Die kalifornische Firma Summit Audio hat in den 80er Jahren eine Legende der Studiowelt geschaffen: den Leveling-Amplifier TLA-100A. Und noch heute wird dieses Gerät gebaut! Ähnlich wie beim nicht minder erfolgreichen Artgenossen Teletronix LA-2A lag und liegt der Reiz an diesem Gerät nicht nur in seinem Klang, sondern vor allem in seiner äußerst einfachen Handhabung. Zwei große Knöpfe und ein paar wenige Kippschalter gilt es hier zu bedienen, mehr nicht. Denn Gutes muss nicht immer komplex sein.
Softube aus dem schwedischen Linköping hat nun in enger Zusammenarbeit mit Summit Audio eine virtuelle Version des TLA-100A auf den Markt gebracht. Wir haben uns gefragt, ob dieser digitale Klon wohl den bonedo-Elchtest bestehen wird?
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DETAILS
Was ist eigentlich der Unterschied zwischen einem „Leveling-Amplifier“ und einem Kompressor? Man muss sich das so vorstellen: Ein Audiosignal wird am Eingang des Leveling-Amps in Bezug auf seine Transienten untersucht. Daraufhin „wählt“ die Halbautomatik ein eher schnelles oder langsames Kompressions-Knie aus. Wie stark die Pegelreduktion dann letztlich angewandt wird, stellt der Benutzer mit dem Gain-Reduction Wert ein. Im Falle des TLA-100A wird dieser vom großen Knopf rechts des VU-Meters repräsentiert.
Beide Geräte benutzt man, um den Dynamikumfang eines Audiosignals einzugrenzen, und daher gehört auch ein Leveling-Amp eindeutig zur Gattung der Kompressoren. Vereinfacht kann man sagen: Ein Kompressor bietet viele Parameter, die eine differenzierte Dynamikbearbeitung von Audiosignalen ermöglichen. Die Einflussnahme auf die Arbeitsweise eines Leveling-Amplifiers ist dagegen aufgrund seiner in vielen Punkten nicht weiter beeinflussbaren “Halbautomatik” deutlich eingeschränkter.
Gain-Reduction ist vergleichbar mit einer Mischung aus den bei Kompressoren üblichen Parametern Ratio und Threshold. Dieser Parameter muss jedoch auch immer in Relation zum Eingangspegel verstanden werden, denn je höher der Eingangspegel, desto schneller greift der Leveling-Amp ein.
Der prominente linke Knopf namens Gain regelt nur den Ausgangspegel des TLA-100A und ist hier irreführenderweise links des mittigen VU-Meters angebracht. Das VU-Meter zeigt wahlweise die Pegelreduktion oder den Ausgangspegel an. Darüber hinaus stehen mit fast, medium und slow drei Optionen bezüglich des Attack- und Release-Verhaltens zur Verfügung.
Ein Side-Chain Kanal ermöglicht das externe Triggern der Kompressionseinheit. Und nicht zu vergessen: Eine für den Klang sehr wichtige Komponente des Original TLA-100A ist die in seine Schaltung integrierte Röhre.
Die Softwareversion von Softube hält sich strikt an den originalen Aufbau, zumindest theoretisch, und steuert dem PlugIn auch noch ein paar weitere gute Funktionen bei, die da wären:
Ein Low Cut Filter, mit dem man Bassfrequenzen bis hoch zu 600 Hz stark abdämpfen kann.
Ein Low Frequency Detector. Hiermit können tiefe Frequenzen von der Pegel-Analyse der Kompressor-Einheit ausgeschlossen werden, was insbesondere bei Summen- oder Buskompression zu einem entspannteren Kompressionsverhalten führen kann.
Regelbare Sättigung, unabhängig vom Eingangspegel. Der Regelbereich reicht von Clean (= aus) bis High (= deutlich hörbar).
Parallelkompression durch regelbares Mixverhältnis von bearbeitetem und unbearbeitetem Signal (Dry-Wet Regler)
Softube TLA-100A liegt als AU, VST, VST2, VST3, AAX und RTAS Version vor und ist sowohl als Mono- wie auch als Stereo-Variante verfügbar. Es läuft auf allen gängigen Software-Sequenzern, im Falle von Pro Tools aber erst ab Version 7.
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PRAXIS
Nach Öffnen des PlugIns blicke ich in ein ansprechend gestaltetes GUI, das fotografisch echt aussieht. Auch optisch hat man sich hier sehr nahe an der Vorlage orientiert. Sogar Schatten, die anders fallen, wenn man einen Kippschalter umlegt, wurden bedacht. Das VU-Meter verströmt mit seinem wohlig-gelblichen Licht eine willkommene Wärme im digitalen Studio, seine Anzeigenadel gibt zuckender oder wippender Weise zuverlässige Auskunft über die Gain-Reduction oder den Ausgangspegel.
