Vor gut einem halben Jahr sorgte Numarks DJ-Battleship NS7 für einigen Wirbel in der Szene. Schon als ich seinerzeit das Review schrieb, fragte ich mich, wie lange es wohl dauern würde, bis geneigte Interessenten eines dieser coolen Laufwerke solo erstehen dürfen. Ich kann die Antwort nun geben: 6 Monate. Offensichtlich spielt die Evolution des Turntables eine entscheidende Rolle im Hause Numark, und das nicht erst mit dem heutigen Testkandidaten V7. Schon zuvor übersetzten X2 und CDX für Audio-CDs das Vinylgefühl beim Mixen. Aber V7 kann mehr. Er besitzt ein 24-Bit-Audio-Interface, ist Dual-Deck- und Network-Link-fähig und soll Maus und Tastatur zur Fernsteuerung der mitgelieferten Software Serato Itch überflüssig machen.
Nicht nur, dass er (wie sein großer Bruder) sein High-Tourqe-Echtvinyl gesteuertes Singleleben zusammen mit einer ausgefuchsten Loop, Browse- und Cuesektion führt, er hat zusätzlich eine Effektabteilung spendiert bekommen. Das schlägt sich auch im Preis nieder. Stolze 749 Euro UVP ruft Numark auf und schielt damit auch auf Festinstallationen in Clubs und mobile Diskotheken. Gelistet wird der noch einzigartige Turntable bei etwa 630 Euro. Das liegt über dem Preis eines Technics SL1210MK5. Willkommen in der Premier League, V7! Egal, wie dieser Test auch ausgehen mag, ich ziehe schon jetzt meinen imaginären Hut vor Numarks mutiger Entwicklungsabteilung und ihrem ungebremsten innovativen Output.
Der erste Eindruck Numarks MIDI-Plattenspieler ist mit seinen sieben Kilogramm Lebendgewicht nichts für den Rucksack-DJ auf Tour durch die Kölner Altstadt (obwohl er nur knapp die Fläche eine Maxi-Single besitzt – um genau zu sein 31,7 x 35,5 x 9,6 cm). Vielmehr dürften die Betreiber der nächtlichen Beschallungstempel aller Güteklassen zum engeren Zirkel der anvisierten Zielgruppe gehören. Für die mobile Disco geht’s natürlich ins Flightcase und auch zuhause und im Studio weiß der futuristische Bursche zu gefallen. Zwei Pfund des Gesamtgewichtes entfallen derweil auf den waschechten Plattenteller. Rock-solid – no Comment. Das Case besteht überwiegend aus Metall. Ein schicker silberner Alurahmen macht optisch richtig was her, der Überstand ist abgerundet, aber etwas mit Vorsicht zu genießen. V7 ist übersichtlich aufgebaut und wirkt nicht überladen. Ich sehe große CUE-/PLAY-Buttons in stabiler abriebfester Gummiausführung, griffige gummierte Regler, Browse-Encoder, Shortcuts und einen langen Pitchfader. Alles sitzt angenehm fest, sämtliche Ingredienzien sind eindeutig beschriftet. Da lacht das Tester-Herz. Insgesamt bringt der stylishe Numark-Player 35 Taster, drei Switches, zwei Fader, einen streifenförmigen Ribbon-Controller, einen Kippschalter, drei Drehregler, zwei Push-Encoder und den Turntable mit. Strom-, USB-, Netzwerk und Cinchkabel gehören zum Lieferumfang. Sollte es bei der Installation Unstimmigkeiten oder Fragen geben, helfen hoffentlich die Schnellanleitung oder Internetseiten der Hersteller weiter.
Bevor es an die Verkabelung und ans Mixen geht, müssen die einzelnen Komponenten des USB-Controllers fixiert werden. Das dauert keine fünf Minuten, die Fotostrecke dokumentiert die einzelnen Montagehandgriffe.
