Neumann KH 310 A Test

Aktiver 3-Wege Studiomonitor Neumann KH 310 A im bonedo-Test. Neumann kennt man in der ganzen Welt, und deswegen nutzt die Sennheiser-Gruppe diese Marke auch, um ihre – ehemals unter dem elitären Label „Klein und Hummel“ gehandelten – aktiven Studiomonitore zu verkaufen. Die KH 310 A darf somit als der offizielle Nachfolger des optisch ziemlich identischen Monitorspeakers „O 300“ (sprich „Oh“) angesehen werden, neue Features und Detail-Verbesserungen inklusive.

Neumann_KH310_02_Aufmacher


Und bonedo.de durften diese als einer der Ersten einem ausführlichen Mittelstreckentest unterziehen! Den umfassenden Reisebericht gibt es nun im Folgenden.

Details

Die Neumann KH 310A sind aktive 3-Wege Studiomonitore für das Nah- und Mittelfeld. Der Tieftontreiber ist 8,25-Zoll groß und erhält separate 150 Watt Endstufen-„Dauerleistung“, wo sich die dicke, nach außen gewölbte 3-Zoll Mitteltonkalotte und der 1-Zoll Hochtöner jeweils 70 Watt gönnen.

Fotostrecke: 4 Bilder Hier erkennt man sehr schön den Diffusor hinter dem Gitter des Hochtöners, sowie den üppigen Waveguide in elliptischer, horizontaler Orientierung.

Alle drei Treiber sitzen in einem speziellen Kunststoff-Baffel, das hohe Steifigkeit und innere Dämpfung verspricht sowie die Schallabstrahlung in ihrer Richtwirkung optimiert, Stichwort „Waveguide“. Die elliptische Form verrät einem dabei, dass die Abstrahlung eher in die Breite als in die Höhe geht. Das macht den Sweetspot groß, minimiert aber auch Decken- und Bodenreflexionen. Die Frequenztrennung erfolgt 100% analog bei 650 Hz und 2 kHz sowie mit einem Filter der 4. Ordnung bei einer Flankensteilheit von 24 dB/Okt.
Das anthrazitfarbene, in einer „Links“- und „Rechts“-Version erhältliche, geschlossene MDF-Gehäuse wiegt stattliche 13 kg und misst in seinen Dimensionen 253 x 383 x 292 mm (HxBxT). Damit fällt der Box durchaus noch das Attribut „kompakt“ zu, dennoch wird ihr ein beachtlicher Freifeldübertragungsverlauf von 34 Hz bis 21 kHz innerhalb der magischen +/- 3 dB Grenzen zugesprochen.

Fotostrecke: 6 Bilder Das Blockschaltbild, …

Der Klirrfaktor wurde ab 85 Hz bei 95 dB(SPL)/1m mit unter 0,5 % beziffert, der maximale Schalldruckpegel hingegen wurde mit 120,2 dB(SPL)/1m im Halbraum gemittelt, wobei auch schon 3 % THD anfielen. Was das konkret bedeutet, erfahren wir im Praxisteil, fürs Erste muss folgende Aussage genügen: Die „neue Neumann“ geht schon sehr laut, nur bei viel Subbass wird es im oberen Leistungsbereich etwas eng.
Wer sich das obige Blockschaltbild genau anschaut, kann erahnen, dass auch eine weitere Version in Planung ist, die mit einem zusätzlichen digitalen Eingangsmodul versehen sein wird, was AES/EBU- und S/PDIF-Eingänge bereitstellt sowie eine Delay-Einheit zur Beseitigung von Offset-Fehlern bzw. Laufzeitdifferenzen beherbergt. Unser vorliegendes Testmuster hingegen hat „nur“ die analogen XLR-Eingänge vorzuweisen, was in einem professionellen Musik-Umfeld aber auch vollkommen ausreichend ist. Diese finden sich, wie auch der Stromanschluss, die Filter und sonstige Einstellmöglichkeiten, rückseitig.

Fotostrecke: 2 Bilder Die Rückseite ist äußerst aufgeräumt und bietet eine einwandfreie Zugänglichkeit.

