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Harley Benton S-620 TB Rock Series Test

Dass die Harley Benton S-620 TB Rock Series in die E-Gitarrenkategorie Superstrat fällt, macht der erst Blick klar. Und der zweite Blick fällt etwas ungläubig aus, denn das attraktive Instrument in hochglänzendem, transparentem Blau ist mit zwei Humbuckern und sogar einem Floyd Rose-Tremolo bestückt. Und das zu einem Preis, der weit unter der 200-Euro-Marke liegt.

Harley_Benton_S_620_Trans_Blue_TEST


Dass die Thomann Hausmarke teilweise mit unschlagbaren Preis-Leistungs-Verhältnissen aufwartet, haben nicht nur unsere Tests mehrfach bewiesen. Unsere Kandidatin jedenfalls präsentiert sich aus dem Karton als eine Gitarre, wie sie der moderne Gitarrist auf dem Zettel hat. Der folgende Test wird zeigen, ob auch die S-620 zu den Überraschungsgästen im bonedo-Testlabor gehört.

Details

Korpus:

Die S-620 TB wird in einem Karton geliefert – einen Koffer oder ein Gigbag kann man bei dem aufgerufenen Preis aber auch beim besten Willen nicht erwarten. Zum Lieferumfang gehören sämtliche Einstellwerkzeuge sowie ein Tremolohebel, der mit einer Überwurfmutter am Floyde Rose Tremolosystem befestigt wird.
Die gesamte Hardware wurde vergoldet und harmoniert für meinen Geschmack gut mit der durchscheinend blauen Lackierung, die den mehrteiligen Lindenkorpus bedeckt. Dieser ist gewölbt und verjüngt sich in Richtung Zarge auf 36 mm. In der Mitte ist der Korpus 44 mm dick. Die Lackierarbeiten wurden tadellos verrichtet, Lacknasen oder ähnliche Unschönheiten konnte ich keine entdecken.

Fotostrecke: 5 Bilder In den 1980er Jahren etablierte sich die auf Rock-Gitarristen zugeschnittene Bauform der Superstrat, u.a. mit Humbuckern und Floyd-Rose-Tremolo.

Die beiden High-Gain-Humbucker sind in schwarze Rähmchen geschraubt, konsequenterweise mit vergoldeten Schräubchen, die gleichzeitig ein Verstellen der Doppelspuler in der Höhe ermöglichen. Um welche Tonabnehmer es sich genau handelt, ließ sich leider nicht herausfinden, aber letztlich entscheidet natürlich der Klang, und dazu gibts später mehr. Angewählt werden die beiden Pickups mit einem Dreiwegschalter und verwaltet mit einem Tone- und ein Volume-Regler, beide mit goldenen geriffelten Metallknöpfen. Letzterer lässt sich leichtgängig bedienen und man erreicht ihn während des Spielens bequem mit dem kleinen Finger. Coil Split ist übrigens nicht vorgesehen. Der Dreiwegschalter zumindest in unserem Testinstrument hat etwas zu viel Spiel und macht keinen wirklich vertrauenserweckenden Eindruck.

Fotostrecke: 6 Bilder Die S-620 TB ist mit zwei Tonabnehmern in Humbucker-Bauweise ausgestattet.

Der mitgelieferte Tremoloarm wird, wie bereits erwähnt, mithilfe einer Überwurfmutter am lizensierten Floyd Rose fixiert. Bei diesem System werden die Saiten ohne Ballends an der Tremoloeinheit und am Sattel festgeklemmt, was selbst bei heftigstem Traktieren des Hebels nahezu ohne Verstimmung bleibt. Bis dahin kann es aber ein längerer Weg sein, da das Tremolo im Messerkantenprinzip am Korpus hängt und einiges an Erfahrung und Geduld voraussetzt, um das Instrument neu zu besaiten und in Stimmung zu bringen. Nachdem die Saiten am Sattel festgeklemmt sind, lassen sie sich mithilfe von kleinen Feintunern am Ende des Tremolos nachjustierten. Diese zeigen sich hier jedoch relativ schwergängig und auch hakelig in der Bedienung. Für die Gegenspannung sorgen vier Metallfedern auf der Rückseite des Korpus, die sich im Tremolofach befinden, das mit einem schwarzen Metalldeckel verschlossen ist. Eine weitere Ausfräsung, die ein Plastikdeckel verschließt, beherbergt die Elektrik. Die Klinkenbuchse wurde in die untere Zarge verlegt und kommt, wie die beiden Gurtpins an gewohnter Stelle, natürlich auch in Gold.

Fotostrecke: 5 Bilder Die gesamte Hardware ist vergoldet und harmoniert gut mit der blauen Lackierung.

