Anzeige

Schlagwerk BC Booster Set Test

Diesmal geht es nicht um die Drums im Karton, sondern um den Karton selbst! Naja, das stimmt natürlich nicht ganz, auch wenn es auf den ersten Blick so aussehen mag. Denn es sind die Instrumente selbst, die eckig, braun, und mit Aufschriften wie „this side up“ versehen oder mit kartontypischen Detail-Plaketten beklebt sind. Ein Karton, den man für teures Geld erwerben kann, nur um ihn dann als Drumset zu benutzen? Was klingt, wie nach einem Scherzartikel für den großen Geldbeutel, ist es bei Weitem nicht: Die beiden Boxen sind ganz und gar nicht von Pappe, sondern aus Holz, und sollen nicht einfach nur den Lagerschuppen zieren, sondern auf Bühnen stehen und nach Drumset klingen. Es handelt sich nämlich um Cajons aus dem Hause Schlagwerk!

BX_Cajon_Full_Vorne

Dass man es hier nicht mit schnödem Verpackungsmaterial zu tun hat, sondern mit technisch ausgefeilten Musikinstrumenten, das ahnt man spätestens nach einem kurzen Blick ins Innere der Boxen, wo Schnüre, Drähte, Stangen und Rasseln zweckdienlich verbaut sind. Welchem Zweck das Ganze dient, das werden wir in diesem Test herausfinden.

Anzeige

Ein Drumset, komplett aus Holz. Man muss keine Felle stimmen, kann es leicht transportieren, schnell aufbauen und man könnte bei MTV-Unplugged damit so richtig auftrumpfen. Das Booster-Set von Schlagwerk bietet etliche Vorteile gegenüber einem echten Drumset, besonders an der Schnittstelle zwischen Percussion- und Drumsounds. Da fallen zuvorderst ganz oberflächliche Unterschiede auf. Das Booster Set lässt sich zum Beispiel auf kleinstem Raum verstauen, nimmt die Booster-Bassdrum doch gerade mal 50 x 30 x 48 cm Platz in Anspruch, die Cajinto sogar nur 27 x 27 x 30 cm.

Eine 24“ Bassdrum beansprucht im Gegensatz dazu gerne ausladende 60 x 60 x 48 cm. Dazu kommt noch das Gewicht für die Hardware, und so ist man schnell nicht nur in Sachen Sounds deutlich klobiger unterwegs. Apropos unterwegs: Wie transportiert man ein Drumset eigentlich in der Bahn, wenn man kein Auto besitzt? Auch hier könnte das Booster-Set eine passende Alternative sein, aber bevor ich weiter alltägliche Situationen beschreibe, hier noch die wesentlichen Facts: Die Bass-Cajon besteht aus Okume, einem weichen Holz aus Westafrika. Es ist wichtig, für die Bassdrum einen möglichst flexiblen Baustoff zu wählen, da die Schlagfläche im Vergleich zum Fell eines richtigen Drumsets sehr starr ist, ein insgesamt zu steifer Korpus würde also nur einen schwachen und dumpfen Ton von sich geben, wenn man ihn mit dem Pedal spielt. Das Okume-Holz lässt aber tatsächlich so etwas wie Punch zu. Die Größe der Trommel und die Härte des Holzes kommen einem tiefen Bass ohnehin entgegen. Diese große Bass-Cajon kann übrigens – typisch Cajon – gespielt werden, während man auf ihr sitzt. Zwei Schlitten auf ihrer Rückseite sorgen dafür, dass man das Instrument leicht nach hinten kippen kann, um nicht wie sonst – leider auch typisch Cajon – wie ein Affe über dem Instrument hängen zu müssen.

