Rode NT5 Test

Der Mikrofonhersteller Rode aus New South Wales hat mit den Rode NT5 ein Mikrofonset zum Testmarathon beigesteuert, das sich seit über zehn Jahren außerordentlicher Beliebtheit erfreut. Fragt man die Besitzer des Sets nach ihrer Meinung, erfährt man häufig, dass diese mit der Arbeit der Stäbchen ganz zufrieden sind und sie attestieren ihnen Zuverlässigkeit und ein vernünftiges Preis-Leistungsverhältnis.

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Der Preis erscheint tatsächlich moderat, die Zuverlässigkeit wird voraussichtlich vorhanden sein, denn kein Hersteller gibt zehn Jahre Garantie auf Produkte, denen er dies nicht zutraut. Und klanglich? Firmengründer Peter Freeman spricht im Vorwort zur Bedienungsanleitung von einem “Masterpiece”. Natürlich macht es das umso interessanter, die beiden NT5 einer Prüfung zu unterziehen. 

Rode NT5: Details

Kleinmembran-Mikrofone äußerlich zu beschreiben, kann eine verdammt kurze Angelegenheit werden, denn schließlich sind die meisten in schlichter Zylinderform gehalten. So auch das NT5. Knappe 12 Zentimeter ist es hoch, wenn man es auf seine XLR-Buchse stellt, zwei Zentimeter beträgt der Durchmesser. In den recht schweren Metallkorpus sind neben Firmenlogo auch Typenbezeichnung und das Herstellungsland Australien eingraviert. Die Kapseln sind aufgeschraubt, es sind jedoch keine Wechselkapseln im Lieferumfang des Paares. Gut zu erkennen sind an ihnen die Eintrittsöffnungen für rückwärtigen Schall – die Kapsel mit der goldbedampften Halbzollmembran arbeitet in Nierencharakteristik. Betrachtet man die Mikrofone von vorne, erkennt man unter der Gaze nicht direkt die Membran, sondern zunächst eine gelochte Platte: Rodes Kleinmembraner scheinen also in Push-Pull-Technik zu operieren.

Fotostrecke: 5 Bilder Kopf ab: Die Nierenkapseln der NT5 sind aufgeschraubt

Mit absoluter Linearität wollen die NT5 bewußt nicht aufwarten. Es ist zwar nicht so, dass der Frequenzgang aussieht, als habe jemand eine gekochte Spaghetti auf ein Diagramm geworfen, aber folgende Eigenschaften lassen sich ablesen: Die Tiefen sind recht ordentlich abgesenkt, der für das Manual gemittelte Graph zeigt unterhalb von 100 Hz 4 dB weniger als oberhalb der Ramp bei 110Hz. Ein weiterer Roll-Off zum Infraschall ist ebenfalls eingezeichnet. Und erst oberhalb von 5 kHz findet man wieder eine Besonderheit, einen kleinen, breiten Boost von 1 dB, der bei 12 kHz einen sanften Weg nach unten antritt. Treblemaker statt Troublemaker?

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Die Empfindlichkeit eines NT5 liegt laut Unterlagen bei 12 mV/Pa, 1% THD produziert das Mikrofon bei 143 dB SPL. Übermäßiges Rauschen ist nicht zu erwarten, wie der Wert von 16 dB(A) Noise verrät. Und ohne 48V-Phantomspeisung bewegt sich bei unseren Kandidaten  natürlich kein Eingangsmeter.
Kleinmembranmikros werden häufig paarweise verwendet. Zu diesem Zweck bietet Rode die auch einzeln verfügbaren NT5 wie vorliegend als “Certified Matched Pair” an, ohne allerdings näher darauf einzugehen, was das genau bedeuten soll. In dem Hartplastikkoffer, der zum Lieferumfang gehört, finden neben den beiden Stäbchen zwei Klammern und Schaumstoff-Windschutze Platz.

Praxis

Um Aufmerksamkeit buhlen die beiden Rode NT5 weiß Gott nicht, so schüchtern, wie sie in ihren Mikrofonklemmen sitzen. Der matte Nickelglanz ist vornehm zurückhaltend und eigentlich ist wirklich nichts Besonderes zu erkennen. Die Mikros sind eben ganz normale Kleinmembran-Kondenser. Legt man die Phantomspeisung an und dreht die Hähne am Pult auf, fällt auf, dass es erstaunlich still bleibt – auch bei hohem Gain. Dies ist wie ein Lehrbuchbeispiel für das Vertrauen, das man in Zahlen haben oder eben nicht haben sollte: 16 dB(A) ist ok, aber auch nicht exorbitant wenig, doch kann man mit einer simplen Filterkurve (die diese A-Bewertung des Eigenrauschens nun mal ist) nicht alles ausdrücken: Das Rauschen der NT5 ist sehr gleichmäßig und daher angenehm unauffällig.

