Studio Projects T3 MKII Test

Dass der Hersteller Studio Projects für mich alles andere als ein alter Bekannter ist, daraus habe ich ja bereits im ersten Teil unserer Mikrofonvergleichsreihe keinen Hehl gemacht. Genauer gesagt ist das T3 MKII der zweite Kontakt mit einem Mikrofon aus diesem Hause – wir erinnern uns: das C1 war damals eine wirklich positive Überraschung und musste sich vor der wesentlich bekannteren Konkurrenz nicht verstecken. Das hatten wir natürlich auch bei der Planung und Zusammenstellung der Testkandidaten für die 900-Euro-Klasse im Hinterkopf und entschieden uns dazu, einem weiteren Studio Projects-Mikrofon die Möglichkeit zu geben, zu zeigen, was es kann.  

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Unsere Wahl fiel auf das teuerste Großmembran-Modell des kalifornischen Herstellers – und „teuer“ heißt in diesem Fall 549 Euro. Beim zweiten Hinschauen wurde uns dann bewusst, dass es sich beim T3 MKII auch noch um ein Röhren-Mikrofon handelt. „Wie bitte, ein Röhren-Mic für schlappe 629 Eurönchen…? Das kann doch nichts sein!“, mag sich jetzt manch einer denken. Der erste Teil dieses Gedankengangs ist auch uns durchaus bekannt. Was Teil zwei angeht, so versuchen wir mal, unsere Vorurteile beiseite zu schieben und warten gespannt das Ergebnis unseres Tests ab.

Details

Wenn einer eine Reise tut

Wie schon damals das C1, tritt auch das T3 MKII seine Reise in einem stabilen, großen Alu-Transportkoffer an. Unser Gast soll sich bei seinem langen Trip über den großen Teich ja schließlich wohl fühlen. Spaß beiseite, würden alle Mikrofone in einem solchen Koffer ausgeliefert, wäre das ganz großes Kino. Ein Köfferchen zu jedem Mikro, in dem alles Platz findet, was dazu gehört – ich fänd´s toll. Ok, das „Köfferchen“ des T3 ist definitiv ein Koffer, aber es muss ja auch einiges reinpassen: Mikro, Speisenetzteil, Spinnenhalterung (inkl. Ersatzgummis!), Windschutz und ein 7-poliges XLR-Kabel – all inklusive.  
 Das T3 kommt sehr massiv daher: 226mm Länge, 53mm Durchmesser, 763g Gewicht (ohne Spinne) – da hat man was in der Hand. Das Vollmetall-Gehäuse ist gut verarbeitet und bietet der gesamten Elektronik samt der Röhre (12AY7, 6072, Dual-Triode) ein gutes Zuhause. In dieses Bild fügt sich auch der robuste Drahtgeflechtkorb nahtlos ein, der die Doppelgroßmembran-Kapsel sicher vor äußeren Einflüssen schützt. Am unteren Teil des Mikrokörpers sitzt ein kurzer Schaft mit dem 7-poligen XLR-Anschluss, der auf Kontakt mit dem Speisenetzteil wartet. Am oberen Schaftende befindet sich ein Gewinde, um das T3 in die Spinnenhalterung einsetzen zu können – das Gewinde ist sicherlich nicht so präzise geschnitten wie bei einem Neumann-Mikrofon, aber immer noch im tolerierbaren Rahmen. Irgendwelche Schalter sucht man am Mikrofon selbst vergebens.

Fotostrecke: 4 Bilder Prall gefüllt kommt der Reisekoffer daher…

Stromlieferant mit Anschlussmöglichkeiten

Kommen wir zum Netzteil. Dieses ist ebenfalls grundsolide gefertigt und besteht durch und durch aus Metall. Auf der Frontseite sitzt ein gerastertes Drehpoti, über das die Richtcharakteristik des Mikros von Kugel über Niere bis Acht inklusive sechs „Zwischen-Nieren“ (macht insgesamt neun Charakteristika) eingestellt werden kann. Des Weiteren befinden sich der Power-Schalter und eine dazugehörige Status-LED auf der Vorderseite. Die Rückseite beherbergt einen 7-Pol XLR-Anschluss für das Mikrofon, einen 3-pol XLR-Ausgang für den Kontakt zum Mischpult sowie die Buchse fürs Netzkabel.    

