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Spector Timbre Test

Stuart Spector zählt zweifellos zu den bedeutendsten Innovatoren im Bassbau. Zusammen mit Ned Steinberger entwarf er 1979 ein revolutionäres und mittlerweile legendäres Korpus-Design, und die darauf basierenden NS1- oder NS2-Modelle haben verdientermaßen einen festen Platz in der “Hall Of Fame”. Stuart Spector gilt als einer der Väter des modernen Edelbasses und inspirierte zudem viele andere Bassbauer dazu, ebenfalls neue Wege zu gehen. Bis vor kurzem bestand die Modell-Palette bei Spector hauptsächlich aus diversen Variationen des NS1- oder NS2-Modells, die entweder aus amerikanischer, tschechischer (mit dem Beinamen “Euro”) oder asiatischer Fertigung (Legend-Serie) stammen. 2016 folgte aber dann eine Ankündigung, welche die Basswelt aufhorchen ließ: Spector betritt erstmalig völlig neues Terrain und stellt einen Akustikbass namens Timbre vor ‑ das macht natürlich neugierig! Ein wenig mussten wir uns in Europa noch gedulden, bis die ersten Exemplare des Timbres eintrafen, aber seit einiger Zeit ist es soweit. Ob sich das Warten gelohnt hat, wird sich heute mit einem ausführlichen Test zeigen!

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Details

Der erste Blick auf den Timbre lässt schon erahnen, wo die Reise hingeht: Der cleane Look ohne jegliche barocken Inlays aus Abalone und überflüssigen Schnörkel zeigt gleich, dass man sich hier auf das Wesentliche konzentriert hat. Details, welche vielleicht schön aussehen, aber nichts zum Klang beitragen, finden sich nicht. Ich persönlich mag derartige optische Schlichtheit auch viel lieber, denn sie verströmt eine gewisse zeitlose Eleganz und ein nobles Understatement. Aber das ist eindeutig Geschmackssache und darüber lässt sich bekanntlich streiten. Das wollen wir natürlich nicht und kommen lieber zu den harten Fakten.
Der Timbre besitzt eine massive Fichtendecke mit einem ovalen Schallloch. Dieses liegt relativ weit oben und nicht mittig in der Decke, wie bei vielen anderen Bässen. Auf diese Weise rückt es etwas in Richtung Spieler, der sich dadurch besser hören kann. Boden und Zargen bestehen aus mehreren Streifen Sapele, einem Holz aus der Mahagoni-Familie. Der Hals wurde ebenfalls aus Sapele gefertigt, das Griffbrett aus Palisander (Rosewood). Der gesamte Bass – mit Ausnahme des Griffbrettes – wurde in einem dünnen Matt-Finish gehalten.

Fotostrecke: 6 Bilder Mit dem Timbre-Akustikbass …

Die beschriebenen Hölzer sind übrigens die einzigen Optionen, die zur Auswahl stehen. Dies dient in erster Linie dazu, die Produktionskosten und somit auch den Verkaufspreis wettbewerbsfähig zu gestalten. Optisch gibt es drei Varianten: Natur, Schwarz und Walnuss (rötlich).
Von den Erfolgsmodellen NS1 und NS2 übernommen wurde die Kopfplatte; auf diese Weise bleibt auch im Timbre ein Teil der firmeneigenen Corporate Identity erhalten! Die Stimmmechaniken hat man im Verhältnis 2:2 angebracht, und die Mensur des Timbres beträgt wie bei einem E-Bass 34 Zoll (86,4 cm).

Fotostrecke: 4 Bilder Kommt euch dieser Headstock bekannt vor?

20 Bünde gilt es für den Spieler zu erobern und das großzügige untere Cutaway macht diese auch schön zugänglich. Relativ unüblich bei Akustikbässen ist die hier verwendete Bolt-On-Konstruktion. Durch vier Schrauben wird der Hals an einem massiven Sapele-Block im Inneren des Timbres mit dem Korpus verbunden. Das wirkt zu der sonst üblichen Methode des eingeleimten Halses etwas rustikaler, klanglich gibt es jedoch Argumente für beide Versionen. In dem elegant geformten Steg aus Palisander lassen sich die Saiten einhängen und per Pin befestigen: eine schlichte, aber recht effiziente Methode!