Audio-Interface und Backpanel Numark bestückt seinen jüngsten Controllerspross mit einem 4-Kanal-Audio-Interface. Die Hardware arbeitet mit einer maximalen Auflösung von 24 Bit und einer Samplerate von 44,1 kHz und kann auch mit anderer Software genutzt werden, denn die Treiber stehen systemweit zur Verfügung. Die Wandler liefern ein sauberes, transparentes Signal, ein Kopfhörerausgang ist zu meinem Bedauern nicht vorhanden. Zwei unsymmetrische Stereocinch Pärchen leiten die Audioströme der beiden Decks an die Kanäle des externen Mischpults weiter. An der Rückseite bietet der futuristische Audiospieler neben einem Kaltgeräteanschluss für das interne Netzteil und einer USB 2.0-Schnittstelle für ein Notebook auch eine RJ45-Buchse, die zwei V7-Einheiten miteinander vernetzt. So ist eine Vierdecksteuerung oder ein nahtloser Übergang zwischen mehreren Akteuren zu realisieren. Numark warnt im Handbuch ausdrücklich davor, mehrere identische Kontrolleinheiten über USB an einen einzelnen Rechner zu stöpseln. Ich habe nur ein Testmuster hier und kann daher nicht über den Ausgang eines Fehlanschlusses spekulieren. Sicher ist aber: POWER macht Saft, MOTOR schaltet das Drehmoment um, DECK-LOCATION ist laut Hersteller für zukünftige Anwendungen konzipiert. Neben der Netzbuchse sorgen Belüftungsschlitze für die Wärmeabfuhr. Das macht Sinn bei einem High-Torque Antrieb. Wohl niemand möchte den Hitzetod seines V7 erleben, daher braucht´s halt Ventilatoren. Das Lüftergeräusch bewegt sich etwa auf dem Niveau eines Mittelklasse-PCs. Was soll´s, dann mach´ ich die Musik halt lauter. Ich wollte schon lange mal wieder die benachbarte Bürobevölkerung ein wenig musikalisch verwöhnen.
Turntable V7 ist eine konsequente Weiterentwicklung des Plattenspielers mit traditionellen Komponenten wie Teller, Vinyl und Slipmat. Der Alu-Platter ist ein echter Blickfang. Jeder gelernte Turntablist, der auch an vergleichsweise kleinen 3“-Quasi-Wheels arbeitet, wird nicht nur seine bloße Anwesenheit, sondern auch die laut Herstellerangaben 10-fache MIDI-Auflösung zu schätzen wissen. Für eigene Maxis ist der Plattenteller zwar zu klein, aber gegen individuelle Singles hätte er bestimmt nichts auszusetzen, obgleich das Numark-Label in meinen Augen stimmig ins visuelle Gesamtkonzept passt. Der Antriebsmotor lässt sich im modernen TTX-High-Tourque-Modus oder nach klassischer „1210er“- Methode mit niedrigem Drehmoment betreiben. Das Steuer-Vinyl ist an der Spindel montiert. Will man den Beat zweier Tracks mixen, schubst und bremst man entweder an den Tellerseiten, dreht an der Spindel oder benutzt die Pitch-Bend Tasten. Egal welche Verfahrensweise der Nutzer anwendet, das Gefühl dabei ist sehr „echt“. Wird der Motor ausgeschaltet, ist anders als beim NS7 kein „Power Off“-Sound zu hören. Ausgeschaltet haben Bewegungen am Plattenteller oder der Spindel keinen Einfluss mehr auf die Laufrichtung und Geschwindigkeit des laufenden Tracks. Statt dessen verwendet der DJ PITCHBEND zur Korrektur. Motor-Off hat beim Betätigen der CUE/PLAY-Buttons einen Instant-Start/-Stop zur Folge, da die Simulation von Anlauf- und Bremsverhalten fehlt. Bei eingeschaltetem Antrieb wird sie direkt an der Konsole reguliert.
