Mit dem fünften und vorerst letzten Pedal des kalifornischen Effektgeräteherstellers Strymon beschließen wir unseren bonedo Testmarathon. Nachdem alle anderen mehr oder weniger exzellente Resultate einfahren konnten und auf der ganzen Linie überzeugten, geht es diesmal um Dynamik und Lautstärke und alles, was damit verbunden ist.
Beim OB.1 handelt es sich um ein Kompressorpedal mit integriertem Booster. Dieser hat nicht nur weniger Regler als die anderen Strymon-Effekte, er ist auch das einzige Pedal mit einer durchgehend analogen Schaltung ausgestattet. Nachdem seine digitalen Geschwister sich ohne große Patzer ganz vorne etablieren konnten, sind wir ziemlich gespannt, wie der ambitionierte Boutique-Pedal Hersteller in der Analog-Disziplin abschneidet.
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Details:
Gehäuse/Optik
Wie die anderen Pedale der Familie besteht auch der orangefarbene OB.1 aus einem Aluminiumgehäuse, das deutlich leichter ist als vergleichbare gusseiserne Geräte, aber genau so stabil und robust. Der Kompressor ist kein großer Stromfresser, deshalb kann er außer mit 9V-Netzteil auch mit Batterie betrieben werden. Ein separates Batteriefach gibt es allerdings nicht, man muss die Rückseite abschrauben und die Batterie im Inneren des Gerätes verstauen. Mit den Maßen 102 x 118 x 64 mm (B x T x H) ist das komplett analog aufgebaute Pedal etwas größer als der Standard und bietet den Bedienelementen reichlich Platz. Es verfügt über eine True-Bypass-Schaltung, bei der Eingang und Ausgang direkt miteinander verbunden sind, wenn das Gerät ausgeschaltet ist. Das Signal durchläuft so keine Pedal-internen Schaltkreise und optimale Klangstabilität ist gewährleistet.
Rückseite/Anschlüsse
Auf der Rückseite befinden sich neben der Eingangs- und Ausgangbuchse auch der Anschluss für das optionale 9V-Netzteil.
Bedienung
Der OB.1 ist absolut einfach zu bedienen, denn im Gegensatz zu den vier getesteten Digitalpedalen gibt es hier keine versteckten Funktionen, die durch das Halten eines Fußschalters aufgerufen werden müssten. Alles oldschool, daher hat man auch für dieses Teil keine Bedienungsanleitung auf der Hersteller-Website parat.
Für die Kompressorfunktion sind zwei Regler zuständig, einer für den Ausgangspegel (Output) und einer für die Intensität der Kompression (Comp). Gerade für uns Gitarristen ist es sehr angenehm, wenn einem die Arbeit abgenommen wird. In diesem Fall ist es das genaue Einstellen von Threshold, Ratio, und so weiter, also alles das, was normalerweise bei aufwendig ausgestatteten Kompressoren möglich und nötig ist. Und das kann von Instrument zu Instrument variieren und sich durchaus komplizierter gestalten, wenn man über die Funktion der einzelnen Parameter nicht unbedingt hundertprozentig Bescheid weiß. Gerade dann ist man wesentlich besser mit einem Gerät bedient, dessen Regler auf das entsprechende Instrument abgestimmt sind, wie in unserem Fall auf die E-Gitarre. Für den Booster sind der Regler Boost Level (Einstellen des Booster-Pegels) und der Dreifach-Schalter Boost Mode zuständig. Hier kann man zwischen Treble, Middle und Flat auswählen. Aktiviert werden die beiden Funktionen über die Fußschalter Bypass (Compressor ein/aus) und Boost (Booster ein/aus)
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Praxis:
Da der OB.1 zu den Dynamik-verändernden Effekten gehört, ist sein Platz zwischen der Gitarre und der Amp-Vorstufe, und so habe ich das Gerät auch angeschlossen. Um einen Einstieg in die Materie zu bekommen, wird erst einmal das bekannte „High Noon“ Setting ausprobiert. Alle Regler auf 12 Uhr und mal schauen, was passiert. Die Einstellung von Boost Mode und Boost Level ist hierbei eigentlich egal, weil ich ja nur den Kompressor einschalte und den Boost noch nicht aktiviert habe. So klingt es dann.
