Steinberg UR44 Test

Steinberg UR44 im Test bei bonedo – Mit der UR-Reihe von Steinberg befindet sich eine breit aufgestellte Produktpalette rund um das Thema Audio Interfaces im Sortiment der Hamburger DAW-Fabrikanten.

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Nachdem wir kürzlich das zwei-kanalige UR22 genauer unter die Lupe genommen haben, widmen wir uns heute nun dem größeren UR44, welches mit zusätzlichen Kanälen und einem deutlichen Mehr an Features aufwarten kann. Ob uns hierbei auch das Gesamtpaket überzeugen kann? Mehr dazu in diesem Test.

Details

Allgemeines


Das Steinberg UR44 ist ein 6-In/4-Out-Interface für USB 2.0, das aufgrund seiner Größe und Ausstattung am ehesten der “mobilen Mittelklasse” zugezählt werden kann. Es besitzt also sechs Ein- und vier Ausgangskanäle bei einer maximalen Wandler-Auflösung von 24 Bit und 192 kHz. Es soll ja durchaus einen professionellen Touch vermitteln, solch hohe Abtastraten auch im Low-Cost-Bereich anzubieten, dennoch stellt sich mir hierbei immer die Frage, ob dies angesichts der erforderlichen Rechenleistung für ein Hobbystudio überhaupt Sinn macht. Ich für meinen Teil bleibe lieber bescheiden und gebe mich auch weiterhin meist mit 24 Bit und „nur“ 48 kHz zufrieden.

Beim UR44 lassen sich alle Pre-Amps direkt per Poti pegeln. Die Beschickung mit 48V Phantomspannung geschieht paarweise via Drucktaster.
Beim UR44 lassen sich alle Pre-Amps direkt per Poti pegeln. Die Beschickung mit 48V Phantomspannung geschieht paarweise via Drucktaster.

Wie auch bei den anderen Geräten der UR-Serie besteht das Gehäuse des UR44 aus Metall. Mit Abmaßen von 252 (B) x 47 (H) x 158 mm (T) und einem Gewicht von 1,6 Kg ist das Gerät jedoch auch immer noch kompakt genug, um auch außerhalb des heimischen Studios seine Dienste zu verrichten.

Vorderseitige Preamps

Als Anschlüsse kommen Combo-Buchsen mit XLR und Klinke zum Einsatz, welche sowohl Mikrofon- als auch Line/Instr-Signale verarbeiten. Die Inputs 1 und 2 sind dabei für den Anschluss von hochohmigen (Hi-Z) Signalen wie E-Gitarren oder Bässen geeignet, während die Inputs 3 und 4 Impedanz-mäßig für Line-Signale gewappnet sind. In der Preamp-Sektion setzt Steinberg wiedermal auf Yamahas D-Pre-Vorverstärker, welche uns bereits beim UR22 bereits klanglich überzeugen konnten.
Der rückseitige MIDI-In/Out stellt beim UR44 die einzige Datenschnittstelle dar, auf digitale Audioverbindungen wie S/PDIF oder ADAT hat man zu Gunsten des Preises verzichtet, was ich allerdings konsequent finde.
Die Output-Sektion bietet vier Mono- beziehnungsweise zwei Stereo-Outs, welche in Form von 6,3mm-Klinkenbuchsen ausgeführt sind. Intern stehen für das Routing zwei separate Stereo-Wege zur Verfügung, was besonders beim Aufnahme-Monitoring einen immensen Vorteil darstellt, da die Abhörwege von Engineer und Künstler getrennt voneinander abgemischt werden können. Weiterhin steht ein Main-Out bereit, um daran angeschlossene Abhörmonitore zu beschicken.

Auf der Rückseite des UR44 befinden sich neben den analogen Outputs, dem MIDI- sowie dem USB-Anschluss auch noch ein Powerschalter, die Buchse für das Netzteil und ein Umschalter für den Class-Compliant-Mode.
Auf der Rückseite des UR44 befinden sich neben den analogen Outputs, dem MIDI- sowie dem USB-Anschluss auch noch ein Powerschalter, die Buchse für das Netzteil und ein Umschalter für den Class-Compliant-Mode.