Fotostrecke: 2 Bilder Die Bridge mit ihren hölzernen Klemmelementen …

Der Timbre ist zwar ein Akustikbass, lässt sich aber natürlich auch verstärken. Dafür ist als Tonabnehmer ein Fishman Sonicore Undersaddle an Bord, welcher in den Steg integriert wurde. Der dazugehörige Preamp namens Presys bietet einen Dreiband-Equalizer mit Bässen, Mitten und Höhen. Zusätzlich gibt es einen Notch Filter zur Reduzierung von Feedbacks, einen Brilliance-Regler und einen Schalter zur Phasenumkehr, falls es mit dem verstärkten Signal zu Auslöschungen im Frequenzband kommen sollte. Obendrein hat der Preamp noch ein Stimmgerät an Bord. Aktiviert man dieses per Knopfdruck, so wird der Pickup automatisch stumm geschaltet. Die Klinken-Buchse für das Instrumentenkabel verbirgt sich in dem Gurtpin in der Zarge.

Fotostrecke: 4 Bilder Die Elektronik des Spector Timbre ist von der …

Insgesamt wirkt der Timbre sehr solide verarbeitet. Ein, zwei kleine Schönheitsfehler muss ich feststellen (kleine Farbunregelmäßigkeiten im Lack), aber nichts, was die Spielfreude wirklich trüben würde. Vor allem angesichts des Preises ist die vermittelte Wertigkeit eher erstaunlich. Stuart Spector scheint hier einen Weg gefunden zu haben, an der richtigen Stelle zu sparen (keine Abalone-Einlagen, mattes Finish, nur eine Holzkombination …) und nicht an der wichtigen Substanz des Instruments!
Ehe wir nun im Praxisteil fortfahren, habe ich für einen ersten Eindruck für euch ein kleines Video mit ein paar Soundbeispielen produziert.

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Praxis

Akustikbässe stellen in Sachen Bespielbarkeit im Vergleich zu E-Bässen immer eine gewisse Herausforderung dar, denn ihr Korpus ist logischerweise wesentlich größer und tiefer. Gerade für die Anschlagshand bedeutet das mehr Aufwand, muss sie doch über den mächtigeren Korpus greifen, um an die Saiten zu gelangen. Erstaunlicherweise fällt dies beim Timbre gar nicht so auf – irgendwie fühlt sich alles recht vertraut an, obwohl der Korpus des Timbres nicht kleiner ist als bei anderen Akustikbässen. Irgendwie hat es Stuart Spector geschafft, den Umstieg vom E-Bass deutlich einfacher zu machen – zumindest empfinde ich es hier so!
Spector scheint bei der Planung des Timbres weniger das Instrument an die erste Stelle gestellt zu haben, sondern den Spieler, für den er es baut. Das sind in der Regel E-Bassisten/innen, die ab und zu mal zum Akustikbass greifen. Zwei Aspekte sind dafür ganz entscheidend: Nummer 1 ist der Hals. Dieser fühlt sich wie ein “echter” Spector an, Dicke und Profil wurden wohl von seinen E-Bass-Brüdern und -Schwestern übernommen. Nummer 2 ist der Auflagepunkt des Oberschenkels. Dieser liegt näher Richtung Hals, beim Spielen im Sitzen rücken so die ersten Lagen nicht so weit weg und man fühlt sich schnell zu Hause. Alles in allem bin ich wirklich überrascht, bei den meisten Akustikbässen dauerte es deutlich länger, bis ich damit ordentlich zurechtkam!

Für einen Akustibass präsentiert sich der Timbre mit einer erstaunlich guten Bespielbarkeit, die E-Bassisten wenig Umgewöhnung abverlangt!
Für einen Akustibass präsentiert sich der Timbre mit einer erstaunlich guten Bespielbarkeit, die E-Bassisten wenig Umgewöhnung abverlangt!

