Sennheiser MK 8 Test

Sennheiser MK 8, das neue umschaltbare Studiomikrofon im Test bei bonedo – Wenn ein deutscher Mikrofonhersteller, der in erster Linie mit hochwertigen Tauchspulen- und Kleinmembran-Kondensatormikrofonen assoziiert wird, ein umschaltbares Großmembran-Mikrofon auf den Markt bringt, lässt das aufhorchen.

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Sicher: Das MK 8 basiert auf dem Nierenmikrofon MK 4, welches wir bereits bei seinem Erscheinen 2011 zum Test bitten durften, kommt aber mit weiteren Features – darunter vor allem besagte Umschaltung der Polar Patterns.
Die Serie der “MK”-Mikrofone ist im Moment äußerst winzig, besteht sie doch ausschließlich aus MK 4 und MK 8. Aber eventuell ist ja noch etwas im Busch. Sie sollte aber nicht mit der “MKH”-Serie verwechselt werden, deren herausragendes Merkmal die HF-Technik ist. Das umschaltbare Kleinmembranmikrofon MKH 800 Twin haben wir hier getestet, das Kugelmikro MKH 8020 hatten wir im Rahmen eines umfassenden Testmarathons auf dem Prüfstand.
Es ist kein Geheimnis, dass Sennheiservor gut 30 Jahren Neumann akquiriert hat und beide Unternehmen dadurch technologisch profitieren konnten. Einiges an Neumann-Expertise wird auch im Sennheiser MK 8 zu finden sein, besonders bei goldbedampften Echtkondensatorkapseln mit großem Durchmesser hat Neumann die Erfahrung mitgebracht. Alleine preislich scheint man sich bei Sennheiser intern einig zu sein, welche Marke welches Feld übernimmt: Neumanns umschaltbare Mikrofone sind alle deutlich teurer als das MK 8, für den Preis des MK 8 erhält man ein Neumann TLM 103 – mit dem Funktionsumfang des wiederum deutlich preiswerteren MK 4.

Details

Gehäuse fast identisch zum MK 4

Äußerlich sind beim MK 8 keine enormen Unterschiede zum MK 4 feststellbar, kräftiger Metallkorpus und Korbgitter sind absolut identisch. Lediglich durch die Zahl 8 und das Fehlen des Cardioid-Icons lassen die beiden sich von der Vorderseite betrachtet auseinanderhalten. Sennheiser verwendet die gleiche Schürzenform, mit der der Korb vorne nach unten gezogen ist, und das Sennheiser-S als prägendes Designelement. Auf der Rückseite sind die Verschiedenheiten deutlicher, denn dort sind Schaltfunktionen eingelassen: Der User kann zwischen drei Varianten wählen, wie mit tiefen Frequenzen umgegangen wird, eine zweistufige Vordämpfung aktivieren und zwischen insgesamt fünf Richtcharakteristika wählen. Das geht natürlich nur mit zwei verbauten Kapseln: Zwei 1”-Großmembrankapseln, welche Rücken an Rücken stehen, lassen durch unterschiedliche Pegelanteile und Phaseninvertierbarkeit der nach hinten gerichteten Membran die Patterns Kugel, Breite Niere, Niere, Superniere und Acht zu. Und ganz im Ernst: Das reicht auch für fast alle Anwendungen. Die Doppelkapselkonstruktion ist nicht starr mit dem Gehäuse verbunden, sondern elastisch gelagert. In vielen Fällen kann man dadurch auf den Einsatz einer externen Spinne verzichten.  

Fotostrecke: 4 Bilder Eine Designsprache mit dem MK 4: das MK 8.

Zwei unterschiedlich steile Filter

Typisch für Doppelmembrankapseln ist, dass es besonders ab dem Kilohertzbereich Unterschiede im Frequenzgang gibt, je nachdem, welches Pattern ausgewählt ist. Die Abweichungen betragen beim MK 8 maximal drei Dezibel, halten sich also zwar in Grenzen, lassen jedoch auch für frontale Signale wahrnehmbare Klangänderungen erwarten. Vereinfachend lässt sich sagen, dass der Standardfrequenzgang von der 10kHz-Überhöhung der Kugel zu einem Support der 5 kHz wird, je näher die Charakteristik der Acht kommt. Wie bei Großmembranmikrofonen üblich (und übrigens durchaus gewünscht) ist die Aufnahme der höchsten hörbaren Höhen eher schwach, die Kurve schneidet die 20kHz-Marke je nach Pattern etwas oberhalb von -20 dB. Anders im Tiefbass, denn dort tritt unterhalb von 100 Hz nur unwesentliche Dämpfung ein. Mit den beiden Filtermöglichkeiten kann man das aber gravierend ändern: Man hat die Wahl zwischen einem mit 6 dB/oct sehr sanft arbeitenden Roll-Off, dessen Grenzfrequenz von 100 Hz zwar recht weit oben liegt, und einem dreipoligen Low-Cut-Filter, welches bei 60 Hz greift. Das schaltbare Pad kann mit 10 oder sogar 20 dB Dämpfung die 142 dB(SPL) Grenzschalldruckpegel deutlich nach oben setzen, was ganz klar für die universelle Einsetzbarkeit des Sennheiser-Mikros spricht.