Sowohl Bedienelemente als auch die Anschlüsse bestehen aus Kunststoff. Insgesamt erscheinen alle Bauteile dabei durchweg hochwertig und stabil. Über jedem Input wurde zudem eine LED angebracht, welche im Falle einer Übersteuerung rot aufblinkt. Neben den Kanälen 1 und 3 befindet sich außerdem eine weitere LED, welche das Anliegen der Phantomspannung visualisiert. Zwar können alle Inputs per Drucktaster mit 48V beschickt werden, jedoch ist dies nur paarweise möglich.
Dank Class Compliant Mode kann das UR44 prinzipiell an jedem PC oder Mac via Plug’n’Play betrieben werden. Auch eine Verwendung am iPad ist möglich. Als Mindestvoraussetzungen werden vom Hersteller Windows 7 für PC- und Mac OSX 10.7 für Apple-User festgelegt. Ältere Betriebssysteme ab Windows XP bzw. OSX 10.5 werden ebenfalls unterstützt, hierfür ist jedoch eine andere Firmware für das Gerät erforderlich. Eine Kompatibilitätsliste findet ihr hier.

Software

Zur Erweiterung des Funktionsumfangs bietet Steinberg mit der beiliegenden dspMixFx Software eine DSP-gestützte Effekt-Suite, mit der anliegende Signale auf Wunsch bereits vor der Aufnahme bearbeitet werden können. Dabei kann der Nutzer selbst entscheiden, ob der Effekt direkt im Aufnahmeweg angewendet werden soll oder nur im Monitorsignal. Auch das interne Routing wird hier festgelegt. Über einen Tab-Umschalter kann zwischen Mix 1 und Mix 2 ausgewählt werden. Während Mix 1 sowohl an Output 1/2, den Main-Outs und dem ersten Kopfhörerverstärker anliegt, versorgt Mix 2 den zweiten Kopfhörer, sowie die Line-Outs 3 und 4.

Dank der "doppelten" Beschriftung auf der Oberseite ist das Einstecken der Kabel auch ohne "hinter das Gerät kriechen" möglich.
Dank der “doppelten” Beschriftung auf der Oberseite ist das Einstecken der Kabel auch ohne “hinter das Gerät kriechen” möglich.

In Sachen Effekten bietet dspMixFx neben Lo-Cut und Phasendreher ebenfalls einen virtuellen Insert in jedem Kanalzug. Auf diesem kann das „Sweet Spot Morphing Channel Strip Plug-In“ von Yamaha hinzugeschaltet werden. Neben Compressor und EQ steht auch noch ein Drive-Regler parat, mit dem das Signal nach Belieben „angezerrt“ werden kann.
Für Gitarristen bietet das UR44 mit dem Yamaha Guitar Amp Classics Plug-In einen virtuellen Verstärker, welcher vier verschiedene Soundstile beherrscht – Clean, Grunge, Lead und Drive. Ich denke die Namen sprechen hierbei für sich. Natürlich darf auch der klassische „Einsing-Hall“ an dieser Stelle nicht vergessen werden, welcher über einen Aux-Weg im Kanal beschickt werden kann. Für das nötige Maß an Raumklang sorgt dabei der Yamaha REV-X Reverb, welcher mit fünf Presets von Small Room bis hin zu Church aufwartet. Dank integriertem DSP-Chip zur Berechnung der Effekte entstehen während der Aufnahme keinerlei Latenzen.
Die dspMixFx Software ist sowohl für Windows- als auch Mac-Betriebssysteme verfügbar. Auch eine iPad-App kann über den iTunes-Store kostenfrei bezogen werden. Diese unterscheidet sich in der Benutzeroberfläche jedoch leicht, da sie auf die Touch-Bedienung optimiert wurde. Um eventueller Verwirrung an dieser Stelle vorzubeugen sei erwähnt, dass es nicht möglich ist, die PC- oder Mac-Variante via iPad fernzusteuern. Die Anpassungen des Gerätes gelten demnach immer nur für das jeweilige Aufnahmesystem.

Die Verwendung des mitgelieferten Netzteils ist zwingend.
Die Verwendung des mitgelieferten Netzteils ist zwingend.

Zum weiteren Lieferumfang gehört neben dem Gerät noch ein passendes Netzteil mit 12 V und 1,5 A. Dieses wird zur Verwendung des Interfaces auch dringend benötigt, da eine Versorgung über den USB-Port alleine nicht ausreicht. Weiterhin packt Steinberg eine Lizenz für Cubase AI7 mit ins Paket.