BX_Cajon_Bodenplatte

Will man aber die Cajon – wie vordergründig konzipiert – als Bassdrum benutzen, also ein Pedal anschließen und kicken, dann kommt die Schlagwerk-Bodenplatte zum Einsatz. Die beiden Schlitten der Rückseite werden nun in einem Schraubverschluss verankert, während die Vorderseite von zwei Haken fixiert wird. Außerdem bietet die Bodenplatte die Möglichkeit, ein Clip-Mikrofon an einer dafür vorgesehenen Lasche für den perfekten Sound im Innenraum der Trommel zu befestigen. Eine andere Holzlasche an der Außenseite ist für die Befestigung des Pedals vorgesehen. Ein mitgelieferter Klöppel, der ein wenig an einen zu klein geratenen Tennisball erinnert (es ist ein zu klein geratener Tennisball!) soll für einen ausgewogenen Kick sorgen. Im Inneren der Bass-Cajon garantieren etliche kleine Features klangliche Flexibilität: So ist ein handelsüblicher Snareteppich – einmal durch alle Spiralen zweigeteilt – an der Innenseite der oberen Schlagfläche angebracht, die Spiralen liegen also direkt auf. Noppenschaum an der inneren Rückwand der Bass-Cajon sowie eine Mega-Old-School-Schraub-Dämpfung sollen feinste Soundjustierungen ermöglichen.

Das wirkt zwar etwas improvisiert, ist aber sauber verarbeitet. Apropos improvisiert: Mich beschleicht das Gefühl, als hätte McGyver unbedingt eine Cajon gebraucht, und versucht, sich aus den fünf Sachen, die er gerade zur Hand hatte, eine zu bauen. Alles ist absolut zweckdienlich und gut verarbeitet, gleichzeitig aber auch sehr rudimentär konstruiert. Das soll aber keinesfalls heißen, dass der goldene Weg besonders kompliziert sein muss. Nein, ganz traditionsbewusst trifft Schlagwerk mit den simpelsten Mitteln genau ins Zentrum. Traditionsbewusst deshalb, weil schon die Erfinder der Ur-Cajon, die afrikanischen Sklaven in Südamerika, einen Ersatz für ihre traditionellen Instrumente brauchten. Und die hatten nichts weiter als die Fisch- und Bananenkisten vom Hafen zur Verfügung – wirkliche Improvisationskunst und handwerkliches Geschick waren gefragt. Auch Cajons haben sich weiterentwickelt, aber Schlagwerk hat beim Bau seines Box-Sets auf etliche Innovationen verzichtet, was natürlich den Preis im Rahmen hält, das Klangerlebnis aber nicht beeinflusst. Mit einem schnellen Handgriff von außen den Snareteppich verstellen zu können, das vermisse ich. Aber das betrifft eher das Handling auf der Bühne als den Klang.

Die Cajinto – entwickelt von Roland Peil – mimt im Set die Snare, ist eckig, unten offen und wird zur Öffnung hin konisch etwas schmaler. Das Instrument ist aus sieben Lagen Erlenholz gefertigt – ein absolutes Nutzholz, weich und flexibel, gleichzeitig relativ stabil. Auch hier lässt sich Interessantes entdecken: Die Schlagfläche ist zu zwei Dritteln aufgeraut und zu einem Drittel glatt.

Aha, man soll also richtig ordentlich den Besen rühren können! Innen ähnelt das Raumkonzept dem der Basscajon: Ein Spiralteppich wird an die Schlagfläche gedrückt und kleine Glöckchen geben noch ein paar hohe Frequenzen hinzu. Ob das alles funktioniert wie geplant, das sieht auch ein Mc Gyver erst in der Praxis!

Anzeige

Praxis

Die Praxis – der harte Musikeralltag – stellt nicht nur hohe Anforderungen an die Leber des Musikers, sondern auch harte Prüfungen an das Material. Jedes Instrument, so toll die Ideen der Konstrukteure auch sein mögen, muss sich im Dauereinsatz bewähren. Ich habe eine Spielzeit lang am Nationaltheater in Mannheim als Musiker mit dem Schlagwerk-Booster-Set gemacht, was ich wollte und kann freudig verkünden: Die Instrumente habe ich immer noch, sie klingen immer noch top, sehen aber nicht mehr ganz so top aus, die Schläge mit Besen und Hot-Rod hinterlassen deutliche Spuren, vor allem auf der Cajinto. Das Problem ist der Kompromiss, der eingegangen werden muss. Die Kessel müssen in Schwingung gebracht werden, dafür muss wenigstens das Holz auf der Schlagseite relativ weich sein. Gleichzeitig soll es aber für ewig und alle Zeiten alle Schläge aushalten, die darauf niederprasseln, denn die kleine Platte kann nicht gewechselt werden, wenn sie denn einmal kaputtgehen sollte. So richtig entzwei ist meine Cajinto zwar nicht, viele kleine Dellen und ein langer Riss im Body der Trommel haben dann aber doch irgendwann für eine deutliche Klangveränderung gesorgt. Dafür bleiben alle weiteren Features von echter Abnutzung fast gänzlich ausgenommen, wenn man sein Schlagwerk-Drumset denn gut pflegt.

