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Golden Age Project PreQ-73 Test

Die Schweden vom Golden Age Project beackern wie viele andere Hersteller auch bevorzugt das Feld von Rupert Neves legendären Schaltungsdesigns – allerdings aus einem ganz bestimmten, durchaus eigenen Blickwinkel. Wie reiht sich der PREQ-73 in die mittlerweile recht stattliche Produktpalette ein?

Wie man es auch dreht und wendet – für einen guten Teil der Vintage-Enthusiasten findet sich der heilige Audio-Gral immer noch irgendwo zwischen Kürzeln wie „1073“, „1084“ oder „2254“. Diese Modellnummern bezeichnen die wohl legendärsten Module aus dem jahrzentelangen Schaffen der britischen (und mittlerweile in Texas eingebürgerten) Ingenieurslegende Rupert Neve. Für viele Anwender zählen diese Designs, allesamt um 1970 entstanden, zum Besten, was der Markt noch heute hergibt, entweder als preislich für die allerwenigsten erschwingliches Vintage-Original, oder aber als ebenfalls ins Budget-Kontor schlagender „Klon“.
Diesem Wettstreit um den in der allgemeinen Wahrnehmung als „am meisten originalgetreu“ angesehenen Nachbau entzieht sich Golden Age Project allerdings, und zwar aus gutem Grund. Die Detailverliebtheit, mit der jeder Lötkontakt eines Original-Neves reverse-engineert und auf seinen Mythos hin abgeklopft wird, hat für viele Enthusiasten sicherlich seine Berechtigung – aber er macht sich auch im Kaufpreis bemerkbar, und zwar oftmals in Dimensionen, die am monetären Gegenwert von Vintage-Units kratzen. Diesem Rennen um die letzten Millimeter entsagen sich die Skandinavier, vor allem mit Blick auf Fertigungsaufwand und damit Kaufpreis: Die kleinen roten Flitzer von GAP rangieren durchweg in einem durchaus komfortablen Marktsegment. Dies gilt insbesondere für den PREQ-73, den wir hier genauer unter die Lupe nehmen. Preislich in der Tat sehr attraktiv positioniert, rangiert das Gerät im Mittelfeld der GAP-Palette, und das liegt vor allem am Funktionsumfang. Denn der Vorverstärker bietet mehr Flexibilität als der „nackte“ PRE-73, andersherum aber nicht die volle Ausstattung des Paketes, das sich im Verbund der beiden Einheiten PRE-73 und EQ-73 realisieren lässt. Kurzum: Er ist weder Kleinwagen noch Luxuskarosse, sondern Mittelklasse; interessant für die Anwender, die auf den solidesten Gegenwert (neudeutsch: „bang for the buck“) schielen. Schauen wir doch einmal genauer hin!

Details

Kein Klon

Vermutlich ist es unfair, gleich zu Beginn herauszustellen, was der PREQ-73 nicht ist – nämlich ein 1:1-Klon einer Neve-Legende. Vielmehr wollen wir das Augenmerk erst einmal auf die Qualitäten legen, die dieser, wie der Hersteller sagt, „vintage style preamplifier and equalizer“ mitbringt, und die nämlich auf jeden Fall auch jenseits der großen Referenz durchaus auf eigenen Beinen stehen können.

Fotostrecke: 4 Bilder Golden Age Project GAP-73: Die neue Mittelklasse im Portfolio des Herstellers.

