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Positive Grid – Bias Head Test

Der Bias Head von Positive Grid ist das Ergebnis eines Projektes, das im Jahr 2008 in den USA von einigen gitarrenverrückten hochklassigen Ingenieuren und Programmierern angestoßen wurde. Nachdem man anfangs ausschließlich auf Plugins und Musik-Apps setzte, wuchs im Laufe der Zeit die Idee, das Wissen und die Erfahrung auch in einem Stück Hardware anbieten zu können.

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Ziel war ein einfach und intuitiv bedienbares Topteil für Gitarristen mit den Möglichkeiten der BIAS Amp Software. Im August 2016 war es dann endlich so weit und der BIAS Head erschien offiziell auf dem Markt.

Details

Konzept und Aufbau

Beim Bias Head handelt es sich um einen digitalen Gitarrenverstärker mit einer Endstufenleistung von 600 Watt an 8 Ohm und 300 Watt an 16 Ohm. Ähnlich wie der Kemper Amp ist auch das Bias Head in der Lage, Röhrenverstärker unterschiedlicher Hersteller zu imitieren, wobei hier die Herangehensweise jedoch eine völlig andere ist, aber dazu später mehr. Im Gegensatz zu seinen Mitbewerbern bietet der Bias Head keine integrierte Effektsektion. Wer seinen Sound mit Delay-, Reverb- und Modulationseffekten veredeln möchte, muss zu diesem Zweck ein Multieffektgerät einschleifen. Ab Werk ist das Topteil bereits mit 25 Ampmodellen gefüllt, die mittels der mitgelieferten BIAS Amp Software nach Belieben editiert und abgespeichert werden können. Somit ist die Software ein essentieller Teil des Gesamtkonzeptes. Dank Programmversionen für die iOS-Plattform lassen sich die Sounds auch im Proberaum via Blutooth und iPad feintunen. So kommt der Amp auch ohne ein Display aus und wirkt dank seiner zahlreichen Regler eher wie analoger Amp mit einer entfernten optischen Verwandtschaft zu einem 70er Jahre Kofferradio.

Fotostrecke: 3 Bilder Der 600 Watt starke BIAS Head hat den Anspruch, ein einfach und intuitiv bedienbares Topteil für Gitarristen zu sein.

Das Frontpaneel

Die Regler im unteren Bereich stehen für die Funktionsweise eines Gitarrenverstärkers. Sie gestaltet sich wie folgt: Links neben der Eingangsbuchse sitzt der Gainregler. Danach folgt die Klangregelung bestehend aus Bass, Middle, Treble und Presence. Zwischen dem darauf folgenden Presence-Poti und dem Masterregler sitzt ein Miniswitch, der den Charakter des jeweiligen Amps zwischen Modern und Vintage umschaltet. Der Output-Regler ist für die Ausgangslautstärke zuständig und färbt im Gegensatz zum Masterpoti den Ton nicht.
Mit der oberen Reglerzeile steigt man schon tiefer in die Klanggestaltung ein, kommt aber bei Weitem nicht an die Möglichkeiten der Software heran. Mit dem ersten Drehstufenregler wird einer von fünf Speicherplätzen angewählt. Die vorgegebenen Beschreibungen wie Clean, Glassy, Blues, Crunch und Metal können auch mit anderen Sounds besetzt werden und dienen nur der Orientierung. Jedem dieser Speicherplätze lassen sich fünf unterschiedliche Sounds zuordnen, die später mit dem “Model”-Drehstufenschalter abgerufen werden. Insgesamt hat man also 25 Sounds im Gepäck, mit denen man für jeden Gig bestens gerüstet sein sollte. Ein mittig gelegener Save-Taster samt LED-Anzeige dient dem Speichern der Sounds. Die beiden folgenden Regler sind für die Sättigung der Vorstufe zuständig. Mit dem Tube Stages-Drehschalter lässt sich eine unterschiedliche Anzahl simulierter Vorstufenröhren in den Signalweg schalten, während der Distortionregler die Vorstufenverzerrung regelt. Mit dem Bright/Normal-Miniswitch werden bei Bedarf die oberen Frequenzen in der Vorstufe hervorgehoben. Auch in der Ausgangs-Sektion steht ein Drehstufenschalter zur Verfügung, mit dem man zwischen den vier Endstufenarten Single Ended, Split-Load, Push Pull und Solid State wählt. Der Power Amp-Regler ist für den Grad der Endstufensättigung zuständig. Letzter im Bunde ist das sogenannte Custom-Poti, dem sich über die Software beliebige Funktionen zuordnen lassen. Hier befindet sich außerdem noch ein weiterer Miniswitch für die Aktivierung bzw. Deaktivierung der Speakersimulation.

Fotostrecke: 5 Bilder Insgesamt vierzehn Regler laden zum munteren Editieren des BIAS Head ein.