Fotostrecke: 4 Bilder Seitenansicht: die Hauptaufsprechrichtung ist hier nach rechts gedreht.

Eigenrauschen an der Schwelle des Machbaren

Bezüglich der Dynamik steht das Kondensatormikrofon gut da: 132 dB sind möglich, weil der Ersatzgeräuschpegel nur 10 dB(A) beträgt. Weniger ist für ein umschaltbares Großmembranmikro fast nicht möglich, das TLM 107 ruft den gleichen Wert auf. Nun, die wesentlichen Daten sind genannt, bleibt also noch, das gute Stück auf den Mikroständer zu pfropfen, mit 48 Volt Lebenssaft zu versorgen und zu hören, was das Mikrofon selbst zu erzählen hat!

Praxis

Das Sennheiser MK 8 teste ich natürlich zunächst in Nierencharakteristik. Es kommt mir im Vergleich zum MK 4 ein weites Stück neutraler vor, weniger präsent und reibend. Für einen Allrounder wie das MK 8 ist das natürlich eine gute Idee, wenngleich natürlich auch mit umschaltbaren Großmembranern dieser Preisklasse primär Gesang aufgezeichnet werden wird. Dennoch scheint das MK 8 deutlich weniger „mix ready“ zu sein, was nicht negativ zu verstehen ist: Ein preiswertes Nieren-Kondensatormikrofon wird von einer anderen Klientel erworben als das vielseitige, aber immerhin knapp doppelt so teure MK 8.

Neutraler Vertreter seines Fachs: MK 8
Neutraler Vertreter seines Fachs: MK 8

Das Umschalten des Polar Patterns sorgt bisweilen für ordentliche Knackser im Signalweg, allerdings ist diese Änderung ein Vorgang, bei dem man nicht zu faul sein sollte, den Mute-Button zu verwenden – außer man kennt sein Mikrofon und weiß, wie es reagiert. Es ist interessant, dass das MK 8 auch bei Kugel- und Achtercharakteristik seine Ausgewogenheit nicht aufgibt. Anders als man es aufgrund der grafischen Frequenzgänge glaubt voraussagen zu können, ändert sich der Klangcharakter des Großmembranmikros nur unwesentlich. Dies ist einerseits praktisch, da die Einstellung der Richtwirkung in erster Linie genau das zur Folge hat, bei manchen anderen Mikrofonen ist es aber durchaus eine Soundentscheidung, welches Polar Pattern man denn nun wählt. Sieht man das MK 8 aber als Arbeitspferd für alle denkbaren Situationen und nicht als Charaktertier, dann muss man Sennheiser bescheinigen, genau das Richtige getan zu haben. Interessant in diesem Zusammenhang ist aber, dass Sennheiser das Mikrofon explizit als Gesangsmikrofon tituliert. Angenehm für die Arbeit mit Vocals wie Instrumenten ist, dass die Richtwirkung recht frequenzkonstant ist. 

Die Höhenwiedergabe verabschiedet sich zwar großmembrantypisch recht früh, die leichte Überhöhung vor dem Einsetzen des Roll-Offs kompensiert aber einiges und lässt das MK 8 offen genug klingen. Die Mitten sind nie indifferent oder phasig-löchrig, das gilt für die Hauptaufsprechrichtungen sämtlicher Richtcharakteristika. Im Bass bleibt das Sennheiser bis weit hinunter schnell und konturiert genug – das gelingt nicht allen Großmembran-Kondensatormikrofonen dieser Preisklasse.

Audio Samples
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MK 8 Niere 20 cm MK 8 Niere 40 cm MK 8 Niere 10 cm MK 8 Niere 20 cm, 45 Grad MK 8 Acht 20 cm MK 8 Kugel 20 cm MA-201FET 20 cm Equitek E-200 Niere 20 cm Equitek E-200 Acht 20 cm

Zieht man weitere Mikrofone zum Vergleich hinzu, werden die genannten Zusammenhänge sehr deutlich. Das Equitek E 200 beispielsweise ist bekannt dafür, ein prägnant mittiges Signal abzuliefern, welches sich zudem mit dem gewählten Polar Pattern stark verändert, das Mojave MA-201FET färbt etwas weiter oben, jedoch nur ausgesprochen leicht, verleiht durch seinen Übertrager dem Signal eine oft gewünschte sanfte Körnigkeit und erzeugt damit Griffigkeit. 