80 dB Gain

Im Kern bietet das Gerät einen (Mikrofon-)Vorverstärker mit einer satten Gesamtverstärkung von 80 dB, die den PREQ-73 wie auch sein großes Vorbild im Spitzenfeld der Preamp-Kraftprotze einsortiert. Diese durchaus beachtliche Leistung wird flankiert von einer Reihe Zusatzfunktionen, die das Gerät über die Fähigkeiten eines nackten Mischpult-Inputmoduls deutlich hinausheben, und weiterhin wurde dem erstaunlich tiefen 9,5“-Gehäuse noch eine kleine, aber durchaus schlagkräftige EQ-Sektion spendiert. Das sorgt unterm Strich für ein Studiotool, mit dem sich Eingangssignale schon vor der Digitalisierung vielfältig in Form bringen lassen. Der Vorverstärker bietet maximal 50 dB Gain für Line-Signale, die Neve-typische Gesamtverstärkung von den bereits erwähnten 80 dB für Mikrofonsignale, und zusätzlich zu den rückseitigen Kombibuchsen für die genannten Quellen auch einen D.I./Instrumenteneingang auf der Frontplatte. Am Mic-Input lässt sich die Eingangsimpedanz zwischen 300 und 1200 Ohm umschalten, was je nach Mikro mal mehr mal weniger Effekt zeigen dürfte und im allgemeinen heute einen Ausstattungsstandard darstellt, auf den kaum ein Hersteller verzichten mag. Der Schaltzustand für die Phantomspeisung wird mit einer roten LED unmissverständlich visualistert – ein wichtiges Feature, da die 48V im ungünstigen Falle angeschlossenen Geräten, wie etwa Bändchenmikros, gefährlich werden können. Auf ein Trittschallfilter muss der Anwender leider verzichten, aber dafür kann die EQ-Sektion auf Wunsch mit einem Schalter aus dem Signalweg genommen werden, was die Puristen sicherlich freuen dürfte. Der EQ bleibt deutlich unterhalb des Funktionsumfanges des Original-1073, aber dies ließe sich eben mit der separaten EQ-73 des Herstellers realisieren. Stattdessen bietet der PREQ-73 ein Zweiband-Shelving-Filter, das funktional eher den Konsolen-Vorläufern à la Electrodyne oder Universal Audio ähnelt, also der Mischpultgeneration, die Neve damals mit dem Fanfarenstoß der 1073-Familie ablöste. Macht aber nichts, denn als Onboard-Ausstattung beim Tracking braucht es oftmals nicht mehr als schnelle, gut funktionierende Lösungen für Problemstellungen wie „ich brauche mehr Fülle“ oder „kann das nicht ein bisschen heller klingen?“. Genau dieses Aufgabenfeld adressiert auch der PREQ-73 mit seinen Filtern. Er verfügt über zwei LF- und HF-Bänder mit den Eckfrequenzen 55 und 175 Hz respektive 8 und 12 kHz. Damit liefert er zumindest auf dem Papier schon mal das klassische 1073-Airband und ordentlich Hub im Bassdrum-Grundtonbereich, und dazwischen noch zwei Ansatzfrequenzen für Hoch- und Tiefmitten. Die beiden mittengerasterten Potis bieten eine satte Amplitude von ±15 dB im Bass uns sogar ±20 dB in den Höhen. Wer das beim Tracking tatsächlich voll ausfahren muss, der sollte lieber erstmal schauen, ob am Bassamp ein Lowcut aktiviert ist oder das Gesangsmikro unter einer LKW-Ladung Daunen begraben wurde…

Die Eingangsimpedanz des Preamps ist umschaltbar.

Sättigung: Viele Möglichkeiten

Die Phasendrehung wurde etwas unlogisch ganz rechts auf der Frontplatte positioniert: neben dem Output-Poti, das wie ein Mischpult-Kanalfader den Pegel der ans nachfolgende Gerät gesendet wird begrenzt. Das bedeutet im Zusammenspiel mit der Übermotorisierung des Mic-Inputs und den speziellen Schaltungsmerkmalen des PREQ-73 (denen wir uns gleich noch widmen), dass hier mannigfaltigen Sättigungs-Spielereien Tür und Tor geöffnet werden. In anderen Worten: Vorne aufdrehen, hinten abregeln und abschmecken je nach Gusto. Von zart angeknuspert bis zum vollen Zerrbrett geht hier sicher einiges!  

Fotostrecke: 4 Bilder Vielseitige Anschlu00fcsse: Input sind als Kombibuchsen ausgefu00fchrt, dazu gibt es einen Insertweg und zwei Buchsen fu00fcr den Audio-Ausgang.

Gespart an Kosmetik und Netzteil

Eine dreistufige und dreifarbige „LED-Ampel“ gibt Aufschluss über die Gainstruktur. Sie wird ergänzt duch eine Power-LED. Diese zeigt allerdings lediglich an, ob das externe Netzteil seinen Saft ans Gerät weiterleiten darf, ersteres bleibt immer am Netz. Ob ein externes Netzteil nun unterm Strich eher Vor- oder Nachteile hat, ist Gegenstand vieler Diskussionen. Es hilft zumindest, den Preis niedriger zu halten und hält die Netzspannung von den einstreuungsempfindlichen Audio-Übertragern fern, aber es gilt im allgemeinen auch als weniger elegante, etwas unzuverlässigere Option. Mit Blick auf den Kaufpreis lässt sich das sicherlich ebenso verschmerzen wie der etwas hemdsärmelige Look des Gerätes und die nicht wirklich edle Haptik der Bedienelemente. Gespart wurde hier nämlich letztlich nur an der Kosmetik, das Innenleben kann durchaus überzeugen. Komplett in konventioneller Löttechnik ausgeführt und dem diskreten Class-A-Schaltungskonzept von Mr. Neve folgend, wurden im Signalweg wie beim Original beispielsweise auch Tantal-Kondensatoren verbaut, und robust wirkt das rote Gerät allemal. Aus Kostengründen setzt Golden Age Project drei No-Name-Übertrager ein. Verständlich, können Qualitätsbauteile hier doch bereits im Einkauf pro Stück hohe zweistellige Summen kosten, was beim angestrebten Endpreis des PREQ-73 nicht darstellbar wäre. Allerdings ist der GAP für den Einbau der Carnhill-Originalübertrager bereits vorbereitet, mit etwas DIY-Geschick oder einem Techniker an der Strippe kann man dem heiligen Gral also ein gutes Stück näher kommen.