Gitarre
Boost Mode
Output
Boost Level
Comp
Tele
Treble
12
12
12
Audio
Samples
0:00
/
0:00
0:00
High Noon Comp
Wir hören eine sehr moderate Kompression, die Klangfarbe wird durch das Aktivieren des Pedals etwas verändert, ein leichte Anhebung im Höhenbereich ist zu verzeichnen. Das Signal klingt angenehm frisch.
Schön – dann experimentieren wir weiter und aktivieren zusätzlich den Boost. Die Einstellung bleibt und wir testen die Klangunterschiede der drei Boost-Modi. Zum besseren Vergleich habe ich auch noch einmal das Beispiel ohne Boost mit aufgenommen (Boost Off).
Gitarre
Boost Mode
Output
Boost Level
Comp
Tele
Treble, Middle, Flat
12
12
12
Audio
Samples
0:00
/
0:00
0:00
Boost OffTreble BoostMid BoostFlat Boost
Der Treble-Mode hebt die Höhen ab etwa 2 kHz an, senkt aber auch gleichzeitig den tiefen Bassbereich etwas ab. Der Sound wird dadurch brillanter, aber auch etwas dünner.
Der Middle Boost arbeitet bei zirka 800 Hz. Der Bereich wird breitbandig angehoben, beim Cleansound klingt das allerdings etwas blechern.
Der Flat-Mode hebt alle Frequenzen gleichmäßig an und hat damit für mich den angenehmsten Klang bei Cleansounds. Besonders zu empfehlen für typische Clean-Boosts, zum Beispiel im Jazz. Wenn es um eine bessere Sololautstärke geht, kann man mit dem Flat-Mode sehr gute Ergebnisse erzielen. Die anderen beiden haben ihre Stärke überwiegend bei verzerrten Sounds, dazu später mehr. Was mich etwas stört, ist die Tatsache, dass man beide Funktionen (Boost und Compressor) nicht getrennt einschalten kann. Der Boost funktioniert nur, wenn der Compressor auch aktiv ist. Schade, denn so hätte man noch etwas mehr Variationsmöglichkeiten. Außerdem möchten manche Gitarristen den Kompressor zum Beispiel nur für Cleansounds einsetzen und den Boost nur für Zerrsounds. Und der Stepptanz ist unter Umständen auch schon vorprogrammiert: Von clean auf verzerrt mit Boost heißt dann, zuerst einmal den Amp um- und dann den Kompressor und danach den Boost einzuschalten. Da ist der Einstieg ins Solo schnell verpatzt, wenn man nicht fix genug ist …
Na ja, eine Alternative wäre es, wenn man den Kompressor nur sehr dezent einstellt, dann wird eine leichte Kompression erzeugt, vom Spielgefühl am ehesten mit dem Endstufenschmatzen bei weit aufgedrehtem Amp vergleichbar. Man würde das Pedal also praktisch zum Klangauffrischen einsetzen.
Aber bleiben wir zunächst noch im cleanen Bereich und hören uns eine Standardsituation an: Leicht angeschlagenes Fingerpicking, gefolgt von hart angeschlagenen Akkorden. Da wird es immer eng, entweder ist das Picking zu leise oder die Akkorde zu laut oder beides. Mit dem Kompressor kann man die Picking-Passage anheben und den harten Strumming-Part absenken. Das funktioniert mit einer hohen Comp-Einstellung mit dem OB.1 sehr gut. Zuerst ein Beispiel ohne Kompressor, dann mit.
Gitarre
Boost Mode
Output
Boost Level
Comp
Tele
Treble
13
12
16
Audio
Samples
0:00
/
0:00
0:00
Picking-Strumming
Das Problem vieler Kompressoren ist das sogenannte Pumpen. Der Ton wird angeschlagen und stark gedämpft. Wenn er ausklingt und den Schwellenwert unterschreitet, wird das Signal angehoben. Da das Ganze recht schnell vonstattengeht, entsteht dieser typische Pump-Effekt. Bei unserem Probanten tritt das zum Glück nicht auf. Zum einen reagiert er sehr schnell – der klare Vorteil eines Opto-Kompressors – und zum anderen sind die Werte für den Comp-Regler sehr gut auf die Bedürfnisse der E-Gitarre voreingestellt. Selbst bei maximaler Einstellung ist kein Pump-Sound zu hören. Ein kritischer Fall hierfür sind leise angeschlagene Akkorde, die bei schlechten Kompressoren oder zu starken Einstellungen nach dem Anschlag kurzzeitig lauter werden. Das Phänomen tritt nicht auf, hier ist der Beweis dafür mit voll aufgedrehtem Comp-Regler.