Hals:

Der über vier Schrauben mit dem Korpus verbundene zweiteilige Ahornhals besitzt ein Griffbrett aus Rosecaer, einem im Gitarrenbau mittlerweile recht verbreiteten Werkstoff.
Dabei handelt es sich um wärmebehandeltes Ahorn, das meiner Meinung nach ein ähnliches Greifgefühl wie Palisander besitzt. Dazu lässt es sich auch optisch kaum vom “Original” unterscheiden und schont, ganz nebenbei erwähnt, den sowieso schon arg gebeutelten Edelholzbestand. Das mit 24 Jumbo-Bünden bestückte Griffbrett besitzt ein weißes Binding, das wie die Bundstäbchen tadellos eingearbeitet ist. Jedoch zeigen sich die Bundenden etwas scharfkantig, was in der Preisklasse aber auch nicht weiter verwundert.
Weiße Punkteinlagen an der Halskante und im Griffbrett weisen den Weg auf der insgesamt 648 mm langen Mensur. Die Halsrückseite ist mit einer dünnen Schicht Klarlack überzogen und besitzt laut Hersteller ein modernes C-Profil, was für meinen Geschmack aber deutlich in Richtung dickes D tendiert und somit recht massiv ausfällt. Der aufgezogene .009 auf .042 Satz Saiten überquert auf dem Weg zur Kopfplatte den weiter vorne erwähnten Klemmsattel, der eine Breite von 42 mm besitzt.

Fotostrecke: 6 Bilder Dank des tief ausgeschnittenen Cutaways lässt sich selbst der 24. Bund gut erreichen.

Auf der ebenfalls blau lackierten Kopfplatte befindet sich direkt hinter dem Sattel der Zugang zum Dual Action Trussrod, dessen Ausfräsung mit einem Plastikdeckel samt Firmenlogo verschlossen wurde. Der passende Einstellschlüssel ist Teil des Lieferumfangs. Fehlen eigentlich nur noch die sechs geschlossenen, vergoldeten Mechaniken, die ein punktgenaues Stimmen erlauben.
Die in China gefertigte Gitarre bringt ein rückenschonendes Gewicht von 3381 Gramm auf die Waage, wobei der wackelnde Wahlschalter sowie die hakeligen Feinstimmer den ansonsten positiven Eindruck etwas trüben.

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Praxis

Die S-620 erzeugt trocken angespielt einen durchschnittlich lang anhaltenden, drahtigen Sound. Sie neigt leicht zur Kopflastigkeit, was sich im Spiel aber nicht weiter bemerkbar macht. Allerdings zeigt sie Schwächen in der Oktavreinheit, die man ab Werk besser hätte einstellen können. Obwohl der Hals meine Hand ordentlich ausfüllt, lässt er sich erstaunlich komfortabel bespielen, dabei schwingen alle Töne gleichmäßig in allen Lagen aus.
Für die folgenden Beispiele verwende ich meinen Marshall JVM 410 in Verbindung mit einer Universal Audio OX Box, in der ich eine mit Vintage 30 Speakern bestückte Box angewählt habe. Weitere Klangangleichungen habe ich natürlich nicht vorgenommen.
Los geht es mit dem cleanen Kanal des Marshalls, dabei schalte ich durch die drei Positionen des Wahlschalters, beginnend mit dem Hals-Humbucker.

Audio Samples
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Clean Switch pick Neck Clean Switch pick Mid Clean Switch pick Bridge Clean Switch strum Neck Clean Switch strum Mid Clean Switch strum Bridge

Am cleanen Amp macht die S-620 eine sehr gute Figur und liefert direkte, kraftvolle Klänge. Dabei fällt auf, dass sie recht präsente tiefe Frequenzen besitzt und so den Attacks einen ordentlichen Schub mitgibt. Wo wir gerade bei den Anschlägen sind: Die werden deutlich wiedergegeben und sorgen dank des offenen Klangbilds für einen perlenden Sound. Dass gerade die Zwischenposition des Dreiwegschalters hier auftrumpfen kann, dürfte kaum verwundern. Aber auch der Doppelspuler am Steg liefert einen erstaunlich ausgewogenen Sound, der gut mit den beiden weiteren Positionen des Wahlschalters harmoniert.
Weiter geht es mit dem nächsthöheren Kanal des Marshalls. Hier habe ich einen medium Crunch eingestellt, wobei wie immer alle Regler auf die 12-Uhr-Position zeigen.

Audio Samples
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Crunch Switch Chords Neck Crunch Switch Chords Mid Crunch Switch Chords Bridge Crunch Chords Neck Crunch Chords Mid Crunch Chords Bridge
Mit Clean- und High-Gain Sounds kann die Harley Benton S-620 TB Rock Series überzeugen, Crunch-Sounds klingen leider etwas steril.
Mit Clean- und High-Gain Sounds kann die Harley Benton S-620 TB Rock Series überzeugen, Crunch-Sounds klingen leider etwas steril.

Der aus den vorherigen Beispielen am cleanen Amp gewonnene Klangeindruck ist hier am zerrenden Amp nicht zu hören. Hier kann mich die Gitarre nicht wirklich überzeugen, da sie für meinen Geschmack zu steril klingt. Die Bässe und Tiefmitten werden zu präsent wiedergegeben und auch die Höhen erscheinen zu vordergründig.
Ich schalte nun in den Heavy-Kanal des Marshalls und spiele wieder alle drei Positionen des Wahlschalters an.

