FMR Audio Really Nice Levelling Amplifier RNLA7239 Test

Keine Zugeständnisse an den Zeitgeist kennt auch der Really Nice Levelling Amplifier RNLA7239. Der analoge Stereo-Kompressor im Miniformat kommt zwar mit knallroten Potiknöpfen daher, aber das war’s dann auch schon mit optischen Extravaganzen. Pate für unseren pragmatischen Testkandidaten stand der Ur-RNLA, der schon vor sage und schreibe 24 Jahren für Furore sorgte. Ob dessen “moderner” Nachkomme wie seine aktuellen Geschwister Compressor und Preamp ebenfalls für positive Überraschungen gut ist, das soll unser Test klären. Zumindest signalisiert sein Preis schon mal, dass hier David absolut keinen Respekt vor den großen, teueren Goliaths hat.

zweiter Text

AUFBAU, TECHNISCHER WERTE UND EINSATZGEBIET
“Levelling Amplifier” ist im Grunde nichts weiter, als ein anderer Begriff für “Audio-Kompressor”. Diesen Begriff haben FMR offensichtlich gewählt, damit der Kunde den RNLA einfacher von seinem Bruder RNC (“Really Nice Compressor”) unterscheiden kann. Dieser färbt das Signal deutlich geringer und arbeitet transparenter. Als potenzielle Käufer des RNLA7239 kommen tendenziell alle interessierten Tontechniker und Musiker in Frage. Die Tatsache, dass FMR seine Geräte in einfache Plastikgehäuse mit externem Netzteil baut, schränkt die Live-Tauglichkeit sicher ein wenig ein, doch durch seine geringen Ausmaße (1HE x 1/3 Rackspace) und sein Federgewicht (490 Gramm!) macht er sicher einiges wieder wett – zumal es grundsätzlich nicht unüblich ist, für den Gig auch mal ein “kleines Besteck” dabei zu haben. Bei der Entwicklung wurde jedoch sicherlich in erster Linie an den Einsatz im Tonstudio gedacht – allerdings kann es durchaus ärgerlich sein, wenn sich ein Gerät nicht dem 19″-Standard unterwirft. Einen Really Nice in ein Studiorack zu integrieren, kann also leider zu unorthodoxen Methoden wie Festklemmen oder Anbohren veranlassen – ich habe sogar schon von Engineers gehört, die derartige Geräte schlicht und einfach samt Netzteil in ein 19″/1HE-Leergehäuse umgetopft haben. Natürlich hält der Handel auch Rackwannen bereit, auf denen Kleingeräte fixiert werden können – in den USA sind von Funk Logic 19″-Blenden erhältlich, die in der Lage sind, zwei FMRs aufzunehmen. Wie auch immer: Ein Gehäuseformat sollte den Kauf und Einsatz nicht verhindern – der legendäre Röhrenkompressor Fairchild 670 passt schließlich auch nicht in ein 19″-Rack.

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Dass man es bei dem kleinen Texaner mit einem wirklich ernstzunehmendem Studiogerät zu tun hat, bestätigt ein Blick auf manche Webseiten amerikanischer Pro-Audio-Reseller. Dort ist das FMR-Gerät oftmals zwischen den großen Boliden aufgelistet. Die Tatsache, dass der Preis für den kleinen Dynamikprozessor zumindest um eine Dezimalstelle kürzer ist, zeigt, dass er keinerlei Hemmungen hat, den großen und teuren Studio-Kompressoren die Zunge herauszustrecken. Und die Tatsache, dass dies nun schon einige Jahre so ist, deutet darauf hin, dass das kecke Gerät nach dem Zunge-Herausstrecken nicht einmal weglaufen muss, sondern durchaus in der Lage ist, sich zu behaupten.
Natürlich haben FMR diese Studiogeräte-Gattung nicht erfunden, es gibt eine ganze Reihe Hersteller, die Kompressoren, Mikrofon-Vorverstärker und Equalizer im Desktop-, 9,5-Zoll oder sonst welchem Handtaschen-Format anbieten – aber entweder zu einem Vielfachen des Preises oder eben nicht in dieser Klangqualität.

