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Mojave Audio MA-200 Test

Vorschusslorbeeren für Hersteller, deren andere Produkte in unseren Tests gut abgeschnitten haben, verteilen wir nicht – und das ist gut so: Jedes Produkt muss sich seine Punkte selbst hart erarbeiten. Das gilt auch für Mojave, die sich im letzten Teil unseres Testmarathons dank ihres FET-Mikrofons den ersten Platz mit einem Neumann TLM 103 geteilt haben. Mir persönlich gefiel das Mikro der Amerikaner sogar noch einen Tick besser als das Neumann und bei jedem Griff in meinen Mikrofonkoffer wirkte es irgendwie magnetisch: Ich habe mir eines gekauft und will nie wieder darauf verzichten müssen. Das jetzt zum Test vorliegende Großmembran-Röhrenmikrofon MA-200 musste allerdings schön brav bei Null anfangen. Dass ich dennoch gespannt war wie der bekannte “Flitzebogen”, brauche ich wohl kaum zu erwähnen.

Die Preisregion des MA-200 ist eine deutlich andere als die des 201 FET

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. Kein Wunder, denn Röhrenmikrofone kosten nun mal mehr, da der Entwicklungs- und Herstellungsvorgang deutlich aufwändiger ist. Grundkonzept und Design – wenn man davon überhaupt sprechen möchte – sind bei beiden jedoch gleich. Was bringt die Röhre an Mehrwert oder Nachteilen?

Details

Frequenzgang mit buckeligen Charaktereigenschaften

Der Frequenzgang des Mojave MA-200 erinnert weniger an einen Bergsee in der Morgendämmerung als an ungeteerte Nebenstraßen auf einer Insel der griechischen Kykladen, eine ziemlich huckelige Angelegenheit also. Grundsätzlich ist das für ein Mikrofon mit Charakter nicht unbedingt ein Negativmerkmal, sofern es nicht ausartet. Die leichten Überhöhungen sind wie folgt: recht breitbandig zwischen 80 und etwa 300 Hertz, eine wesentliche Beule bei 5 und eine weitere um die 16 kHz. Kurz vor der 1000 ist eine auffällige Kerbe eingezeichnet, also in einem Bereich, den man bei Gesangssignalen sowieso oft mit einem EQ negativ bearbeitet. Insgesamt bewegt sich der Frequenzgang zwischen 20 und 20000 Hz in einem 5 dB breiten Toleranzschlauch.

Fotostrecke: 5 Bilder Hinter dem Metallgitter verrichtet eine goldbedampfte Membran ihren Dienst.

Das MA-200 will mit Sound überzeugen

Bei 117 dB SPL sind 1%, bei 125 dB SPL 3% THD erreicht. Auf dem anderen Ende der Skala wird angegeben, dass mit maximal 16 dB(A) Rauschen zu rechnen ist. Offenbar sind es keine Zahlenrekorde, die Mojave hier brechen will. Es scheint also – kein falscher Ansatz – auf Sound hinauszulaufen.
Vor dem Ausgang des Systems liegt wie beim MA-201 FET ein Jensen-Transformer, der für seinen subtilen Einfluss auf den Sound sehr geschätzt wird. Als Röhre kommt ein Subminiatur-Glaskolben mit der Bezeichnung NOS 5840 zum Einsatz. Dies ist zwar eigentlich eine Pentode, wird im MA aber nur in Triodenschaltung verwendet. Klar: Zum Betrieb des Mikrofons ist ein externes Speisenetzteil nötig, das per 5-Pin-XLR am Mikrofon angeschlossen wird. Beides gehört natürlich genauso zum Lieferumfang wie ein einfaches Köfferchen.

Ausstattung und Optik sind eher unauffällig

Das unscheinbare Mikrofon besitzt einen stabilen, schwarzen Messingtubus als Umhüllung, der nach bewährter Manier durch einen dicken Schraubring am Fuß fixiert ist. Hinter dem Metallgitter verrichtet eine goldbedampfte Membran von 3 µm Dicke und genau 1” Durchmesser ihren Dienst. Dass es sich beim MA-200 wie bei so gut wie allen nicht umschaltbaren Grossmembran-Kondensatormikrofonen um eine Druckgradientenempfänger-Kapsel mit der Richtcharakteristik Niere handelt, muss wohl nicht unbedingt erwähnt werden. Ihr seht: So richtig viel gibt es nicht zu berichten, das Mojave ist also eher eine graue Maus, die durch ihr Äußeres und ihre Ausstattung nicht gerade um Aufmerksamkeit buhlt.

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Praxis

Klanglicher Wiedererkennungswert

Das erste Signal, das sich seinen Weg vom Mojave MA-200 in mein Hörzentrum bahnt, wird in meinem Gehirn sofort mit gespeicherten Erinnerungen verknüpft. Die Verwandtschaft mit einem meiner Lieblingsmikrofone ist unverkennbar. Kunststück, denn dabei handelt es sich um das Mojave MA-201 FET, das allem Anschein nach die gleiche Kapsel verwendet. Tatsächlich: Der klangliche Grundcharakter beider Mikrofone scheint weitgehend identisch zu sein.

