Washington, 13. August 2025 – Ein Ritterschlag wie aus einer Talkshowfolge: Die Hard-Rock-Ikonen Kiss erhalten im Rahmen der diesjährigen Kennedy Center Honors eine herausragende Würdigung, initiiert von niemand Geringerem als US-Präsident und nun Vorsitzenden des Kennedy Center: Donald Trump. Doch für die Band, die einst klar Kritik an ihm übte, ist dieser Preis nicht nur Ehre, sondern auch eine Gratwanderung über politisch aufgeladenen Boden.

Shealeah Craighead, Public domain, via Wikimedia Commons
Die gegensätzliche Vorgeschichte
Paul Stanley hatte bereits im August 2020 Trumps Behauptung, eine verlorene Wahl sei nur durch Betrug zu erklären, als „abstoßend“ bezeichnet. Er schrieb: „Egal, wen du unterstützt, es ist ein Affront gegen all jene, die für freie Wahlen gekämpft haben“. Auch nach dem Sturm aufs Kapitol vom 6. Januar 2021 fand er drastische Worte: „Das sind TERRORISTEN. Eine bewaffnete Rebellion“.
Gene Simmons, der jahrelang öffentlich für mehr Neutralität bekannt war, unter anderem nannte er Trump einst einen „Straight Shooter“, rückte später deutlich von dieser Haltung ab. 2022 sprach er von Trump als jemand, der „nur sich selbst im Blick“ habe und warf ihm vor, „Rassismus wieder salonfähig gemacht“ zu haben.
Die Reaktion auf die Auszeichnung
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Trotz dieses Spannungsfelds äußerte sich die Band nach der Bekanntgabe diplomatisch und stolz: Gene Simmons sagte gegenüber TMZ: „Kiss ist die Verkörperung des amerikanischen Traums. Wir fühlen uns zutiefst geehrt“ und Paul Stanley fügte hinzu, dass der Preis den langjährigen Erfolg und das Erbe der Band widerspiegele. Auch die anderen Bandmitglieder schlossen sich dem Tonfall an: Ace Frehley sprach von einem „Traum, der wahr wurde“, und Peter Criss nannte das Kennedy Center Honor „die größte Auszeichnung unserer Karriere“
Zwiespältige Ehrung?
Unter Trumps Regie erhält diese Auszeichnung eine ungewohnte politische Schärfe. Für Kiss bedeutet sie zweifellos einen der größten kulturellen Meilensteine in den USA und markiert einen symbolträchtigen Moment ihrer Laufbahn. Gleichzeitig wirft die Ehrung Fragen auf: Kritiker vermuten dahinter weniger eine reine Würdigung künstlerischer Leistung, sondern vielmehr ein politisch motiviertes Signal, vergeben von einer Institution, die einst vor allem als Hort kultureller Vielfalt galt.
TIME bringt es auf den Punkt: Die Auswahl Kiss, Gloria Gaynor, George Strait, Michael Crawford, Sylvester Stallone wirke wie eine ironische Zeitreise zurück in Trump’s nostalgisch verklärte Ära. „Ein Kennedy Center Honors–Abend, der zum Trump-Event mutiert“, schreibt die Redaktion Rolling Stone. Trump selbst gestand offen, zu fast 98 % an der Auswahl beteiligt gewesen zu sein und habe zahlreiche Kandidaten als „zu woke“ abgelehnt.
Ein kulturelles Dilemma
Für Kiss ist diese Anerkennung zweifellos ein Höhepunkt, doch er mindert nicht die Geschichte ihrer klaren Worte gegen Trump. Vielmehr wirft die Situation Fragen auf über den Umgang von Kunst und Künstlern mit politischen Machtspielräumen: Ist eine Auszeichnung durch jemanden, den man kritisiert hat, ein faustischer Handel, oder ein souveränes Zeichen, Leistung unabhängig von Ideologie zu würdigen?