In den beiden vorangegangenen Tests haben wir festgestellt, dass der kalifornische Hersteller Strymon zumindest bei den Modulationseffekten ein durchaus glückliches Händchen hat. Sowohl der Chorus als auch der Flanger konnten überzeugen und tragen die Bezeichnung Boutique zu Recht. Die aktuelle Produktpalette kennt aber nicht nur Modulationseffekte, sondern auch Hall und Echo sowie einen Kompressor. Das macht neugierig darauf, wie es mit Effekten steht, die nicht unbedingt zu den „Schönfärbern“ im Effektboard gehören.
Um das zu ergründen, haben wir uns als Nummer drei unseres Tests ein Delay ausgesucht, das auf den Namen Brigadier hört. Was ein Echo-Pedal mit einem militärischen Dienstgrad gemeinsam hat, dazu später mehr. Ob allerdings die tarngrüne Farbe damit zusammenhängt, das wollen und werden wir hier nicht näher erörtern. Wer aber wissen will, was so ein Pedal mit ranghohem Namen auf dem (im) Kasten hat und wie es klingt, der ist hier richtig. Rühren, hinsetzen, lesen und hören!
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Details:
Gehäuse/Optik Das Brigadier Pedal kommt wie seine Kollegen aus der Modulationsabteilung in einem Stahlblechgehäuse mit tarngrüner Lackierung. Wie diese ist es sehr gut verarbeitet, absolut road- und tourfest und mit qualitativ hochwertigen Komponenten ausgestattet. Auch der Brigadier bezieht seine Energie aus dem Netzteil, denn Platz für eine Batterie gibt es nicht. Mit den Abmessungen von 102 x 118 x 64 mm (B x T x H) bietet das Delay den vielen Regelmöglichkeiten auf der Oberseite Platz – immerhin müssen fünf Regler und zwei Dreifach-Mini-Switches beheimatet werden. Die untere Hälfte beherbergt zwei stabile Fußschalter, die knackfrei ihre Arbeit verrichten, wobei eine rote LED am jeweiligen Schalter den Effektstatus anzeigt.
Rückseite/Anschlüsse Auf der Rückseite finden sich ein Eingang und zwei Ausgänge, und wie beim Flanger Orbit die Möglichkeit, über eine Stereo-Anschlussbuchse einen Parameter per Expression-Pedal in Echtzeit zu steuern. Dieses wird zuerst angeschlossen, dann wird zur Anwahl des zu steuernden Parameters der Favorite-Schalter gedrückt gehalten, während man die Stromzufuhr anschließt. Der Regler, den man dann als Erstes dreht, wird vom Expression-Pedal übernommen.
Bedienung Das Delay wird mit fünf Reglern eingestellt:
Time: Einstellen der Verzögerungszeit.
Mix: Mischverhältnis zwischen Original- und Effektsignal.
BucketLoss: Hier wird der Klang des Echosignals eingestellt. Zurückgedreht klingt das Echo höhenreicher, dreht man den Regler weiter auf, wird der Ton muffiger und es kommt auch noch eine leichte Verzerrung hinzu, die bei höheren Werten immer stärker wird.
Repeats: Anzahl der Echowiederholungen.
Mod: Hier wird dem Echosignal ein Modulationseffekt hinzugefügt. Die Intensität kann mit dem Mod-Regler eingestellt werden. Bei Werten ab 12 Uhr wird die Modulationsgeschwindigkeit schneller.
Wie bei den Modulations-Pedalen hat auch das Delay zwei kleine Dreifach-Schalter, mit denen verschiedene Betriebsmodi angewählt werden können. Hier ist das Ganze recht simpel strukturiert. Der erste Schalter wählt den Delay Mode:
Short: Kurzes Delay von 40ms (7 Uhr) bis 400 ms (17 Uhr)
Medium: Mittleres Delay von 100 ms (7 Uhr) bis 1000 ms (17 Uhr)
Long: Langes Delay von 500 ms (7 Uhr) bis 5 Sekunden (17 Uhr)
Der zweite Mini-Schalter (Tap) ist gekoppelt an die Tap-Funktion des linken Fußschalters. Mit diesem wird das Songtempo per Fuß eingetippt und die Echowiederholungen werden in den entsprechenden Notenwerten ausgegeben:
Quarter: Viertelnote
Dot: Punktierte Achtelnote
Triplet: Achteltriole
Eine Speichermöglichkeit wie bei den Modulations-Pedalen, bei denen man eine komplette Einstellung intern sichern kann und mit dem ´Favorite´-Schalter abruft, gibt es hier leider nicht. Es besteht aber die Möglichkeit, ein kleines Zusatzpedal anzuschließen, das diese Funktion ermöglicht. Es soll ab Juli 2010 erhältlich sein.
