Native Instruments Maschine Studio Test

Praxis

Nach erfolgreicher Installation vergleiche ich zunächst einmal das GUI der alten Version 1.8 mit der neuen Fassung und stelle fest, dass sich die Software in der Large-Ansicht gut zehn Prozent mehr Pixel unter den Nagel reißt. Direkt danach möchte ich in einem kleinen Performance-Vergleich herausfinden, ob sich der neue Code in Bezug auf die Prozessorauslastung bemerkbar macht. Dabei stelle ich fest, dass Maschine im Fall von fehlenden Samples, den ursprünglichen Pfad zum Speicherort netterweise preisgibt. So ist offenbar ein Herr R. Linke der Schöpfer des Demo-Tracks “Overpower” aus der 1.8-er Version. Und er besitzt eine Festplatte mit dem Namen “BIGONE”. Erfreulich ist es zu sehen, dass die Projektdateien der 2.0 (Dateiendung „mxprj“) nun mit ungefähr einem Drittel der Dateigröße der früheren „Mprj-Dateien“ auskommen. Nicht ganz so positiv ist der Umstand zu werten, dass die Version „Zweipunktnull“ den CPUs offenbar mehr Leistungshunger entgegenbringt als der Vorgänger. Eine Stichprobe (dasselbe Projekt einmal in Maschine 2 und 1.8) ergab eine um fünf Prozent gesteigerte initiale Systemauslastung. Wohlgemerkt absolut und nicht proportional. Startet man nämlich ein aufwändiges Projekt, macht sich die optimierte Multicore-Unterstützung bemerkbar und der Rechenhunger kehrt sich um, sodass die neue Version ressourcenschonender dasteht.

Fotostrecke: 4 Bilder Interessant: Der Dateipfad des Demo-Track-Urhebers.

Einer der ersten Mauswege führt mich direkt auf den Mixer-Button, woraufhin die Song-Ansicht verschwindet und an derselben Stelle der neue Mixer erscheint. Auch die Pattern-Ansicht verdünnisiert sich in dieser Betriebsart zugunsten des neuen Channel Strips, in dem die Klangerzeuger und -verbieger in horizontaler Abfolge angeordnet sind. Besonders der Kompressor profitiert vom neuen GUI, denn er hat nun endlich eine visuelle Anzeige der Gain-Reduction spendiert bekommen. Zusätzlich wurde ihm eine Sidechain-Schaltung zur Seite gestellt, deren Eingang auf sämtliche internen Signalpfade hören kann. Als etwas unlogisch empfinde ich allerdings den Umstand, dass die Sidechain-Option nur in der klassischen Ansicht sichtbar ist. Dass dem Maus-Scrollrad nicht die Funktionalität zugewiesen wurde, in der Geräteansicht vertikal zu scrollen, empfand ich ebenfalls als etwas unpraktisch. Denn jedes Mal mit dem Mauszeiger runter bis zum Scroll-Balken zu navigieren, ist auf die Dauer etwas ermüdend. Bitte in einem Update nachreichen. Bis dahin kann man sich allerdings mit den darüber liegenden Geräte-Tabs recht gut behelfen, mit denen sich direkt zum ausgewählten Device springen lässt. 

Fotostrecke: 2 Bilder Nur in der klassischen Ansicht lässt sich (bislang) der Sidechain-Eingang konfigurieren.