Die Saitenlage lässt sich auf ein sehr komfortables Niveau einstellen und der Hals ist gut und relativ geräuschlos zu bespielen. Auch in den hohen Lagen setzt sich dies fort. Hier zeigt sich ein weiterer Vorteil der Schraubhals-Konstruktion: Bei akustischen Instrumenten mit eingeleimten Hälsen kommt es am Übergang zum Korpus konstruktionsbedingt nicht selten zu einer Anhebung des Griffbretts und somit zu Bundgeräuschen. Dies ist beim Timbre überhaupt nicht der Fall!
Im Stehen benötigt man wie bei nahezu jedem Akustikbass einen langen Gurt oder eine Hilfskonstruktion mit einer Kordel, da der Gurt an einer Stimmmechanik oder der Kopfplatte befestigt wird. Hat man dies bewerkstelligt, ergibt sich ein ähnliches Bild wie beim Spielen im Sitzen. Es ist tatsächlich kaum Umstellung vonnöten, bis man sich wohl fühlt! Über das Gewicht muss man in der Regel bei Akustikbässen ohnehin nicht lange reden: auch der Timbre ist mit seinen 2,7 kg ein Segen für den Rücken!

Mit seinem Gewicht von nur 2,7 kg ist der Timbre ein Segen für jeden Rücken!
Mit seinem Gewicht von nur 2,7 kg ist der Timbre ein Segen für jeden Rücken!

Der akustische Sound ist im Vergleich zu manchem Mitbewerber relativ laut. Ich nutzte spontan sofort die Gelegenheit, um mit dem Testbass die standesamtliche Hochzeit eines Freundes mit ein paar Solo-Arrangements zu umrahmen, und auch dafür war der Timbre ohne Verstärker ausreichend. Im Zusammenspiel mit einer Westerngitarre wird es aber wohl eng werden, das ist aber bei nahezu allen Akustikbässen der Fall.
Auffällig ist, dass der Timbre schön transparent klingt und auch mehrstimmiges Spiel sauber auflöst. Das ist für diese Preisklasse nicht unbedingt üblich! Allerdings gab es doch zwei, drei Bünde auf dem Griffbrett, auf denen der Ton etwas abfiel, also im Vergleich zum Rest etwas leiser war. Das ist aber schon Kritik auf hohem Niveau – ein Blick aufs Preisschild rückt dies auch wieder ins rechte Licht. Aber dennoch soll es nicht unerwähnt bleiben.

Laut, dynamisch und erstaunlich ausgewogen - aus seiner Preisklasse sticht der Spector Timbre deutlich heraus.
Laut, dynamisch und erstaunlich ausgewogen – aus seiner Preisklasse sticht der Spector Timbre deutlich heraus.

Nachfolgend findet ihr ein paar Beispiele für den akustischen Klang. Aufgenommen wurde mit einem dynamischen Mikro vor dem Schallloch sowie einem Kondensator-Mikro für den räumlichen Eindruck, ca. 1 m entfernt.

Audio Samples
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Akustisch, Blueslauf Akustisch, Rockgroove Akustisch, Akkorde Akustisch, Blueslauf mit Double Stops

Und so klingt der Fishman-Pickup des Timbres, direkt ins Audio Interface gestöpselt. Der Equalizer befindet sich in Neutral-Stellung:

Audio Samples
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Verstärkt, Rockgroove Verstärkt, Melodie mit Basstönen Verstärkt, Akkorde Verstärkt, Flageoletts

Ein Problem mit Akustikbässen ist, dass sie nicht laut genug sind, um unverstärkt mit anderen Instrumenten mitzuhalten. Also muss man sie häufig doch verstärken, hat dann aber nicht mehr den gewünschten akustischen Sound. In diesem Falle kommt es sehr darauf an, wie gut der Tonabnehmer und der Preamp ihren Job machen. Der Fishman-Pickup des Timbre klingt wirklich ordentlich, wenngleich auch keine hundertprozentige Darstellung des akustischen Sounds zu erwarten ist. Eine etwas künstliche Note schleicht sich ins Spiel. Das liegt aber in der Natur der Sache und kaum ein Piezo-Tonabnehmer ist davor gefeit, auch bei deutlich höherpreisigen Systemen.

