Höfner Gold Label Violin Bass Test

Im Jahre 1955 hatte Walter Höfner die Idee, einen Bass mit kurzer Mensur zu bauen, dessen Korpusform einer Violine nachempfunden sein sollte. Bereits ein Jahr später wurde das serienreife Instrument, der äußerst kompakte und leichte Violin Bass auf der Frankfurter Musikmesse der Öffentlichkeit präsentiert. Einen großen Popularitätsschub erhielt der exotische Bass schließlich in den 60er-Jahren, weil ein gewisser Paul McCartney einen gebrauchten und außerordentlich günstig in Hamburg erstandenen Violin Bass als bevorzugtes Instrument für seine Band The Beatles auserkoren hatte – und damit weltbekannt werden sollte! Für diesen bonedo-Test hat uns die Firma Höfner ein ganz besonders edles Exemplar aus der im Jahre 2013 eingeführten Gold Label-Serie zu Verfügung gestellt.

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Die klassischen Höfner-Modelle aus der Gold Label-Serie werden in kleinen Stückzahlen aus selektierten Hölzern und hochwertigsten Komponenten von Gitarrenbaumeistern in der Höfner-Werkstatt im bayerischen Hagenau hergestellt. Höfner liefert die handgearbeiteten Instrumente in markanten poppigen Farben wie “Party Pink”, “Dawn Purple” oder Royal Blue” und mit ungewöhnlichen Tonabnehmer-Konfigurationen aus, um auch das Interesse der jüngeren Bassistengenerationen an den Klassikern zu wecken.

Details

Kostspielige Instrumente werden in der Regel mit hochwertigen Koffern ausgeliefert, damit sie beim Transport optimal vor Beschädigungen geschützt sind. Mein Testkandidat kam sogar in einem hochwertigen Case aus Aluminium, wie man es von teueren Fotoausrüstungen kennt, an meiner Haustüre an. Ein solch stylisches Case ist eine eher ungewöhnliche Transportverpackung für einen Bass, sieht aber absolut cool aus und bietet mit seiner stabilen und hochwertigen Bauweise hervorragenden Schutz für das edle Instrument – absolut roadtauglich, würde ich sagen!
Das Interieur des Alukoffers wurde für den Violin Bass maßgeschneidert, damit er beim Transport sicher und passgenau sitzt. Ein schmales Fach mit Klappdeckel bietet darüber hinaus ausreichend Stauraum für Kleinkram wie Kabel, Gurt und Stimmgerät. Im Case liegt außerdem ein handsigniertes Zertifikat, auf dem die Modell- und Seriennummer des Gold Label-Basses vermerkt ist. Noch deutlich exklusiver als die Verpackung wirkt allerdings ihr Inhalt, der Gold Label Violin Bass im eleganten Gold-Top-Finish.

Fotostrecke: 3 Bilder Interessantes Beiwerk: Dem hochwertigen Koffer liegt nicht nur das Instrument bei!

Höfner bleibt bei der Konstruktion seiner Gold Label-Instrumente möglichst nah an den frühen Modellen der Firmengeschichte, und somit orientiert sich auch mein Testkandidat mit seiner kurzen 30″-Mensur und dem typischen violinenförmigen Halbresonanzkorpus ohne F-Löcher am klassischen Höfner Violin Bass. Für die Decke kommt (wie bei vielen akustischen oder halbakustischen Instrumenten) Fichtenholz zum Einsatz; für die Rückseite und die Zarge hat Höfner wunderschön geflammtes Ahorn gewählt. Die Kanten ziert ein aufwändiges Binding in “schwarz/weiß/schwarz”-Ausführung, welches absolut tadellos verarbeitet wurde. Gleiches gilt auch für das Finish des Basses: sowohl das noble Top, als auch die transparente Lackierung auf den restlichen Holzkomponenten wurden absolut akkurat und fehlerfrei ausgeführt.

