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Gibson Firebird Studio Test

Mitte der fünfziger Jahre entschied der damalige Gibson Präsident Ted Mc Carthy, zwei neue Modelle mit modernem Design in die Produktpalette aufzunehmen: die Explorer und die Flying V. Leider war er seiner Zeit damit weit voraus, denn die Musiker konnten mit den eckigen und spitzen Formen dieser Instrumente nicht viel anfangen. 1957 und 58 produzierte Gibson gerade einmal 21 Explorer und 98 Flying V´s. Als Konsequenz daraus wurde die Produktion der beiden Gitarren Ende 1958 wieder eingestellt.

Angeblich orderten die Händler die beiden Instrumente damals nur, um ihr Schaufenster futuristischer aussehen zu lassen! Der zweite Versuch, dem Unternehmen durch eine Gitarre mit neuem Design ein modernes Image zu verleihen, wurde 1963 mit der Firebird gestartet. Die Entwürfe für diese Gitarre lieferte der Detroiter Automobildesigner Ray Dietrich. Die Firebird hatte einen durchgehenden Hals sowie reversed Body und Headstock. Reversed deshalb, weil die Gitarre ein wenig wie eine umgedrehte Fender Jaguar aussah, deren Korpus an zwei gegenüberliegenden Ecken etwas gedehnt wurde. Manche wiederum verglichen die Gitarre auch mit einer abgerundeten Explorer. Wie auch immer! Eine weitere Besonderheit der Firebird waren die verwendeten Banjo-Mechaniken.

Insgesamt gab es die vier unterschiedliche Typen I, III, V und VII. Alle Modelle waren mit Mini-Humbuckern bestückt: Die Firebird I hatte einen, die Varianten III und V zwei und die VII sogar drei Tonabnehmer. Ab Mitte 1965 wurde das Instrument dann mit einem neuen Konzept angeboten. Der Hals der neuen Firebird-Variante war eingeleimt und statt der bis dato verwendeten Mini-Humbucker kamen bei den Modellen I und III einspulige P90-Pickups zum Einsatz. Der durchschlagende Erfolg blieb dieser Gitarre jedoch verwehrt, worauf man auch diese Produktion 1969 einstellte. Im Laufe der 70er und 80er Jahre wurden zwar mehrere kurzlebige Reissue-Modelle der ersten Firebird-Generation wieder aufgelegt, doch erst seit 1990 wird sie wieder kontinuierlich gebaut.

Trotz ihres eher rockorientierten Designs wurde die Firebird in den 60er und 70er Jahren gerne von Bluesmusikern gespielt. So sah man Eric Clapton während seiner Zeit bei Cream häufig mit dem Feuervogel und Johnny Winter kann man sich ohne seine Firebird erst gar nicht vorstellen. Heutzutage wird die Gitarre vermehrt von Alternative-Rockband-Gitarristen umgeschnallt. Dave Grohl und Chris Shifflett von den Foo Fighters spielen die Firebird häufig live – aber auch im Studio. Dabei nutzt Grohl ein Modell jüngeren Herstellungsdatums, das den Beinamen Studio trägt und mit zwei Humbuckern bestückt ist. Ein Exemplar aus dieser Serie liegt in meinen Armen und wartet auf gitarristische Streicheleinheiten …

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KORPUS

Der Korpus der Firebird Studio besteht aus zwei Mahagonihälften und ist im Falle unseres Testmodells schwarz (Ebony) lackiert. Die Studio ist wahlweise aber auch in Cherry und mit goldener Hardware erhältlich. Mit 41 mm liegt die Korpusdicke genau zwischen Les Paul (ca. 49 mm) und SG (ca. 36 mm). Der Body besitzt keine Wölbung und außer den stark abgerundeten Kanten sind keine weiteren Shapings in Sicht. In Sachen Hardware kommt ein Team aus verchromter Tune-O-Matic Bridge und  Stop Tailpiece zum Einsatz. Die Reiter der Bridge werden durch relativ lange Schrauben mit 9 mm Einstellweg fixiert, sodass sich die Oktavreinheit perfekt einstellen lässt. Das weiße Schlagbrett kommt im typischen Firebird-Shaping und ist mit dem Markenzeichen – einem stilisierten Feuervogel – verziert. Direkt neben dem Vogel parkt der 3-Wege Pickup-Wahlschalter. Hier ist er zwar etwas weitab vom Schuss, aber damit muss man wohl leben. Die restlichen Bedienelemente (2 x Volume-, 2 x Tone-Poti und Klinkenbuchse finden am unteren Ende des Korpus ein Plätzchen