Gitarre
Boost Mode
Output
Boost Level
Comp
Tele
Treble
13
12
17
Audio
Samples
0:00
/
0:00
0:00
Max Comp
Man hört, der Akkord klingt sehr natürlich mit etwas kräftigerem Sustain aus.
Jetzt kommen wir zu den etwas dreckigen Klangbeispielen. Am Verstärker habe ich einen Crunchsound mit leichter Verzerrung eingestellt. Wenn man bei mittlerer Kompression den Boost einschaltet und ein wenig am Boost-Level dreht, dann stellt man fest, dass dieser eher wie ein zusätzlicher Gain-Regler arbeitet. Der Klang nimmt unwesentlich an Lautstärke zu, es wird einfach nur dichter und damit etwas verzerrter. Ihr hört im folgenden Beispiel das Riff zuerst mit Kompressor, dann mit zusätzlichem Boost.
Gitarre
Boost Mode
Output
Boost Level
Comp
SG
Treble
13
15
12
Audio
Samples
0:00
/
0:00
0:00
TB Crunch
Hier sind noch einmal alle drei Boost-Modes mit dem Crunchsound. Jetzt sieht das Ergebnis schon ganz anders aus als bei den cleanen Beispielen. Die Entwickler haben wirklich exzellente Arbeit geleistet. Treble und Middle sind hierbei für mich die Favoriten, weil sie den Bassbereich nicht so dicht machen. Der Mode Flat klingt bei diesem Sound etwas breiig, was aber völlig in Ordnung ist, denn der hat seine Stärken eben im Cleansound.
Gitarre
Boost Mode
Output
Boost Level
Comp
SG
alle drei nacheinander
13
16
11
Audio
Samples
0:00
/
0:00
0:00
Boost Mode Crunch
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Fazit:
Feines Teil, der OB.1. Die Kompressorfunktion arbeitet im Zusammenspiel mit E-Gitarre und Amp vorzüglich. Die Bedienbarkeit ist ein Traum, es gibt einen Regler für Lautstärke und einen für die Kompression. Der Wirkungsgrad des Comp-Reglers ist bestens auf das Gitarrensignal abgestimmt, sodass auch bei extremen Einstellungen kein typischer Pumpeffekt zu hören ist. Wie vom Hersteller beschrieben, lässt er die Gitarre einfach einen Hauch „besser“ klingen. Mit der Boost-Funktion lassen sich besonders angezerrte Amps aus der Reserve locken und geben dafür einen höher verzerrten Sound von sich. Dazu dienen feine Zerreinstellungen in zwei Stufen (Compressor und Compressor & Boost). Das Signal, auch wenn es schon stark verzerrt ist, klingt nicht matschig, sondern bleibt transparent. Leider kann man beide Funktionen nicht getrennt bedienen. Die Boost-Funktion ist nur bei eingeschaltetem Kompressor möglich. Wer einen hochwertigen Kompressor für die Gitarre sucht und dafür bereit ist, auch etwas mehr auszugeben, der sollte sich den Strymon OB.1 etwas näher anschauen.
Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
Sound
Einfache Bedienung
Verarbeitung
True Bypass
Sehr gute Voreinstellung der Werte für den Comp-Regler
Hey, Danke für das Review. Der letzten Aussage muss ich leicht widersprechen. Man kann sehr wohl auch nur den Boost benutzen, wenn man den Comp komplett zudreht. Ist zwar nicht ganz so praktisch mit dem Fuß den Threshold einzustellen, aber es ist prinzipiell möglich so den Comp aus der Signalverarbeitung zu nehmen. LG Jan
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Jan sagt:
#1 - 20.02.2016 um 11:41 Uhr
Hey, Danke für das Review. Der letzten Aussage muss ich leicht widersprechen. Man kann sehr wohl auch nur den Boost benutzen, wenn man den Comp komplett zudreht. Ist zwar nicht ganz so praktisch mit dem Fuß den Threshold einzustellen, aber es ist prinzipiell möglich so den Comp aus der Signalverarbeitung zu nehmen. LG
Jan