Anzeige

Pioneer SE-Master1 Test

Dass Pioneer eine derart interessante Historie in Bezug auf Kopfhörer hat, war mir vor diesem Test gar nicht bewusst.

Pioneer_SE_Master_1_B01_Aufmacher_Rueckansicht

Bereits 1960 baute der japanische Hersteller, der in der heutigen Zeit wahrscheinlich in erster Linie mit DJ-Equipment in Verbindung gebracht wird, seinen ersten Kopfhörer und 1971 mit dem SE-100 sogar ein elektrostatisches Modell für audiophile Musikliebhaber.
Somit ist der SE-Master1 nicht das erste ambitioniertes Kopfhörermodell von Pioneer, obwohl vom Preis her betrachtet eine riesige Kluft zum weiteren Kopfhörersortiment des Herstellers besteht. Dass es die Japaner im audiophilen (Studio-)Marktsegment ernst meinen, wird von der Tatsache unterstrichen, dass mit dem U-05, ergänzend zum SE-Master1, eine hochwertige Kombination aus Wandler und Kopfhörerverstärker angeboten wird. Für diesen Testbericht musste der Pioneer SE-Master1 allerdings seine Fähigkeiten an verschiedenen professionellen und Consumer-Anschlüssen unter Beweis stellen. Wie er sich dabei geschlagen hat? Also das war folgendermaßen…

Details

Bauweise des Kopfhörers

Der Pioneer SE-Master1 ist ein dynamischer Kopfhörer in offener Bauweise mit ohrumschließenden Ohrmuscheln und einem Gewicht von 460 Gramm ohne Kabel. Ein Faltmechanismus des massigen Gehäuses zu Transportzwecken ist nicht vorhanden.

Pioneer SE-Master1: Verarbeitung

Dass ein Kopfhörer dieser Preisregion absolut hochwertig verarbeitet ist, überrascht hier wahrscheinlich niemanden. Der überwiegende Teil der Konstruktion ist aus Aluminium gefertigt und macht einen äußerst robusten Eindruck, der Master1 ist offensichtlich auf Langlebigkeit ausgelegt. Manch einen mag es erfreuen, dass aufgrund des SE-Master1 offensichtlich keine Tiere leiden müssen: Im Gegensatz zu Premium-Modellen anderer Hersteller bestehen die Ohrpolster aus Kunstleder sowie offensichtlich auch das Kopfband mit seiner Velours-artigen Innenseite. Der Pioneer SE-Master1 wird laut Hersteller in Japan von Hand gefertigt – von nur einer Person – dementsprechend exklusiv und tadellos wirkt er optisch sowie haptisch auf mich. Trotz dieser Schwärmereien darf man nicht ausblenden, dass man eine derartige Verarbeitungsqualität teilweise auch schon unterhalb der 1000-Euro-Grenze vorfinden kann. Als positiv empfinde ich das schnörkellose und auf Zweckmäßigkeit ausgerichtete Design, welches in mir sofort den Eindruck erweckt, dass ich es hier mit einem Profi-Werkzeug und nicht mit einem Blender zu tun habe.

Fotostrecke: 3 Bilder Das Gehäuse des SE-Master1 mit seiner eigenwilligen Kopfband-Konstruktion

Mitgelieferte Kabel und Co.

Der SE-Master1 wird in einer mit Schaumstoff gepolsterten, robusten Box geliefert, welche sich aufgrund ihrer Größe aber eher zur Aufbewahrung als zum Transport des Kopfhörers eignet. Das beidseitig geführte Kabel aus sauerstoffarmem Kupfer ist austauschbar (Anschluss Typ MMCV) und misst drei Meter. Mit seiner Gewebeummantelung wirkt es sehr robust und endet in einem vergoldeten 6,35mm-Klinkenstecker, ein Adapter auf 3,5 mm befindet sich nicht im Lieferumfang.