PICKUPS
Die Firebird Studio ist mit den Gibson Alnico Humbuckern 490R (Hals) und 498T (Steg) bestückt. Beide Pickups haben Standardgröße und verstecken ihre Spulen unter Chromabdeckungen – also keine Mini-Humbucker wie bei den alten Modellen. Das macht sich natürlich besonders in der Ausgangsleistung bemerkbar. Die Studio liefert einen ordentlichen Pegel und macht dementsprechend viel Dampf. Die Schaltung entspricht dem, was man von Gibson-Gitarren gewohnt ist. Mit dem 3-Wege Pickup-Wahlschalter sind die Kombinationen Steg, Steg/Hals und Hals möglich und dank der für beide Motoren separaten Volume- und Tone-Potis steht auch einem individuellen Einstellen der Pickup-Sounds nichts im Wege.

HALS
Genau wie der Korpus besteht auch der Hals der Firebird aus Mahagoni. Er ist mit dem Korpus verleimt, besitzt also keine durchgehende Halskonstruktion wie die alten Modelle. Trotz der stark abgewinkelten Kopfplatte und des damit verbundenen Materialmehraufwands hat sich Gibson dazu entschieden, den Hals aus einem einzigen Stück zu fertigen – ein Stück Tradition, das man dankend annimmt. Halsrückseite und Kopfplatte sind schwarz lackiert. Das aufgeleimte Palisandergriffbrett bietet Platz für 22 Mediumbünde. Perloid-Dot Einlagen in Griffbrett und Sichtkante sehen cool aus und sorgen für eine optimale Lagenorientierung. Die Kombination aus dem verwendeten D-Profil und den sauber abgerichteten und polierten Bünden garantiert einen optimalen Spielkomfort, der sich dank des weit ausgeschnittenen Cutaways bis in die höchsten Lagen fortsetzt.

Auf ihrem Weg zur Firebird-typisch geformten Kopfplatte überqueren die Saiten einen perfekt eingesetzten und befeilten Sattel – eine Grundvoraussetzung für eine optimale Intonation. Dank der recht stark abgewinkelten Kopfplatte konnte auf weitere „Stimmungs-Vernichter“ wie Saiten-Niedrighalter verzichtet werden. Und da auch die verwendeten Grover Mini-Mechaniken sehr leichtgängig und präzise arbeiten, sollte einem guten Tuning in allen musikalischen Lebenslagen nichts im Wege stehen.

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PRAXIS/SOUND

Die Größe des Vogels wird besonders durch den mitgelieferten Koffer deutlich. Der tendiert mit den Maßen 122 x 44 x 14 cm schon in Richtung Bass. Lange Wege zu Fuß sind hiermit nicht zu empfehlen, da lohnt sich auf jeden Fall die Anschaffung eines Gigbags. Für die sichere Unterbringung der Firebird im Bandbus ist der gut verarbeitete Koffer allerdings bestens geeignet

Der Firebird eilt der Ruf voraus, dass sie besonders kopflastig und dadurch vor allem im Stehen nicht sehr komfortabel zu spielen sei. Das ist bei der Studio definitiv nicht der Fall. Das Instrument ist sehr gut ausgewogen und lässt sich sitzend wie stehend ausgezeichnet spielen – und dank der abgerundeten Kanten liegt es dabei auch noch wunderbar am Körper an. Wahrscheinlich wirkt sich der Einsatz der Mini-Mechaniken gegenüber den wesentlich schwereren Banjo-Mechaniken positiv auf die Balance aus. Die Einstellung von Hals und Saitenlage ab Werk ist bestens und schon im unverstärkten Zustand gibt die Firebird einen lauten, ausgewogenen Klang von sich. Es wird Zeit, das Gerät mal an den Verstärker anzuschließen.

Wie bereits erwähnt, hat die Firebird Studio aufgrund ihrer veränderten Konstruktion (Pickups, Hals-Korpus Verbindung, Stimm-Mechaniken) mit ihren Vorgänger-Modellen eigentlich nur noch die Form und das grundsätzliche Aussehen gemeinsam. Wer einen kratzigen, drahtigen Blues-Sound á la Johnny Winter erwartet, der ist hier definitiv fehl am Platz. Den klanglichen Grundcharakter kann man grob mit den Worten warm, fett und druckvoll umschreiben. Was das genau zu bedeuten hat, erfahrt ihr jetzt im Einzelnen.