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Der FMR RNLA7239 kommt in einem nicht sonderlich robust wirkenden Gehäuse aus grauem Kunststoff daher, welches den Leergehäusen, die man in Elektronikartikel-Katalogen bestellen kann, erstaunlich ähnlich sieht. Immerhin: Die Grundplatte ist aus Metall und hat eine kleine Bohrung, mit der man zumindest versuchen kann, das Federgewicht daran zu hindern, sich der Gravitation zu ergeben. Die Rückseite wartet direkt mit einer kleinen Überraschung auf: Die Inputs sind als Stereo-Klinkenbuchsen ausgelegt, die man bei Bedarf als In/Out verwenden kann. Wozu das gut sein soll? Nun, mit einem “normalen” symmetrischen Klinkenkabel kann man je einen Kanal des FMR mit der Insert-Buchse des Mischpults verbinden – ohne die teuren und im Ernstfall nicht verfügbaren Insert-Splitkabel benutzen zu müssen. Selbstverständlich lässt sich der Kompressor auch wie gewohnt über zwei Ins und zwei Outs anschließen. Nachteil: Durch diese Art der Inputbuchsen-Verkabelung fällt die Möglichkeit unter den Tisch, symmetrische Line-Kabel zu verwenden. Soll das Gerät mono verwendet werden, muss der linke Input genutzt werden, damit der Detektorweg ordnungsgemäß funktioniert. Einen Mono-Sidechain gibt es auch und netterweise mit der gleichen Insert-Funktionalität, so dass Parallel-Splits auf der Patchbay oder halb eingesteckte Kabel im Insert der Vergangenheit angehören: Das Signal, das als externes Key-Signal verwendet werden soll, wird vom Pult aus einfach mittels Insert zum RNLA geleitet und postwendend unversehrt zurück zum Abgriffpunkt im Kanal geschickt. Die Möglichkeit, das External-Keying zu deaktivieren, bietet der kleine Südstaatler leider nicht. Wie bei vielen Kleingeräten muss man auch hier mit einem externen Netzteil leben. 9 Volt Gleichstrom mit einem halben Ampère Stromstärke erwecken den FMR zum Leben. Die Hauptplatine ist in die Haltungsschienen des Gehäuses eingeschoben, eine kleinere,  im 90-Grad-Winkel angebaute Platine trägt die Bedienelemente sowie die Meter. Ein Großteil der verwendeten Bauteile ist als SMD (Surface-Mounted Devices) ausgeführt, also entsprechend klein und sicherlich automatisch bestückt. Auch eine Vielzahl von Operationsverstärkern ist vorhanden (von Texas Instruments natürlich).
Ein Clipping definieren die Amerikaner mit 3% THD bei 22,5dBu für 1kHz – die Eingangs- und Ausgangs-Impedanzen liegen bei 10kΩ und 100Ω. Nichts Ungewöhnliches also. Erstaunlich für eine derart preiswerte Kiste ist allerdings, dass der Frequenzgang mit 10Hz-100kHz in einem Toleranzschlauch von nur einem dB liegt. Respekt! Der Klirr liegt im normalen Betrieb unterhalb von einem Prozent und das Rauschen vor dem Output-Gain unter -90dBu. Also auch hier alles gut.

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Auf der Frontplatte des in den USA gefertigten RNLA grüßen einfache Gummiregler mit altbekannten Bezeichnungen. Der Threshold erhöht seinen Wert wie gewohnt im Uhrzeigersinn, damit wird der Regelvorgang beim Aufdrehen des Potis seltener. Das Eingangs-/Ausgangsverhältnis (Ratio) reicht bis zu 25:1, was ein waschechtes Limiting darstellt. Die Attack-Zeit beginnt bei 200 Mikrosekunden, das Release lässt sich bis zu behäbigen fünf Sekunden einstellen. Gain ist das letzte der fünf Potis des RNLA. Der 7239 verfügt also über allseits bekannte Bedienelemente. Das Metering fällt leider etwas dürftig aus. Auf Input- und Output-Anzeigen muss wohl aus Platzgründen verzichtet werden, der Kompressionshub wird mit einer achtstelligen LED-Kette ausreichend präzise angezeigt. Neben dem obligatorischen Bypass findet der Nutzer noch einen Schalter, der den Untertitel LogRel trägt. Dieser Schalter verkürzt die Release-Zeit bei höheren Pegeln, was sich vor allem bei großen Hüben in perkussiven Signalen auszahlt: Das Ergebnis ist deutlich mehr “Punch”!

FUNKTIONSWEISE UND KLANG
Dass der RNLA7239 ein analoger Kompressor ist, wird niemanden verwundern. Auch, dass weder Röhren noch Optokoppler zum Einsatz kommen, ist verständlich: Das Regelglied ist ein einfacher VCA (“Voltage Controlled Amplifier”). Die Überraschung ist der Detektorweg, denn dieser arbeitet digital! Dies bedeutet, dass das Signal, welches vom eigentlichen Signalweg abgezweigt (oder im Falle von Sidechaining von außen hinzugefügt) wird, durch einen A/D-Wandler, einen DSP (“Digital Signal Processor”) und einen D/A-Wandler läuft, um dann wieder analog als Steuerspannung den VCA zu regeln. Die Audioqualität der Wandler ist dabei nicht allzu wichtig, da das Nutzsignal nicht durch diese Wandlung läuft, sondern nur das Steuersignal. Diese Technik ermöglicht es, äußerst präzise und schnelle Einstellungen zu realisieren. Trotzdem kann man mit dem RNLA das bei Vocal-Kompression süße Schmatzen der Plosivlaute erzeugen, wie man es vielleicht von den teuren Klassikern amerikanischer Bauart kennt.