Die raue Oberfläche der Cajinto beispielsweise erfüllt ihren Zweck voll und ganz vom ersten bis voraussichtlich letzten Tag und wird sprichwörtlich das Licht ausmachen. Im Gegensatz zu einem Coated Snarefell nutzt sich der raue Belag nicht ab. Mit einem Besen gespielt klingt die Cajinto auch nach Jahren wie eine mit einem frischen Fell bezogene Snare.

Audio Samples
0:00
Cajon – Jazz Brushes Cajon – Latin Brushes

Der Ständer des kleinen konischen Kastens besteht aus zwei Holzplatten, die ineinander gesteckt werden – McGyver hat das sicher auch schon einmal so gemacht. Dieser Ständer lässt sich allerdings nicht verstellen, weder in der Höhe noch im Winkel. Dafür lässt er sich gut verstauen und ist schnell aufgebaut.

Genau so schnell ist die Bass-Cajon auf der Bodenplatte montiert. Diese ist flach und rechteckig und verschwindet ganz unscheinbar nahezu komplett unter der Trommel, ist in der Praxis aber äußerst effizient und birgt wichtige kleine Features. So ist die Fläche auf der Unterseite mit Gummi beklebt, was dem Kasten auf glatten Oberflächen tatsächlich guten Halt gibt. Ein Teppich wird also überflüssig, hier rutscht nichts, denn auch an dicke Stahldornen wurde gedacht. Diese lassen sich allerdings auch nur bedienen, solange die Cajon noch nicht montiert ist.

BX_Cajon_Platte_Cajon_Anschnitt

Das gilt auch für das Clip-Mikrofon, für das eine kleine Holzlippe in die Cajon ragt. Die Position ist ideal, Attack und Bass werden perfekt eingefangen. Solange die Cajon nicht viel bewegt wird, tut es auch ein normales Mikrofon, das man auf einem Kissen gebettet in die Trommel legt. Mit einer Grenzfläche an der Rückseite und einem schlagseitig montierten SM57 lässt sich auch gut aufnehmen, am besten klingt die Trommel allerdings von innen aufgenommen. Die Lasche zur Befestigung des Pedals ist für mein Pedal ein paar Millimeter zu hoch, weshalb die Fußmaschine minimal in der Luft hängt. Das stört etwas. Eine flexible Lasche, beziehungsweise ein kleines Holzplättchen, um die Lasche nach unten hin etwas dicker zu machen, wären Gold wert. Gold wert ist auch der mitgelieferte Pedal-Klöppel, der genauso flexibel wie ein Tennisball den Klang eines harten Aufpralls reduziert und ein wichtiger Bestandteil des runden Gesamtsounds der Bass-Cajon ist. In Verbindung mit einem ganz normalen Bassdrum-Klöppel klingt die Cajon in etwa so, als würde jemand mit einer Axt einen Baum fällen. Darum lohnt es, sich der subtilen Empfehlung des Herstellers zu beugen.

Audio Samples
0:00
Cajon – normaler Beater

Der Snareteppich im Inneren der Cajon raschelt etwa genau so mit wie eine echte Snare, wenn die Bassdrum getreten wird. Wer das nicht mag, der kann ihn mit einem einfachen Handgriff ruhigstellen. Ist der Ton der sowieso schon relativ trockenen Bass-Cajon noch immer zu präsent, lässt sich ein Dämpfer, der sehr an die internen Trommeldämpfer von Vintage-Sets erinnert, von innen an die Schlagfläche drücken.