Sicher in den Fängen der Spinne

Die elastische Spinnenhalterung, ebenfalls komplett aus Metall, besteht aus zwei Ringen, in denen sich zwei über kreuz gespannte Gummis befinden, die über einen Schaft miteinander verbunden sind. Am unteren Ende dieses Schafts sitzt das drehbare Stativgelenk. Um das Mikrofon bzw. die Spinne gerade am Stativ auszurichten, gibt es zwei Ausgleichs-Gewinderinge am oberen Teil des Stativgelenks, die man so weit herauf- oder herunterdrehen muss, bis die gewünschte Position fest ist. Dieses Prozedere ist etwas hakelig und umständlich, aber wenn man es einmal eingestellt hat, kann man es in der Regel auch dabei belassen. Kommen wir noch zu den berühmten technischen Angaben des Herstellers: der Übertragungsbereich beträgt 20Hz-20kHz, der Eigengeräuschpegel 18dB(A), die Empfindlichkeit 14mV/Pa (-37dB) und der Maximal-Schalldruckpegel 125dB(SPL) (bei THD: 1%).

Fotostrecke: 2 Bilder Rückseite des Netzteils: 7-Pol XLR-Anschluss für das Mikrofon, 3-pol XLR-Ausgang für den Kontakt zum Mischpult sowie die Buchse fürs Netzkabel.

Praxis

Röhrt nicht so wie erwartet

Wir erinnern uns an unsere vorurteilsbehafteten Gedankengänge …? Ich kann sie an dieser Stelle weder komplett widerlegen noch bestätigen. Das Mikrofon liefert durchaus brauchbare bis gute Ergebnisse, allerdings nicht unter dem Aspekt, ein Röhren-Mikrofon zu sein. Eine Röhre nimmt man klanglich eigentlich nicht wirklich wahr, sie mag den Höhen zwar gut tun (besonders bei S- und T-Lauten haben wir das gemerkt), von den Mitten und Bässen scheint sich der Glühkolben aber fernzuhalten. Es wirkt beinahe so, als würde intern ein Hochpass-gefiltertes Signal durch die Röhre geschickt. Auch die Umschaltmöglichkeit der Richtcharakteristik halte ich für sehr fragwürdig oder sogar unnötig – und in dieser Anzahl (neun Richtcharakteristika) mit den ganzen Zwischen-Nieren sicherlich für unnötig. Am Sound ändert sich nämlich nicht wirklich viel, wenn man das Rasterpoti am Netzteil klicken lässt.

Das gerasterte Poti am Speisenetzteil zur Umschaltung der Richtcharakteristik.
Das gerasterte Poti am Speisenetzteil zur Umschaltung der Richtcharakteristik.

Weniger wäre mehr gewesen

Aber ganz ehrlich: ein Doppelgroßmembran-Röhren-Mikro mit neun Richtcharakteristika für 629 Euro, wie soll das gehen? Ich würde sagen, dass man sich diese Features teuer erkauft hat. Würde man das T3 mit einer Membran, ohne Umschaltmöglichkeit der Richtcharakteristik und nicht in Röhrenbauweise für denselben Preis herstellen und anbieten … klar, dann hätte man ein ganz anderes Mikro, super Herr Redakteur. Ja richtig, aber wenn man diese eingesparten Feature-/Produktionskosten noch mal komplett in die Klangqualität dieses neuen Mikros stecken würde, bin ich der festen Überzeugung, dass man ein Spitzen-Mikro erhalten würde. Denn dass man bei Studio Projects etwas vom Mikrofonbau versteht, wissen wir ja jetzt.