Praxis

Die Einrichtung des UR44 gestaltet sich dank Class Compilant Mode unter Windows, Mac OSX und auch iOS denkbar einfach. Anstecken via USB genügt und das Interface wird vom System erkannt und ist einsatzbereit. Wem das genügt, der kann an dieser Stelle bereits losarbeiten. Wer aber einen dedizierten Steinberg-Treiber sowie die dspMixFx Software verwenden will, sollte sich vorher noch das passende Software-Bundle hier herunterladen, um auch die bereits erwähnten DSP-Effekte und den zweiten Monitorweg verwenden zu können.
Da die wesentlichen Bedienelemente allesamt auf dem Frontpanel untergebracht sind, ist die Bedienung des UR44 dank Direktzugriff durchweg intuitiv. Mehrfachbelegungen der Potis oder andere Platzsparmaßnahmen gibt es glücklicherweise nicht. Der Regelweg sämtlicher Potis ist stufenlos und besitzt einen angenehmen Widerstand, was beim genauen Einpegeln der Signale hilfreich sein kann. Auch die Buchsen sind durchweg hochwertig verarbeitet. Hier wackelt also nichts.

Die Latenz ist wie beim UR22 sehr gut und nur minimal größer.
Die Latenz ist wie beim UR22 sehr gut und nur minimal größer.

Als nächstes musste das Gerät klanglich unter Beweis stellen, was es zu bieten hat. Hierbei diente mein RME Fireface UFX als Referenzwandler. Abgehört wurde über ein Paar Geithain RL 901K, damit auch ja keine Nuance verborgen bleibt. Beim Hörtest fiel zunächst auf, dass das UR44 einen sehr angenehmen Grundcharakter besitzt. Auch nach längerem Hören stellte sich kein Bereich als besonders störend heraus, was bei Interfaces dieser Preiskategorie recht selten der Fall ist. Zwar neigt der Wandler bei bassintensiver Musik hier und da ein wenig zur Verzerrung, das jedoch in einem wirklich vertretbaren Maß, sodass dies kein sonderliches Manko darstellt. Besonders positiv fiel die natürliche Mittenwiedergabe auf, welche gerade bei gitarrenlastiger Musik deutlich wurde. Hier trennt sich nicht selten die Spreu vom Weizen, da einige Wandler gerade bei verzerrten Lead-Sounds zu einem unangenehmen Klirren neigen.
Ein paar klangliche Einbußen besitzt der Wandler in Sachen Raumbreite- und tiefe. Hier hatte das RME teils deutlich die Nase vorn, wobei aber auch der weitaus höhere Preis berücksichtigt werden muss. In Sachen Transienten-Abbildung wiederum musste sich das Steinberg Interface nur knapp geschlagen geben. Dies sollte aber auch nicht überbewertet werden.
Im Aufnahmeweg wusste der eingesetzte Aufnahme-Wandler ebenfalls zu überzeugen. Der leichte Hang zur Übersteuerung im Bassbereich lässt sich zwar auch hier nicht verleugnen, das ist an dieser Stelle aber Klagen auf hohem Niveau. Mit einer Verstärkerleistung von 52 dB bietet das UR44 außerdem genügend Gain-Reserven, welche auch schwachen Signalen den nötigen Schub verleihen sollten. Zwar fängt man sich auch hier wie bei vielen Interfaces dieser Preisklasse in Extremeinstellungen einen Rauschteppich ein, beim UR44 wird dieser jedoch erst ab ca. 45 dB Verstärkung deutlich hörbar, was einen vergleichsweise guten Wert darstellt.

Audio Samples
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Acoustic – Stereo Acoustic – Brauner VM1 Acoustic – AKG C414 Shaker – Stereo Shaker – Brauner VM1 Shaker – AKG C414 E-Guitar – DI (Line) Bass – DI (Line)

Unserer Akustikgitarre verleiht das UR44 einen angenehmen und vollen Grundsound, der sich besonders durch einen natürlichen Mitten-Bereich auszeichnet. In Verbindung mit einem hochwertigen Mikrofon wie dem hier verwendeten Brauner VM1 lassen sich so sehr authentische Aufnahmen realisieren.
Unser Bassbeispiel unterstreicht noch einmal den Eindruck, welchen wir bereits im Wiedergabeweg gewinnen konnten. Saubere und natürliche Abbildung des Instrumentes mit einem Hauch an Verzerrung im unteren Bassbereich. Leider werden hierbei auch die etwas zu trägen Transienten deutlich. 
Weiter geht es mit dem Shaker: Während andere Wandler im Höhenbereich eine fast schon künstliche Überbetonung aufweisen, zeichnet sich der Wandler des UR44 hierbei durch eine fast schon unverschämt natürliche Charakteristik aus.
Aber auch die DSP-Effekte sind nicht zu verachten, aber hört doch auch hier lieber selbst!