Audio Samples
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Heavy Switch Neck Heavy Switch Mid Heavy Switch Bridge

Hier trumpft die S-620 auf und liefert in allen drei Positionen überzeugende Klänge. Natürlich fühlt sich der Humbucker am Steg genau hier am wohlsten und erzeugt einen breiten, schmatzenden Sound inklusive klar herausstechender Attacks. Aber auch der Hals-Doppelspuler sowie beide Pickups gemeinsam können gefallen und erweitern das Klangbild der Gitarre in diesem Kanal des Amps erheblich.
Bevor es in Richtung Fazit geht, spiele ich noch ein kleines Solo im High-Gain-Kanal des Amps an. Zuerst ist der Hals-, dann der Steg-Humbucker zu hören. Außerdem werde ich das Tremolo näher inspizieren und herausfinden, wie es um die Stimmstabilität steht.

Audio Samples
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Lead-Sound

Hier punktet die S-620 wieder auf ganzer Linie, wobei ich zu bedenken gebe, dass wir es mit einem Instrument für knapp 160 Euro zu tun haben! Auch das Tremolo funktioniert tadellos und lässt sich nicht aus der Stimmung bringen, egal, wie hart es rangenommen wird. Sehr gut!

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Fazit

Auch mit der Harley Benton S-620 TB Rock Series kann die Thomann-Marke wieder einmal überraschen, denn die Gitarre ist bis auf den defekten Wahlschalter und die hakeligen Feinstimmer sauber gefertigt, lässt sich gut bespielen und klingt zudem auch noch mehr als zufriedenstellend. Genauer gesagt gefällt sie mir am cleanen und stark verzerrten Amp am besten, im Crunch-Kanal jedoch nicht unbedingt, da sie hier einen etwas zu sterilen Eindruck hinterlässt. Das alles, gepaart mit einer gelungenen Optik und einem extrem niedrigen Preis macht sie zu einem echten Schnäppchen.

Unser Fazit:
4 / 5
Pro
  • saubere Verarbeitung
  • tolle Optik
  • amtliche Clean- und High-Gain-Sounds
  • verstimmungsfreies Tremolo
Contra
  • Dreiweg-Wahlschalter wackelig
  • Feintuner hakelig
  • Oktavreinheit muss nachjustiert werden
Artikelbild
Harley Benton S-620 TB Rock Series Test
Für 169,00€ bei
Die Harley Benton S-620 TB Rock Series bietet erstaunlich viel für diese Preisklasse und überzeugt mit amtlichen Clean- und High-Gain-Sounds.
Die Harley Benton S-620 TB Rock Series bietet erstaunlich viel für diese Preisklasse und überzeugt mit amtlichen Clean- und High-Gain-Sounds.

Technische Spezifikationen

  • Hersteller: Harley Benton
  • Bezeichnung: S-620 TB Rock Series
  • Typ: E-Gitarre
  • Herstellungsland: China
  • Korpus: Linde
  • Hals: Ahorn, geschraubt
  • Griffbrett: Roseacer
  • Halsprofil: modern C
  • Mensur: 648 mm
  • Sattelbreite: 42 mm
  • Bünde: 24
  • Pickups: 2x High Gain Humbucker
  • Brücke: Floyd Rose Tremolo
  • Saiten ab Werk: .009 – .042
  • Ladenpreis: 159,00 Euro (Februar 2021)
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Daran angelehnt ist die Harley Benton S-620 TB aus der Rock Serie des Herstellers.

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Profilbild von FLOYD HENDRIX

FLOYD HENDRIX sagt:

#1 - 25.06.2021 um 04:56 Uhr

0

Die gibt es auch in Rot. Meine 3te. Harley Benton, sie ich als Semiprofi spiele.
Mit diesen Gitarren beweist Harley Benton (Thomann) mal weider, das exzellente Gitarren, auch mit FR nicht Unsummen kosten müssen. Verarbeitungstechnisch ist nichts auszusetzen. Soundmässig auch nicht, aber eventuell werden bei dieser Modellreihe ja auch mal die Tonabnehmer durch die aktuellen Roswell Tonabnehmer ersetzt, würde ich klasse finden. Und die negativ Punkte die hier bei dem Test aufgeführt sind, waren / sind bei mir nicht vorhanden. Das hier auch wieder auf die Preisklasse angespielt wird,war vorher zusehen. Aber warum Harley Benton bzw. Thomann die Hausmarkegitarren so preiswert anbietet dürfte wohl auch mittlerweile bei Jedem angekommen sein, oder? Wenn nicht, dann hier: Bei Harley Benton Gitarren, fallen keine Kosten für Großhändler, Zwischenhändler, Werbung, Markennamen, Endorser an. Würde das bei den "Markengitarren" auch alles wegfallen, wären "Markengitarren" auch nicht teurer als Harley Bentons.....Ich ärgere mich heute noch manchmal, das ich für E-Gitarren über Jahrzehnte viel zu viel bezahlt habe, weil ich "Markengitarren" gekauft habe. Für dieses unnötig bezahlte Mehrgeld könnte ich mir wohl heutzutage einen guten Gebrauchtwagen im oberen 4stelligen Bereich zulegen......Daher wenn Gitarre oder Effktegeräte, nur noch Harley Benton.

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