Neben den massiven Kühlrippen fallen hier auch direkt die fetten Metallprofile für unterschiedlichste Befestigungsvarianten auf, die natürlich super als Tragegriffe dienen. Im Gegensatz zur Klein und Hummel O 300 ist hier übrigens alles aus einem Alu-Stück gefertigt, und wer genau hinschaut, wird feststellen, dass die Vertiefungen der Rippen zum Rand hin minimal, aber zunehmend kleiner werden. Das soll zum einen das Resonanzverhalten deutlich senken, vor allen aber die thermische Leitfähigkeit optimieren. Ich mag solche „kleinen“ Details, auch wenn ihnen in der Praxis eher weniger Bedeutung zukommt.
Seitlich an der Box finden sich M8-Schrauben, um weiteres, optionales Sonderzubehör für die Ausrichtung anbringen zu können. Stichwort: Bügel für die Wandmontage bzw. Abhängen der Box von oben. Das optionale Befestigungs-Sortiment fällt übrigens wirklich sehr umfangreich aus und auch das PDF mit den verschiedenen Befestigungsvarianten und den dazugehörigen Montageskizzen darf mit mehr als vorbildlich bezeichnet werden.
Man merkt deutlich, wie Neumann sich als professioneller Ausstatter von Rundfunkanstalten versteht und auch verstanden werden will. Die gesamte Rückseite wird entsprechend von „maskulinen“ Torx-Schrauben gehalten. An der gesamten Verarbeitung gibt es demnach nichts zu meckern, alles ist äußerst solide sowie hochwertig verarbeitet und hinterlässt einen mehr als vertrauensvollen Gesamteindruck, der Langlebigkeit verspricht.

Die Rückseite in der Nahaufnahme mit allen relevanten Einstellmöglichkeiten.
Die Rückseite in der Nahaufnahme mit allen relevanten Einstellmöglichkeiten.

Genauso pragmatisch wie der sachliche Strukturlack sind übrigens auch die integrierten und unkompliziert zugänglichen Ortsanpassungs-Filter ausgelegt: Es gibt dabei ein Bass- (0 dB, -2,5 dB, -5 dB, -7,5 dB) und ein Höhenfilter (+1 dB, 0 dB, -1 dB, -2 dB) zu verzeichnen, aber auch ein wichtiges Tiefmittenfilter (0 dB, -1,5 dB, -3 dB , -4,5 dB) wurde von den Neumännern bedacht. Dies kann unangenehme Reflexionen an großen, glatten Oberflächen kompensieren, welche entstehen, wenn Boxen auf oder in der Nähe einer Konsole bzw. Tisch zum Stehen kommen.
Die Lautstärke des Speaker kann weiterhin mit einem Dip-Schalter grob und mit einem kleinen Trim-Poti feiner eingestellt werden. Interessant sind dabei die Angaben der Bezugspegel, um auch ohne Messequipment seine Lieblings-Arbeitspunkte wiederzufinden. Zugegebenermaßen, dieses Feature dürfte auch nur für Installationstechniker von echter Relevanz sein. 
Ebenfalls rückseitig findet sich ein vierstufiger Helligkeitsregler für das beleuchtete Neumann-Logo auf der Vorderseite. Auf den ersten Blick mag man auch das als „Spielerei“ abtun, spätestens aber bei der Platzierung eines Lautsprechers hinter einer Video-Leinwand hat dies durchaus seine praktische Berechtigung. Last but not least, gibt es einen Groundlift-Schalter, der u.U. Brummschleifen eliminiert und heutzutage eher seltener in der Grundausstattung von Monitorspeakern zu finden ist. 

Praxis

Mein Vorgehen dürfte bekannt sein: Boxen auspacken, auf den Stativen ins 1m Stereo-Dreieck rücken, Kabel rein, Filter auf „Null“ und los! Moment, hier tut sich ja gar nichts… Richtig, denn nach dem Einschalten bleibt die Box erst mal für ein paar Sekunden stumm, und zwar um Einschalt-Störgeräusche von angeschlossenem Equipment zu unterdrücken. Sehr vorbildlich und kaum  bei anderen Herstellern zu finden.
Genauso vorbildlich ist übrigens auch die ausführliche Dokumentation, die selbst Neulingen fundierte Informationen bzgl. des Mysteriums Aufstellung von Studio-Monitoren und deren Filter liefert. Hier ein kleines Beispiel:

Ein Auszug aus dem umfangreichen, vielsprachigen Handbuch.
Ein Auszug aus dem umfangreichen, vielsprachigen Handbuch.

