sE Electronics V Beat und V Kick Test

Nach dem V7 X, einem Instrumentenmikrofon im Handheld-Format, bietet die chinesische Firma sE Electronics seit der NAMM Show 2019 nun auch spezielle Schlagzeugmikrofone an, das sE V Beat und das sE V Kick.

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Beim V Beat handelt es sich um ein für die Tom- und Snaredrum-Abnahme optimiertes Mikrofon, das V Kick soll an der Bassdrum besonders gute Ergebnisse liefern. Ebenfalls Teil dieses Tests ist die V Clamp, ein kompaktes Haltesystem für die V Beats. Nun ist es nicht so, dass es in diesem Produktsegment einen wirklichen Mangel gäbe: Viele Hersteller haben entsprechende Modelle im Angebot. SE wollten es allerdings noch etwas besser machen und versprechen nicht nur sehr gute Sounds, sondern auch ein optimales Handling der V-Komponenten.
SE Electronics kommen zwar aus China, gehören aber nicht zu den typischen OEM- oder Niedrigpreis-Herstellern. Stattdessen sieht Firmengründer Siwei Zou seine Firma als innovatives Familienunternehmen mit eigener Entwicklungsabteilung und viel Handarbeit in der Produktion. Kooperationen mit dem Studiotechnik-Ass Rupert Neve haben zu High-End-Produkten wie dem RNT oder den eigenwillig designten RN 17 geführt, welche sich in der Recordingszene eines sehr guten Rufs erfreuen. Und so ist es auch kein Wunder, dass man sich in den finanziell weniger belastenden Gefilden dynamischer Instrumentenmikrofone ins Zeug legt. Was V Beat und V Kick können, lest ihr im Folgenden.

Details

Die Ausstattung ist reichhaltig

Drei V-Beat- und drei V-Kick-Mikros sowie drei V-Clamp-Halterungen entnehme ich dem Lieferkarton von Mega Audio, dem sE-Vertrieb in Deutschland. Zunächst fällt mir beim Auspacken der V-Mikros ein relativ intensiver Kunststoffgeruch auf, der noch die folgenden Tage mein Studio dominiert. Funktionalität und Klang werden dadurch natürlich nicht beeinträchtigt, manche Menschen stört das aber und zu denen zähle auch ich. Sehr positiv tun sich die Testkandidaten in puncto Ausstattung hervor. Sowohl den V Beats als auch dem V Kick liegt eine kurze Anleitung samt Datenblatt, ein EU-Verkleinerungsgewinde sowie ein Kordelgewinde für das Mic-Claw-System der Firma LP bei. Dazu gibt es jeweils eine kleine Kunststofftasche sowie einen zusätzlichen, innen montierbaren Windschutz. Auch den V-Clamp-Halterungen liegt ein zusätzliches EU-Gewinde bei. 

V Beat für Toms und Snare

Dass sich sE beim Design der V Beats Gedanken gemacht hat, merkt man auf Anhieb. Es beginnt beim kurzen Body der Mikrofone, welcher die Positionierung auch in engen Platzverhältnissen erleichtern soll. Nur neun Zentimeter misst der Korpus. Der Grund dafür liegt in der Tatsache, dass man die XLR-Buchse in den per Gelenk verstellbaren Fuß integriert hat. Direkt daneben befindet sich das Stativgewinde. Mit Ausnahme der Verstellschraube für den Mikrofonwinkel besteht das gesamte V Beat aus Metall. Schraubt man den Gitterkorb ab, offenbart sich ein schwarzes Kunststoffgehäuse, das in einem Stoßdämpfer aus weichem Gummi sitzt und leicht mit dem Finger bewegt werden kann. Dieselbe Konstruktion kommt auch beim Schwestermodell V7 zum Einsatz, ebenso die leichte Alumembran, welche in einen Neodym-Magneten taucht. Auch bei den technischen Daten herrscht Gleichstand. So weist sE für das V Beat eine Supernierencharakterisitk aus, die helfen soll, seitliche Einsprechungen zu reduzieren und den Fokus auf die Trommel zu erleichtern. Der breite Frequenzgang von 30 bis 19000 Hertz soll den V Beats gegenüber Konkurrenzprodukten sowohl mehr Bass als auch eine erweiterte Höhenwiedergabe ermöglichen. Zwischen 100 und 1000 Hertz fällt die Frequenzkurve sehr eben aus, danach steigt sie langsam, aber sehr flach an, echte Peaks oder Einbrüche sind nicht zu verzeichnen. 2,0 mV/Pa können als normaler Empfindlichkeitswert gelten, deutlich mehr wären in Anbetracht der Anwendung als Close Mic auch nicht praxisgerecht. 