Gelungene Kombination alter Röhren- und moderner, offen klingender Großmembran-Mikrofone.
Gelungene Kombination alter Röhren- und moderner, offen klingender Großmembran-Mikrofone.

Akzeptabel geringes Eigenrauschen

Der hervorragende Umgang mit “S”- und “T”-Lauten ist auch bei diesem Testobjekt zu spüren, allerdings ist das MA-200 insgesamt weit weniger klar und transparent. Es komprimiert stärker, denn die Röhre kann sicherlich rasante Anstiege im Pegel nicht so flott übertragen. Nicht nur etwas kompakter und langsamer, auch gemütlicher und wärmer klingt das Mikrofon. Um “die ganze Angelegenheit in eine Nussschale zu packen”, wie man in den USA zu sagen pflegt: Das 200 verfügt vor allem im Vergleich zum röhrenlosen Geschwisterchen über alle positiven und negativen Eigenschaften eines Röhrenmikros. Auf mich wirkt es wie eine gelungene Kombination alter Neumann- und Telefunken-Röhrenmikrofone und moderner, offen klingender Großmembran-Mikros. Viele Engineers finden, dass mit diesen Eigenschaften das Beste beider Welten zusammengeführt wird. Zum Besten aus der modernen Welt gehört übrigens auch das akzeptabel geringe Eigenrauschen – die sündhaft teuren Klassiker scheinen im Vergleich dazu über eingebaute Wasserfälle zu verfügen.

Fotostrecke: 2 Bilder Mikrofontest: Alice, weibliche Stimme

Erste Wahl für Männerstimmen

Bei der Frauenstimme ist mir das rauchige Naturell eigentlich etwas zu stark. Hier zeigt sich, dass Charaktermikrofone nicht immer absolut die optimale Wahl sind, für filigrane, zerbrechliche Stimmchen im transparenten Mix würde ich deshalb das 200 sicher in seiner Kiste lassen und einen unscheinbareren Vertreter wählen. Der “wackelige” Frequenzgang passt allerdings sehr gut zur im Testmarathon vom männlichen Sänger eingesungenen Linie. Bei nicht allzu dichter Instrumentierung wäre das MA-200 hier für mich definitiv erste Wahl!

Audio Samples
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10 cm, weiblich 30 cm, weiblich 10 cm, männlich 30 cm, männlich

Form follows function

Die Verarbeitung des Mikrofons ist absolut ordentlich. Das ist leider nicht immer selbstverständlich. Die Schnörkellosigkeit des Designs spricht eine deutliche Sprache: “Form follows function”. Zum Eye-Catcher im Studio taugt das Mikro also wohl kaum. Auch wichtig: Ein Blick ins Innere des Mikrofons offenbart, dass Mojave sich nicht mit Bauteil-Massenware abtun will oder sich gar fertig bestückte Standard-Platinen aus dem Land mit dem Dreischluchten-Staudamm kommen lässt. Dass ein wichtiger Teil der Fertigung in den USA geschieht, scheint sich auszuzahlen.

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Mojaves MA-200 ist ein Röhren-Großmembranmikrofon, das aus hochwertigen, gut ausgewählten und hervorragend verarbeitenden Materialien besteht. Design und Ausstattung stehen offensichtlich hinten an, der Sound allerdings nicht: Deutliche Zitate alter deutscher Röhrenmikrofone verbinden sich mit moderner Spritzigkeit und Offenheit, soweit es das Röhrendesign erlaubt. Sicher ist dieses Mikrofon kein Standardwerkzeug für alle Tage und alle Situationen, doch gibt es viele Stimmen- und Instrumentalanwendungen, die durch seinen Charakter genau das bekommen, was zum beliebten “teuren” und “edlen” Sound führt: Wärme, leichte Kompression und Crispness – bei wirklich geringem Preis!

Unser Fazit:
5 / 5
Pro
  • charaktervoller Sound
  • hervorragende Verarbeitung
Contra
  • keins
Artikelbild
Mojave Audio MA-200 Test
Für 1.299,00€ bei
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Technische Spezifikationen
  • Grossmembrankondensator-Röhrenmikrofon
  • 5840-Röhre (Pentode, als Triode verschaltet)
  • Empfängerprinzip: 1″ Druckgradientenempfänger (mit Laufzeitglied)
  • Richtcharakteristik: Niere
  • Wandlerprinzip: Kondensator
  • Betriebsspannung: ext. Netzteil
  • Frequenzgang: 30 Hz – 18 kHz (+/- 3 dB)
  • Übertragungsfaktor: -37 dB re 1V/PA
  • THD+N: 16 dB (A-bewertet)
  • maximaler Schalldruckpegel: 120 dB SPL
  • Ausgang: 7-polig XLR
  • Preis: EUR 1.486,31 (UVP)
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