Fotostrecke: 7 Bilder Der Channel Strip bietet neben EQ und Compressor mit Sidechain auch einen Drive-Regler für Verzerrungen.
Audio Samples
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Bass – DI (Line) Bass – DI (Line) + EQ, Comp, Drive E-Guitar – Jazz (Dry) E-Guitar – Jazz (Clean Jazz FX) E-Guitar – Lead (Dry) E-Guitar – Lead (Lead FX) E-Guitar – Rock (Dry) E-Guitar – Rock (Rock FX) ur44_eguitar_rock.wav

Mit Cubase AI7 bietet Steinberg weiterhin einen beachtlich leistungsstarken Einstieg in die Welt ihres DAW Flaggschiffs. Die Limitierungen im Vergleich zur Vollversion liegen dabei vor allem in der reduzierten Kanalanzahl von maximal 32 Audio- und 48 MIDI-Spuren sowie im kleineren Funktionsumfang in hinsichtlich der PlugIns und der Sample-Library. Pro Kanal stehen hier auch nur vier Inserts und vier Sends zur Verfügung. Weiterhin ist auch der Halion-Sampler ist nur in einer abgespeckten Version enthalten.
Insgesamt können diese Einschränkungen in Bezug auf kleinere Produktionen oder Demo-Aufnahmen aber beinahe vernachlässigt werden, da sich auch so ohne Probleme amtliche Resultate erzielen lassen. Wem das nicht ausreicht, der kann dank Upgrade-Programm auch kostengünstiger als normal auf die Vollversion aufstocken.

Fazit

Das UR44 kann in fast allen Bereichen mit Bestnoten nach Hause geschickt werden. Schon mit dem UR22 haben uns Steinberg bewiesen, dass sie auch in fremden Gefilden ohne Probleme mit der Konkurrenz mithalten können. Das UR44 lässt mit umfangreichem Funktionsumfang, einer soliden Verarbeitung sowie einem sehr natürlichen Gesamtsound hinsichtlich des mehr als günstigen Preises kaum Wünsche offen. Das einzige Manko – wenn man davon überhaupt sprechen möchte – könnten eventuell die fehlenden, digitalen Schnittstellen darstellen. Sechs Inputs reichen zwar oftmals aus, aber eben leider eben nicht immer. In Anbetracht des Preises ist dies aber auch zu verschmerzen.
Pro:
  • hoher Funktionsumfang
  • sehr gute Verarbeitung
  • natürlicher Sound der Wandler
  • eingebauter DSP mit Effekten
  • Preis


Contra:
  • keine Digitalschnittstellen
Features:
  • 24-Bit/192 kHz
  • 4x D-PRE Mikrofonvorverstärker
  • latenzfreies Monitoring
  • DSP-basierte Effekte REV-X Reverb und Sweet Spot Morphing Channel Strip
  • 48V Phantomspeisung zuschaltbar
  • inkl. Steinberg Cubase AI 7 Software (Download Version)
  • Abmaße: 252 x 47 x 158 mm
  • Gewicht: 1.6 kg
  • 4 analoge MIC/Line Combo Eingänge XLR / 6.3 mm Klinke – Eingang 1+2 als Hi-Z Eingänge nutzbar (Gitarre/Bass) frontseitig
  • 2 analoge Line Eingänge 6.3mm Klinke symmetrisch rückseitig
  • 4 analoge Ausgänge 6.3mm Klinke
  • 2 analoge Main Ausgänge 6.3 mm Klinke
  • 2x Kopfhörerausgang 6.3 mm Klinke
  • MIDI I/O
  • USB
Preis:
  • 349 Euro (UVP)
  • 299 Euro (Straßenpreis)
Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • hoher Funktionsumfang
  • sehr gute Verarbeitung
  • natürlicher Sound der Wandler
  • eingebauter DSP mit Effekten
  • Preis


Contra
  • keine Digitalschnittstellen
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Steinberg UR44 Test
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Kommentieren
Profilbild von Frank

Frank sagt:

#1 - 24.10.2015 um 07:05 Uhr

0

Schön mal das Thema "Latenzen" komplett ausgespart, warum auch immer..

Profilbild von Felix Klostermann

Felix Klostermann sagt:

#2 - 26.10.2015 um 10:00 Uhr

0

Hallo Frank, vielen Dank für deinen Kommentar. Unter Praxis findest du einen Screenshot der Audio-Settings aus Ableton Live. Dort kannst du beispielhaft die globale Latenz bei 44,1kHz & 64 Samples unter Mac OSX sehen, welche mit 7,8 ms ziemlich gut ist. LG, Felix

Profilbild von gHYPE

gHYPE sagt:

#3 - 18.04.2016 um 20:40 Uhr

0

Hei ho.
Ich wundere mich ob man in ableton den reverb direkt aufnehmen kann, denn man aus ur44 dsp effekt zu hören bekommt?

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