Stripsearch Wo man keine Schallplatte auflegen kann, braucht man keinen Tonarm, aber eine Möglichkeit, die gewünschte Stelle im Song anzusteuern, benötigt man in jedem Fall. Bei manchen DJ-Produkten geschieht dies unter Verwendung einer Shift-Jogdial-Kombination. Bei Plattentellern mit hohem Drehmoment stelle ich mir so ein Verfahren schwer zu realisieren vor. Ausschalten wäre eine Alternative, aber dann wird ja auch die Spindelübermittlung unterbrochen. Alles viel zu kompliziert. Strip-Search macht es einfach. Der kleine Silberstreifen auf 12 Uhr mappt quasi die komplette Wellenform auf seinen berührungsempfindlichen 90 Millimetern. Der virtuelle Needledrop geschieht in dem Moment, wo der DJ den Finger auf den gefühlsechten Streifen plaziert. Ein „Fingerdrop“ sozusagen. Die Präzision hängt einerseits von der Beschaffenheit der eigenen Extremitäten, andererseits von der Länge des Musikstücks ab. Ein Zahlenbeispiel: Ein Millimeter auf dem Ribbon-Controller repräsentiert bei einem „Sechsminüter“ vier Sekunden Audiomaterial. In einem knackigen „3-Minuten-Track“ navigiert es sich also präziser als im „15-Minuten-Epos“. Das Verfahren ist nicht superexakt, aber viel schneller als ein Shuttle-Rad oder „>“-Buttons. Manchmal verspringt der Positionsmarker beim Schieben. Es wäre schön, wenn hier noch ein wenig nachgebessert würde. Zum Beispiel könnte „SHIFT“ eine temporär feinere Auflösung ermöglichen, aber schließlich gibt’s ja auch noch Cuepunkte.
Pitch Die Auflösung des sehr sanften 100 mm Pitchfaders reicht von acht über 16 bis 50 Prozent in jede Richtung. Eine Kontroll-LED zeigt an, ob er sich in der Nullstellung befindet. An den Polen hat er zwar einen guten Millimeter „Deadzone“, doch selbst bei einer Pitch-Range von +/- 50 Prozent passt er das Tempo mit einer Präzision von 1/100 BPM an. Das ist rekordverdächtig!
MASTER aktiviert die automatische Tonhöhenkorrektur, die bis zu einem Wert von 3% artefaktfreie Ergebnisse liefert. Die Pitchbend-Taster beschleunigen oder bremsen den Song mit konstant steigender Geschwindigkeit, wenn diese gedrückt gehalten werden. Für den negativen Wertebereich bedeutet dies eine Umkehrung der Laufrichtung, so dass die Platte für einen Moment zum Stillstand kommt und dann rückwärts mit zunehmendem Tempo abspielt.
Trackverwaltung Die Musikbibliothek wird mit Hilfe der Software erstellt und die Analyse des Audiomaterials kann nur im Vorfeld geschehen. Dazu muss V7 allerdings auch offline sein. Dass die automatische File-Analyse der Bibliothek oder einzelner Crates nur bei ausgeschalteter Einheit zur Verfügung steht, stößt bei mir nach wie vor auf Unverständnis. Während des Gigs wählt der DJ seine Songs bequem von der Steuereinheit aus. FILES, PREPARE und CRATES öffnen die entsprechenden Links, der Endlos-Encoder navigiert durch die vorausgewählte Liste. FWD und BACK ermöglichen den Wechsel zwischen den unterschiedlichen Software-Panels und tauchen tiefer in umfangreichere Ordnerstrukturen ein. Ein Shortcut für die History-Playlist ist auch diesmal nicht zugegen. LOAD A und LOAD B befördern den ausgewählten Song ins jeweilige Deck. LOAD-PREPARE in die Prepare-Liste. Praktisch ist die neue hardwareseitige Sortierfunktion mittels SHIFT und CRATE, PREPARE, FILES, FWD oder BWD. In dieser Reihenfolge ordnen sie die Ansicht nach Song, Artist oder BPM, Album oder Tracknummer.
WIR HABEN UNS ALLE BLEEP An der linken Außenseite residiert ein weiterer Eyecatcher in Form eines extravaganten, großen Kippschalters. Steht dieser auf REVERSE, läuft der Plattenteller rückwärts. Kippt man ihn in Richtung Bleep (eine Feder verhindert eine Dauerstellung in der Position) läuft der Track ebenfalls rückwärts und spielt losgelassen an der Stelle weiter, wo er sich in Echtzeit ohne User-Interaktion befunden hätte. Der Zwischenraum wird unhörbar übersprungen. Ein toller Effekt, aber nicht der Einzige. Die restlichen besprechen wir im Praxisteil. Als dedizierte Steuereinheit von Itch fließt Seratos Software mit in die Gesamtwertung. Ich möchte sie daher zunächst kurz vorstellen.