Doch nun genug der Theorie und her mit den guten Nachrichten: Die Neumann KH 310A klingen im besten Sinne unauffällig. Und das ist in Anbetracht meiner sonstigen Abhöre, der MEG RL-901, sehr, sehr gut. 
Das Abstrahlverhalten ist äußerst linear und großzügig homogen angelegt, sodass sich einer breiter, aber auch gleichzeitig fokussierter Sweetspot einstellt, indem es zu keinem „Wandern von Instrumenten“ oder ähnlichen Phänomenen kommt. Anders gesprochen: Das konstante Bündelungsmaß macht die Box im Nahfeld in gedämpften und un-gedämpften Räumen gleichermaßen relativ identisch in ihren Klangverhalten. Und das ist äußerst vorteilhaft, weil somit der Raumeindruck weniger an Bedeutung gewinnt. Nichtsdestotrotz erhält man den besten Klang nur in ausreichend gedämpften Räumen, wobei hier die Betonung auf Bassdämpfung liegt, denn ordentlich Dampf macht das kleine Kerlchen auf alle Fälle. Im Zweifelsfall sind alle notwendigen Filter vorhanden, um auch nach Gehör die notwendigen Einstellungen vornehmen zu können, ohne die Boxen „verstellen“ zu können. Hierbei hat mir besonders das Tiefmittenfilter gefallen, was bei meiner Tisch-nahen Aufstellung mit „-1,5 dB“ für deutlich mehr Klarheit im unteren Mittenbereich sorgte.
Die Wiedergabe ist in „Nullstellung“ selbstverständlich generell äußerst neutral und frei von Färbungen, wobei dieser unauffällige Gesamtklang auch mit einer angenehmen, leichten Zurückhaltung im Sinne von „un-stressig“ garniert ist, sprich Höhen sind nicht überpräsent oder verzerrt. Impulse und Bässe werden darüber hinaus selbstverständlich auch unverzerrt, knackig und trocken wiedergegeben, und das mit einer Präzision, wie man sie eher schwerlich in dieser Preisklasse findet. Transienten machen hier richtig Spaß! 
Überbetonungen oder „psycho-akustische Zaubereien“, wie sie gern bei Bassreflex-Gehäusen zu finden sind, muss man hier nicht befürchten. Dennoch, eine etwas leicht konservativ abgestimmtere, untere Grenzfrequenz hätte ich persönlich bevorzugt. Zugegebenermaßen ist der Markt für 3-Wege-Systeme in dieser Preisklasse aber auch so gut wie gar nicht besetzt, wenn man von einer ADAM S3-X einmal absieht. Durch den separaten Mittentöner, wie er 3-Wege-Systemen nun mal zugrunde liegt, werden hier jedenfalls besonders die Mitten äußerst fein und detailliert dargestellt, „ähnlich, aber anders“ zu der ATC 25, falls man diese kennt, die allerdings auch nochmal deutlich teurer ist.
Limitierungen sehe ich hier, wenn überhaupt, nur im Bassbereich. Zugegebenermaßen greift die KH 310 ordentlich tief an, dennoch scheint sie gerade bei „unmastered“ Material mit viel Sub-Bass und bei hohen Pegeln anzufangen, etwas zu pressen bzw. leicht zu zerren, was sicherlich auch ein Tribut an das geschlossen Prinzip ist, das ansonsten für eine äußerst saubere Bassdarstellung in Verbindung mit der aktiven Elektronik sorgt. Dabei sollte man aber auch nicht die immer noch „äußerst kompakten“ Maße und humanen 13 kg pro Stück für ein Drei-Wege-System vergessen. Nur für Freunde der dauerhaften Pegelübertreibung mit einer Vorliebe für Techno könnte es hier also wenn überhaupt ein Problem geben – den Wert, welchen ich diesbezüglich am interessantesten und im Handbuch fand war: „Max. Langzeit-SPL mit Rosa Rauschen, langsame Integrationszeit, in 2,3 m Abstand in typischer Studioumgebung (einzeln/Paar) gleich 93/99 dB(C) SPL“. Na, damit kann ich doch schon eher etwas anfangen! Weiterhin darf man auch nicht verdrängen, dass die wenigsten Konsumenten mit solch großen Systemen hören, ein Low-Cut in der Summe sowieso Pflicht ist und es ja auch noch einen Verwendungszweck für den Subwoofer geben muss.

