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Jet City Amplification 20H Test

Nachdem Michael Soldano für 75 Dollar die selbstgebaute Kopie eines Fender Bassman erstanden hatte, die allerdings am laufenden Band den Geist aufgab, beschloss er, den ultimativen Gitarrenverstärker selbst zu bauen. Das nötige Know-how dazu eignete er sich selbst an, indem er lernte, besagten Bassman zu reparieren. Während seiner Zeit bei Stars Guitars in San Francisco sammelte Mike dann intensive Erfahrungen im Umgang mit modifizierten Klassikern der Amp-History. Kein Wunder also, dass auch sein 1987 erschienener SLO100 (Super Lead Overdrive)  einen Marshall Plexi  als Vorbild hatte.

Reine Mundpropaganda verschaffte dem jungen Ampdesigner solch illustre Kunden wie Steve Lukather, Marc Knopfler, Eric Clapton oder Gary Moore. Vor allem Lukather zeichnete für die große Bekanntheit des SLO100 verantwortlich, da er einer der meistbeschäftigten Gitarristen jener Zeit war.

Man kann ohne Weiteres behaupten, dass Soldano maßgeblich den Gitarrensound der Hardrock und Heavy Metal Bands der 90er prägte. Wurde dem gefragten Sound bis dahin noch mit zusätzlichen Verzerrern vor dem Verstärker nachgeholfen, war der SLO100 der erste wirkliche High-Gain-Amp, der ihn dank der genialen Schaltung des Michael Soldano ohne fremde Hilfe generieren konnte.

Selbstverständlich hatte das auch seinen Preis und die handgearbeiteten Amps waren für den normalsterblichen Gitarristen so gut wie nicht bezahlbar. Aber andererseits hat es wohl schon etwas zu bedeuten, wenn zum Beispiel Paul Reed Smith den Soldano SLO100 als seinen “Favorite Amp“ angibt.

 
Aber was hat das alles mit dem Jet City Amp zu tun?

Jet City Amplification ist ein brandneuer Verstärkerhersteller, der mit dem Anspruch antritt, eine bezahlbare Alternative zu den oft sündhaft teuren Boutique Amps zu bieten. Der Firmensitz ist in Seattle (daher auch der Name Jet City), die Pläne stammen – und hier schließt sich der Kreis – von niemand Geringerem als Michael Soldano. Hergestellt wird in China.

Für das Jahr 2010 kündigt Jet City Amplification weitere Zusammenarbeiten mit bekannten Amp-Designern an. Man darf also gespannt sein.

Mit dem JCA20H stellt sich einer der ersten Vertreter der neuen Amp-Familie vor und möchte auf Boutique-Tauglichkeit geprüft werden.

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Details

Na, dann schauen wir uns den kleinen Burschen doch einmal etwas näher an.
Auffallend ist der große 333 Sticker auf dem recht kleinen und mit 9,7 Kilo ziemlich leichten Topteil. Zumindest designmäßig macht das schon mal richtig was her und geht -zumindest optisch- tatsächlich in Richtung Boutique. Mit 19,5 x 22,86 x 22,86 ( B x H x T ) ist der JCA 20H ein kompakter Verstärker, der am oben angebrachten Griff leicht zu transportieren ist. Bis auf die blaue Abdeckung, die das Firmenlogo trägt, hüllt sich der Amp komplett in schwarzem Kunstleder ein. Das Gehäuse besteht aus Hartholz und das Chassis aus kaltgewalztem Stahl. Metallecken schützen die Kanten und die vier Gummifüße garantieren einen sicheren Stand.

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Insgesamt ist der 20H tadellos verarbeitet und macht einen wertigen Eindruck. Wüsste ich nicht den Preis, ich würde ihn um ein Vielfaches teurer einschätzen.
Auf dem sehr gut ablesbaren Bedienfeld finden sich von rechts nach links ein blaues Betriebslämpchen, ein Netz-  und daneben der Stand-by-Schalter.
Weiter gehts mit Presence, Master, Treble, Middle, Bass und Preamp. Die Potis bestehen aus schwarzem Kunststoff, haben einen guten Grip und lassen sich mit einem sehr angenehmen Grad an Widerstand drehen. Aufgemalte weiße Striche zeigen die Position der Regler an. Ganz links wird die Gitarre mit dem Verstärker verkabelt – so weit, so übersichtlich.

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Und wie sieht es auf der Rückseite aus? Spartanischer gehts nimmer: Ein 16 Ohm und zwei 8 Ohm Buchsen gesellen sich zum Stromanschluss, und das war es auch schon. Mehr muss er aber auch nicht haben, denn der 20H ist einkanalig aufgebaut. Drei 12AX7 Vorstufen- und zwei EL84 Endstufenröhren verleihen dem kleinen Amp 20 Watt Leistung. Durch eine großzügig dimensionierte, mit einem Gitter versehene Öffnung, kann man den Glaskolben beim Glühen zuschauen. Durch den kompletten Verzicht auf Extras wie zum Beispiel einen Federhall verspricht der Jet City Amp 100 Prozent Röhrensound.

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Praxis

Für den Test kamen eine Telecaster mit Noiseless-Pickups, eine Tom Anderson Hss Strat und eine Düsenberg Starplayer TV zum Einsatz. Es ging darum, herauszufinden, wie der Kleine mit den völlig unterschiedlichen Gitarrentypen in einer Studiosituation zurechtkommt.