Fotostrecke: 2 Bilder In Sachen “Stylishness” ist dieser Höfner-Bass …

Die typische “Set Neck”-Halskonstruktion besteht ebenfalls aus geflammtem Ahorn, und im Palisandergriffbrett sitzen runde Lagenmarkierungen aus Perlmut und 21 Bünde plus Nullbund mit mittelbreitem Profil. Aufgrund des Nullbundes dient der herkömmliche Sattel nur noch zur Saitenführung und hat keinerlei Auswirkung auf den Klang – beim Gold Label Violin Bass besteht er aus Plastik und kommt passend zum Binding in einer “weiß/schwarz/weiß”-Optik.
Ebenso klassisch wie die Holzkonstruktion ist die Hardwareausstattung des handgefertigten Violin Basses aus der Gold Label-Serie. Auf der Kopfplatte parken vier offene zierliche Mechaniken mit Plastikflügeln, die jedoch durchaus präzise arbeiten und die Stimmung hervorragend halten – Höfner bespannt die Gold Label-Bässe übrigens mit Flatwound-Saiten aus dem eigenen Label.

Fotostrecke: 6 Bilder Der Hals beherbergt 21 Frets sowie …

Die Stegkonstruktion am hinteren Ende des Basses setzt sich im Wesentlichen aus zwei Komponenten zusammen: Aufgenommen werden die Ballends von einem schwebenden trapezförmigen Saitenhalter, der in einen an der Zarge befestigten Metallwinkel gehängt wird. Auf dem Befestigungswinkel sitzt außerdem der hintere Kunstoff-Gurtpin. Der eigentliche Steg wurde aus Ebenholz gefertigt und kann mit zwei Rändelschrauben in der Höhe justiert werden. Die Saiten laufen über kleine in Rillen eingelassene Metallreiter, welche nicht bewegt werden können. Eine Justierung der Reiter ist allerdings auch nicht nötig, denn die Intonation des Instruments war ab Werk absolut perfekt.

Fotostrecke: 4 Bilder Klassisch: Die Höfner-Stegkonstruktion ist altbewährt und besitzt eine lange Tradition.

Wie oben bereits erwähnt, sind die Gold Label Violin-Bässe mit verschiedenen PU-Konfigurationen erhältlich. Bei meinem Meisterstück wurde allerdings die klassische Variante mit zwei Höfner Staple-Humbuckern gewählt. Die beiden Tonabnehmer liegen dabei soweit auseinander wie nur möglich: der Halstonabnehmer sitzt direkt am Ende des Griffbretts, und der Stegtonabnehmer wurde mit lediglich einem Zentimeter Abstand zur Brücke montiert. Die vintagemäßige Kontrollplatte stellt für jeden der zwei Tonabnehmer einen Lautstärkeregler zur Verfügung, und mittels zweier Schalter kann außerdem jeder Tonabnehmer blitzschnell in den Solomodus verfrachtet werden.
Die Funktionsweise der Soloschalter ist anfangs vielleicht etwas ungewöhnlich, die Bezeichnungen sind jedoch durchaus logisch gewählt: Wenn man den Treble-Schalter auf “On” stellt, hört man nur den Stegtonabnehmer, bringt man den Bass-Schalter in die “On”-Stellung, so kommt man logischerweise in den Genuss des Halstonabnehmers im Solomodus. Wider Erwarten bleiben allerdings beide Tonabnehmer stumm, wenn beide Solo-Schalter auf “On” stehen. Wer also Hals- und Steg-Tonabnehmer gleichzeitig hören will, muss beide Solo-Schalter in die Ausgangsstellung bringen und kann dann mit den Lautstärkereglern die beiden Tonabnehmer mischen – alles klar? Der dritte Schalter fungiert schließlich als einfacher Lautstärken-Boost mit der leiseren Stellung “Rhythm” und der etwas lauteren Stellung “Solo”. Damit kann die Endlautstärke im Handumdrehen und ungeachtet des Mischverhältnisses der Tonabnehmer verändert werden. Ein durchaus cleveres Feature, wie ich finde!