Im Cleanbereich liefert der Halstonabnehmer einen sehr warmen, bassbetonten Klang, der sogar fürs Jazzen geeignet ist. Es würde mich zwar wundern, wenn Jazzgitarristen plötzlich eine Firebird spielen würden, aber warum nicht. Schließlich haben die Alternative-Rocker auch die Semi-Akustik Jazzgitarre für ihre Zwecke entdeckt.

Audio Samples
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Clean Twin Neck

Die Ansprache ist optimal, jede Klangnuance, ob mit Fingern oder Pick angeschlagen, wird vom Instrument perfekt wiedergegeben. In punkto Dynamik und Obertonansprache kann ich dasselbe sagen.
Im Cleanbetrieb ist das Klangverhalten des Steghumbuckers dem des Halstonabnehmers ähnlich. Er klingt ebenfalls sehr warm und ohne aggressiven Höhenbereich – eine Eigenschaft, die gerade bei clean gespielten Gitarren mit Steghumbuckern oft negativ auffällt. Kein Problem bei der Firebird, denn selbst bei härterem Anschlag wird der Klang nicht unangenehm kratzig. Außerdem fällt der ausgeprägte Bassbereich auf. Im folgenden Audio habe ich die Gitarre auf Drop-D gestimmt (tiefe E-Saite nach D). Die Bässe kommen sehr klar und knackig rüber ohne zu dröhnen. So soll das sein.

Audio Samples
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Clean Twin Bridge Clean Twin Middle

Die Kombination aus Hals- und Stegtonabnehmer steht der Klangqualität der beiden einzelnen Pickups in nichts nach – hervorragend geeignet für Funky Chords, Strumming oder Arpeggio-Akkorde wie im folgenden Beispiel.

Wir legen beim Amp ein wenig mehr Gain auf und kommen zu den angezerrten Klängen. Der Halspickup lässt sich ohne weiteres fürs groovige Funken mit Single Notes und Akkorden verwenden. Der Anschlags-Attack kommt gut rüber, der Sound ist zwar etwas weicher und nicht so knackig wie beispielsweise bei einer Telecaster, allerdings hat der Klang auf jeden Fall ausreichend Durchsetzungsvermögen für amtliche Funk-Grooves.

Audio Samples
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Crunch Sovtek Neck Crunch Sovtek Middle

Wählt man die Kombination aus beiden Tonabnehmern, kann man zum Beispiel wunderbar Old School Rock Riffs mit angezerrtem Sound auf den tiefen Saiten spielen. Hierbei wird besonders das große Klangvolumen der Firebird deutlich: Druckvolle Bässe, die aber nie matschig klingen. Die Höhen sind klar, aber nie bissig. Sehr gut, wenn man der einzige Gitarrist in der Band ist und ein breites Klangspektrum zu füllen hat.

Jetzt kommen wir zum Spezialgebiet unseres Raubvogels: verzerrte Sounds. Hier glänzt das Instrument auf ganzer Ebene und liefert druckvolle, dynamische und mit wunderbaren Obertönen angereicherte Klänge. Auffällig ist dabei auch das Sustain – die Töne bleiben lange stehen und, je nach Lautstärke am Verstärker, klingen langsam harmonisch aus oder kippen angenehm in den Obertonbereich. In Verbindung mit einem Marshall-Amp lassen sich so herrlich Rock Riffs auf den tiefen Saiten zimmern. Mr. Page hätte vermutlich auch öfters eine Firebird gespielt, wenn es sie in dieser Ausführung in den Siebzigern schon gegeben hätte.

Audio Samples
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Marshall Bridge Marshall Neck

Ein kritischer Punkt bei manchen Gitarren ist der Halstonabnehmer in Verbindung mit verzerrten Sounds. Spielt man Powerchords oder tiefe Riffs, dann ist der Klang häufig matt und hat wenig Durchsetzungsvermögen. Meist wechselt man in solch einem Fall auf den Steg-Pickup. Bei der Firebird haben wir dieses Problem nicht! Der Halstonabnehmer macht auch bei höherer Zerre ordentlich Dampf und drückt. Sehr gut einsetzbar für Stoner-Rock Sounds á la Josh Homme. Bei der Leadgitarre habe ich den Tone-Regler komplett zurückgenommen. Das funktioniert auch hervorragend, das Poti schneidet nicht breitbandig die Höhen und die oberen Mitten ab, sondern arbeitet ausschließlich im Höhenbereich und senkt diesen harmonisch ab. Sehr Gut!