Dieser Spector bietet eine tolle Bespielbarkeit bis in die hohen Lagen und einen überwiegend ausgewogenen akustischen Sound, der verstärkt nur leicht verfälscht wird.
Dieser Spector bietet eine tolle Bespielbarkeit bis in die hohen Lagen und einen überwiegend ausgewogenen akustischen Sound, der verstärkt nur leicht verfälscht wird.

An Verstärker und Box angeschlossen war ich mit etwas Einsatz des Fishman-Equalizers (leichter Bass Boost und Mid Cut) eigentlich schnell zufrieden. Bei erhöhter Lautstärke konnte ich mit dem Notch Filter problemlos die auftretenden Feedbacks in den Griff bekommen, ohne dass sich der Charakter des Sounds zu stark veränderte.

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Fazit

Respekt, Herr Spector! Wenn man als ausgewiesener E-Bassbauer in fremden Revieren wildert, muss man schon gute Argumente mitbringen – und das tut Stuart Spector zweifellos! Das erste davon ist natürlich schon einmal der attraktive Preis, der vor allem durch die Reduzierung aufs Wesentliche und den Wegfall möglicher Optionen zustande kommt. Das zweite ist der grundlegende Ansatz, die anvisierte Zielgruppe in den Mittelpunkt des Entwicklungsprozesses zu stellen. Vermutlich sind 99% aller potentiellen Kunden Bassisten, die hauptsächlich E-Bass spielen und ab und zu mal zum Akustikbass greifen. Der Timbre erleichtert den Wechsel zwischen diesen beiden Welten deutlich. Ich hatte bisher noch keinen Akustikbass in der Hand, der mir so wenig Umstellung abverlangte. Zudem klingt der Timbre sowohl akustisch wie verstärkt gut, vor allem in Hinblick auf den aufgerufenen Preis. Wer hier noch mehr Klangkultur möchte, muss schon mindestens das Doppelte ausgeben. Mit dem verbauten Preamp hat man viele Möglichkeiten und bekommt alle denkbaren Probleme im Livebetrieb (Feedback, Phasenverschiebung …) in den Griff. Auch die schlichte Optik finde ich sehr gelungen: der Bass wirkt elegant, zeitlos und vornehm-zurückhaltend. Insgesamt ist der Spector Timbre ein überzeugendes Gesamtpaket mit guter Verarbeitung, komfortabler Bespielbarkeit, tollen Sounds und einem erstaunlichen Preis-Leistungs-Verhältnis!

Pro:
  • guter akustischer Klang
  • einfache Bespielbarkeit / kaum Umstellung von E-Bass
  • elegant-schlichte Optik
  • sehr gutes Preis-Leistungs-Verhältnis
Contra:
  • kleine Farbunregelmäßigkeiten im Lack
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Technische Spezifikationen:
  • Hersteller: Spector
  • Modell: Timbre
  • Herkunftsland: China
  • Mensur: 34″
  • Decke: Fichte
  • Material Boden und Zargen: Sapele
  • Material Hals: Sapele
  • Griffbrett: Rosewood (Palisander), 20 Bünde, Dot Inlays
  • Gewicht: 2,7 kg
  • Tonabnehmer: Fishman Sonicore Undersaddle
  • Preamp: Fishman PreSys +
  • Volume, Bass, Mid, Treble, Notch Filter, Brilliance, Phase Switch
  • Preis: 599,- Euro (Ladenpreis im August 2018)
Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • guter akustischer Klang
  • einfache Bespielbarkeit / kaum Umstellung von E-Bass
  • elegant-schlichte Optik
  • sehr gutes Preis-Leistungs-Verhältnis
Contra
  • kleine Farbunregelmäßigkeiten im Lack
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Spector Timbre Test
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