Anders als die beiden Vergleichsmikros, vor allem als das Equitek, ist das Sennheiser MK 8 entspannter, wenn es um die Wiedergabe von scharfen Konsonanten geht. Wirklich sehr gut ist die geringe Empfindlichkeit gegenüber Schallübertragungen durch das Gehäuse und, dass das Kondensatormikrofon sehr gutmütig mit Popplauten umgeht. Dazu passt die unauffällige Arbeit des Pads. Bezüglich der Dynamik sollte man sich sicher sein, dass das Signal nicht in den Grenzbereich gelangt und von besagter Vordämpfung früh Gebrauch machen, denn das MK wird bei Überschreiten des Maximalschalldrucks ziemlich ungemütlich. Auf ein sanftes Eintreten von Verdichtung und Verzerrung kann man nicht bauen, stattdessen gibt es unschönes Gekratze – allerdings erst bei wirklich sehr, sehr hohen Pegeln! Bedenkt man, dass das Mikrofon ein absolut geringes Eigengeräusch liefert, kann man dafür aber durchaus die Bestnote vergeben.

Gut gewählt: die beiden Frequenzen und Steilheiten der Filter
Gut gewählt: die beiden Frequenzen und Steilheiten der Filter

Das sanftere der beiden Filter invertiert recht passend den Grad des Nahbesprechungseffekts, über den die beiden Schnelleempfänger des MK 8 natürlich verfügen, somit lässt sich eine nahe Besprechung bewerkstelligen, ohne dass das Signal in Bass ertrinkt. Das steilflankige hingegen dient eher der Unterbindung tieffrequenter Störanteile, von denen allerdings aufgrund der gelungenen internen Kapsellagerung zumindest durch Körperschallübertragungen mit keiner allzu großen Problematik zu rechnen ist. Auch das 18dB/oct-Filter geht behutsam genug mit dem Passband um, so dass man es ohne schlechtes Gewissen immer dann schon schalten kann, wenn deutlich unterhalb von 100 Hz nicht mit relevanten Signalanteilen zu rechnen ist. 

Audio Samples
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Filter aus 60 Hz 100 Hz

Es bleibt noch zu sagen, dass das Mikro, wie von Sennheiser gewohnt, ein Vorzeigestück deutscher Ingenieurs- und Handwerkskunst ist. “Made In Germany” zeigt sich eben in Forschung und Entwicklung und hochwertigem Ausgangsmaterial, welches präzise verarbeitet wurde. Lob verdient übrigens auch das schlüssige und leicht verständliche Manual.

Fazit

Das Sennheiser MK 8 ist keines der prägnant klingenden Mikrofone, deren Klang sich mit den Ellenbogen im Mix nach vorne kämpft. Es ist ein sehr verhaltenes, recht neutrales Studiomikrofon mit „rundem“ Gesamtklang, welches zwar vielleicht zunächst etwas farblos wirkt, aber ein gutes und verlässliches Standardmikrofon für alle möglichen Aufgaben auch jenseits der Aufzeichnung der menschlichen Stimme darstellt – und selbst dann keinerlei klangliche Schwächen offenbart, wenn das Signal stark mit EQ und Dynamics verbogen wird. Der Preis geht in Anbetracht dieser Tatsachen vollkommen in Ordnung.

Unser Fazit:
5 / 5
Pro
  • geringes Eigenrauschen
  • hoher maximaler Schalldruck
  • unaufdringlicher, neutraler Klang
  • konstante Polar Pattern
Contra
Artikelbild
Sennheiser MK 8 Test
Für 725,00€ bei
Gelungen: MK 8 von Sennheiser
Gelungen: MK 8 von Sennheiser
TECHNISCHE SPEZIFIKATIONEN
  • Membrangröße: groß (1”)
  • Empfängerprinzip: Doppelmembran-Druckgradientenempfänger
  • Wandlerprinzip: Kondensator
  • Richtcharakteristik: Kugel, breite Niere, Niere, Hyperniere, Acht
  • Betriebsspannung: 48 Volt
  • Frequenzgang: 20 Hz – 20 kHz
  • Übertragungsfaktor: 14,1 mV/Pa
  • Eigenrauschen: 10 dB(A)
  • maximaler Schalldruckpegel: 142 dB(SPL)
  • Pad: 10 und 20 dB
  • HPF: 60 Hz (18 dB/oct), 100 Hz (6 dB/oct)
  • Ausgang: XLR
  • Lieferumfang: Mikrofon
  • Preis: € 838,– (UVP)
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Kommentieren
Profilbild von Richard

Richard sagt:

#1 - 17.12.2014 um 00:32 Uhr

0

Danke für den ausführlichen Test!
Man merkt das sich hier jemand mit dem Mikrofon auseinander gesetzt hat.

Profilbild von Mark Samra

Mark Samra sagt:

#2 - 23.12.2023 um 23:17 Uhr

0

Vielen Dank für das Test 😍

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