Heritage Audio Tubesessor Test

Der Heritage Audio Tubesessor ist ein Klon des Tube-Tech CL 1B, dem vom spanischen Hersteller ein paar dicke Extras verpasst wurden. Preislich liegt der optische Röhrenkompressor nicht allzu weit vom Original entfernt. Ob der Nachbau überzeugt, fragen wir uns im Test.

CL1B Clone

Quick Facts zum Heritage Audio Tubesessor

  • Opto-Röhrenkompressor im Stil des Tube-Tech CL 1B
  • zusätzliches Sidechain-Filter und regelbare Röhrensättigung
  • NOS-Röhren und interne Spannung von 450 Volt

Klon des Tube-Tech CL 1B

Auch wenn die Farbe des drei Höheneinheiten messenden 19“-Panels nicht ganz mit dem Vorbild aus den 1990ern übereinstimmt: Der Heritage Audio Tubesessor ist eindeutig als Nachbau des Lydkraft Tube-Tech CL 1B erkennbar. Und auch die zentralen Bedienelemente und die damit zusammenhängenden Parameter entsprechen dem Original. Den Grad der Kompression steuert man über einen regelbaren Threshold, eine stufenlosen Ratio von 2:1 bis 10:1 und bis zu 30 dB Aufholverstärkung.

Frontansicht Röhrenkompressor
Der Heritage Audio Tubesessor präsentiert sich als ein klonierter Tube-Tech Cl 1B und bewegt sich in vielerlei Hinsicht nah am Original.

Auch die Timing-Einstellungen wurden exakt übernommen. Der manuelle Modus bietet für einen Opto-Kompressor erfreulich großen Spielraum (Attack: 0,5 ms – 300 ms, Release: 50 ms – 10 s). Im Fixed-Modus sind Attack und Release dagegen festgelegt (1 ms und 50 ms). Im Modus Fix/Man steuert man nur den Release.

Knobs
Anders als beim Original: Unterhalb des Gain-Reglers sitzt ein vierstufiger Schalter für zusätzliche Röhrensättigung.

Heritage Tubesessor: Nachbau mit Extras

Neben den vielen Gemeinsamkeiten mit seinem Vorbild bietet der Heritage Tubesessor zwei zusätzliche Features. Zum einen findet sich unterhalb des Gain-Potis ein vierstufiger Schalter für zusätzliche Röhrensättigung. Bei „Classic“ findet keine zusätzliche Sättigung statt, während die Modi „Mild“, „Medium“ und „Hot“ erwartungsgemäß dicker auftragen. So lässt sich einem Ausgangssignal eine zusätzliche Patina verpassen.

Fixed/Man
An weiteren Zusätzen bietet der Heritage Audio Tubesessor ein Sidechain-Filter mit durchaus ungewöhnlichen Optionen.

Als zweiter Zusatz gegenüber dem Original steht ein Sidechain-Filter im Angebot – und hier wird längst nicht nur der Tiefbass im Detektorweg abgesenkt. Auch die Mitten um 1 kHz und 3 kHz lassen sich betonen. Ein High-Pass bei 5 kHz lenkt die Aufmerksamkeit des Kompressors dagegen vollständig auf die obersten Mitten und Höhen. Komprimiert wird dabei natürlich immer das vollständige Signal. Ein ähnliches Sidechain-Filter hat der Hersteller übrigens auch beim Successor und beim Britstrip verbaut. Im Der beim originalen CL 1B vorhandene Sidechain-Eingang fällt im Gegenzug weg.

​NOS-Röhren und Übertrager auf der Rückseite des Heritage Tubesessor

Im Tubesessor sind zwei hochwertige NOS-Röhen aus Beständen von Psvane und Raytheon verbaut. Eine 12BH7A ist für die Aufholverstärkung zuständig, während eine CK5755 die zusätzliche Sättigung erzeugt. Genau genommen sitzen die beiden Doppeltrioden nicht im Tubesessor, sondern auf seiner Rückseite. In der Praxis wird dadurch ein Austauschen der Röhren möglich, ohne das Gehäuse zu öffnen. Und darauf, dass man letzteres tunlichst unterlassen sollte, legt der Hersteller im PDF-Handbuch größten wert. Immerhin arbeitet der Tubesessor bei einer internen Spannung von 450 Volt.

Tubes
Der Heritage Audio Tubesessor von hinten.

Die Übertrager sind ebenfalls auf der Rückseite des Gehäuses verschraubt. Beim Eingangsübertrager handelt es sich um ein Remake des UTC A10, der beim klassischen LA-2A verwendet wurde. Am Ausgang sitzt dagegen ein Custom-Übertrager aus Siliziumstahl, dessen Herkunft nicht näher benannt wird.