Fotostrecke: 3 Bilder Das beidseitig geführte Kabel ist abnehmbar.

Wohlwissend, dass ich es hier nicht mit einem Mobilkopfhörer zu tun habe, finde ich das Fehlen eines Adapters schade und fast ein wenig arrogant, da sich zumindest in meinem Berufleben immer wieder Situationen ergeben, in denen ich zwischendurch auf mobile Zuspieler oder ähnliche Geräte zurückgreife. Dabei spielt der Master1 als niederohmiger Kopfhörer sehr souverän und auch laut an iPhone und Co., doch mehr dazu später. Weiterhin ist ein balanciertes Kabel mit XLR-Steckern von Neutrik zum Anschluss an geeignete Kopfhörerverstärker optional erhältlich. Ein besonderes Schmankerl ist der mitgelieferte zweite Spannbügel, welcher die Anpassung des Anpressdrucks der Ohrmuscheln ermöglicht. Der Austausch mittels Klickverschluss im Spannbügelhalter ist kinderleicht und in wenigen Sekunden erledigt. 

Fotostrecke: 2 Bilder Der SE-Master1 in seiner Aufbewahrungsbox

Technik und Kennzahlen

Die technischen Daten, welche in den Features am Ende dieses Reviews explizit aufgelistet sind, entsprechen oder besser übertreffen die Anforderungen an einen professionellen Kopfhörer sehr großzügig. Der Übertragungsbereich ist mit beeindruckenden 5 Hz bis 85 kHz angegeben. Dennoch gibt es Kopfhörer mit geringerer Bandbreite, welche bass- und höhenreicher wiedergeben, was absolut nicht besser sein muss oder ist, sondern nur ein Beispiel dafür, dass derartige Angaben selten eine Aussagekraft bezüglich der Wiedergabeeigenschaften besitzen. Pioneer folgt dem Trend, audiophile Kopfhörer mit niedriger Impedanz (45 Ohm) zu versehen, wodurch ein universeller Einsatz ohne Lautstärken-Defizite an sämtlichen Zuspielern ermöglicht wird, auch wenn es eher zu erwarten ist, dass der SE-Master1 an hochwertigen Verstärkern betrieben wird. Laut Hersteller besitzt der dynamische Pioneer Kopfhörer die „industrieweit erste Membran (Aluminium) mit Keramikbeschichtung“ für eine besonders verzerrungsarme und leistungsfähige Wiedergabe. Für den Antrieb sorgt ein Neodym-Magnet (50 mm). 

Fotostrecke: 2 Bilder Typisch für offene Kopfhörer: Die perforierte Abdeckung der Ohrmuschel
Anzeige

Praxis

Verwendungszweck

Als Studiokopfhörer offener Bauart wird der Pioneer SE-Master1 vom Hersteller und auch den Londoner Air Studios für den Einsatz in Mix und Mastering beworben. Und soviel vorweg: Diese Eignung werde ich ihm auch nicht absprechen! Weiterhin könnten auch audiophile Musikliebhaber ohne finanzielle Hintergedanken Gefallen an Pioneers Topmodell finden. Für Monitoring-Anwendungen zur Aufnahme und in lauter Umgebung ist er als offener Kopfhörer eher nicht geeignet.

Hier der Beweis: Die Abstimmung erfolgte in Zusammenarbeit mit den Air Studios
Hier der Beweis: Die Abstimmung erfolgte in Zusammenarbeit mit den Air Studios

