2025 scheint das Jahr des Bandes zu werden: Nachdem Arturia kürzlich die legendäre Studer J37 als Plugin neu aufgelegt hat, zieht Heritage Audio mit der Emulation der Ampex MM-1200 nach.
Ursprünglich exklusiv als DSP-Plugin für Heritage Audio Interfaces entwickelt, ist das HA1200 TapeSat Plugin jetzt auch als VST3, AU und AAX verfügbar. Schauen wir, wie es klingt!
Checkliste zum Kauf von HA1200 TapeSat
Realistische Sättigungs- und Bandsimulation der Ampex MM-1200.
Vielseitige Parametersteuerung: Auswahl von TAPE und SPEED für unterschiedliche Klangcharaktere
Stabiler Sound bei extremen Einstellungen, ohne “kaputt” zu klingen
Kaum Ablenkungspotential durch visuelle Effekte, was Fokus auf den Klang lenkt
DETAILS
Kleine Geschichtsstunde: The Golden Era of Recording
Die amerikanische Ampex MM-1200 ist eine analoge Mehrspur-Bandmaschine – ähnlich der Schweizer Studer J37, allerdings technisch weiterentwickelt, ohne Röhren und etwas später in den 1970er Jahren erschienen.
Für das HA1200 TapeSat Plugin diente die originale MM-1200 Serial #0232 des HA CEO als Vorbild.
Während die J37 auf vier Spuren beschränkt war, kam die MM-1200 in flexiblen 8-, 16- und 24-Spur-Konfigurationen und unterstützte dabei sowohl 1- als auch 2-Zoll-Bänder.
Mit Bandgeschwindigkeiten von 7,5, 15 und 30 IPS war sie außerdem deutlich vielseitiger und einfacher im Handling. Vom wartungsintensiven Albtraum der alten Studer J37 und ihrem Schweizer-Uhrwerk wollen wir gar nicht erst anfangen.
Kurzum: Die MM-1200 wurde weltweit in renommierten Studios eingesetzt und spielte eine zentrale Rolle bei der Produktion zahlreicher Klassiker, darunter:
Fleetwood Mac – Rumours (1977)
Steely Dan – Aja (1977)
Bruce Springsteen – Darkness on the Edge of Town (1978)
Tom Petty and the Heartbreakers – Damn the Torpedoes (1979)
Prince – 1999 (1982)
Heritage Audio Plugin: Eine Maschine mit Geschichte
Für das HA1200 TapeSat diente die originale Ampex MM-1200 #0232 als Vorbild. Diese 16-Spur-Variante gehört niemand Geringerem als Peter Rodriguez, dem CEO von Heritage Audio – und das schon seit dem er 19 Jahre alt war. Er nutzt sie bis heute, was den anhaltenden Kultstatus der MM-1200 unterstreicht.
Kein Wunder also, dass gut erhaltene Geräte auf dem Gebrauchtmarkt Preise um die 10.000 Euro erzielen. Soviel zu der Geschichte und den Unterscheiden – wie gut das Plugin sich bedient und vor allem wie es klingt, das kläre wir in der Praxis. Und für alle Nerds, an dieser Stelle hier die nackten Fakten im Vergleich!
Technische Fakten im Vergleich
Merkmale
Ampex MM-1200
Studer J37
Einführung
1970er Jahre
1964
Spuranzahl
8, 16, 24 Spuren
4 Spuren
Bandbreite
1 Zoll (8/16 Spuren), 2 Zoll (24 Spuren)
1 Zoll
Bandgeschwindigkeit
7,5 / 15 / 30 IPS
15 IPS (Standard)
Technologie
Transistorbasiert
Röhrenbasiert
Bedienung
Modular, relativ einfacher Service
Komplexer und schwerer zu warten
Bauweise
Robustes, industrielles Design
Präzisionsmechanik mit “Schweizer Qualität”
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(Zu) einfaches GUI – Design und Bedienbarkeit des HA1200 TapeSat in der Praxis
Kommen wir zum HA1200 TapeSat Plugin selbst: Es ist bewusst minimalistisch gehalten und kommt mit wenigen Bedienelementen aus. Leider ist das GUI auf meinem Mac nicht optimal skaliert – die Schriftarten fransen etwas aus, was den visuellen Eindruck leider beeinträchtigt.
Auch das große, sich drehende Band nimmt unnötig viel Platz ein, während die eigentlich relevanten Bedienelemente viel zu klein wirken. Hier hätte ein durchdachteres Layout für mehr Übersicht sorgen können.
Im direkten Vergleich hat Arturia mit dem J37 das Design deutlich besser umgesetzt: optisch ansprechender und funktional vielseitiger – und das zum gleichen Preis von 99 Euro, wobei es das Arturia Plugin sicherlich bald günstiger im Bundle gibt.
Das Heritage-Plugin bietet zudem nur acht Presets, die jedoch kaum ins Gewicht fallen. Dank der A/B-Vergleichsfunktion kann man sich aber schnell zwischen zwei unterschiedlichen Settings entscheiden, was in den meisten Fällen völlig ausreichend sein dürfte.
🎧 Hören statt Sehen?
Positiv fällt somit auf, dass Heritage Audio den Fokus bewusst auf das Hören legt. Ohne ablenkende visuelle Effekte oder bunte Spektralanalysen ist man gezwungen, den eigenen Ohren zu vertrauen – was durchaus seinen Reiz hat.
Kein Fehler meinerseits, die Schrift ist tatsächlich so verschwommen.