Sehr gut dagegen gefallen mir die beiden neuen, dezidierten MIDI-Note- und Audio-Export-Taster, die an der rechten Ecke der Pattern-Ansicht ihren festen Platz gefunden haben. Hiermit lässt sich der aktuelle Pattern-Inhalt via Drag’n’Drop direkt in die gastgebende DAW verfrachten. Das ist ideal für Producer, die zwar gerne in Maschine ihre Beats basteln, jedoch das eigentliche Arrangement bevorzugt in der linearen Timeline-Ansicht ihres Audiosequenzers erstellen. Womit wir auch schon bei der neuen Timeline von Maschine 2.0 wären. Die oberste Zeile wird zwar immer noch von der Szene als mächtigstem aller Götter beherrscht. Direkt darunter hat nun aber auch eine Takt-Zeitleiste ihren Platz gefunden. Gerade in Verbindung mit der nun viel schneller und einfacher erreichbaren Pattern-Länge eröffnet dies die Möglichkeit, deutlich dynamischer und freier zu Arrangieren, als zuvor. Damit einhergehend sind auch Tabs für die Pattern-Länge verschwunden und haben den Weg freigemacht für eine freie Längenzeitleiste. Zudem werden kürzere Abschnitte nun gewissermaßen als „Ghost-Copy“ automatisch bis zum Ende der Szene ergänzt.
Wer jedoch mit munterem Eifer in die Arrangement-Ansicht klickt und hofft, er könne nun Szenen beliebig strecken und kürzen, Parts nach Herzenslust verschieben, kopieren oder mir Rechtsklick auswählen, wird enttäuscht. Denn auch Maschine 2.0 führt das rigide Diktat von „Patternlänge bestimmt Szenenlänge“ und „nur ein Pattern pro Szene“ weiter fort. Möchte man also beispielsweise im vierten Takt die „Gruppe B1“ den „Break A“ spielen lassen, bedarf es weiterhin einer zusätzlichen “Break A Szene”. Es ist also nicht möglich, den Break in den letzten Takt eines insgesamt viertaktigen Abschnitts zu packen. Für mich persönlich ist das nach wie vor eine kognitive Hürde, die ich über all meine Maschine-Jahre nicht zu überspringen vermochte. Ich verstehe es zwar, kann so allerdings nur mühsam arbeiten. Da aber ganz Busladungen von Producern im nahen und entfernten Freundeskreis ebenso wie Menschen, die ich gar nicht kenne, damit offenbar gut zu Recht kommen und hochkomplexe Tracks abliefern, kann ich an dieser Stelle kein negatives Urteil sprechen. Es ist eben das Pattern/Song-Prinzip und das liebt oder hasst man.
Und wo wir schon in der Pattern-Ansicht sind: Hier wurde die Auswahl der Automationsparameter noch einmal mächtig erweitert und vereinfacht. Für nicht so gut gelungen halte ich allerdings die Einschränkung, dass Automationskurven nicht frei als lineare Kurven mit Anfassern eingezeichnet werden können, sondern wahlweise stufig (entsprechend der Quantisierung) oder unquantisiert. Wer die Software als Gast einer DAW betreibt, der dürfte sich über die neue, vereinfachte Controller-Zuweisung freuen. Dazu klappt man einfach die Automationsleiste unterhalb der Parameterzeile auf und wählt dort (direkt unter dem zu steuernden Wert) wahlweise „Auto“ oder „Learn“. Bei „Auto“ heißt es, einfach eine freie CC-Nummer zu wählen und sie dem zu steuernden Parameter zuzuweisen, während im Lernmodus diese Zuweisung ganz automatisch beim Eintreffen eines MIDI-CC-Events erfolgt.

Fotostrecke: 2 Bilder Die gestufte Controller-Kurve.

Ebenfalls mit erweiterten Befugnissen ausgestattet wurden die Macro-Regler, die nun sowohl auf Sound-, Group- und Master-Ebene zum Einsatz gebracht werden können und in der entsprechenden Editor-Ansicht über Auswahllisten zuweisbar sind. An der Singularität dieser Regler, die somit im Widerspruch zum eigentlich Gedanken des Makros stehen (also der Erledigung mehrerer Bedienvorgänge mit einem), hat sich indes immer noch nichts geändert. Ohne Einschränkung positiv wirkt auf mich das aufgefrischte Screendesign des Sample-Editors, bei dem die vormals hinter einem kleinen aufklappbaren Pfeil versteckten Bearbeitungswerkzeuge nun in den direkten Zugriff am unteren Bildschirmrand gewandert sind. Dahin hat es nun auch die Sample-Trim-Parameter verschlagen, die zuvor über der Wellenformdarstellung angeordnet waren.
Positiv fällt zudem eine der Kernqualitäten von Maschine ins Gewicht, nämlich dass jede Form der Klangerzeugung (Sample, Plugin, Drum Synthesizer) innerhalb einer Gruppe friedlich koexistiert. Folglich ist es am Ende, sprich beim Spielen auf den Spitzenklasse-Pads, egal, was dort den Klang erzeugt und welche Effektverkettung noch dahinter kommt. Gerade diese freie Konzeption in Verbindung mit der Tatsache, dass das Drum Grid gleichberechtigt und nur einen Mausklick entfernt von der tonalen Pianoroll-Ansicht existiert, macht Maschine so mächtig, wenn es darum geht, zeitgemäß verfrickelte Rhythmuskreationen abzuliefern. Die einzige DAW, die diesem Konzept meines Wissens nach ernsthaft etwas entgegenhalten kann, ist derzeit Ableton Live. Dort allerdings ist die Gefahr ungleich höher, in den nirvanisch verschalteten Plugin-Ketten die Übersicht zu verlieren, als in Maschine 2.0. Der potenzielle Orientierungsverlust ist allerdings auch hier gewachsen, denn die nunmehr unbeschränkte Anzahl von Szenen, Gruppen und Sounds befördert natürlich das parasitäre Wachstum von Projekten.

Fotostrecke: 2 Bilder Wesentlich aufgeräumter als beim Vorgänger präsentiert sich:
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feltas sagt:

#1 - 19.03.2014 um 22:01 Uhr

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HalloIst es möglich, die einzelnen Songs zu verbinden (innerhalb der Maschine ohne DAW)?

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