Fotostrecke: 5 Bilder Die Pickups des Violin Basses liegen sehr weit auseinander.

Praxis

Shortscale-Bässe sind in den letzten Jahren wieder stark im Kommen, weil immer mehr Bassisten die komfortable Handhabung und den vollen, warmen Sound der meist leichten und kompakten Instrumente zu schätzen wissen. Mein schicker Test-Shorty ist aufgrund seiner Halbresonanz-Bauweise ein richtiges Fliegengewicht und bringt gerade mal 2,2 kg auf die Waage. Einen derart leichten Bass kann man ohne spürbare Belastung stundenlang spielen, weil er stets hervorragend ausbalanciert am Körper hängt. Aus spieltechnischer Sicht erfordert der Violin Bass allerdings durchaus einige Anpassungen, wenn man herkömmliche Longscale-Bässe gewöhnt ist. Klar, die Bünde liegen bei der kurzen Mensur deutlich näher zusammen und die Greifhand muss sich erstmal mit den kurzen Abständen zurechtfinden. Hinzu kommt der recht enge Saitenabstand von gerade mal 14 mm am Steg. Ich habe mich allerdings erstaunlich schnell an diese neuen Parameter gewöhnt und hatte schon nach einigen Minuten auf dem Violin Bass ein angenehmes und natürliches Spielgefühl. Die Saitenspannung ist trotz der kurzen Mensur relativ straff und erfordert keine große Umstellung in der Anschlagstärke, was sicher nicht zuletzt an den im Vergleich zu Roundwound-Saiten etwas steiferen Flatwound-Strings liegt. Die Bundierung wurde außerdem so hervorragend ausgeführt, dass man auch bei härterem Anschlag in keiner Lage irgendwelche Nebengeräusche erntet. Zudem war mein Testkandidat ab Werk absolut perfekt eingestellt und direkt aus dem Koffer super komfortabel zu spielen. Ich denke, hier zeigt sich einfach die großartige Qualität eines Instrumentes, das von einem Gitarrenbaumeister mit größter Sorgfalt von Hand hergestellt und schließlich auch noch eingestellt wird.

Fotostrecke: 2 Bilder Für Fans und Sammler: Dem Bass liegt auch …

Auch in Sachen Sound hat der Gold Label Violin Bass einiges zu bieten! Durch seine Ausstattung mit zwei Tonabnehmern ist in der Lage, sehr unterschiedliche Klangfarben zu produzieren. Da beide Tonabnehmer sehr weit voneinander entfernt liegen, sind einige Sounds allerdings vergleichsweise extrem und in der Praxis nur bedingt oder eben nur in spezielleren Situationen einsetzbar. Doch beginnen wir mit einem Audiobeispiel, das den Violin Bass im “Fullrange”-Betrieb mit beiden Tonabnehmern voll aufgedreht zeigt:

Audio Samples
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Beide Pickups

Was für ein voluminöser und tiefer Sound! Mein Testbass klingt wirklich unheimlich rund und warm in den Tiefen, die Obertöne werden durch die kurze Mensur und die Flatwound-Saiten nur dezent wiedergegeben, der Sound ist aber dennoch definiert und straff genug, um sich in einer Band durchzusetzen. Die akustische Note im Klang sorgt für eine wunderschöne räumliche Tiefe, die von den Tonabnehmern sehr organisch abgebildet wird.
Im zweiten Beispiel spiele ich den Gold Label Bass wieder mit beiden Tonabnehmern, schlage die Töne allerdings im “McCartney”-Stil mit dem Daumen an. Der Basston wird dadurch abermals runder und voller, gleichzeitig hört man aber auch den Anschlag etwas deutlicher. Der etwas dumpfere Vintage-Sound eignet sich hervorragend für Soul- oder R&B-Bassgrooves und sorgt für ein ultrasolides und warmes Fundament in der Band.