Dennoch stellt sich die Frage, ob nicht zumindest grafische Darstellungen von THD und ggfls. Kompression hilfreich wären, um den Vintage-Charakter besser bzw. “schneller in der Bedienung” digital abzubilden. Auch eine Funktion, um Lautstärke-Unterschiede auszugleichen, wäre wünschenswert, genau wie ein finaler Limiter.
Funktionen des HA1200 TapeSat
Die wichtigsten Parameter für den Klang sind SPEED, TAPE und LEVEL. Diese Regler bestimmen den Sound maßgeblich. Die beiden weiteren Regler, INPUT (–12 dB bis +24 dB) und OUTPUT (–24 dB bis +12 dB), dienen eher dem Gain-Staging, beeinflussen den grundsätzlichen Klangcharakter eher weniger. Hinzu kommt der obligatorische Bypass-Schalter.
Was leider gänzlich fehlt: ein Dry/Wet, konkrete Werte an den Reglern sowie die Möglichkeit Parameter-Werte als Zahl einzugeben. Immerhin werden der Status von Tape, Level und Speed im Display mit der 7-Segment-Anzeigen gespiegelt.
Klangregelung: NOS Vintage Tapes & Speed-Parameter im Detail
Der dreistufige Regler SPEED steuert die Bandgeschwindigkeit:
7,5 IPS – Erzeugt einen leicht muffigen Sound mit betontem Low-End
15 IPS – Der körnige Standard, klanglich relativ neutral
30 IPS – Liefert einen HIFI-ähnlichen Glanz mit mehr Brillanz und Transparenz
Mit TAPE wählt man zwischen sechs Bandsorten, welche den Klangcharakter weiter formen:
250 – Musikalische, warme Sättigung
456 – Verbesserte Transientenabbildung
499 – Klarer und natürlicher Klang
911 – Betonte Höhen und verstärkte Bässe
GP9 – Prägnante Mitten
Mit dem LEVEL Regler wird Kalibrierung vorgenommen, bzw. die Sättigung feinjustiert. In Kombination mit SPEED und TAPE entstehen dadurch unterschiedliche Harmonics und Sättigungsgrade, die das Drive-Verhalten beeinflussen.
🎶 Wie klingt das HA1200 TapeSat in der Praxis?
Das Heritage Audio HA1200 TapeSat Plugin überzeugt grundsätzlich mit einem angenehm griffigen Sound, der die Durchsetzungsfähigkeit von Einzelspuren sowie des gesamten Mixes deutlich verbessert. Nachteilig wirkt sich indes u.U die deutliche Peak-Verstärkung aus, sodass man bei bereits bearbeiten Files ohne einen nachgeschalteten Limiter kaum Loudness gewinnen kann ohne den zu clippen.
Die unterschiedlichen Kombinationen aus SPEED, TAPE und LEVEL bieten eine breite Palette an Klangvariationen, die sich jedoch auch nicht extrem voneinander unterscheiden – was bei gut kalibrierten Hardware allerdings ebenfalls durchaus zu erwarten ist.
Beispielsweise bleiben die Bässe in den meisten Einstellungen lange knackig und vermeiden, schnell verwaschen zu klingen. In kräftigeren Einstellungen tendiert der Sound hingegen eher zu Clipping, was in einigen Fällen erwünscht sein kann. Interessant ist, dass die Variation von Tapes und Level auch nicht immer linear verläuft, was den Spieltrieb fördert, aber das Risiko birgt, sich in Irrelevanzen zu verlieren.
Im Vergleich zum Arturia Plugin, das eine andere Bandmaschine simuliert, liegen die Unterschiede vor allem im Gesamtbild und weniger in den grundlegenden Eigenschaften. Das Arturia Plugin ermöglicht dadurch deutlich drastischere Effekte, welche allerdings wenig mit der eigentlichen Bandsättigung zu tun haben. Das Heritage Audio Plugin bietet im engeren Rahmen dafür mehr Nuancen und bleibt in extremen Einstellungen stabiler, ohne dass der Sound eben “kaputt” klingt. Es bleibt damit realistischer, auch was das Stereobild betrifft, wohingegen das Arturia Plugin deutlich mehr “spreadet”.
Zusammengefasst: Das HA1200 TapeSat bleibt auch bei extremen Einstellungen weitestgehend authentisch und liefert präzise, realistische Band-Sättigungs-Effekte, ohne dabei die Balance oder Klarheit zu verlieren.
Zwischenfazit: Arturia vs. Heritage Audio
Das Arturia Plugin macht definitiv mehr Spaß: Es ist optisch ansprechender, lässt sich intuitiver bedienen und bietet auch klanglich mehr als nur reine Tape-Saturation. Wenn man jedoch eher auf authentischen Klang setzt, bei dem die ursprüngliche Bandmaschine im Vordergrund steht, ist Heritage Audio im Vorteil – auch wenn die GUI noch einiges an Verbesserungspotential hat.
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FAZIT – Heritage Audio HA1200 TapeSat
Das Heritage Audio HA1200 TapeSat Plugin bringt das klassische Bandmaschinenerlebnis der Ampex MM-1200 ins digitale Zeitalter und überzeugt durch authentischen Sound sowie gut kontrollierbare Sättigungseffekte. Das Plugin liefert einen griffigen Sound, der die Durchsetzungsfähigkeit von Signalen und Mixes merklich verbessert, ohne den Klang in extremen Einstellungen zu verfälschen. Wer auf visuelle Flexibilität und mehr Soundvielfalt setzt, könnte mit dem Arturia J37 besser bedient sein. Doch für diejenigen, die Wert auf Klangtreue legen, bleibt das HA1200 TapeSat eine starke Wahl – für einen aber doch auch recht üppigen Preis.
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