Serato Itch Itch ist ein DJ-Mix Programm des neuseeländischen Softwarehauses Serato Audio Research und läuft nur in Verbindung mit ausgewählten Konsolen, wobei die Hardware als Software-Dongle dient. Itch „versteht“ Audiofiles der Formate WAV, AIFF, MP3, AAC, OGG-Vorbis und Apple Lossless. Die Software bietet eine klar strukturierte Benutzeroberfläche mit Trackverwaltung und Decksektion. Ein Session-Rekorder wie beim Vestax VCI-300 ist in der V7-Fassung nicht mehr implementiert. Das verwundert auch nicht weiter, da hier am externen Mischpult gearbeitet wird. Die Wellenformanzeigen der Audiodateien lassen sich alternativ rechts oder links des Screens plazieren und in einem monochromen 3-Band-Spektrum statt der farbcodierten Darstellung anzeigen. Ich bleibe lieber beim Standard-Layout, welches Wellenformanzeige und Software-Player im unteren GUI-Segment unterbringt. Zwei Decks liefern Track- und Tempo-bezogene Informationen, wie Titel, Artist, Laufzeit, BPM, Loop-, Pitch- und Playback-Status. Die Wellenformübersicht ist mit vertikalen grauen Linien durchzogen. Dünne Linien kennzeichnen einen Zeitabschnitt von einer Minute, dicke Linien fünf Minuten. In der höchsten Auflösungsstufe entspricht der sichtbare Teil des Wellenausschnitts etwa acht Sekunden. Die blauen Bereiche repräsentieren die Hochtöne, Rot zeigt Bassfrequenzen und Grün die Mitten. Überlagernde Frequenzbereiche erzeugen Mischtöne. Zwei visuelle Mixhilfen sind auch an Bord. Nummer eins signalisiert Beatsynchronität bei exakt vertikal übereinander liegenden Transienten. Direkt darunter liegt der orange-blaue Tempomatcher.
Itch Online
Die obere Hälfte der Bildschirmoberfläche nimmt die Musikbibliothek mit optionalem iTunes-Menü und Seratos Crates ein. Ihnen steht mit PREPARE eine temporäre Playlist zur Seite, deren Titel nach Wiedergabe oder Programmende gelöscht werden. BROWSE navigiert durch die Library (Genre, BPM, Artist, Album). FILES browst durch den Dateibaum. Die HISTORY zeigt vergangene Mixsessions an und exportiert sie als Text, Excel-Datei oder M3U-Playlist. Itch liest gängige ID3-Tags, hat aber leider kein Bewertungssystem unter der Haube. Ich finde das sollte zum Standard eines anwenderfreundlichen Musikprogramms gehören. Besonders, wenn sich der DJ offline (im Zug von München nach Berlin etwa) durch Bemusterungen durchhört, die ja eventuell auch Seratos Service „Whitelabel.net“ kommen könnten.
Itch Offline
Mein Testmuster wurde mit Itch-Version 1.4 ausgeliefert, auf der Website steht bereits Nummer 1.5 zum Download bereit, das einige Windows- und Leopardenprobleme beseitigt, Itunes-Bugs ausräumt und Controller-spezifische Komplikationen behebt. In Bezug auf V7 bringt das neue Patch aber nicht nur Bugfixes und Performancegewinne, sondern auch neue Features.