Zuerst haben wir im Test Schlagzeugsounds über die Platine gejagt:

Audio Samples
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Drums, heavy Compression Drums, Effect-Compression Drums, Bypass Bassdrum, Fattening Bassdrum, Bypass Snaredrum, ohne LogRel Snaredrum, mit LogRel Snaredrum, Bypass

Bearbeitung weiterer Einzelsignale und der Summe:

Audio Samples
0:00
E-Piano, heavy Compression E-Piano, Bypass Bass, Attack Compression Bass, Bypass Vocals, heavy Compression Vocals, Bypass Summe, medium Compression Summe, Limiting Summe, Bypass

Wow! Das Gerät ist klein und hässlich, klingt aber groß und schön! Das Auge isst zwar bekanntlich mit, doch bei diesem Preis sollte man getrost beide zudrücken! Bei einem Blindtest hätte ich getippt, es sein ein LA3A-Clone in 19″/3HE mit zentimeterdicker Frontplatte, großen schwarzen Bakelit-Reglern und schummerig beleuchteten VU-Metern. Auf der Platine sucht man einen Optokoppler vergeblich, aber durch den digitalen Sidechain wird ein ähnlicher Regelcharakter erzeugt. Der Regelvorgang des Kleinen ist angenehm erkennbar, wodurch sich das Gerät auch für Drumbearbeitung empfiehlt. Während der Gain-Reduction werden zudem Harmonische (Obertöne) erzeugt, die Stimmen analoge „Wärme“ verpassen. Auch bei Synthesizern, Gitarren und Bässen kann diese Färbung genau das sein, was den Sound “rund” macht. Man würde sich allerdings wünschen, zur Färbung die Regler nicht so weit “treten” zu müssen. Auf der Summe oder im Bus angewendet, kann dieser “Vintage-Charakter” doch schnell auch zu viel des Guten sein. Wer generell eher unauffällige Regelvorgänge sucht, sollte stattdessen einen Blick auf das Geschwisterchen des RNLA, den Kompressor RNC1773 werfen.

FAZIT
Insgesamt hinterlässt das Kistchen einen guten Eindruck. Nicht zuletzt das mit dem Laserdrucker ausgedruckte und zusammengeheftete “Handbuch” zeigt, dass die Energie bei FMR in den Sound und die technischen Daten des Geräts gesteckt wurde. Und das ist heute ein fast schon seltenes Gut.
Noch einmal schwarz auf weiß: Ich habe bei der Preisangabe keine Null vergessen. Und nein, man kauft keinen Kompressor-Bausatz mit einer Löt-Anleitung, sondern ein bereits zusammengebautes hochprofessionelles Audio-Werkzeug. Und angesichts dieser Tatsachen möchte ich mich fast schämen, negative Punkte in der Bewertung aufzuführen. Ganz ehrlich: Der RNLA ist einer der besten Stereo-Kompressoren unter 1000 Euro und kann auch mit noch wesentlich teureren Geräten mithalten. Nur sieht er halt wirklich nicht danach aus. Studiokunden können trotzdem beeindruckt werden, aber eben nur auf dem akustischen Wege (sowieso der Idealfall). Die Geräte von FMR spielen offensichtlich das sonst übliche amerikanische “the bigger, the better”-Spiel nicht mit, sondern erinnern eher an britisches Understatement. Ohne schlechtes Gewissen kann jedem zu diesem Gerät geraten werden. Für den Sommerschlussverkauf-Preis erhält man ein absolut professionelles Präzisionsgerät. Manchmal ist es ja doch besser, nicht all zu viel Geld für seinen Kram auszugeben und von der Differenz zum teuren Angeber-Kompressor stattdessen die Freundin zum Kurzurlaub am Meer einzuladen. Ich hab´s getan und bestimmt nicht bereut.

Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • äußerst geringer Preis
  • praktische Insert-Verkabelung möglich
  • sehr gutes Regelverhalten, hervorragende Audiowerte
  • angenehme “Vintage”-Färbung des Signals
Contra
  • Sidechain nicht schaltbar
  • Kunststoff-Gehäuse
  • externes Netzteil
  • Gerät akzeptiert keine symmetrischen Leitungen
Artikelbild
FMR Audio Really Nice Levelling Amplifier RNLA7239 Test
Für 259,00€ bei
Fotostrecke: 2 Bilder Auch zentimeterdicke Schminke macht aus dem hässlichen Entlein kein Mannequin….
TECHNISCHE DATEN
  • Stereo-Analogkompressor
  • digitaler Key-Weg
  • Drehregler: Threshold, Ratio, Attack-Time, Release-Time, Makeup-Gain
  • Schalter: Bypass, Mode Select
  • Acht-Segment-Meter für Gain Reduction
  • LogRel-Funktion für pegelabhängige Release-Funktion
  • Sidechain-fähig
  • Kompressionsverhältnis bis 25:1
  • Attack-Time 0,2 bis 200 Millisekunden
  • Release-Time 0,05 bis 5 Sekunden
  • Frequenzgang 10Hz – 100kHz (±0,5dB)
  • ISR-Verkabelung ohne Spezialkabel möglich
  • Plastikgehäuse 1HE-1/3-Rackspace
  • externes Netzteil
  • Preis: € 249,00
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