Klanglich unausgewogen

Nun gut, jetzt habe ich genug am Grundkonzept kritisiert, kommen wir zum eigentlichen Klang. In den Bässen und unteren Mitten klingt das T3 etwas unausgewogen, hier stimmt auch der Übergang dieser beiden Frequenzbereiche nicht, denn am unteren Ende der Tiefmitten gibt es eine Art Frequenzloch. Das fällt bereits bei der Niere auf, bei der Kugel-Charakteristik verstärkt sich dies noch mal, und es klingt schon fast dünn. Bei der Acht wirken die Mitten im Gesamten etwas „quäkig“ und färben die Signale sehr unnatürlich. Wie gesagt, die Richtcharakteristik-Umschaltung bräuchte man bei diesem Mikro nicht bzw. man tut sich keinen Gefallen damit. Aus diesem Grunde beschränke ich mich im Folgenden auch auf die Niere.

Audio Samples
0:00
T3MKII – weiblich, 10 cm Referenz – weiblich, 10 cm T3MKII – weiblich, 40 cm Referenz – weiblich, 40 cm T3MKII – weiblich, Kugel T3MKII – weiblich, Acht

Grundabstimmung der Membran ist in Ordnung

Was die Auflösung der Mitten angeht, so kann man keine wirkliche Kritik üben – diese Disziplin erledigt das Mikrofon gut, woran man ja erkennen kann, dass die Grundabstimmung (zumindest der Membran) gar nicht so verkehrt ist. Der Übergang der oberen Mitten zu den Höhen ist im Vergleich zu den Bässen sehr gut gelungen – hier ist keine Absenkung oder gar ein Loch zu hören. Die Höhen kommen ebenfalls angenehm offen, brillant und präsent rüber. Bei der Dynamik-Betrachtung muss man wieder ein kleines Manko festhalten, denn laute Signale werden für meinen Geschmack schon zu weit in die Kompression gefahren – da scheint die Röhre und die Schaltung etwas zu viel des Guten zu wollen. Es ist nicht so, als könne man mit dem T3 MKII keine vernünftigen Ergebnisse erzielen, aber es ginge sicherlich besser.

Audio Samples
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T3MKII – männlich, 10 cm Referenz – männlich, 10 cm T3MKII – männlich, 40 cm Referenz – männlich, 40 cm

Das Fazit des Studio Projects T3 MKII Tests fällt zwiegespalten aus: Auf der einen Seite ist erkennbar, dass das Mikrofon die richtigen Ansätze hat, was man beispielsweise an den gut aufgelösten Mitten merkt. Auf der anderen Seite bin ich der festen Überzeugung, dass man sich mit der Röhrenschaltung und der Richtcharakteristik-Umschaltung keinen Gefallen getan hat, denn das ist einfach etwas zuviel für diesen Preis. Die Röhre scheint den Höhen zwar gut zu tun, aber diese sind auch schon von Natur aus offen und brillant – in den Mitten und Bässen merkt man von der „Röhrenbefeuerung“ nicht wirklich etwas. Bei lauten Signalen scheint die Röhre sogar eine zu starke Komprimierung hervorzurufen.      

Unser Fazit:
3 / 5
Pro
  • Verarbeitung
  • Koffer
  • Gut aufgelöste Mitten
  • Offene, brillante Höhen
Contra
  • Mitten/Bass-Übergang
  • Richtcharakteristik-Umschaltung
  • Dynamik bei lauten Signalen
Artikelbild
Studio Projects T3 MKII Test
Für 499,00€ bei
StudioProjectsT3MKII_06FINhoch
Massiv und grundsolide gefertigt: das Studio Projects T3 MKII.
Technische Spezifikationen
  • Doppelgroßmembran-Kapsel
  • Dual-Druckgradienten-Wandler
  • Neun Richtcharakteristika (Kugel, Niere, Acht + sechs Zwischen-Nieren)
  • handselektierte 12AY7 6072 Dual Trioden Röhre
  • extrem geräuscharmes Schaltungsdesign für großen Dynamikbereich
  • Frequenzbereich: 20 – 20000 Hz
  • Impedanz: 250 Ohm
  • Empfindlichkeit 14mV/Pa=-37dB
  • Rauschen: (A-gewichtet):18 dBA
  • Rauschabstand: 76 dB.
  • max.SPL 125dB bei 1% THD@1000Hz
  • Stromversorgung über Netzteil
  • Größe: 226mm Länge, 53mm Durchmesser
  • Gewicht: 763g
  • Preis: 629 Euro
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Massiv und grundsolide gefertigt: das Studio Projects T3 MKII.

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