Softwareinstallation Zu meinem Bedauern gelang der erste Installationsversuch mit einem X2 Acer-Aspire Notebook nicht. Auch die Installation aktueller Treiber beider Hersteller half nicht. Die Browser-Sektion am Turntable fordert in eindeutigem Rot zum Laden von Tracks auf, die auch von der Software abgespielt werden, aber leider mit der internen Notebook-Audiokarte. Alle Bemühungen verlaufen im Sande, keine Spur vom V7-Sound. Dazu ein Exzerpt aus Seratos Website:
„Due to the number of reports we have heard of this problem we do not support machines with Turion or Athlon processors for use with Serato ITCH. Even a machine that meets the minimum spec but has a Turion / Athlon processor can cause significant issues with USB audio hardware.” (Stand: 19.03.10)
Doch nicht nur bei AMD-Systemen, sondern auch bei core i3-, core i5- und core i7-Rechnern tauchen Probleme auf. Bitte besucht im Vorfeld die Website und informiert euch bei Bedarf, ob eure Hardwarekomponenten anstandslos unterstützt werden. Eine Anmerkung sei mir an dieser Stelle gestattet: Unter Traktor funktioniert das Soundinterface ohne weiteres. Hier gibt’s allerdings Probleme beim Mappen des Plattentellers. Einen Standard-MIDI-Kompatibilitätsmodus gibt es nicht.
Nachdem an der Hardware die Deckposition eingestellt ist (bei mir rechts) und der Betriebsschalter auf USB, steht kann es losgehen. Eine Dateianalyse kann ich mir sparen, denn meine Scratch-Live-Library steht auch unter Itch zur Verfügung. Änderungen werden für beide Programme übernommen. Ich möchte diese Tatsache jetzt nicht überschwenglich loben. Traktor Scratch Pro bietet mir beim Programmaufruf ebenfalls eine stets aktuelle Bibliothek, egal ob ich mit Timecode oder MIDI-Controller arbeite. Ich brauche nicht einmal die Software zu wechseln.
Handling und Workflow Das Vinyl-Feeling ist, wie soll ich sagen, echt?! Die Single auf der Slipmat würde mir sicherlich beipflichten. Und das Scratchgefühl? Zunächst muss ich sagen, dass weder Itch noch Mac sich sonderlich beeindruckt zeigen, als ich die Latenz auf 2 ms einstelle. Beim Kratzen kann ich keine Verzögerungen spüren, was sicherlich auch am schnellen hauseigenen Protokoll beim Datenaustausch liegt. Einzig die Umstellung von 12 auf 7 Inch könnte manchen zunächst verunsichern, ist jedoch schnell adaptiert. Das findet auch mein Scratch-erfahrener DJ-Kollege Tobi. Er betonte jedoch, er würde definitiv lieber mit einer zweiten physischen Einheit arbeiten. Eins noch: Kratzer auf der Platte machen höchstens der Optik zu schaffen, nicht jedoch der Wiedergabe. Hah, das ist doch klasse!
Serato erhört die Wünsche vieler Anhänger und implementiert endlich Taktsynchronisation. V7 bekommt das neue Feature über SHIFT eingepflanzt. Wir nehmen dies zum Anlaß, einen Testlauf hinsichtlich der Beatmatch-Performance im Betrieb mit nur einer V7 Einheit zu fahren. Zunächst zeigte sich, dass die interne Tempoanalyse sehr präzise arbeitet. Das Handling ist jedoch anders, als etwa beim Berliner Pondon. Hier genügt es nicht, einfach auf einen SYNC-Button zu drücken. Tempo- und Beatanpassung werden separat gesteuert. Ganz Serato-like wird also einmal Sync betätigt, um das Tempo anzupassen. Anschließend drückt der DJ den selben Button in Kombination mit der SHIFT-Taste erneut und schubst so den Beat des Tracks in den Wiegeschritt. Das klappt auch in den meisten Fällen, die Umsetzung ist natürlich Geschmackssache. Auf Knopfdruck erlischt der Gleichlauf und das File läuft wieder im Originaltempo.