Tubes,. Trannies
Für Verstärkung und Sättigung kommen zwei Doppeltrioden aus alten Beständen von Psvane und Raytheon zum Einsatz: eine 12BH7A und eine CK5755. Dahinter sind die Übertrager zu erkennen.

High Voltage!

Auch wenn die drei Höheneinheiten im 19“-Format sicher keine besonders platzsparende Lösung darstellen, bietet der Heritage Audio Tubesessor mit seinem großzügigen Design ein wirklich edles Bediengefühl. Es ist eine wahre Freude, an den großen Bedienelementen zu schrauben, die der Hersteller offenbar direkt von seinem Herchild übernommen hat. Warum auch nicht.

Slanted Tube Compressor
Durch das großzügige Design des Heritage Audio Tubesessor fühlt sich die Bedienung absolut hochwertig an.

Das ebenfalls großzügige VU-Meter ist ein echter Hingucker. Im Bypass des Kompressors wird die Beleuchtung abgeschaltet, während das Metering des Ein- und Ausgangspegels weiterläuft. Etwas ungewöhnlich ist, dass das Meter mit seinem Nullpunkt auf +8 dBu kalibriert wurde. Der Standard liegt bekanntlich bei +4 dBu. Die Aussage des Herstellers dazu ist sinngemäß, dass die meisten Anwender die Box heutzutage ohnehin heißer anfahren und ein Meter auf Rechtsanschlag nichts bringt. Das klingt natürlich einleuchtend. 

Meter VU
Ungewöhnlich: Der Nullpunkt des VU-Meters liegt bei hohen +8 dBu. Und wenn man den Sweet-Spot des Tubesessors treffen will, dann macht es auch Sinn, den Kompressor „auf Betriebstemperatur“ zu fahren.

Trotzdem besteht bei so hohen Pegeln natürlich eine Gefahr, angebundene AD-Wandler zu überfahren. Die verwendete Hardware sollte also ausreichend Headroom bieten – was bei der Verwendung von analoger Hardware ohnehin ratsam ist.

Der Heritage Successor bietet eine große klangliche Bandbreite

Ähnlich wie das Vorbild aus dem Hause Lydkraft bietet der Heritage Audio Tubesessor eine smoothe Opto-Kompression in der Tradition des Teletronix LA-2A. Die erweiterten Timing-Einstellungen sorgen dabei – ebenfalls wie beim Original – für eine wesentlich größere klangliche Bandbreite. Bereits auf dieser Ebene kann der Tubesessor durchaus etwas kräftiger zupacken. Auch wenn die klassischen Einsatzgebiete eines Opto-Röhrenkompressors bei Gesang und Bass liegen, kann ich ihn mir durchaus auch für viele andere Quellen bis hin zu Drums vorstellen.

Heritage in der Praxis
Der Heritage Audio Tubesessor im Praxis-Test.

Im Bereich der Timing-Einstellungen zeigt der Tubesessor eine Eigenheit, die anfangs etwas befremdlich auf mich wirkte. Sobald die Gain-Reduktion im Fixed-Mode 3 dB überschreitet, kommt deutliche Sättigung ins Spiel. Im Modus Fix/Man zeigt sich dies nur noch minimal, während der manuelle Modus auch bei starker Kompression am saubersten bleibt. Dies gilt grundsätzlich und ganz unabhängig von den gewählten Attack- und Release-Zeiten. Ich hatte noch nie die Gelegenheit, an einem originalen Tube-Tech CL 1B zu schrauben. Tatsächlich zeigt das Plug-in von Softube aber ein ähnliches Verhalten. Die folgenden Gesangs-Audios bieten einen Überblick und zeigen das durchaus komplexe Zusammenspiel mit den Modi der zusätzlichen Röhrensättigung.

Audio Samples
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Vocals, Dry Vocals, 3dB GR, Manual, Classic Vocals, 6dB GR, Manual, Classic Vocals, 6dB GR, Manual, Mild Vocals, 6dB GR, Manual, Medium Vocals, 6dB GR, Manual, Hot Vocals, 3dB GR, Fixed, Classic Vocals, 6dB GR, Fixed, Classic Vocals, 6dB GR, Fixed, Mild Vocals, 6dB GR, Fixed, Medium Vocals, 6dB GR, Fixed, Hot

Mit einer Bass-Spur habe ich die Wirkung des Sidechain-Filters getestet. Hier gefällt mir die klassische Einstellung mit Lowcut bei 80 Hz am besten, aber auch die anderen Modi sind teils durchaus interessant. Eine Ausnahme stellt der High-Pass bei 5 kHz dar, denn im Fall des E-Bass ist in diesem Bereich nicht mehr viel los. Zum Anschluss wird auch dieses File bei gleichbleibender Pegelreduktion und maximaler Röhrensättigung durch die drei Timing-Modi geschickt. Die deutliche aber nie giftelnde Sättigung/Verzerrung gefällt mir ausgesprochen gut.