Fotostrecke: 3 Bilder Rode NT5 im Praxistest

Vollkommen auf dem richtigen Weg ist man aber, wenn man aufgrund der Daten die NT5 für recht höhenreich hält. Diese Abstimmung hat fraglos ihre Vorteile, doch wirken Signale dadurch etwas zu wenig voluminös. Der Gitarre im Audiobeispiel – sowieso kein sonderlich bass-starkes Instrument – fehlt es ein wenig an Fundament. Allerdings hat uns für genau diesen Fall der Tontechnik-Gott einst den Equalizer durch die Wolken gereicht. Die Bässe und Tiefmitten sind bei den NT5-Signalen ja vorhanden und in keiner Weise problembehaftet, sie werden nur recht wenig unterstützt. Sie herauszumodellieren ist ein Leichtes und liefert ansprechende Ergebnisse. Spricht man über Frequenzen, ist es gerade bei Mikrofonen, die im Stereoverbund betrieben werden, nicht unwichtig, auch die Signale abseits der Hauptaufsprechrichtung zu betrachten. Die NT5 haben einen breiten, recht konstanten Bereich um die 0°, erst jenseits der 90°/270° wird der Frequenzgang auffällig wackelig.

Audio Samples
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Rode NT5 Referenz Schoeps CMC-64

Auch unsere beiden Kandidaten können sich nicht gänzlich ihrer Kaste der preiswerten Kleinmembran-Mikrofone entziehen. So gibt es auch hier das eigentlich allgegenwärtige Problem unter den nicht so teuren Mikros, souverän die 20 kHz zu erreichen. Die Höhen sind zwar generell (mehr als) vorhanden, doch täuschen sie dadurch über das eher schwache Air Band hinweg – ein Trick, der hier durchaus funktioniert. Rode hat es geschafft, das Mikrofon trotz seines Höhenreichtums nicht schrill, blechern oder sonstwie negativ klingen zu lassen. Nicht nur auf den ersten, sondern auch auf den zweiten Blick klingen die NT5 transparent. Auf den dritten Blick oder im Vergleich mit deutlich hochwertigeren Mikros sieht es schon etwas anders aus, denn die absolute Feinporigkeit lassen die beiden Stäbchen dann natürlich schon vermissen – doch wer werfe den ersten Stein bei diesem moderaten Preis?

Phasig oder löchrig klingen die beiden Kondensatormikrofone in keinem Fall, die Ortbarkeit ist ordentlich und auch dynamisch arbeiten sie verlässlich und ohne Auffälligkeiten. Damit habe ich ja nun ein passendes Wort benutzt: Verlässlich sind sie, die Rode. Ich hatte schnell das Gefühl, ihre Performance gut einschätzen zu können und war nie überrascht. Zwar sind sie deutlich höhenreich, doch bleiben sie immer ausreichend formbar – das macht Mikrofone zu einem guten Standard-Werkzeug.  

Fazit zu den Rode NT5

Das Rode NT5 Kleinmembran-Kondensatormikrofon-Pärchen ist ein vernünftiges Audiowerkzeug, das recht nüchtern klingt, und das soll es auch. Zwar hat es eine deutliche Höhenausrichtung, ist aber flexibel, bleibt formbar und lässt sich klanglich gut einordnen. Das alleine macht es zu einem durchaus professionellen Werkzeug, doch es gibt noch einen weiteren Aspekt, der für das NT5 spricht: Es kostet nicht übermäßig viel Geld, auch wenn der Betrag ein Vielfaches über dem einiger “Billo”-Mikrofone liegt. Diesen Unterschied merkt man dem Sound und dem angenehm geringen Rauschen deutlich an. Ein ordentliches Mikrofonpärchen, das wahrscheinlich lange seinen Dienst tut, zum nicht zu hohen Preis – das klingt nun wirklich nach Vernunft. Dass es sich wirklich um “Masterpieces” handelt, wie Peter Freeman behauptet, würde ich eher abstreiten. Die NT5 sind einfach ordentliche Kleinmembraner. Punkt.

Pro

  • transparenter Sound
  • recht feine Auflösung
  • geringes subjektives Rauschen

Contra

  • lassen etwas Volumen und Air vermissen
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Spezifikationen

  • Empfängerprinzip: Druckgradientenempfänger
  • Richtcharakteristik: Niere
  • Wandlerprinzip: Kondensator
  • Betriebsspannung: 48V Phantomspeisung
  • Frequenzgang: 20 Hz – 20 kHz
  • Übertragungsfaktor: 12 mV/Pa
  • THD+N: 16 dB(A-bewertet)
  • maximaler Schalldruckpegel: 143 dB SPL (1% THD)
  • Preis (Pärchen): € 369,-(UVP)
Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • transparenter Sound
  • recht feine Auflösung
  • geringes subjektives Rauschen
Contra
  • lassen etwas Volumen und Air vermissen
Artikelbild
Rode NT5 Test
Für 314,00€ bei
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Profilbild von Achim Koester

Achim Koester sagt:

#1 - 19.05.2023 um 15:52 Uhr

0

Rode hat mittlerweile eine Wechselkapsel für NT 4/5/6 mit Kugelcharakteristik im Angebot, das Stück für €99,00 bei Thomann. Damit ist eine Lücke geschlossen.

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