Natürlich ist der Workflow unter Verwendung eines Numark V7 anders als beim klassischen Doppel-Turntable-Setup. Keine Frage. An manchen Stellen ist der DJ hier sogar schneller, zum Beispiel wenn er einen Track nach dem anderen in kurzen Intervallen abfeuert. Trotz Vinylfeeling entfällt der Griff zur Plattenkiste, das „Crate-digging“ und der physische Wechsel zwischen den Einheiten und Schallplatten, samt Tonarmauflegen und Positionierung. Und egal, ob man gerade mit dem Plattenteller, dem Temposchieber, den Pitchbend-Buttons oder der Autosynchronisation arbeitet, nachreguliert wird seit jeher meist nur an einem Teller. Das geht mit dem V7 genauso effektiv. Sollte man doch zum andern Layer wechseln müssen, geschieht das per Deckswitch in Nullkommanix. Etwas anders gestaltet sich die Sachlage bei der Verwendung von Loops und FX. Da Loops beatsynchron sein können und Effekte zum Teil im Takt modulieren, ist es keine Herausforderung, einen laufenden Song zu beackern. Für wuchtigere Mixe und Mashups mit doppelseitig laufenden Loops und zeitkritischen Effekten sollte man sich aber zwei Einheiten anschaffen. Sie bringen nicht nur mehr Komfort sondern auch erhöhte Übersichtlichkeit und vor allem simultanen Zugriff auf beide Kreativabteilungen.
Loops und Cues V7 lässt dem DJ die Auswahl zwischen manuellen Schleifen und der automatischen Variante. Autoloops werden auf Basis der BPM-Analyse gesetzt. Zur Vorauswahl stehen Loop-Längen von einem, zwei, vier oder acht Beats, die per Taster halbiert oder verdoppelt werden. Wer´s kürzer mag, benutzt bei aktiviertem Autoloop IN und OUT. Auch das Verschieben des gesamten Audiozyklus im laufenden Betrieb ist möglich. SHIFT LEFT oder RIGHT versetzt die Schleife, allerdings immer um ihre eigene Länge. Die Loopsektion ist übersichtlich und gut strukturiert. Ich persönlich bevorzuge aber für diesen Zweck lieber Encoder. Gleichwohl haben beide Lösungen ihre Vorteile im Workflow. ITCH ist bei der Plazierung von Auto-Loops taktgenau. Ein Beatversatz im Mix mit einem zweiten Song ist aber nicht ausgeschlossen. Das liegt manchmal an der Interpretation des Downbeats, in der Praxis aber häufiger an der Auswertung von Benutzerinteraktionen beim Upscaling der Looplängen.
Mit Version 1.5x kommen auch V7-User in den Genuss der Loop-Roll-Funktion. Diese setzt eine nahtlose Schleife. Der Song läuft quasi im Hintergrund weiter, ähnlich wie beim Bleep-Reverse. Beendet man den Loop, setzt die Wiedergabe des Tracks unmittelbar an der Stelle ein, wo er sich ohne Schleifenauslösung befunden hätte. SHIFT plus 1, 2, 4 oder acht 8 lösen Rolls in den Längen 1/8, 1/4, 1/2, 1 Beat aus. Das macht richtig Spaß und lässt sich gut von der Hardware aus steuern, auch wenn die Hand am Umschalter wegfällt. Loop-Roll mit zeitgleicher Effektmodulation ist so nur für DJs mit zusätzlichen Gadgetto-Armen möglich. Diese vier festgelegten Schleifenwerte weisen einen hohen Wiedererkennungsfaktor in der Rhythmik auf. Recht einprägsame Ergebnisse lassen sich allein schon durch mehrfaches Wechseln der Intervalle erzielen. Ein Beispiel:
Audio
Samples
0:00
/
0:00
0:00
Loop Roll
Spiels noch einmal Sam… Wiederholung bedeutet nicht zwangsläufig „Looping“. Über den bemerkenswert großen Start-, Cue- und Sync-Buttons, die man gerade in dunklen und hektischen Situationen nicht mehr missen möchte, liegen fünf Hotcues, die nach Stutter-Effekten und Cuejumping geradezu schreien. Ob die hardwaregetriggerten Markierungen automatisch gespeichert werden, verrät das Handbuch nicht. De fakto standen sie auch nach einem Neustart zur Verfügung. Gut so. Falls im Eifer des Gefechtes der Gedanke und die ausführende Hand unter einer gewissen Latenzbehaftung leiden, löscht Delete die „heißen Stellen“ genauso leicht, wie sie gesetzt wurden. Alternativ macht sich der DJ in einer ruhigen Minute an die Korrektur im ITCH-Offline-Editor. Die horizontale Anordnung und die Positionierung direkt unter den Plattentellern ist geglückt und wird Scratch- und Club-DJs gleichermaßen zufriedenstellen, denn die Taster wechseln in Windeseile zwischen den Cues. Heißer geht’s kaum, ein wenig größer aber schon. Ach ja, zwei Buttons mehr fände ich auch nicht schlecht…
MIDI-Learn und Remapping Ich mach das Fass auf, weil es mich einfach stört. Eine Lernfunktion ist in ITCH nicht vorhanden. Der Käufer ist also von der Vorkonfiguration der Hersteller abhängig und kann weder Keyboard-Shortcuts noch die Hardwarebelegung nach eigenem Ermessen anpassen. Die Argumentation, dass das vorliegende Layout und die aktuelle Konfiguration für jeden perfekt sei, würde ich als „subjektiv“ einstufen. Vielleicht gibt es ja in gar nicht so ferner Zukunft eine kostenpflichtige Fassung mit Upgrademöglichkeit vom Beipack-Itch, die erweiterte Funktionalität und userspezifische Anpassungen von internen und externen Komponenten integriert. Verkehrt wäre es meiner Meinung nach nicht.