BX_Cajon_Basscajon_Inside_02

Die Schlagflächen beider Trommeln sind mit sogenannten Stimmschrauben befestigt, die vor allem die Möglichkeit suggerieren sollen, man könne noch etwas am Klang der Cajon verändern. Das geht auch bedingt, löst man diese Schrauben, verliert das Schlagbrett etwas Spannung und Ton, wird dafür trockener und knallt lauter. Allerdings verhält es sich mit den Schrauben in etwa so wie mit den Ländercodierungen von DVD-Playern: Nach ein paar Veränderungen lässt sich nichts mehr drehen, alles bleibt für immer so, wie es in dem Moment ist. Das liegt vor allem daran, dass die Schrauben direkt in das Holz geschraubt werden, das leider zu weich ist, weshalb sich die Gewinde rasend schnell abnutzen. Meine Empfehlung: Nicht einmal daran denken, den Inbusschlüssel anzusetzen.

Stellt man zu dem in etwa zwei Minuten fertig aufgebauten Set noch eine möglichst leise Hihat, eventuell sogar noch ein auch möglichst leises Becken, steht vor einem ein nach Drumset klingendes Percussion-Instrument. Beide Komponenten lassen sich aber auch vorzüglich einzeln per Hand spielen und besonders die Bass-Cajon spielt sich wie eine ganz normale Cajon, nur mit etwas mehr Wumms. Der Schlitten, mit dem die Cajon auf der Bodenplatte fixiert wird, dient jetzt als Kippelhilfe für eine bessere Spielposition.

Audio Samples
0:00
Cajon – Snare mit Hand Cajon – Bassdrum im Sitzen Cajon – Drum ‘n’ Bass Rods
Anzeige

Fazit

Es bringt wirklich Spaß, alle Gangarten der Cajinto und der Bass-Cajon auszuprobieren. Das BC Booster-Set bietet mit seinen Trommeln erstaunlich viele Möglichkeiten, sie lassen sich einzeln spielen, in ein Percussion- oder Drum-Setup integrieren oder vor allem als Drumset-Ersatz in etlichen Stilen einsetzen. Für Rock fehlt dem Instrument die Lautstärke und die Cajinto klingt für einige Musikstile etwas zu hochfrequent, dafür gibt das Booster-Set Musikstilen wie Jazz, Drum & Bass oder Hiphop einen ganz eigenen Charakter, der mitunter hervorragend passt. Vor allem fügt sich die eher geringe Gesamtlautstärke des Sets sehr gut in akustische musikalische Umgebungen ein. Fast alle kleinen Schrauben, Dämpfer und sonstigen Features arbeiten effizient und sind Kleinode der Improvisation. Sowieso ist das Instrument alternativ einsetzbar und gut transportabel. Warum in Zukunft also nicht einfach mit der Bahn zum Gig? Das Booster-Set macht’s möglich.

BX_Cajon_Full_Vorne2
Unser Fazit:
4 / 5
Pro
  • Mobilität
  • Pfiffige Features
  • Vielfache Bedienmöglichkeiten
  • Natürliches Spielgefühl
Contra
  • Teilweise nicht robust verarbeitet
  • Die meisten Bedienelemente lassen sich nicht von außen regeln.
Artikelbild
Schlagwerk BC Booster Set Test
Für 499,00€ bei
Feature:
  • Material: Okume-Holz (Bass-Cajon), Erlenholz (Cajinto)
  • Konstruktion: Jeweils sieben Lagen Holz, mit Stützen verstärkt
  • Maße: Bass-Cajon: 50 x 30 x 48 cm, Cajinto 27 x 27 x 30 cm
  • Zubehör: Bodenplatte zum Fixieren der Bass-Cajon, zwei Steckbretter als Ständer für die Cajinto, ein roter Bassdrum-Beater
  • Weiters: Befestigungslasche für Mikrofon, fein justierbarer Dämpfer in der Bass-Cajon, Snareteppich in Bass-Cajon und Snare-Cajon, Glöckchen in der Cajinto, Fußmaschinen-Lasche an der Bodenplatte, 2/3 aufgeraute Cajinto-Schlagfläche
  • Preis: 495,- Euro UVP
Hot or Not
?
BX_Cajon_Full_Vorne Bild

Wie heiß findest Du dieses Produkt?

Kommentieren
Schreibe den ersten Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.
Bonedo YouTube
  • Meinl Polyphonic Brilliant 15" Hi-Hat #meinlcymbals
  • Best Meinl Cymbals for 2025? Polyphonic Brilliant Review & Sound Demo
  • 🎧 Zultan Rock Beat Cymbals Review | Are They Still Worth It in 2025?