Fotostrecke: 6 Bilder Kompakt und unauffällig: Das V Beat zieht keine Aufmerksamkeit auf sich.

V-Clamp-Halterung

Als Teil der V-Reihe ist das V-Clamp-Haltesystem sowohl als Ergänzung zum V Beat als auch als Halterung für Mikrofone von Fremdherstellern vorgesehen. Es gehört also nicht zum Lieferumfang des V Beat, sondern muss separat erworben werden. Seine Konstruktion ist denkbar einfach. Sie besteht aus einer Kunststoffklaue, welche am Spannreifen fixiert wird – ein System, das viele andere Firmen auch verwenden. Der Clou des V Beat ist der Umstand, dass diese Klaue mit einer Vollmetallstange kombiniert wird, an deren Ende das Mikrofon aufgeschraubt wird. Über eine Feststellschraube kann die Stange nun in einem Bereich von etwa vier Zentimetern in der Höhe verstellt sowie um die eigene Achse gedreht werden. Im Vergleich zu den Lösungen anderer Anbieter soll dadurch eine wesentlich größere Bandbreite an möglichen Abständen und Winkeln des Mikrofons zur Felloberfläche erreicht werden. Als weiterer Vorteil wird der Umstand genannt, dass die Klemmen zum Transport an den Trommeln verbleiben können.

sE V Clamp
sE V Clamp

V Kick für die Bassdrum

Wie auch die V Beats kommt das V Kick sehr kompakt daher, etwa zehn Zentimeter misst das Gehäuse in der Länge. Ein Grund dafür ist der hinten ausgeschnittene Korpus, der das Haltegelenk mit integriertem Stativgewinde und XLR-Anschlussbuchse beherbergt. Mittels Flügelschraube kann das Mikro in einem Bereich von etwa 160 Grad geschwenkt werden, was für die allermeisten Anwendungen mehr als genug sein dürfte. Die Kapsel sowie deren schwimmende Aufhängung entspricht formal den V Beats, technisch ist das Mikrofon jedoch auf die Anwendung in der Bassdrum hin optimiert. So reicht der Frequenzgang mit 20 Hertz noch etwas weiter hinunter, obenrum bleibt es bei den 19000. Und es besitzt eine weitere Besonderheit, nämlich zwei versenkte Schieberegler, mit denen sich die Klangcharakteristik des V Kick in insgesamt vier Variationen verändern lässt. Beide Regler besitzen zwei Stellungen, welche jeweils mit den Begriffen „classic“ und „modern“ beschriftet sind. Der linke legt den generellen Klangcharakter des V Kick fest, der rechte greift speziell in die Abbildung der Höhen ein. Eine Speisespannung benötigt das V Kick nicht, die Schaltung ist passiv ausgelegt. Ein Blick auf den Frequenzgang zeigt, dass das Mikro in allen Stellungen über einen bereits vorgeschneiderten Frequenzgang verfügt, der Mittenbereich ist also abgesenkt, während Bässe und Präsenzbereich hervorgehoben werden. In der Classic-Stellung des linken Reglers verläuft die Kurve etwas moderater, im Modern-Modus werden die Mitten noch weiter reduziert. Der rechte Regler arbeitet eher im Spektrum des Beater-Anschlags, hier bildet die Frequenzkurve in Modern-Stellung zwischen etwa 5000 und 15000 Hertz eine Ebene, während es in der Classic-Stellung nur einen kurzen Peak bei 4000 Hertz gibt.

Fotostrecke: 8 Bilder Auch das V Kick gehört zu den kleinen Mikros seiner Gattung.