Effekte Sie sind im Serato-Lager angekommen, wenn auch zunächst nur für „Itcher“. Scratch Live-Anwender begnügen sich noch mit der „Public Beta“. Die Effektabteilung am Numark-Player besteht im Grunde aus vier Bedienelementen. Das ist etwa die Hälfte der Regler, die man an einem adäquaten Traktor-Controller benötigt oder soll ich lieber sagen zur Verfügung hat? Ein Encoder durchsucht die Kollektion und aktiviert niedergedrückt die aktuelle Auswahl. Die Softwareoberfläche zeigt den aktuellen und den nächsten Effekt an. Erkenntnis: Der DJ kann immer nur einen Effekt pro Deck anwenden. Von Effektverkettung a´ la VFX-1 oder Traktor Pro noch keine Spur. Numark verbaut einen Fader statt des sonst üblichen Dry/ Wet-Potis zur Steuerung der Effektintensität. Zur Parametersteuerung dient ein Endlosdrehregler. Hält man sich vor Augen, dass manche Effekte temposynchron modulieren, ist die Wahl eines Encoders mit LED-Kranz eine gute Lösung, denn jeder Indikator steht im angesprochenen Fall für eine neue Modulationszeit. Das ist cool. Seltsam finde ich nur, das in Mittenstellung nicht ein voller 1/1 Beat sondern 3/4 gewählt wurde. Aber was soll´s. Wir wollen ja nicht päpstlicher sein als der Papst.
12 Vertreter der FX-Spezies sind an Bord und zwar: Echo, Reverb, HPF, LPF, Phase, Flanger, Tremolo, Repeater, Reverser, Braker und Crusher. Natürlich will ich den Klang der Effekte im Einzelnen nicht vorenthalten. Erfasst wurden sie mangels Itch-Aufnahmefunktion mit dem internen USB-Audio-Interface eines Vestax VCM004-XLU (Link des Test->hier)
Ein paar Worte zu den Effekten… Das Delay liegt gut im Timing. Echo klingt ein wenig metallisch. Beim Reverb steuert man Anteil und Größe. Das Hochpassfilter gibt sich eher zahm und funktionierte im Test zeitweise nur auf einem Kanal. Das Lowpassfilter klingt recht warm und hinterläßt einen guten Eindruck. Der Phaser macht was her, der Flanger klingt „spacig“, läßt aber ein wenig an Tiefe vermissen. Der Tremolo-Effekt senkt und hebt die Lautstärke des Audiosignal rhythmisch entsprechend der Zeiteinteilungen. Repeater wiederholt das Audiomaterial chancengesteuert. Reverser liefert taktsynchronen Rückwärtslauf im Bleep-Stil anhand eins voreingestellten Intervalls. Braker löst einen Bremseffekt nach festgelegter Trefferquote aus. Crusher ist mit Vorsicht zu genießen, da er schon bei halber Effektintensität zu Audioaussetzern führen kann.