Tragekomfort des SE-Master1

Der große Pioneer SE-Master1 ist mit seinen 460 g (ohne Kabel) definitiv kein Leichtgewicht und im direkten Vergleich spürbar schwerer als mein AKG K812, der ja auch schon ein Klopper ist. Dies möchte ich hier schlicht zu Protokoll geben, mir bereiten beide Kopfhörer, auch über einen längeren Zeitraum, keine Probleme. Aus meinem Kollegenkreis (alles Memmen!) weiß ich allerdings, dass dies ein Problem sein kann, daher rate ich zum Selbstversuch. Die körperaufliegenden Teile bieten trotz meiner puristischen Haarpracht einen angenehmen Tragekomfort und die Ohrmuscheln sollten mit ihrem stattlichen Durchmesser von etwa 11 cm (Tiefe bis 3,5 cm) auch große Ohren komfortabel und sicher umschliessen. Die individuelle Größenanpassung erfolgt über einen per Druckknopf problemlos justierbaren Mechanismus zwischen Kopfpolster und Bügel und ist über einen großzügigen Bereich verstellbar. 

Gut zu erkennen: Der Druckknopf zur Größenanpassung am Kopfband
Gut zu erkennen: Der Druckknopf zur Größenanpassung am Kopfband

Positiv hervorzuheben ist die bereits erwähnte Möglichkeit, den Anpressdruck der Ohrmuscheln durch das Austauschen des Spannbügels den eigenen Bedürfnissen anzupassen, wovon ich auch gleich Gebrauch gemacht habe. Der werkseitig verbaute Bügel saß für meinen Geschmack etwas locker, woraufhin ich ihn durch den etwas strammer sitzenden Spannbügel des Lieferumfangs ersetzt habe. Aufgrund diverser Finessen der Gehäusekonstruktion sowie der kompakten Steckverbindungen vom Kabel zum Wandler (ohne Schulterkontakt), ist der Pioneer SE-Master1 quasi frei von störenden Geräuschen und Körperschall, was den Komfort und das Hörerlebnis nochmals begünstigt.

Fotostrecke: 2 Bilder Der Spannbügel in seiner Halterung

Einspielen lassen

Der Pioneer SE-Master1 wurde auf Empfehlung des Vertriebs nach einer mehrtägigen Einspielphase für diesen Test an folgenden Kopfhörerausgängen beziehungsweise Verstärkern betrieben:
iPad 4
UAD Apollo 8
SPL 2Control
Lake People G93
Neben diversen akustischen Experimenten (Sinus Sweeps, übliche DAW-Tätigkeiten) habe ich eine Mischung eigener und fremder Produktionen aus unterschiedlichen Musikstilen über den SE-Master1 angehört und analysiert.

Frequenzgang

Die Abstimmung des Pioneer SE-Master1 kann man definitiv als gelungen bezeichnen. Der musikalisch relevante Frequenzbereich wird homogen abgebildet und erlaubt kreative und korrigierende Maßnahmen in Mix und Mastering, so wie es der Hersteller verspricht. Im Wechsel mit meinen Nahfeldmonitoren (Neumann KH 120) bleiben verstörende Klangunterschiede aus, wie es bei manchen Kopfhörern der Fall ist. Auch zu meinem hochgeschätzten AKG K812 besteht eine hohe Übereinstimmung in der Wiedergabe – aber auch Unterschiede: Durch eine um Nuancen stärkere Wiedergabe der unteren Mitten und des Bassbereichs liefert der SE-Master1 ein etwas wärmeres und druckvolleres Klangbild. Dadurch ist er einen Hauch weniger analytisch als der K812, bedient aber möglicherweise den Geschmack einer größeren Klientel. Mittlere und hohe Frequenzen sind für meinen Geschmack perfekt ausbalanciert und schaffen den Spagat aus Analyse und Hörgenuss. Sich bei der Abstimmung von Engineers der Air Studios beraten zu lassen, war offenbar ein geschickter Schachzug, der zu einem sehr ausgewogenen, professionellen Produkt geführt hat.

Impulsverhalten des SE-Master1 auf höchstem Niveau

Auch in diesem Punkt gibt sich der SE-Master1 keine Blöße und punktet mit einer Impulstreue auf höchstem Niveau, was dynamische Eingriffe im Studio begünstigt wie auch geringe Abhörlautstärken ermöglicht, ohne dass man das Gefühl hat, irgendetwas zu verpassen. Im direkten Vergleich zum AKG K812 werden Transienten marginal etwas milder wiedergegeben, was aber nicht als Kritik zu werten ist.