Die Rückseite

Das Herzstück ist hier der USB-Anschluss, mit dem der Amp an den Desktoprechner angeschlossen wird. Mit der beigelegten Software kann man sehr tief in die Programmierung des Amps vordringen und Sounds aus der Cloud hochladen. Alternativ gibt es auch die Möglichkeit, mit iPad oder iPhone via Bluetooth zu kommunizieren, was besonders unterwegs oder im Proberaum von Vorteil ist. USB und Bluetooth gleichzeitig geht allerdings nicht, denn USB hat immer Priorität.
Kommen wir zum Effekteinschleifweg, der in Form zweier Klinkenbuchsen vorliegt. Mittels eines Miniswitches wählt man zwischen parallelem und seriellem Modus. Die Ausgänge des Bias Head liegen sowohl als Klinkenbuchsen als auch im XLR-Format vor. Der Amp lässt sich nicht nur via MIDI schalten, sondern auch über zwei Anschlüsse für Fußschalter. Blieben noch der Kopfhörerausgang und der mit einer roten Mutter kenntlich gemachte Lautsprecherausgang zu erwähnen.

Fotostrecke: 4 Bilder Auch die Rückseite ist mit jeder Menge Buchsen und Anschlüssen bestückt.

Die Software

Mit zum Lieferumfang gehört die Bias Amp Pro Software, die sowohl als Plugin als auch im Standalone-Modus genutzt werden kann. Nach dem Öffnen der Software befindet man sich in der obersten Ebene, die das Frontpaneel des virtuellen Amps anzeigt. Hier werden die obligatorischen Regler angezeigt, die man auch auf dem Topteil findet. Gain, Bass, Middle, Treble und Presence bewegen sich hier simultan mit, wenn man sie am realen Amp bewegt. In dieser Ebene lässt sich lediglich das Design der Potiknöpfe, des Grill Cloth und des Tolex ändern.

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In der zweiten Ebene befinden wir uns in der Vorstufe des Amps. Hier lassen sich nicht nur die unterschiedlichen virtuellen Bauteile des Amps verändern, sondern gleich die imaginären Röhren virtuell tauschen. Zur Auswahl stehen 12AX7, 12AT7 und 12AU7. Auf der linken Seite befindet sich ein Dreiband-EQ, der vor der Eingangsstufe liegt und mit dessen Hilfe sich der Charakter der Verzerrung schon im Ansatz exakt nach Wunsch bestimmen lässt. Mit den kleinen Schaltern oberhalb der Regler werden die einzelnen Bänder ein- und ausgeschaltet. Der Bright/Normal-Schalter entspricht seinem Pendant auf dem Frontpaneel des Topteils. Ebenso verhält es sich mit den Tube Stages und dem Distortion Regler. Input Tube Stage und Cathode Follower Tube laufen im Preamp in Reihe. Während die Input Stage in erster Linie verstärkt, fungiert die Cathode Follower als Buffer zum nächsten Schaltkreis. Sie kann bei Bedarf aber auch Gain erzeugen, wobei hier, je nach Kombination, unterschiedliche Klangfärbungen entstehen. Mit Low Cut Freq und High Cut Freq wird das Signal entweder im oberen oder unteren Frequenzbereich begrenzt. Aber Vorsicht, diese Regler wirken verkehrt herum, wie der Cut-Regler beim AC30. Der Bias Adjust ist für den Ruhestrom der Röhren zuständig und findet sich normalerweise nur in der Endstufe. Mit Low Shelf, Middle und High Shelf samt der dazugehörigen Aktivierungs-Schalter lässt sich der Frequenzgang des Signals nochmals feintunen, bevor es zum Tonestack weitergeleitet wird.

In der simulierten Vorstufe lassen sich u.a. die imaginären Röhren virtuell tauschen.
In der simulierten Vorstufe lassen sich u.a. die imaginären Röhren virtuell tauschen.

EQ

Der parametrische EQ lässt sich bei Bedarf an einer beliebigen Stellen der Kette per Drag & Drop platzieren. Bis zu acht einzelne Bänder stehen zur Verfügung, die sich einfach per Mausklick aktivieren lassen. Die angezeigten Frequenzen kann man per gedrückter linker Maustaste vertikal und horizontal verschieben, sprich, sowohl die Frequenzen als auch deren gewünschte Anhebung bzw. Absenkung von bis zu ±15 dB sind stufenlos veränderbar. Einziger Minuspunkt an dieser Stelle ist die fehlende Möglichkeit, Einfluss auf den Q-Faktor nehmen zu können.

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Tone Stack

Diese Abteilung entspricht der Klangregelung des Amps. Mithilfe einiger vorgefertigter Presets kann man den Sound der Klangkette effektiv beeinflussen und kreativ ins Klanggeschehen eingreifen.