Audio Samples
0:00
Bass, Dry Bass, 6dB GR, Manual, Classic, Sidechain: Off Bass, 6dB GR, Manual, Classic, Sidechain: 80 Bass, 6dB GR, Manual, Classic, Sidechain: 160 Bass, 6dB GR, Manual, Classic, Sidechain: 1K Bass, 6dB GR, Manual, Classic, Sidechain: 3K Bass, 6dB GR, Manual, Hot, Sidechain: Off Bass, 6dB GR, Fix/Man, Hot, Sidechain: Off Bass, 6dB GR, Fixed, Hot, Sidechain: Off

Test des Heritage Audio Tubesessor: Fazit

Der Heritage Tubesessor ist ein hochwertig konstruierter und hervorragend klingender Opto-Röhrenkompressor mit einer großen klanglichen Bandbreite. Er übernimmt längst nicht nur die Rolle des smoothen Feingeists, die man dieser Gattung in der Regel zuschreibt. Ähnlich wie der originale Tube-Tech CL 1B kann er mit seinen flexiblen Attack- und Release-Zeiten auch einmal ordentlich zupacken. In den beiden fixen Modi mischt sich dabei eine warme Sättigung in das Signal – und diese lässt sich über die zusätzliche Röhrensättigung bis zur eindeutigen Verzerrung hin treiben. Voraussetzung ist dabei, dass man über hochwertige Wandler mit ausreichend Headroom für die hohen Ausgangspegel nutzt. Das im Original ebenfalls nicht enthaltene Sidechain-Filter ist ein willkommener Zusatz.

Zum Testzeitpunkt liegt der Heritage Audio Tubesessor etwa 500 Euro unter dem Neupreis des Originals. Und im Preisbereich oberhalb von 3000 Euro ist der Unterschied nicht so enorm, wie man das von manchen Clones her kennt. Dazu kommt allerdings auch, dass der CL 1B nicht mehr ganz einfach zu bekommen ist. Die Entscheidung für oder gegen den Nachbau ist also eine individuelle und persönliche Sache. Unter dem Strich handelt es sich beim Tubesessor fraglos um einen vernünftigen Deal.

Review Heritage Tubesessor
  • Opto-Röhrenkompressor im Stil des Tube-Tech CL 1B
  • NOS-Röhren für Verstärkung und zusätzliche Sättigung
  • Übertrager-symmetrierte Aus- und Eingänge
  • drei Timing-Modi: Manual, Fix/Man und Fixed
  • Sidechain-Filter mit fünf Filteroptionen
  • großes VU-Meter
  • interne Spannung von 450 Volt
  • hergestellt in: Spanien
  • Webseite: heritageaudio.com/
  • Preis: € 3199,– (Straßenpreis am 6.6.2023)
Unser Fazit:
4 / 5
Pro
  • vielseitige Klangeigenschaften
  • sehr gute Verarbeitung
  • funktionale Extras gegenüber dem Original
Contra
  • hoher Ausgangspegel setzt hochwertige Wandler voraus
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Heritage Audio Tubesessor Test
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Frontansicht Röhrenkompressor

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Fiete sagt:

#1 - 20.06.2023 um 19:04 Uhr

2

Die Hörbeispiele klingen ja überhaupt nicht nach CL1b. Ich habe selber einen, den ich sehr dafür schätze, unsichtbar zu leveln, vor allem beim vocal recording. Wenn er das Signal färbt, dann minimal hifi mit einem ganz leichten boost in den höhen. Den hörbar zum zerren zu bringen ist praktisch unmöglich. Hier passiert ja wirklich das absolute Gegenteil: selbst in der cleansten Einstellung klingt der tubesessor so als wäre da ein LPF drauf. Dazu verliert das Signal einiges an detail (gut zu hören in den vocal frys). Sicherlich ein trotzdem ein interessanter Kompressor/Sättigungskiste, aber ganz weit weg vom CL1b. Das ist wohl eher eine Marketing Masche als ein Klon.

Profilbild von Thomas B.

Thomas B. sagt:

#2 - 21.06.2023 um 00:21 Uhr

1

Am besten klingt immer noch das erste, unbehandelte Signal bei den Vocals. Es hat die meisten Höhen, die auch noch sehr schön sind. Sobald der Tubesessor drin ist, hat es weniger Höhen, wie mein Vorredner richtig festgestellt hat. Wenn ich davon ausgehe, dass dieser A/B sorgfältig gemacht wurde, ist er ein Nicht-Kauf-Argument.

Profilbild von Fox

Fox sagt:

#3 - 07.05.2024 um 23:06 Uhr

0

Für Ihre Antwort wäre ich Ihnen sehr dankbar. An welche Wandlerklasse denken Sie zur Unterstützung des Röhrensensors? Ich habe eine ID22-Hörschnittstelle. wird es reichen?

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