Praxis

Leichte Positionierbarkeit

Im Einsatz fallen alle Komponenten zunächst mit sehr leichter und angenehmer Positionierbarkeit auf. Ich habe die sE Electronics V Beats sowohl mit den V Clamps als auch an Stativen ausprobiert und bin generell sehr angetan von den Ausrichtungsmöglichkeiten und den kompakten Maßen der Teile. Besonders die V Clamps erlauben endlich jene Ausrichtungsoptionen, die mit den Lösungen anderer Hersteller oft fehlen. Dort ragen die Mikros manchmal zu weit über den Spannreifenrand oder lassen keine sinnvollen Kombinationen aus Winkel und Fellabstand zu. Das ist hier anders, zudem arretieren alle Schrauben sehr sicher. Es gibt aber auch zwei kleine Kritikpunkte. Zum einen stelle ich fest, dass die Öffnungen der Spannreifenklauen der V Clamps unterschiedlich weit gefertigt sind. Zwei bekomme ich trotz höchster Anstrengung nicht an den regulären Stahlspannreifen meiner Snare. Hier sollte sE nachbessern. Der zweite Kritikpunkt bezieht sich auf die Verwendung der V Beats mit Stativen. Der seitlich neben dem Stativgewinde angebrachte XLR-Anschluss ist etwas zugempfindlich. Ist die Stativstange nicht wirklich fest in das zugehörige Mikrofongewinde geschraubt, kann es passieren, dass das Kabel das Mikro von der Trommel wegdreht. Hier wäre es vielleicht besser gewesen, die XLR-Buchse unter oder über der Stativbefestigung zu platzieren. Das V-Kick-Bassdrum-Mikro ist in Sachen Positionierung extrem pflegeleicht. Es lässt sich auch in sehr kleine Luftlöcher im Resonanzfell bugsieren und kann sehr präzise und sicher ausgerichtet werden. Dass die beiden Voicing-Regler am hinteren Ende angebracht sind, erlaubt das schnelle Umschalten, ohne das Mikro aus der Trommel nehmen zu müssen. Sehr gut. Kommen wir nun zum Sound der V-Kollektion. 

Fotostrecke: 5 Bilder sE Electronics V Beat im Loch der Bassdrum während des Tests

Die V Beats klingen an den Toms sehr ausgewogen

Zunächst statte ich mein Sakae-Trilogy-Drumset in den Größen 22 x 14 (Bassdrum), 12 x 8 und 16 x 16 Zoll (Toms) mit den V Beats aus, an die 14 x 4 Zoll große Sakae-Messing-Snare stelle ich das V Beat mithilfe eines Stativs. Die Ergebnisse sind sehr überzeugend. Im Vergleich mit meinen EV-468-Tom-Mikros wirken die sEs runder und ausgewogener, am 16er-Floortom gehen sie weiter herunter. Gleichzeitig blenden sie Einsprechungen durch Becken besser aus und auch die Klanganteile, die durchkommen, klingen sauberer als bei den 468ern. Insgesamt liefern die V Beats ausgewogene Tom-Sounds, die sich im Mix vielfältig formen lassen.

Audio Samples
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sE V Beat Toms, solo sE V Beat Toms, im Kit EV 468 Toms, solo EV 468 Toms, im Kit

Der Snare verleiht das V Beat ordentlich Druck untenrum

Dass die V Beats nicht zu den übermäßig aggressiven, präsent klingenden Mikros gehören, zeigt sich an der Snaredrum. Hier verwende ich ein wesentlich teureres Telefunken M80 (https://www.bonedo.de/artikel/einzelansicht/telefunken-elektroakustik-m80-color-line-test.html) als Vergleichsmikrofon. Dieses besitzt einen erweiterten Höhenbereich und überträgt daher die Anschläge und Teppichanteile deutlicher als das V Beat, gleichzeitig stellt es aber auch die Hi-Hats etwas bissiger dar. Das V Beat wirkt gutmütiger, klingt wärmer und weniger aggressiv. Auf der anderen Seite besitzt es sehr detaillierte Mitten und klingt im Kontext mit den anderen Mikrofonen am Drumset sehr fett und ausgewogen. Gerade der bei Rockmusik wichtige Bereich zwischen 100 und 150 Hertz wird vom sE schön angedickt, eine nähere Positionierung am Fell verstärkt den Effekt noch. Hier könnt ihr euch die Soundfiles anhören.

Audio Samples
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sE V Beat Snare, solo sE V Beat Snare, im Kit Telefunken M80 Snare, solo Telefunken M80 Snare, im Kit

