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Heritage Audio 73EQ JR Test

Neve-Preamps und Neve-Equalizer muss man wohl den meisten Tonschaffenden genauso wenig vorstellen wie Sir Rupert Neve, den Ideengeber hinter AMS Neve, Amek, Focusrite und RND.

Heritage_73EQ_Jr6

Und Heritage? – Ist eine Firma aus Spanien. Allerdings scheint sich mittlerweile herumgesprochen zu haben, dass die Iberer ganz ihrem Namen entsprechend ein reiches Erbe antreten, auch wenn sie natürlich nicht die offiziellen Erben sind, genauso wenig wie BAE und die vielen anderen Hersteller von Nachbauten und „inspirierten“ Geräten der beliebten klassischen Neves.
Neben Modulen im klassischen Neve-Format sind es vor allem verschiedene 500er-Module, für die Heritage gelobt wird. Eines davon ist das Preamp-EQ-Modul 1073/500, welches auf Dreifach-500-Breite die Kombination wie der Original-1073 bietet. Den Kompressor 2264JR hatten wir bereits im Test. Den EQ namens ’73EQ JR habe ich mir vor langer Zeit gekauft und in die Lunchbox geschraubt. Dort ist er bis heute und wird bleiben – insofern sollte das Ergebnis des Reviews zumindest in seiner Tendenz niemanden überraschen.

Details

Classic Neve-Look

Es gibt Hersteller, die halten es anders, doch Heritage Audio scheinen den echten Neve-Look so zu lieben wie ich auch. Eine dunkle, blaugraue Frontplatte und die unverkennbaren Marconi-Potis, dazu sogar ein Logo, das irgendwie an das zackige Neve-N erinnert.  

Fotostrecke: 3 Bilder Heritages CI erinnert stark an das alteingesessene “N”.

Bedienlogik mit übernommen

Ich habe lange überlegt, ob das mit der „Logik“ in der Überschrift in Anführungsstriche gesetzt werden sollte, denn es ist schon etwas gewöhnungsbedürftig: Jedes Band besitzt ein Doppelpoti, mit dem Ring wird die Mitten- oder Grenzfrequenz oder der Band-Bypass gewählt und mit der Kappe der Hub eingestellt – mit 0dB-Stellung bei 6 Uhr. Ein globaler Bypass ist ebenfalls schaltbar, ein Gain kann maximal 6 dB anheben, aber auch 20 dB absenken. Das ist auch notwendig, wenn das mit zwei Spulen arbeitende Fixed-Q-Mittenband mit seinen bis zu 18 dB zupackt. Die Baxandall-Shelves leisten maximal 16 dB Anhebung oder Absenkung. Während das Höhenband eines echten 1037 auf 12 kHz festgenagelt ist, bietet der Junior weitere Grenzfrequenzen an, die bei heutiger Musik mit heutigen Produktionsmitteln stimmig sind: 10, 12, 16 und 20 kHz.

Fotostrecke: 6 Bilder Blick auf die Platine(n) des Equalizers

Carnhill macht den Sound

Unverkennbar im Inneren ist wie bei weiteren Heritage-Geräten das Vertrauen auf Carnhill als Hersteller der für den Sound so wichtigen Übertrager. Übrigens wird die Class-A-Schaltung mit 24 Volt betrieben, der Spannungsaufbau erfolgt sehr langsam nach dem Einschalten – damit es in der Lunchbox keine bösen Überraschungen gibt. Der Output, befeuert durch einen 2N3055-NPN-Transistor, wird mit maximal 26 dBu angegeben. Anders als beispielsweise bei Rupert Neve Designs sucht man beim Heritage übrigens SMDs vergeblich, was die Arbeit von Lötdruiden im Servicefall deutlich vereinfacht. Und um sich vor Einstreuungen der Nachbargeräte zu schützen (und natürlich auch umgekehrt), ist der ’73EQ JR in einer geschlossenen Box verbaut, deren Deckel ich für die Fotos abgenommen habe.  

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Praxis

Sehr original

Zunächst sei gesagt: Der Aufbau des Heritage Audio ’73EQ JR wirkt schon ein wenig hausbacken, Potikonstruktionen wie die verwendeten sind kaum ohne Spiel und mit konstanter Haptik hinzubekommen. Zur Verteidigung müsste man angeben, dass das bei Neve-Originalen nicht wirklich besser ist… Durch die Verwendung zweier Aufsatzplatinen und der Frontplatte muss man sich aber um die Haltbarkeit keine Sorgen machen, solange man nicht Mikrofone, Schlagzeugstöcke, Bierflaschen, Gitarrenkopfplatten oder, bei entsprechend schlechter Performance, Gitarristenköpfe gegen die weit aus der Lunchbox herausragenden Potis stößt. Nein, keine Gewalt, das war natürlich ein Witz.