Wir legen noch einen Gain-Faktor obendrauf und kommen zu den metallischen Gitarrenklängen. Vor den Verstärker wurde ein Metal-Verzerrer geschaltet (Vollgas, was sonst …), der Vogel auf Drop D gestimmt und das Riff Gewitter kann los gehen.

Audio Samples
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Metal Zone Sovtek

Das macht richtig Spaß!!! Die Ansprache auf den tiefen Saiten ist beeindruckend. Die Töne werden unglaublich knackig wiedergegeben, der Bassbereich röhrt und der Sound ist sehr präsent und trotz der hohen Verzerrung immer klar und direkt.

Als letztes kommen noch die üblichen Testdurchläufe zum Thema Dynamik und Akkordverständlichkeit bei hoher Verzerrung. Zuerst wird die Dynamik des Volume-Potis überprüft. Ich beginne mit heruntergeregelter Lautstärke an der Gitarre zu spielen und drehe ihn dann voll auf. Der Amp ist sehr verzerrt eingestellt.

Audio Samples
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Dyna Poti Duotone

Wunderbar! Der Regelbereich des Potis reicht von fast clean bis voll verzerrt. Allerdings ist die Regelkurve nicht linear, erst wenn man das Poti fast ganz zurückgenommen hat, nimmt die Verzerrung ab.

Nun kommt die Anschlagsdynamik. Zuerst wird leicht mit den Fingern angeschlagen, dann hart mit dem Pick.

Audio Samples
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Dyna Pick Duotone

Die Dynamik ist O.K. Durch die hohe Ausgangsleistung des Tonabnehmers kann man keine so große Bandbreite erzielen wie zum Beispiel bei einer Gitarre mit Single Coils. Allerdings wird von der Gitarre jede Klangnuance perfekt übertragen. Als letztes werden noch die Akkorde E, G, D, A bei voll verzerrtem Verstärker nacheinander angeschlagen und sollten als solche noch zu erkennen sein.

Audio Samples
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Chords Duotone

Auch hier gibt es keine Beanstandungen. Sehr Gut!

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FAZIT

Mit der Firebird Studio ist Gibson eine sehr gute Weiterentwicklung des ursprünglichen Konzepts gelungen. Im Gegensatz zum klassischen Urahn mit dem charakteristischen Sound der Mini-Humbucker hat die Studio wesentlich mehr Power und Druck. Daher ist sie besonders der Kategorie Gitarristen sehr zu empfehlen, die im Rock und Heavy Bereich tätig sind. Am besten gefällt sie mir bei den verzerrten Sounds, aber auch clean und angezerrt klingt sie absolut überzeugend. Sie hat einen sehr warmen, bassbetonten Klang, der nie bissig wird, sich aber trotzdem tadellos durchsetzt. Dynamik, Ansprache und Obertonverhalten sind makellos, Bespielbarkeit und Verarbeitung erstklassig. Es gibt ausnahmsweise nichts zu meckern – wer eine Gitarre mit einem extravaganten Aussehen und erstklassigem Sound sucht, der sollte den Feuervogel unbedingt in die Hand nehmen. Das Preis-Leistungs-Verhältnis ist sehr gut.

Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • Sound
  • Bespielbarkeit
  • Verarbeitung
  • Ansprache, Dynamik
Contra
Artikelbild
Gibson Firebird Studio Test
Für 598,00€ bei
Technische Daten
  • Hersteller: Gibson
  • Model: Firebird Studio
  • Finish: Ebony
  • Korpus: Mahagoni
  • Hals: Mahagoni
  • Profil: Standard D
  • Griffbrett: Palisander
  • Halsbreite Sattel:
  • Halsbreite 12.Bund:
  • Halsdicke 5. Bund:
  • Mensur: 628 mm
  • Bünde: 22 Medium-Bünde
  • Mechaniken: Grover Mini
  • Pickups: Gibson 490R (Hals), 498T (Steg)
  • Regler: 2 x Volume, 2 x Tone
  • Brücke: Tune-O-Matic Bridge, Stop Tailpiece
  • Preis: UVP 1111,- Euro
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Profilbild von flippovich

flippovich sagt:

#1 - 28.05.2013 um 23:59 Uhr

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hab sie!
seit mittlerweile 3 jahren oder so.
gut ist sie, da geb ich dem redakteur recht, sämtliche studio paulas spielte sie bisher an die wand...gegen die aus den 80er jahren standart paula vom bandkollegen verliert sie auch nich, sondern klingt einfach anders (hat ganz leichte telecaster-gene), aber immer noch klassisch gibson, was ich sehr schätze

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