Viele Klangnuancen sind mit dem V Kick möglich

Sehr solide schlägt sich auch das V Kick. In meiner kaum bedämpften Sakae-Bassdrum mit vorgedämpftem Remo-PS3-Schlagfell und glattem, ungedämpften Resonanzfell zeigt es, was die vier Schaltungsvariationen können. Die neutralste Einstellung dürfte die Classic/Classic-Position sein, Kesselton und Beater-Anschlag stehen in einem ausgewogenen Verhältnis zueinander. Wer sich bei der Aufnahme nicht festlegen möchte, erhält sich mit dieser Einstellung alle Optionen für den späteren EQ-Eingriff. Schaltet man den Voicing-Regler (der linke) nun auf modern und lässt den Höhenregler auf classic, wirkt der Klang untenrum etwas angedickter, was mit der Absenkung der Mitten zu erklären ist. Die Höhen bleiben zunächst unangetastet. Im Mix ist der Unterschied hörbar, ich persönlich könnte auf diese Kombination in der Praxis vermutlich verzichten. Dreht man das Spielchen jetzt um und bringt den Voicing-Regler in die Classic-Stellung, den Höhenregler aber auf modern, verschiebt sich der Ton in Richtung eines aggressiveren, präsenteren Kick-Sounds, ohne dass die Bässe unnatürlich „geboostet“ erscheinen. Diese Kombination kann gut funktionieren, wenn man im Studio die Position des Mikros nicht in Richtung Schlagfell verschieben möchte, gleichzeitig aber etwas mehr „Klick“ im Anschlag benötigt. Diese Charakteristik wird mit der letzten Option – modern/modern – auf die Spitze getrieben, die zusätzliche Absenkung der Mitten führt jetzt deutlich in Richtung Metal. Für welche der vier Varianten man sich am Ende entscheidet, hängt natürlich stark vom eigenen Geschmack ab und auch davon, ob noch andere Mikrofone an der Bassdrum Dienst leisten. Setzt ihr beispielsweise ein Subkick ein, kann es vorteilhaft sein, das V Beat eher in Richtung „Kick-Lieferant“ zu trimmen. Ist eher ein natürlicherer Ton gefragt, sollten die Mitten eher in der Classic-Stellung bleiben. Ich habe euch alle vier Kombination jeweils solo und im Verbund mit den anderen Mikros aufgenommen. 

Audio Samples
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classic/classic, solo classic/classic, im Kit modern/classic, solo modern/classic, im Kit classic/modern, solo classic/modern, im Kit modern/modern, solo modern/modern, im Kit

Video der sE Drum-Mikrofone

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Mehr Informationen

Fazit

sE Electronics haben mit V Beat und V Kick zwei Drumset-Mikros auf den Markt gebracht, die im Test überzeugen können. Während die V Beats an Toms und Snaredrum sehr ausgewogene und vielseitig formbare Sounds liefern, gibt es beim V Kick nicht nur einen sehr soliden Grundsound, sondern darüber hinaus insgesamt vier verschiedene Möglichkeiten, das Signal zu variieren. Gesondert erhältlich sind die V Clamps, welche nicht nur eine sehr gute Flexibilität bei der Positionierung der V Beats ermöglichen, sondern auch mit den Mikros von Fremdherstellern kompatibel sind. Störend aufgefallen ist der intensive Kunststoffgeruch der Mikrofone sowie die teilweise zu eng gefertigten Halteklemmen der V Clamps. Davon abgesehen bieten die V-Komponenten ein sehr gutes Handling, sind solide gefertigt und dürften mit ihren Gesamtqualitäten schnell Freunde unter Drummern und Tonleuten finden. 

Unser Fazit:
4 / 5
Pro
  • ausgewogener, sauberer Klangcharakter der V Beats
  • druckvoller Grundsound mit zusätzlichen Variationsmöglichkeiten beim V Kick
  • vielfältige und präzise Positionierungsmöglichkeiten aller Komponenten
  • durchdachtes Prinzip der V Clamps
  • solide Verarbeitung
Contra
  • penetranter Kunststoffgeruch
  • V-Clamp-Kunststoffklemmen teilweise zu eng gefertigt
Artikelbild
sE Electronics V Beat und V Kick Test
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Features und Spezifikationen

  • Hersteller: sE Electronics
  • Bezeichnung: V Beat, V Kick, V Clamp
  • Wandlerprinzip: Dynamische Instrumentenmikrofone
  • Richtcharakteristik: Superniere
  • Impedanz: 300 Ohm
  • Frequenzgang: 30-19000 Hertz (V Beat), 20-19000 Hertz (V Kick)
  • Finish: Anthrazit, matt lackiert
  • Ausgang: XLR
  • Abmessungen: 11,0 x 6,1 cm (V Beat), 13,5 x 6,0 cm (V Kick)
  • Gewicht: 347 g (V Beat), 468 g (V Kick)
  • Zubehör: EU-Gewindeverkleinerung und Kordelgewinde für Mic-Claw-System, Kunststofftasche, schwarzer Wechselwindschutz, Anleitung
  • Herkunftsland: China
  • Preise (Straßenpreise am 15.3.2019):
  • V Beat: € 159,–
  • V Kick: € 219,–
  • V Clamp: € 39,–
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