Räumliche Abbildung

Die räumliche Abbildung und Tiefenstaffelung erfolgt auf überdurchschnittlichem professionellem Niveau, allerdings muss sich der Pioneer SE-Master1 in diesem Punkt dem AKG K812 geschlagen geben. In Wechselwirkung mit seinem nuanciert wärmeren Frequenzwiedergabe ergibt sich ein vergleichsweise intimes und kompaktes Klangbild, was sich zum Hörgenuss teilweise als vorteilhaft erweisen kann. Als Engineer schätze ich aber die überragende, analytische Separierung, Ortung und Tiefenstaffelung des AKG Kopfhörers, welche vom SE-Master1 nicht erreicht wird. Nochmal zur Erinnerung: Der Pioneer agiert unter diesem Teilaspekt der Wiedergabeeigenschaften auf sehr hohem, professionellem Niveau, allerdings muss er sich mit seinem sehr selbstbewussten Preis auch kritischen Vergleichen stellen.  

Anzeige

Fazit

Teuer = gut! In diesem Fall trifft das zu. Pioneer hat mit dem SE-Master1 alles richtig gemacht, um Ton- und Musikschaffenden sowie Musikliebhabern zu gefallen und einen offenen Kopfhörer kreiert, der von seinen Wiedergabeeigenschafften zu den besten zählt, die ich jemals tragen durfte. Allerdings muss man auch sehen, dass es durchaus preisgünstigere Alternativen gibt, die sich klanglich auf gleichem Niveau befinden und ebenfalls hochwertig verarbeitet sind. Aufgrund des sehr hohen Preises, der im Vergleich zu anderen Premiumkopfhörern eingeschränkten Mobilität (XXL-Maße, kein Transportkoffer) und dem ideologischen Verzicht auf einen 3,5mm-Adapter gibt es von mir 4,5 von 5 Sternen.

*PRO

herausragende Wiedergabeeigenschaften

austauschbares Kabel

hochwertige Verarbeitung

anpassbarer Anpressdruck

Box zur Aufbewahrung

*CONTRA

sehr teuer

für manche Anwender vielleicht etwas schwer

keine Transportbox

Pioneer_SE_Master_1_B16_Seitenansicht_R
FEATURES und SPezifikationen
  • professioneller Referenz Studio Kopfhörer
  • offen
  • dynamisch
  • ohrumschließend
  • Box zur Aufbewahrung
  • gewebeummanteltes, abnehmbares Kabel, 3m
  • beidseitige Kabelführung
  • 6,35mm Klinkenstecker
  • 50mm Membran (Neodym-Magnet)
  • Empfindlichkeit 94 dB
  • Gewicht 460g (ohne Kabel)
  • Impedanz 45 Ohm
  • Übertragungsbereich 5 – 85.000Hz
  • Nennbelastbarkeit 1500 mW
  • Preis: € 2499,– (UVP)
Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • herausragende Wiedergabeeigenschaften
  • austauschbares Kabel
  • hochwertige Verarbeitung
  • anpassbarer Anpressdruck
  • Box zur Aufbewahrung
Contra
  • sehr teuer
  • für manche Anwender vielleicht etwas schwer
  • keine Transportbox
Artikelbild
Pioneer SE-Master1 Test
Für 1.798,00€ bei
Hot or Not
?
Pioneer_SE_Master_1_B01_Aufmacher_Rueckansicht Bild

Wie heiß findest Du dieses Produkt?

Kommentieren
Schreibe den ersten Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.
Bonedo YouTube
  • How to Get Legendary U47 Audio Quality Without Spending $10,000 on a #microphone
  • The Ultimate Guide to Record Professional Audio at Home in 15 Minutes!
  • iZotope Ozone 12 Bass Control Demo (no talking)