Das Brigadier-Pedal arbeitet mit einer digitalen Klangerzeugung, deren AD/DA Wandlung bei 24bit/96kHz stattfindet. Wie man an den Bedienungselementen erkennen kann, orientiert man sich an den alten Analog-Delays, daher sind abgefahrene Stereo-Ping-Pong- und Reverse-Delays hier nicht zu haben. Wie weit man an den Vintage-Echo-Sound herankommt, werden wir im folgenden Praxis-Teil untersuchen.
Übrigens führte auch der Anspruch, möglichst originalgetreu den Sound der alten Analogechos nachbilden zu wollen, zum militärisch anmutenden Namen. Bevor das digitale Zeitalter unser Leben bestimmte und nachdem das Bandecho ausgedient hatte, eroberte analoge Elektronik auch unsere Effektgeräte. Analoge Echogeräte bedienten sich damals einer Technik, die das Signal intern von einem analogen Speicherbaustein zum nächsten weiterreichte und dadurch verzögerte – bildhaft Eimerketten-Schaltung genannt. Für unsere Freunde im englischen Sprachraum werkelte auf den Platinen der Effektgeräte deshalb logischerweise die „bucket brigade“, und mit dem Brigadier ernannte Strymon sein Echopedal kurzerhand zum Chef der Truppe.
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Praxis:
Da unser Brigadier keine „richtigen“ Stereo-Delays von sich gibt, habe ich das Pedal so angeschlossen, wie es die meisten Gitarristen auch auf der Bühne verwenden: im Einschleifweg des Verstärkers, mono.
Zuerst widmen wir uns den nüchternen Funktionen diverser Regelmöglichkeiten und beginnen mit der Verzögerungszeit. Die kürzeste ist 40 ms und wird als leichter Raumeffekt wahrgenommen.
Gitarre
Mode
Tap
Time
Mix
Bucket Loss
Repeats
Mod
Strat
short
quarter
7
12
7
9
7
Audio
Samples
0:00
/
0:00
0:00
Short Delay
Jetzt hören wir mit fünf Sekunden die längste Verzögerungszeit im Mode „long“. Das reicht dicke aus, ist weit über den Verzögerungszeiten der analogen Vorbilder und kann komplett aus dem Vollen schöpfen.
Gitarre
Mode
Tap
Time
Mix
Bucket Loss
Repeats
Mod
Strat
long
quarter
17
12
7
9
7
Audio
Samples
0:00
/
0:00
0:00
Long Delay
Die Wiederholung ist in diesem Fall recht leise, denn bei der werkseitigen Voreinstellung haben wir erst bei ´Mix´ auf 15 Uhr das gleiche Mischungsverhältnis zwischen Original- und Effektsignal. Dadurch kann man die Lautstärke des Echos etwas feiner einstellen, denn in den meisten Fällen soll das Delay schließlich leiser als das Originalsignal sein. Man bekommt somit mehr Regelweg, bis das Echo genau so laut ist wie das Originalsignal. Wer gerne bei 12 Uhr ´Mix´ schon das gleiche Verhältnis haben möchte, der muss den ´Bypass´- und ´Tap´- Schalter gleichzeitig gedrückt halten und dann den Mix-Regler kurz drehen. Jetzt ist der Boost des Effektsignals (+3 dB) aktiviert und man erhält bei mittlerer Einstellung auch ein gleichmäßiges Mischverhältnis von Direkt- und Effektsignal.
Der ´Bucket Loss´-Regler dient zum Einstellen von Klang und Gain des Effektsignals. Ihr hört beim nächsten Beispiel drei Einstellungen: Ganz links auf 7 Uhr ist das Signal am brillantesten, in der Mitte wird es etwas muffiger und leicht angezerrt, auf 17 Uhr werden die weiteren Wiederholungen immer dumpfer, der Attack ist fast weg und die Zerrung nimmt zu. Auch diese Funktion kann noch etwas getunt werden. Wenn man beide Fußschalter gedrückt hält, kann man mit dem Bucket Loss Regler die Voreinstellung des Klangs der Echowiederholungen verändern. Dreht man nach links, wird es dumpfer, dreht man nach rechts, werden mehr Höhen zur Grundeinstellung hinzugefügt.
Gitarre
Mode
Tap
Time
Mix
Bucket Loss
Repeats
Mod
Strat
long
quarter
12
12
7-12-17
10
7
Audio
Samples
0:00
/
0:00
0:00
Bucket Loss
Jetzt ist der Repeat-Regler an der Reihe. Der hat eine Besonderheit aufzuweisen, denn dreht man ihn voll auf, entsteht eine Art Echo-Feedback, das Delay schaukelt sich sozusagen ins Unendliche hoch. Hier sind drei Einstellungen des Reglers: Auf Linksanschlag haben wir genau eine Wiederholung, dann 12 Uhr (ca. 8 Wiederholungen) und bei 17 Uhr gibt es das eben beschriebene Feedback.
