tontechnik oft alleine ein riesengroßer Aufwand betrieben wird, um aus sehr teuren Geräten überhaupt auszuwählen, geschweige denn, diese in langwieriger Arbeit einfach einzustellen. Beim Mic Mechanic gilt: Das Gate ist mir zu auffällig, der De-Esser setzt im Detektor zu hoch an und ist zu nervös, der EQ nimmt mir meinen für meinen Stimmcharakter wichtigen Brustton, das Reverb hat zu viel Bass, der Kompressor bügelt den eigentlich so dynamischen Übergang platt? Pech gehabt, dann muss ich die Funktionen wohl ausschalten… Hier zeigt sich, dass Charles Bronson als Präzisions-Killer sicher die falsche Assoziation war – der Mic Mechanic “macht einfach mal”, außerdem werkelt er natürlich im geschmacklichen Mainstream – im Castingshow-Zeitalter ist Individualität offenbar immer weniger wichtig. Man muss allerdings gestehen: Dafür, dass die kleine rote Stolperfalle so viel automatisch macht, macht sie es wirklich sehr gut! Und ganz im Ernst: Adaptive Systeme sind sicher die Zukunft…  

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Ein Blick ins Handbuch entblößt dann aber doch noch einige Fähigkeiten, die ich vermisst hatte! Wenn man einen Delay-Modus mit dem linken Wahlrad aktiviert hat und den Fußschalter lange gedrückt hält, fängt die rote LED an, rhythmisch zu blinken. Mit dem Fuß lässt sich dann tappen, um die Delayzeit an die Musik anzupassen. Das ist genauso praktisch wie die Möglichkeit, das Feedback mit dem Correction-Regler setzen zu können, wenn man Tone gedrückt hält. Warum allerdings nicht auch andere Parameter in den Genuss dieser Bearbeitung kommen können, finde ich genauso obskur, wie dass diese Sonderfunktionen in der Beschriftung des Mechanic unerwähnt bleiben.  

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Bug-Info

Die ersten ausgelieferten Mic Mechanic hatten einen Software-Bug, den wir im Test festgestellt hatten. Daher wurde das Gerät nur mit 2,5 Sternen bewertet. TC Helicon zeigten sich jedoch dankbar für das Auffinden und haben uns über das Bugfixing auf dem Laufenden gehalten. Mit dem neuesten OS-Update ist lt. TC demnach ein ein Fehler behoben, bei dem der Mechanic (auch im Bypass-Modus) bei sehr schmalbandigen Signalen wie Pfeifen Nebengeräusche verursacht hat.
Solltet ihr ein betroffenes Gerät haben, müsst ihr euch hierdie VoiceSupport-Software für Mac oder PC downloaden, euer Pedal über USB anschließen und den Instruktionen folgen. Die aktuelle Firmware wird dann auf den Mic Mechanic geschrieben.

Fazit

Der Mic Mechanic von TC Helicon ist ganz offensichtlich mit dem Ziel entwickelt worden, ein gut klingendes Gerät von hohem Nutzen für den technisch nicht allzu erfahrenen Sänger zu entwickeln – ein Helferchen, das er sich locker leisten kann, mit dem er in Windeseile klarkommt und dessen Bedienung nicht von Fragezeichen begleitet wird. Ich kann guten Gewissens sagen: Das ist gelungen. Auf der anderen Seite steht allerdings der etwas höhere Anspruch an die Bearbeitung eines Signals, der aufgrund technischer Restriktionen nicht erfüllt werden kann. So bleibt der Zugang zu teilweise sehr wichtigen Parametern verblockt, ab einem gewissen Niveau lassen sich die Wünsche eines Sängers und/oder eines Technikers nicht mehr zufriedenstellend erfüllen, der Mechanic wird dann obsolet. Als echten Ersatz für einen Tontechniker taugt die kleine rote Kiste also nur bedingt, doch gerade bei Gigs auf kleineren Bühnen wird man dennoch deutliche Verbesserungen erhalten.

Pro
  • einfach zu bedienen, auch von Technik-Laien
  • ordentliche Pitch-Korrekturen
  • für den Live-Einsatz passende Effekte
  • adaptive Parametersteuerung gut programmiert
Contra
  • fast kein Parameterzugriff
  • kleine Zusatzfunktionen nur über das Handbuch erkennbar
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Technische Spezifikationen
  • Vocal-Prozessor
  • Pitch-Correction
  • Dry/Wet-Regler für Zumischeffekte
  • Tone-Schalter zur Soundverbesserung (u.a. Kompressor, EQ, De-Esser)
  • Preamp mit permanenter Phantomspeisung (>100 dB Dynamik)
  • Frequenzgang: 20 Hz bis 20 kHz (+0/-0,3 dB)
  • symmetrischer Output (XLR)
  • USB (Mini-A)
  • Mic-Control bei Verwendung mit Mikrofon MP-65
  • Druckguss-Gehäuse
  • externes Netzteil
  • Preis: EUR 178,- (UVP)
Unser Fazit:
4 / 5
Pro
  • einfach zu bedienen, auch von Technik-Laien
  • ordentliche Pitch-Korrekturen
  • für den Live-Einsatz passende Effekte
  • adaptive Parametersteuerung gut programmiert
Contra
  • fast kein Parameterzugriff
  • kleine Zusatzfunktionen nur über das Handbuch erkennbar
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TC Helicon Mic Mechanic Test
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Ronny Funk sagt:

#1 - 10.04.2019 um 19:54 Uhr

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Man darf auch eines nicht übersehen, das Teil enthält die Effekte von 4 Voicetonemodulen, kostet aber gerade mal 20 EUR mehr, als ein einzelnes Voicetone. Und da ist es klar, dass eben nicht so viele Einstellmöglichkeiten gegeben sind, in der Digitaltechnik sind eben Regler zum Anfassen und Ein-/Ausgänge das teuerste. Ich selbst finde diese "Voicetone Light" Geräte doch recht praktisch, sie erleichtern die Arbeit, sind narrensicher, sind in meinen Augen auch eine gute Ergänzung zu solchen Lautsprechern, wie LD Systems MAUI 5 und Bose L1 compact.

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Ronny Funk sagt:

#2 - 11.04.2019 um 12:02 Uhr

0

Bei einer Sache bin ich mir unsicher. Mobil brauche ich ja die "Tone"-Funktion, die in Critical Mass, Duplicator, Harmony Singer und Mic Mechanic eingebaut ist.
Ich habe nun den Critical Mass, bräuchte aber noch mal so ein Modul und habe keinen Plan, ob ich Duplicator oder Mic Mechanic nehmen soll.
Ob lieber ein Echo oder lieber eine Dopplung.

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Gioi Geniale sagt:

#3 - 21.03.2020 um 15:55 Uhr

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Ich lebe ganz gut mit dem Mic Mechanic.
Zum einen die Pitch Correction, die bei mir mehr psychologisch wirkt, dass wenn ich bei einem Ton etwas verschoben bin, das nicht gleich an die grosse Glocke gehängt wird.Und das Slap Back Reverb gefällt mir für unseren Rock`n`Roll ausnehmend. Aber den Level nur bis Position 9 eingestellt. Wenn ich den Level höher fahre, tönt es für meine Begriffe rasch übertrieben.Total einfache Bedienung. Die Tone Funktion macht die Stimme etwas heller ("Männergebrummel") und klarer.Alle Daumen hoch.Zumindest für mich, der vorwiegend in kleinen Lokalen spielt und sich nicht noch Tontechniker und mehr Equipement leisten kann.

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