Fender Classic Series 50s Precision Bass Lacquer Test

Der Fender Classic Series 50s Precision Bass Lacquer im bonedo-Test  –   Vintage-Instrumente üben nach wie vor eine große Faszination auf uns aus und viele Musiker, die sich ein kostspieliges Original nicht leisten können oder wollen, entscheiden sich für ein Instrument mit der Optik, Haptik und im besten Fall auch dem Sound der begehrten alten Schätzchen. Einen relativ günstigen Einstieg in die Vintage-Welt bietet Fender mit seiner in Mexiko produzierten Classic Serie. Die beinhaltet die klassischen Standardmodelle mit einigen Spezifikationen der alten Originale und wirbt damit um die Gunst der preisbewussten Vintage-Fans. Für uns Basser wurde die Classic Serie Anfang 2013 um zwei weitere, etwas teurere Modelle mit dem Namenszusatz „Lacquer“ erweitert. Letzteres bezieht sich darauf, dass die Urenkel wie die Originale mit einer dünnen Nitrolackierung versehen sind und damit noch einen Schritt näher an das Original rücken.

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Brandneu im mexikanischen Programm ist der 60s Jazzbass Lacquer mit Palisandergriffbrett in 3-Tone-Sunburst und unser Testkandidat, der Classic Series 50s Precision Bass in schickem Schwarz mit One-Piece-Maple-Neck und goldeloxiertem Aluminium-Pickguard.

Details

Ein weiterer signifikanter Unterschied zu den anderen Modellen der Classic Serie wird schnell klar, nachdem ich den 50s Preci aus dem Karton geschält habe: Der neue Lacquer kommt nämlich in einem schicken braunen Fender Tweedkoffer mit Samt-Innenfutter, und das erklärt, neben der aufwändigeren Nitrolackierung, auch die Preisdifferenz von etwa 180 Euro. Das ist nämlich ziemlich genau der Preis, den man im Laden für einen solchen Fender-Koffer mit Vintageoptik bezahlt.
Auf rotes Plüsch gebettet ruht im Koffer der schwarze, dezent nach Nitro riechende Preci zusammen mit den üblichen Fender-Zugaben in Form einer Bedienungsanleitung, diversen Aufklebern und den nötigsten Einstellwerkzeugen. Kabel und Fender-Umhängegurt sind nicht mit an Bord. Der Bass sieht wirklich klasse aus, obwohl ich zugeben muss, dass Schwarz eigentlich nicht meine Lieblingsfarbe ist. In diesem Fall aber verleiht die Kombination mit dem honigfarbenen Hals und dem schicken, goldenen Alupickguard dem eigentlich langweiligen Schwarz eine edle Eleganz. Darüber hinaus ist der hochglänzende Nitrolack absolut tadellos verarbeitet, nicht nur auf dem Korpus, sondern auch in transparenter Form auf dem Hals.
Unter dem Lack verbirgt sich eine klassisch bewährte Holzkombination mit einem Korpus aus Erle und dem kräftigen Preci-Hals aus einem Stück Ahorn – das Griffbrett wurde also nicht aufgeleimt, wie das bei moderneren Fender-Modellen der Fall ist. Daraus resultiert auch der sogenannte „Skunk Stripe“ auf der Halsrückseite: Bei einteiligen Hälsen ohne Griffbrett wird der Einstellstab von hinten eingelegt, der Kanal danach mit einem dunklen Holzstreifen verschlossen. Bedient wird der Halsstab auf der Korpusseite. Allerdings ist die Schraube dafür – auch das entspricht der Tradition – wie bei vielen alten Fender-Modellen halb verdeckt und nur nach Abschrauben des Pickguards ungehinderten zugänglich – eine etwas lästige Prozedur.
Der Hals selbst verfügt über die in der Classic-Serie üblichen Vintagemaße mit einer Breite von 44,45 mm am Sattel, einen Griffbrettradius von 184,1 mm und das etwas kräftigere C-Profil. Der Draht für die 20 Bünde ist dementsprechend auch eher dünn und flach, wie man es von den Originalen eben kennt.