Gitarre
Mode
Tap
Time
Mix
Bucket Loss
Repeats
Mod
Strat
long
quarter
7
12
12
10
7-12-17
Audio
Samples
0:00
/
0:00
0:00
Repeat
Als Nächstes widmen wir uns dem Mod-Regler. Hier wird dem Effektsignal noch etwas Chorus-Effekt hinzugefügt. Ihr hört hintereinander die Einstellungen mit 9, 12 und 15 Uhr. In der linken Hälfte ist der Effekt noch langsam und nimmt nur an Intensität zu. Ab 12 Uhr wird die Modulation schneller.
Gitarre
Mode
Tap
Time
Mix
Bucket Loss
Repeats
Mod
Strat
short
quarter
9
12
7
10
9-12-15
Audio
Samples
0:00
/
0:00
0:00
Mod
Bei der Mix-Einstellung auf 15 Uhr ist das Echosignal genau so laut wie das Originalsignal. Damit das Delay auch noch brillant rüberkommt, habe ich ´Bucket Loss´ auf den Minimalwert eingestellt und mit ´Mod´ etwas Chorus hinzugefügt. Ergebnis ist der typische U2 Delay-Sound, den The Edge in frühen Jahren mit seinem Memory Man erzeugt hat. Das Ergebnis kann sich hören lassen, vor allem ist es mit dem Brigadier wesentlich einfacher einzustellen, denn man kann das Tempo schließlich bequem eintappen. Punktierte Achtel (dot) werden erzeugt und so klingt das Ergebnis.
Gitarre
Mode
Tap
Time
Mix
Bucket Loss
Repeats
Mod
Strat
med
dot
9
15
7
12
10
Audio
Samples
0:00
/
0:00
0:00
Edge Delay
Wenn man die Tap-Funktion benutzt, also den Tap-Schalter zweimal betätigt, dann wird dieses eingegebene Tempo übernommen und die Einstellung des Time-Reglers ist außer Kraft gesetzt. Der Tap-Schalter hat aber noch eine weitere Funktion: Hält man ihn gedrückt, ist das Echo endlos, oder so lange, bis man ihn wieder loslässt.
Gitarre
Mode
Tap
Time
Mix
Bucket Loss
Repeats
Mod
Strat
short
dot
7
10
7
12
7-12-17
Audio
Samples
0:00
/
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0:00
Tap Feedback
Die Klangqualität ist ausgezeichnet, auch wenn dem Brigadier verzerrte Sounds angeboten werden, weiß er damit umzugehen. Der Klang kommt nie matschig oder indifferent aus dem Amp. Hier ein Beispiel mit einem Crunchsound in Verbindung mit einem Delay mit Modulation.
Gitarre
Mode
Tap
Time
Mix
Bucket Loss
Repeats
Mod
Strat
med
dot
7
12
9
11
10
Audio
Samples
0:00
/
0:00
0:00
Crunch Mod Delay
Als nächstes kommt ein Slapback Echo mit kurzer Verzögerungszeit. Trotz vordergründigem Effektsound mischt sich das Delay sehr gut mit dem Originalsignal.
Gitarre
Mode
Tap
Time
Mix
Bucket Loss
Repeats
Mod
SG
short
quarter
11,5
11
7
7
7
Audio
Samples
0:00
/
0:00
0:00
Short Attack
Zum Abschluss hören wir noch ein Lead-Delay mit einem stark verzerrtem Sound. Die Echowiederholungen laufen sehr dezent im Hintergrund und verlängern fast unmerklich das Sustain bei lang gehaltenen Tönen. So soll´s sein!
Gitarre
Mode
Tap
Time
Mix
Bucket Loss
Repeats
Mod
Les Paul
medium
dot
14
11
9
13
7
Audio
Samples
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Lead Delay
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Fazit:
Auch das Brigadier Pedal von Strymon kann komplett überzeugen und ist in der Kategorie „Analoger Sound – digital erzeugt“ ganz weit vorne. Und mit Tap-Funktion und einer Verzögerungszeit von bis zu fünf Sekunden ist man den analogen Vorbildern auch schon ein paar Schritte voraus.
Besonders effektiv zur Erzeugung des warmen Delay-Tons trägt die Funktion des ´Bucket Loss´-Reglers bei, der als Klang- und Gain-Einstellung des Echosignals fungiert. Hinter den normalen Schalt- und Regelmöglichkeiten verbergen sich beim Brigadier noch ein paar sehr praktikable Zweitfunktionen, wie das Aktivieren des Endlos-Echos, wenn man den Tap-Schalter gedrückt hält. Daher sollte man sich auf jeden Fall die kurze Bedienungsanleitung durchlesen, die es leider nur auf der Strymon Website gibt. Wer analogen Delaysound mit modernem Bedienkomfort sucht, der sollte das Brigadier Delay unbedingt antesten. Der Preis von knapp 300 Euro ist gerechtfertigt.
Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
Sehr gute Analogdelay-Simulation
Modulation
Verarbeitung
True Bypass
Einfache Bedienung
Tap-Funktion mit drei voreingestellten Notenwerten
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