500er-EQ von Heritage in Betrieb – neben dem passenden Preamp
500er-EQ von Heritage in Betrieb – neben dem passenden Preamp

Neve-Smoothie

Doch was sollen solche Fabulierungen, es geht schließlich um Sound, um Neve-Sound. Und dieser legendäre Klangcharakter, er ist definitiv da. Absolut genial ist der Sound des Mittenbandes, welches in wirklich sämtlichen Settings seine Macht zeigt und jedem erklärt, weshalb eben dieser Neve-Sound bei Engineers in der Pop- und Rockmusik so beliebt ist. Alle Signale werden durch das Spulenfilter schön charmant und feinkörnig, sämig, ich muss dabei immer an eine gut geschüttelte Salat-Vinaigrette denken oder einen perfekten Smoothie. An Vocals merkt man es besonders gut, denn diese erhalten eine angenehme Griffigkeit, die vor allem dem Übertrager zugeordnet werden kann. Der leichte Boost bei 1600,3200 oder 4800 Hz kann in einer Mischung Wunder bewirken.  

Audio Samples
0:00
Vocals bypass Vocals 3,6k -9 dB Vocals 1,6k +8 dB Vocals 4,8k +8 dB Vocals 12k +9 dB Vocals 16k -3dB, 220 -16 dB Vocals 16k -3dB, 3,2k -3 dB, 220 -16 dB Sprache, verschiedene Einstellungen

Gerne mehr!

Dass im Höhenband viele Frequenzen zur Verfügung stehen, ist ein Segen und erweitert den klassischen Einsatz enorm. Mit einem leichten Boost bei 20 kHz kann man Luftigkeit erzeugen, wo heute viele Signale zu britzelig sind, kann man bei 10 kHz zähmen. Allerdings hätte ich es toll gefunden, wenn Heritage das Spielchen noch etwas weiter getrieben und größere Überlappungen ermöglicht hätten. Vor allem vor dem Hintergrund, dass die Baxandall-Shelves deutlich anders klingen als das induktive halbparametrische Mittenfilter. Aber man kann nicht alles haben. In den Tiefen bin ich mit den Auswahlmöglichkeiten zufrieden, mit dem natürlich nicht verfärbungsfreien Klang natürlich auch, besonders auf nicht zu perkussiven Signalen wie Legato-Bässen und Synthies. Dass ein Hochpassfilter nicht aktiviert werden kann, ist in vielen Fällen nicht schlimm, bei mir erledigt diese Aufgabe im Zweifel der benachbarte Heritage-Preamp, der über eine zuschaltbare Tiefensperre verfügt.  

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Fazit

Der Klang des Heritage Audio ’73EQ JR ist hervorragend, aber jeder wird wissen, dass ein Neve-EQ beileibe kein Allrounder ist. Für manche Signale ist die klassische Kombination aus Shelves und halbparametrischem Band mit der deutlichen Färbung zu unflexibel oder zu „soundstempelnd“, aber für viele Signale ist der Sound eine klare Bereicherung. Es bleibt der Blick auf den Preis: Dieser liegt nach einem Vertriebswechsel nun bei über 1000 Euro. Für einen einfach parametrisierten Equalizer ist das viel Holz, allerdings kostet das AMS-Neve-Pendant, also der „etwas originalere“, noch mal geschlagene 400 Euro mehr.

Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • hervorragend klingendes Mittenband
  • erweiterte Shelving-Frequenzen
  • authentischer Look, Feel und Sound
Contra
Artikelbild
Heritage Audio 73EQ JR Test
Für 925,00€ bei
Heritage_73EQ_Jr7
Features und Spezifikationen
  • dreibandiger EQ auf Basis des Neve 1073
  • halbparametrisches Mittenband mit +/-18 dB
  • High- und Low-Shelves mit +/- 16 dB
  • eizenlne Bänder und gesamte Unit bypassbar
  • Carnhill-Trafos
  • Preis: € 1049,– (UVP)
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500er-EQ von Heritage in Betrieb – neben dem passenden Preamp

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