Fotostrecke: 5 Bilder Edle Eleganz: Schwarz lackierter Erle-Korpus

In Sachen Hardware ist das neue Lacquer-Modell identisch mit dem „normalen“ 50s Precision aus der Classic Serie. Auf der Kopfplatte sitzen demnach vier „American Vintage Reverse Tuner“, also offene Stimmmechaniken, die spiegelverkehrt funktionieren. Als Brücke kommt ein Vintage-Blechwinkel ohne Führungsrillen für die Saitenreiter zum Einsatz, und für den verstärkten Sound sorgt der „Vintage Split Single-Coil Precision Bass“-Tonabnehmer aus dem Hause Fender. Ebenfalls precisiontypisch spartanisch präsentiert sich das Cockpit des passiven 50s Lacquer Models: Lediglich mit einem Lautstärkeregler für den Tonabnehmer und einem weiteren Regler zum Absenken der Höhen, dem klassischen Tone-Regler, kann es aufwarten.

Fotostrecke: 5 Bilder Vintage Split Single-Coil Pickup

Nach der ersten Begutachtung des Basses muss ich sagen, dass ich ein weiteres Mal von der hohen Qualitätsanmutung eines Instrumentes aus mexikanischer Fertigung angetan bin. Klar, die Lacquer-Modelle sind auf den ersten Blick keine Schnäppchen und manch einer wird sich scheuen, den Straßenpreis von knapp tausend Euro für ein Instrument aus Lateinamerika auf den Tisch des Hauses zu legen. Aber immerhin ist ein nobler Tweedkoffer mit an Bord und in Sachen Verarbeitung muss sich der neue Preci keinesfalls hinter deutlich teureren Modellen von Fender oder den Instrumenten anderer renommierter Hersteller verstecken.

Fotostrecke: 5 Bilder Unser Preci von hinten

Praxis

Mein durchaus positiver Eindruck erhärtet sich, als ich den Bass zum ersten Mal spiele. Es kommt nicht allzu oft vor, dass man einen Bass aus dem Karton direkt anschließen und spielen kann, ohne erst die Halskrümmung, die Saitenlage und diverse andere Einstellungen justieren zu müssen. Dem schwarzen Lacquer kann ich allerdings ein hervorragendes Setup attestieren, ein fast gerader Hals mit nur minimaler Krümmung, ein optimal gefeilter Sattel, der das Greifen der tiefen Töne mühelos zulässt. Die ohnehin schon sehr gute Saitenlage konnte ich sogar noch deutlich sportlicher einstellen und nach unten schrauben, ohne den Sound anzutasten – alle Lagen klingen sauber und kein Bund rasselt. Das spricht für eine präzise Bundierung und bestätigt meinen guten Eindruck hinsichtlich der Verarbeitungssorgfalt.
In Sachen Bespielbarkeit gibt sich das neue Classic Model wie ein Vintage Precision. Der Hals hat zwar kein berüchtigtes Baseballschlägerformat wie einige alte Fender, aber ein ordentliches C-Profil mit dem etwas breiteren Sattel (44,45 mm statt 41,3 mm beim Standard Preci) gibt einem schon ein Pfund in die Hand. Dass seine knapp 3,7 Kilo Gesamtgewicht nicht die Welt sind, zeigt sich an der Balance. Der leichte Korpus hat dem mächtigen Hals mit den schweren Vintage-Mechaniken nichts Ebenbürtiges entgegenzusetzen, sodass ein gewisses Maß an Kopflastigkeit vorprogrammiert ist. Ich hatte schon besser ausbalancierte Precis in der Hand als den Lacquer, aber um ehrlich zu sein, auch schon deutlich schlimmere Patienten. Aber mit einem rutschsicheren Gurt aus Leder und etwas Gegendruck der rechten Hand lässt sich unser Kandidat ganz gut in eine waagerechte Preci-Spielposition bringen.
Soundtechnisch gibt sich der Tieftöner dafür wesentlich gutmütiger. In aller Kürze auf den Punkt gebracht produziert er einen im besten Sinne simplen Sound, der einfach funktioniert. Das Lacquer 50s Modell klingt vielleicht nicht ganz so aufgeräumt, kompakt und transparent wie beispielsweise ein American Standard Modell, dafür aber schön rund und warm im Tiefbass, während sich der obere Bereich etwas gedeckter und milder präsentiert, also typisch „vintage“ eben. Mit diesem organischen Sound macht man in jeder Musikrichtung eine gute Figur, für Soulbass-Grooves ist er sowieso prädestiniert. Aber auch der Slapsound kann sich hören lassen, kommt wirklich „punchy“ und absolut nicht aufdringlich. Ein Precision ist zwar kein Soundchamäleon, sonder eher ein „One Trick Pony“, ein paar Variationen lassen sich mithilfe des Master Tone Reglers aber schon aus ihm herauskitzeln. Mit zugedrehter Höhenblende produziert er noch fettere und weichere Sounds, die sich hervorragend mit Reggae-Grooves oder auch Walking-Basslinien verstehen.
Die Tonblende des neuen 50s Precision aus Mexiko greift wirkungsvoll ins Klangbild ein, der Sound hat aber auch mit abgesenkten Höhen noch ordentlich Fleisch und ausreichend Kontur, um sich im Bandsound durchzusetzen. Insgesamt also eine gelungene Performance des Classic 50s Lacquer Modells am Verstärker. Man merkt allerdings auch schon beim ersten Kontakt im unverstärkten Trockengang, dass die Grundkonstruktion gesund ist und einfach funktioniert – das Instrument ist sehr resonant, hat keine nennenswerten Deadspots und schwingt gleichmäßig in allen Lagen.