Seratos neue Effektimplementierung ist für den DJ-Einsatz tauglich und klingt im Großen und Ganzen ordentlich, könnte in manchen Punkten aber noch Detailverbesserungen vertragen. Man darf gespannt sein, was sich bis Itch 2.0, das von Nov.09 erstmal auf einen unbestimmten Zeitpunkt verschoben wurde, noch tut. Numarks Auslegung der FX-Abteilung weicht vom marktüblichen Standard ab, dennoch geht das hardwareseitige Handling sehr schnell in Fleisch und Blut über. Schön!
Numarks USB-Dual-Deck-Controller V7 ist eine moderne, innovative und zudem stylishe Evolution des Plattenspielers mit sehr guter Scratch-Performance und ergonomischem Layout. V7 hat ein transparent klingendes, integriertes 4-Kanal-Audiointerface und wird klassisch mit einem externen Mischpult betrieben. Am DJ-Mixer vermisst man den zweiten Plattenspieler während der Standardmanöver kaum, so nahtlos geschieht der Übergang per Kippschalter zwischen beiden Deck-Layern. Viele DJs werden oft durch zu kleine scratch-untaugliche Jogdials und räumlichen Overload vom Kauf eines MIDI-Controllers abgehalten. In diesen Disziplinen glänzt der Numark-Bolide. Eine zünftige 7-Inch mit Slipmat auf einem soliden Plattenteller sollte jedem eingefleischten Turntablisten innerhalb von kürzester Zeit überzeugen, denn das Vinyl- und Scratchfeeling ist wirklich mustergültig. Auch die übrigen Bedienelemente sind sehr hochwertig, besonders der präzise Pitchfader wusste zu gefallen. Hintergrund- beleuchtete Tasten, regelbare Antriebskraft, große Cue/Play-Taster, ausreichend Raum in den Hotcue- und Loopsektionen, mausloses Track-Browsing per Jog-Encoder, Hotplugging – die Kiste macht einfach Laune!
Und die Software? – Nach wie vor vermisse ich bei Itch eine MIDI-Learn-Funktion und eine Analyse während des Betriebes. Zudem gab es im Loop-Mix zeitweise spürbare Beatversätze. Seratos Effekte sind hingegen praxistauglich. Sie sind gut überschaubar, klingen zum Teil aber etwas zahm. Obwohl Numarks-Hardware beim Steuern der Effekte und Loops eine gute Figur macht, braucht man eine zweite Controller-Einheit, wenn man die Kreativabteilungen zweier Decks gleichzeitig nutzen möchte. Diese wird über Netlink angebunden und ermöglicht so auch den Vierdeck-Betrieb und nahtlose DJ-Wechsel.
Was die Stabilität angeht: Es gab keinen einzigen Crash oder Glitch im Testverfahren. Das Bundle läuft stabil, wenn es läuft. Manche Athlon- und Turion-Rechner, wie unser Test-Laptop erweisen sich als inkompatibel zur Software Itch, aber auch neuere Core i3-7-Systeme verursachen laut Seratos Website Probleme. Daher sollte man zuvor genau überprüfen, ob die eigene Hardware kompatibel ist. 630 Euro pro Unit sind nicht von schlechten Eltern, aber aufgrund der tollen Hardware gerechtfertigt, denn V7 vereint die Präzision von Turntables mit zahlreichen kreativen Features überaus kompetent. Ein wirklich außergewöhnlicher und richtungsweisender Plattenspieler, äh Controller…
Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
Direkt angetriebene High-Torque Plattenteller 7“ Echtvinyl-Auflage
Variables Dreh-, Start- und Stopmoment
Betriebssichere Performance
Geringe Scratchlatenz
Robustes Gehäuse
Effektives Layout und Handling
Transparentes 4-kanaliges Audio-Interface
Sehr präzise Bedienelemente
Sehr präziser 100 mm Pitchfader
Frisches, innovatives Design
Serato Itch inklusive
Contra
Hoher Preis
Teilw. Shift-Bedienung nötig (Hardware)
Kein Standard-MIDI-Kompatibilitätsmodus (Hardware)
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