Fazit

Die Neumann KH310A ist eine äußerst attraktives Geschäft: Für einen vergleichsweise geringen Preis gibt es hier einen erstklassig ausgestatteten und verarbeiteten, aktiven Drei-Wege Studio-Nahfeldmonitor, der allen professionellen Belangen bzgl. Leistung, Detailreichtum, Qualität und Montagemöglichkeiten genügt. Das horizontale, zeitgemäß zurückhaltende Design ist nicht nur im anspruchsvollen Heimkino ein echter Gewinner, sondern auch bei der klassischen Musikproduktion auf beengten Raum vom Vorteil. Viel Leistung und Präzision auf wenig Raum, was will man mehr?

PRO:
  • Analytisches und äußerst neutrales, gutmütiges Klangverhalten
  • Sehr praxistaugliche und detaillierte Ortsanpassungs-Filter
  • Analoges, aktives Design ohne DSP und Class-D
  • Einwandfreie Verarbeitung „Made in Ireland“
  • Sehr gutes Preis/Leistung-Verhältnis
  • Kompakte Maße
CONTRA:
  • Kein Contra
Neumann_KH310_02_Aufmacher
Features:
  • Aktiver Studiomonitor
  • Neumann KH 310 A left und right
  • Peakleistung: 210 W (Tieftöner), 90 W (Mitteltöner), 90 W (Hochtöner)Dauerleistung: 150 W (Tieftöner), 70 W (Mitteltöner), 70 W (Hochtöner)Freifeld-Frequenzgang: 34 Hz – 21 kHz, +/- 3 dB
  • Klirrfaktor
  • Schalldruckpegel: 120,2 dB SPL in 1 m im Halbraum bei 3 % THD
  • Membranabmessungen: Tieftöner 8 1/4″, Mitteltöner: 3″, Hochtöner: 1″
  • Controller-Technologie: analog, aktiv
  • Frequenzweiche: Trennfrequenz 650 Hz/2 kHz, 24 dB/Okt
  • Entzerrung: Bass: 0..-7,5 dB, Mitten: 0..-4,5 dB, Höhen: 1..-2 dB, jeweils in 4 Schritten einstellbar
  • Audioeingang (analog): XLR >10 kOhm elektronisch symmetrisch
  • Abmessungen: 253 x 383 x 292 mm
  • Gewicht: 13,0 kg
  • Befestigungsmöglichkeit: 2 x M8 seitlich
  • Farbe (standard): anthrazit (RAL 7021)
PREIS:
  • EUR 1996,82 (UVP)
Unser Fazit:
5 / 5
Pro
  • Analytisches und äußerst neutrales, gutmütiges Klangverhalten
  • Sehr praxistaugliche und detaillierte Ortsanpassungs-Filter
  • Analoges, aktives Design ohne DSP und Class-D
  • Einwandfreie Verarbeitung „Made in Ireland“
  • Sehr gutes Preis/Leistung-Verhältnis
  • Kompakte Maße
Contra
  • Kein Contra
Artikelbild
Neumann KH 310 A Test
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Und die "Linke" Box darf natürlich auch nicht fehlen... Ob man als Center Speaker eine linke oder rechte Box verwendet ist nur optische Geschmackssache.

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Profilbild von AV

AV sagt:

#1 - 06.05.2013 um 14:25 Uhr

1

Ich war vor kurzem beim big.T und habe die ganzen Nahfeld mir angehört. Die Neumann waren meine Favoriten. 3Wege find ich generell besser als 2Wege.
(Hab mir dann aber doch andere 3wege gekauft weil die Neumann zu teuer für daheim sind)

Profilbild von Martin

Martin sagt:

#2 - 08.05.2013 um 20:02 Uhr

1

Ich habe selbst ein Paar KH-120A, mit denen ich auch sehr zufrieden sind. Einziges Manko: wenn man nur einen Notebook anschließen möchte fehlt eine (ich weiß ;-)) Klinken oder Cinch-Buchse. Es war irre aufwändig das Brummen zu beseitigen. Es gibt eben auch User, die einfach nur geile Boxen haben wollen und nicht auch noch ein Mischpult anschließen wollen.. vorbildlich hat das Pioneer bei seinen Studiomonitoren gemacht, wo man vorn verschiedene Sources umschalten kann. Sonst sind diese Boxen wirklich genial!

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