Audio Samples
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Blende zu Flat Slap Tone halb
Sound und Verarbeitung sind top
Sound und Verarbeitung sind top

Fazit

Man könnte den Classic 50s Lacquer Precision mit Blick auf die Features als eine Kreuzung der beliebten RoadWorn-Serie mit den „normalen“ Modellen der Classic Serie bezeichnen, zumal er auch preislich ziemlich genau dazwischenliegt. Bassisten, die auf RoadWorn Precis stehen, aber lieber einen optisch neuen Bass ohne Relic-Bearbeitung vorziehen, wird der neue Lacquer auf jeden Fall ansprechen. Genau so wie die Freunde der Classic 50s Precision Bässe, die der Standard Poly-Lackierung ein dünnes Nitro-Finish vorziehen. Wie auch immer, dem Lacquer spendiert Fender als einzigem der drei Modelle den schicken Tweedkoffer und relativiert damit den höheren Preis. Schade nur, dass die Farbauswahl sehr beschränkt ist – wer auf Schwarz steht, ist klar im Vorteil. Ansonsten kann man mit dem schicken Nitro Model aus Mexiko nicht viel falsch machen, wenn man einen relativ günstigen Preci mit Vintage-Flair sucht. Der Sound ist top, die Verarbeitung absolut lobenswert und über den mitgelieferten stilgerechten Tweedkoffer wird sich wohl auch niemand beklagen.

Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • elegante Vintage-Optik
  • tadellose Verarbeitung
  • hochwertiges Nitro-Finish
  • schöner, praxistauglicher Grundsound
  • Ausstattung mit Tweedkoffer
Contra
  • leicht kopflastig
Artikelbild
Fender Classic Series 50s Precision Bass Lacquer Test
Für 1.099,00€ bei
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Facts
  • Hersteller: Fender
  • Land: Mexiko
  • Model: Classic Series 50s Precision Bass Lacquer
  • Mensur: Long Scale 34“
  • Korpus: Erle, schwarze Nitrolackierung, Hochglanz, goldeloxiertes Schlagbrett
  • Hals: einteilig Ahorn, transparenter Nitrolack, 20 Vintage-Bünde, Griffbrettradius 184,1 mm, Sattelbreite 44,45 mm
  • Hardware: American Vintage Reverse Tuner, 4-Saddle American Vintage Bass Bridge
  • Tonabnehmer: Vintage Split Single-Coil Precision Bass
  • Regler: Master Volume, Master Tone
  • Gewicht: ca. 3,7 kg
  • Preis: 1.099,00 Euro (UVP)
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Profilbild von Pete

Pete sagt:

#1 - 06.06.2014 um 12:48 Uhr

0

Ähm, sorry, Mexiko ist 'nur' Lateinamerika, nicht Südamerika.
Die Mexikaner produzieren übrigens seit 100 Jahren gute akustische Gitarren und akustische Bassgitarren. Wahrscheinlich zahlt Fender nun endlich Löhne, so dass auch ausgebildete 'Holzarbeiter' mittun wollen...

Profilbild von BonedoMalte

BonedoMalte sagt:

#2 - 16.06.2014 um 13:40 Uhr

1

Hallo Pete,du hast natürlich vollkommen Recht! Wir sofort korrigiert!Vielen Dank für den Hinweis!
Malte

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