Die Saturation-LED erleuchtet, wenn die Sättigung in den hörbaren Bereich kommt. Im oberen Bereich des GUI werden die Armaturen des „echten“ TLA-100A abgebildet, im unteren Bereich sind die oben genannten Zusatz-Features der Softwareversion untergebracht. Das PlugIn lässt sich gut mit der Maus bedienen, auch das Mausrad spricht an.
Unten am linken Rand des GUI wird der numerisch Wert des aktuell bearbeiteten Parameters angezeigt, wenn man es möchte. Einstellungen dazu kann man auf der „Rückseite“ des PlugIns vornehmen, wo man per Klick auf das Feld SETUP gelangt. Auch ein Mausrad Reverse-Mode kann hier aktiviert werden.
Ein paar Presets werden mitgeliefert. Das ist gut, um sich erst mal einen Überblick zu verschaffen. Die Bedienung des Softube TLA-100A ist mehr oder weniger selbsterklärend, so viele Möglichkeiten hat man hier aber auch nicht. Die entscheidenden Parameter sind Attack, Release und Gain-Reduction. Hier lohnt es sich, Zeit zu investieren und viele Kombinationen durchzuspielen. Der Gain-Reduction-Regler ist fein aufgelöst, hier schraubt man über einen tendenziell weiten Regelweg.
Bei den drei festen Werten für Attack und Release wünschte ich mir oft die Möglichkeit, präziser eingreifen zu können. Aber genau an solchen Punkten merkt man, dass man es nicht mit einem normalen aktuellen Kompressor zu tun hat, sondern mit einem alt-ehrwürdigen „set and forget“ Leveling-Amplifier, der hier digital nachempfunden wird.
Ist ein Kompressions-Setting im Kontext der Gesamtmischung vielleicht etwas zu pumpend oder aufdringlich geraten, kann auch die Parallelkompression (Parallel Inject) ein guter Weg sein, diese Situation zu entschärfen. Auch ein überkomprimiertes Signal (wet), das auf diesem Wege nur ganz leicht dem zum Originalsignal (dry) hinzugemischt wird, kann manchmal das letzte fehlende Quäntchen Biss bringen.
Saturation ist ein gutes Feature, um dem Sound einen körnigeren oder weicheren Schliff zu verpassen. Harte Signale (Transienten) werden weicher, Pegelspitzen werden abgefangen und dumpfe Signale bekommen mehr Höhen. Besonders bei perkussiven Klängen funktioniert die Saturation gut. Blinkt die Sättigungs-LED zu oft, ist die Verzerrung meist deutlich hörbar. Mir klingt sie bei Maximalwerten ein bisschen zu harsch.
Oft wünsche ich mir einen integrierten Brickwall-Limiter im Ausgang, denn gerade bei den schön klingenden langsamen Attackzeiten des TLA-100A überschreitet oft nur der allererste Pegelausschlag die 0-dB-Grenze um einen Hauch. Ein erhöhter Saturation-Wert kann hier helfen, solche Clippings abzufangen, was aber natürlich mit einem „röhrigeren“ Sound einhergeht. Ein guter Work-Around ist es daher, einen zusätzlichen Limiter hinter dem TLA-100A nach dem Motto zu platzieren: den TLA-100A für den Sound, den Limiter für das letzte Wort bei der Dynamik Kontrolle.
Low Cut bzw. Low Frequency Detector sind gute Hilfen, um zu vermeiden, dass die Kompressionseinheit des TLA-100A unter der Last zu tiefer Frequenzen zu ächzen beginnt. Ein Beispiel: Komprimiert man eine Gruppe wie Schlagzeug stärker, verzerren oft die Bassdrum oder die tiefen Toms. Um diesen Trash-Effekt bei gleichbleibend starker Kompression zu vermeiden, kann man den Low Cut oder den Low Frequency Detector einsetzen. Die energiereichen tiefen Frequenzen werden herausgefiltert oder nicht zum Triggern des Kompressors herangezogen. Unerwünschte Verzerrungen bleiben aus.
Mit dem Side-Chain habe ich keine Ergebnisse erzielt, die man hier in so einem Produkttest hervorheben müsste. So etwas können viele andere (Software-) Kompressoren genauso gut bis besser, möchte ich behaupten. Auch als Mastering-Kompressor fand ich ihn nicht optimal. Er machte den Gesamtklang oft etwas verwaschener und matter. Attribute, die andererseits aber auch oft für den beliebten Vintage-Sound stehen.