Ich teste grundsätzlich zuerst mit einer 2 x 12“ Marshall-Box, die seit Jahren mein treuer Begleiter ist. Für die Aufnahmen gehts dann direkt in einen SPL-Transducer, der mit einem ProTools HD-System verbunden ist. Also die üblichen Studio-Vorgaben.

Audio Samples
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Clean | Hals-Humb.

Für dieses Soundbeispiel habe ich den Halspickup der Tom Anderson verwendet.
Sehr gut ist die Dynamik zu hören, die der Amp zu liefern in der Lage ist. Zu Beginn noch sehr leicht angeschlagen, perlen die Chords mit schönen Obertönen. Gegen Ende schlage ich etwas härter an und der Ton wird augenblicklich schmutziger. Sehr schön für expressives Spiel, gerade Bluesern dürfte das sehr gefallen.

Die Einstellung am Verstärker bleibt im nächsten Beispiel unverändert, allerdings habe ich auf den Humbucker in der Stegposition umgeschaltet.

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Clean | Steg-Humb.

Mittig mit einer gehörigen Portion Bass und einer guten Dosis Kompression reagiert der Jet City Amp auf das Eingangssignal. Auffallend ist die schnelle Reaktion des Verstärkers auf mein Spiel. Das kenne ich eigentlich nur von wesentlich teureren Amps. Das hätte ich so nicht unbedingt erwartet und bin auf sehr angenehme Weise überrascht.

Jetzt den Gainregler auf zwölf Uhr und wie immer ist die Klangregelung auch hier mittig eingestellt.

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Crunch | Humbucker

Hier wird schnell deutlich, wer für das Design dieses Verstärkers verantwortlich ist. Satt drückende Chords sind überhaupt kein Problem für den Winzling – wie gesagt, das ist erst der halbe Regelweg des Gainreglers. Mit fällt auf, wie wenig Nebengeräusche der Amp produziert: Da zirpt nix, kein “ Radio Eriwan “ bei höheren Gain-Settings – das zeugt von einer gut durchdachten Schaltung.

Die Tele umgehängt und auf den Hals-Pickup geschaltet, zeigt sich sehr schnell die Klasse des Topteils. Ich habe nichts an der vorherigen Einstellung verändert!

Audio Samples
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Crunch | Tele-Hals

Cremig und sehr ausgewogen verschafft sich die Tele Gehör, der Ton steht und begünstig das Spielen – und trägt zum Spaß beim Solieren bei. Die Obertöne spielen sich in keinem Moment in den Vordergrund – kein Problem, einen authentischen Blueston zu generieren.

So, jetzt aber Schluss mit lustig; Gainregler auf Rechtsanschlag, die Düsenberg umgeschnallt und auf den eher Vintage-klingenden Steghumbucker geschaltet.

Audio Samples
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Düsenberg Brett

Wunderbar, wie sich der Sound verdichtet und die Endstufe mit einer satten Kompression in das Geschehen eingreift. Zum Glück ist der Amp kein High-Gain-Monster, sondern reagiert feinfühlig auf jede Nuance im Spiel und auf das Instrument. Dieser Verstärker beschönigt nichts, sondern deckt schonungslos Spielschwächen auf. Jeder Anschlag wird mit einem satten Schmatzen belohnt, das Sustain ist überdurchschnittlich.

An der Box macht der Kleine einen ebenso ausgewachsenen Eindruck. Er ist durchaus in der Lage, einen Clubgig zu bestreiten. Allerdings sollte man da nicht wirklich clean spielen müssen, denn 20 Watt erzeugen zwar eine ordentliche Lautstärke, aber die Endstufensättigung macht sich naturgemäß recht früh bemerkbar. Aber das ist ja genau das, was wir eigentlich wollen. Ansonsten gilt alles, was ich vorher bereits beschrieben habe.

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Wenn ich ehrlich bin, war ich etwas skeptisch, ob der Verstärker auch nur annähernd den sehr vollmundigen Vorankündigungen gerecht werden kann – und das bei einem solchen Preis. Aber die Überraschung ist gelungen. Der Jet City 20H ist ein vollwertiges Topteil, das auch professionellen Ansprüchen gerecht wird. Ich bin recht begeistert von der direkten Ansprache und Dynamik. Die gute Verarbeitung und das stimmige Design machen deutlich, dass tolle Amps nicht teuer sein müssen und belehrt alle die eines Besseren, die immer noch glauben, dass nur teure Amps gut klingen können.
Well done, Mr. Soldano.

Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • Konzept
  • Verarbeitung
  • Sound
  • Abmessungen
  • Flexibilität
  • Preis
Contra
Artikelbild
Jet City Amplification 20H Test
Für 229,00€ bei
Technische Daten Jet City Amplification 20H
  • Hersteller: Jet City Amplification
  • Modell: 20H
  • Typ: Verstärker Topteil
  • Herstellungsland: China
  • Ausgangsleistung: 20 Watt
  • Röhrenbestückung: 3 x 12 AX7, 2 xEL84
  • Bedienfeld: Presence, Master, Preamp, Treble, Middle, Bass, Preamp
  • Rückseite: 1 x 16 Ohm, 2 x 8 Ohm Ausgänge, Netzteilanschluss
  • Abmessungen: 19,5 x 22,86 x 22,86 ( B x H x T )
  • Gewicht: 9,71 kg
  • Preis: 399,- Euro UVP
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