Audio Samples
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Beide Pickups – Saiten mit Daumen angeschlagen

Wenn man den Hals-Tonabnehmer in den Solomodus schaltet, wird der Sound noch viel voluminöser und obertonärmer, gleichzeitig aber auch undefinierter. Wenn die Musik dem Bass viel Raum lässt, kann diese Einstellung aber trotzdem sehr gut funktionieren und bietet sich für Situationen an, in denen ein sehr akustischer, kontrabassähnlicher Sound gefragt ist.

Audio Samples
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Hals Tonabnehmer

Für das letzte Audiobeispiel habe in den goldenen Höfner Bass auf Stegtonabnehmer-Betrieb geschaltet, damit ihr die das ganze Spektrum der möglichen Sounds hören könnt. Erwartungsgemäß wird das Low-End mit dem Stegtonabnehmer natürlich deutlich dünner und der hochmittige Frequenzbereich tritt in den Vordergrund. Dieser Sound ist zwar sehr speziell, besitzt aber jede Menge Durchsetzungskraft und erstaunlicherweise (zumindest in den tiefen Lagen) auch noch genügend Tragfähigkeit für den Einsatz als Begleitbass.

Audio Samples
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Steg Tonabnehmer

Fazit

Hochwertige Instrumente, die aus besten Materialien in aufwendiger Handarbeit hergestellt werden, haben logischerweise auch immer ihren Preis. Beim Violin Bass aus der Höfner Gold Label-Serie ist allerdings jeder Euro bestens angelegt. Der Klassiker ist wirklich wunderschön anzusehen, besitzt die hohe Qualitätsanmutung, die man nur von einem sorgfältig in Handarbeit hergestellten Instrument bekommt, und macht vor allem auch in der Praxis mit seiner komfortablen Handhabung und den erstklassigen Klangeigenschaften eine hervorragende Figur! Zudem liefert die deutsche Traditionsfirma den Bass in einem stylischen und roadtauglichen Aluminiumkoffer aus und legt ein signiertes Zertifikat bei, das den Custom Shop-Bass vielleicht irgendwann zu einem begehrten Sammlerobjekt werden lässt.

Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • erstklassige Verarbeitungsqualität
  • schöne, klassische Optik
  • hervorragender Spielkomfort
  • viele Vintage-Sounds in bester Qualität
  • tolle Ausstattung mit hochwertigem Case
Contra
  • Solosounds sind vergleichsweise „extrem“ und nur bedingt in der Praxis einsetzbar
Artikelbild
Höfner Gold Label Violin Bass Test
Wer auf knochige Vintage-Sounds steht, der kommt um diesen Höfner nicht vorbei!
Wer auf knochige Vintage-Sounds steht, der kommt um diesen Höfner nicht vorbei!
Technische Spezifikationen
  • Hersteller: Höfner
  • Land: Deutschland
  • Modell: Gold Label Violin Bass, viersaitiger Halbresonanz-Bass
  • Mensur: 30“
  • Korpus: Halbresonanz, Fichtendecke, Zarge und Boden aus geflammtem Ahorn, Gold-Top-Finish, „schwarz/weiß/schwarz“-Binding
  • Hals: Set Neck-Konstruktion, Flame Maple, Palisander-Griffbrett, Perlmut-Einlagen, 21 Bünde + Nullbund, 48 mm am 12. Bund, 42mm am Sattel, Flatwound-Saiten
  • Hardware: offene Stimmmechaniken, Kunststoffsattel, Saitenaufhängung Trapez Nickel, Ebenholz-Steg, Gurtpins aus Kunststoff
  • Tonabnehmer: 2 x Höfner Staple Humbucker
  • Elektronik: 2 x Volume, Rhythm/Solo, Bass Solo, Treble Solo
  • Gewicht: ca. 2,2 kg
  • Zubehör: Aluminiumkoffer, Zertifikat
  • Preis: 2.590,- Euro (UVP)
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