Insgesamt ist der Softube TLA-100A nicht als effektiver, zupackender Lautmacher zu verstehen, nicht als präzise arbeitendes Dynamik Tool, sondern mehr als geschmackvoller Klangformer für Einzelspuren oder Subgruppen. Er holt natürlich auch ein paar Dezibel an Dynamik heraus, das Entscheidende ist jedoch seine weiche und warme Klangfärbung. Besonders bei Vocals oder Basslines kommt seine Stärke gut zur Geltung, wenn man ihn sanft einsetzt. Auch auf Drum-Gruppen oder einer verhallten Gitarrenspur hat er mir gut gefallen. Hier kann man ihn auch mal pumpen lassen und insofern von seinem warmen Charakter profitieren, weil die harschen, knalligen Klanganteile nicht so sehr betont werden. Auch eine schöne Räumlichkeit entsteht schnell. Leider steht in meinem Studio kein Summit Audio TLA-100A, sodass ich nicht beurteilen kann, wie nah die Softube-Nachbildung an das Original herankommt.
Der Softube Summit Audio TLA-100A ist kein Universalkompressor und kein Tool für die gezielte Dynamikkontrolle, sondern ein Spezialist. Ein klangveredelndes PlugIn, das man nur zu bestimmten Anlässen aus der Schatulle holt. Ob es so klingt wie das Original, kann ich mangels Vergleichsmöglichkeiten nicht beurteilen, aber die digitale Version von Softube klingt in jedem Falle gut. Beispielsweise auf Vocals und Bass. Sie färbt die Signale, macht sie wärmer oder auch körniger. Besonders gut gefiel mir der Softube Summit Audio TLA-100A auch bei stärkerer Kompression von Drum-Gruppen oder verhallten Gitarren, denn er betont die schrillen, harschen Elemente nicht so sehr und erzeugt einen sehr räumlichen Klang. Die Bedienung des PlugIns ist angenehm, das liebevoll gestaltete und sehr ansehnliche GUI ist eine Augenweide. Ob man sich dieses PlugIn zulegen soll, ist eine Frage der Audiophilie. Man kann sicherlich auch ohne dieses PlugIn einen guten Mix machen. Aber ab einem bestimmten Produktionsniveau sind auch die kleinen Unterschiede ausschlaggebend und nur das feinste Equipment ist gerade gut genug. Der TLA-100A richtet sich an Musikproduzenten, die solchen Gedanken etwas abgewinnen können. Der Preis von 149 Euro geht in Ordnung.
Pro:
Weicher, warmer Klang
Gut auf Einzelspuren wie Vocals und Bass sowie auf und Drums-Subgruppen
Ansprechendes GUI
Leichte Bedienung
Contra:
Ein Spezialist, der nicht immer die richtige Wahl sein kann.
Features:
Vollständig kompatibel mit 64-bit DAWs
Mac OS X 10.5 oder neuer, Intel Prozessor
Windows XP (nur 32-bit), Windows Vista, Windows 7
CPU mit SSE2 Unterstützung inkl. DAZ (die meisten Intel- und AMD-Prozessoren ab 2003 unterstützen dies)
1 GB RAM
Minimale Bildschirmauflösung: 1024 x 768
Läuft auf allen VST-, VST3-, AU-, AAX- oder RTAS kompatiblen Host-Applikationen sowie auf Pro Tools ab Version 7.0
iLok USB-Dongle und aktuelle Pace Interlok-Treiber erforderlich
Preis:
196,00 Euro UVP
Unser Fazit:
5 / 5
Pro
Weicher, warmer Klang
Gut auf Einzelspuren wie Vocals und Bass sowie auf Drums-Subgruppen
Ansprechendes GUI
Leichte Bedienung
Contra
Ein Spezialist, der nicht immer die richtige Wahl sein kann
Was ist das denn für ein Song? Klingt extrem gut. Sowohl soundtechnisch, als auch melodiös. Diese perkussive Orgel, die die arpeggio-mäßige Oktave spielt erinnert mich klanglich an (m)eine Philicorda...
Hallo Pimpifax, hier Ruben. Den Beispielsong habe ich mir höchstpersönlich für diesen Test ausgedacht. Schön, dass er Dir gefällt! Das Oktav-Riff habe ich mit der Farfisa Orgel aus dem Clavia Nordstage EX gemacht. Grüße
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Pimpifax sagt:
#1 - 28.12.2011 um 21:04 Uhr
Was ist das denn für ein Song? Klingt extrem gut. Sowohl soundtechnisch, als auch melodiös. Diese perkussive Orgel, die die arpeggio-mäßige Oktave spielt erinnert mich klanglich an (m)eine Philicorda...
BonedoRuben sagt:
#2 - 12.01.2012 um 18:49 Uhr
Hallo Pimpifax, hier Ruben. Den Beispielsong habe ich mir höchstpersönlich für diesen Test ausgedacht. Schön, dass er Dir gefällt! Das Oktav-Riff habe ich mit der Farfisa Orgel aus dem Clavia Nordstage EX gemacht. Grüße