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Power Stage Tube

In der Endstufensektion lässt sich zunächst einmal bestimmen, welche Art von Endstufe man haben möchte. Zur Auswahl stehen: Single Ended, Split-Load, Push Pull und Solid State. Die simulierten Endstufenröhren basieren auf folgenden Modellen: 6L6GB, 6V6GT, EL34, EL84. (Bild 5a) Kommen wir zu den Parametern der Sektion. Mit dem Master-Regler kann die Endstufensättigung fein dosiert werden, was je nach Verzerrungsgrad der Vorstufe zu einer Vielzahl unterschiedlicher Soundergebnisse führt. Der Distortion-Regler dient als zusätzliche Steuerung für den Verzerrungsgrad der Endstufenröhren. Weitere Eingriffsmöglichkeiten bieten Splitter- und Power-Gain, wobei hier alle Regler interaktiv in das Klanggeschehen eingreifen. Wie bereits in der Vorstufe gibt es auch hier einen Bias-Regler für den Ruhestrom der Röhren. Presence dient der Anhebung der hohen Frequenzen und Resonance sorgt bei Bedarf für den kräftigen “Wumms” im Bassbereich. Blieben noch die beiden Miniswitches für Modern/Vintage und Push/Normal zu erwähnen.

Fotostrecke: 2 Bilder Die Endstufensektion bietet verschiedene Arten von Endstufen und Röhren-Simulationen.

Transformator

Bei vielen Amps fügt der Trafo dem Sound seinen ganz eigenen Klangcharakter hinzu. Deshalb hat man hier drei charakteristische Trafos virtuell nachgebaut. Die Modelle heißen American Style, British Style und Fat Style. Die Parameter der Transformator-Sektion lauten Input, Ratio, Attack, Release, Compressor und Output. Man hat es hier also mit einer ausgefuchsten Kompressorschaltung zu tun, die das dynamische Verhalten einer Endstufe nachahmen soll.

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Cab

Hier befinden wir uns in der Speakersimulation, die schon auf den ersten Blick selbsterklärend ist. Links sieht man eine stilisierte Box mit dem dazugehörigen Mikro, das sich virtuell vor der Lautsprechermembrane hin- und herschieben lässt. Auf der rechten Seite kann man zusätzlich dazu noch die Entfernung des Mikros zum Speaker einstellen. Folgende Lautsprechermodelle stehen schon ab Werk zur Verfügung: Bypass, 1×12 Black Lux, 1×12 Tweed Lux, 2×12 G12 Green25, 2×12 Jazz Clean, 2×12 Black Duo, 2×12 British 30, 2×12 Alnico Blue, 4×10 Tweed Bass, 4×12 OR V30s, 4×12 Celest V 30s, 4×12 Celest T-75, 4×12 Hiway 4123, 4×12 Treadplate, 4×12 Green 25s, Acoustic, Acoustic Sim, 2×10 Bass Pro, 4×10 Bass GK, 6×10 Bass Blue, 8×10 Bass Super, 1×12 C-12K, 4×10 P10Q, 2×12 Vibro, 4×12 1965A, 2×12 Chrome, 2×12 Orange, 4×12 Thrasher, 4×12 Legend, 4×12 ENG.
Dagegen werden derzeit zwei Mikrofon-Modelle angeboten: SM57 und AKG C414. Obwohl sich das virtuelle Mikro vor dem Speaker hin- und herschieben lässt, zeigten sich dort kaum Veränderungen im Gegensatz zur Realität. Ein Punkt, in dem softwaremäßig vielleicht nochmal nachgebessert werden sollte. Große Unterschiede dagegen machen die unterschiedlichen Boxenmodelle und der Wechsel zwischen den beiden Mikros.

Fotostrecke: 3 Bilder Die Simulation der Lautsprecher wird durch eine stilisierte Box mit dazugehörigem Mikrofon dargestellt.

Amp Match

Hier wird der Sound an den eines anderen Amps angeglichen, wobei man den Vorgang nicht mit dem Profiling beim Kemper Amp vergleichen kann. Die Frequenzkurve des Ausgangssounds wird, ähnlich wie beim Match EQ von Logic, letztlich so verändert, dass sie dem Wunschsound möglichst nahe kommt.

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Zusätzliche Features im Plugin-Modus

Der untere Bereich der Bedienoberfläche bietet zwei unterschiedliche Arten der Rauschunterdrückung. Mit der Hum Reduction lässt sich das typische Singlecoil-Brummen herausfiltern und mit dem Noise Gate in Spielpausen absolute Ruhe einstellen. Quick Snap speichert bis zu acht Einstellungen der Ampkreation ab und ruft sie jederzeit wieder ab. Um den Sound eine gewisse Räumlichkeit zu geben, bietet die Software außerdem so etwas wie ein abgespecktes Hallgerät, das auf den Namen Room Control hört. Hier bitte nicht zu viel verlangen.

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