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Praxis

Einfach zu bedienen

Bereits vom Start weg macht der PREQ-73 einen guten Eindruck, auch ohne dass man eigenhändig den Lötkolben ansetzen müsste. Abgesehen von der Positionierung der Phasendrehung ist die Bedienung vollkommen logisch, ein Blick in die Anleitung ist eigentlich kaum erforderlich, um die ersten wohlklingenden Ergebnisse aus dem Gerät herauszuquetschen. Übersichtlichkeit bedeutet Unwahrscheinlichkeit von Fehlbedienungen auch in hektischen Situationen, und auch klanglich weiß der GAP zu überzeugen – was will man mehr?

Logischer Aufbau – bis auf eine Kleinigkeit

Roher Klang

Mit satten 80 dB bleibt in puncto Gainreserven kein Wunsch unerfüllt, auch das Nebengeräuschverhalten hält sich in mehr als akzeptablem Rahmen. Man sollte hier nicht Wunder erwarten, denn das Schaltungskonzept ist allgemein etwas „roher“ als man das heute mit breitbandigen ICs oder hochgezüchteten diskreten Bausteinen realisieren könnte, aber darum geht es ja auch gar nicht. Vielmehr will letztlich auch der PREQ-73 den Neve-Nimbus am Rockzipfel packen, und das gelingt dem Gerät auch auf die bekannte, herzhafte Art und Weise. Zwar stellt der Preamp den unterschiedlichen Charakter verschiedener Mikrofone durchaus deutlich heraus (Interpretation: Er geht ausreichend sensibel mit den Quellen um), was sich an den Testbeispielen mit Neumann U 67 und TLM 103 auch gut nachvollziehen lässt. Aber er hält auch seinen eigenen Prägestempel bereit, und der lautet: Dicht in den Mitten, vor allem den tieferen, sonor-reibelig im Bass, und kraftvoll, wenn auch nicht übertrieben offen in den Höhen. Neve-Signale setzen sich durch, sie rocken, sie werden als „sweet“ beschrieben, das ist ein Ton, der polarisiert. Man mag ihn oder man mag ihn nicht, aber kalt lässt er keinen. Und dieser Grundcharakter scheint auch beim GAP mehr als nur durch.

Klanglich eindeutig Neve-Gene: Golden Age Project PreQ-73

EQ zum Korrigieren

Der EQ stellt hier trotz seines limitierten Funktionsumfanges eine mächtige Ergänzung bereit. Chirurgische Korrekturen macht man eh lieber im finalen Mix, aber wenn ein Mikro wie das U 67 schon zu Beginn vielleicht zu warm klingt, dann lässt sich das bereits bei der Aufnahme mit analoger Effektivität korrigieren. Kein Wunder dass das gut funktioniert, auch Channelstrips wie UAs LA-610 setzen auf ein vergleichbares Erfolgsrezept. Ausreichend Kraftreserven sind vorhanden – und wie bereits gesagt, lässt sich ein Problem bei der Aufnahme mit diesen beiden Bändern nicht lösen, dann sollte man weiter vorne in der Kette ohnehin lieber nochmal ganz genau hinschauen.

Audio Samples
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U67, Gain: +30 dB U67, Gain: +50 dB U67, Gain: +70 dB TLM103, Gain: +30 dB TLM103, Gain: +50 dB TLM103, Gain: +70 dB U67, Gain: +30 dB, Boost bei 12 kHz TLM103,Gain: +30 dB, Boost bei 12 kHz

Distortion möglich

Abgerundet werden diese Ergebnisse – wörtlich zu nehmen! – von den Sättigungsprodukten, die sich im Zusammenspiel von Gain-Drehschalter und Output-Poti realisieren lassen. Auch hier geben die Klangbeispiele Aufschluss über einige Stufen des Potenzials, das sich hier abrufen lässt. Von kaum wahrnehmbarer Sättigung bis zu heftigster Distortion geht hier praktisch alles. Die Resultate bleiben immer charaktervoll und irgendwie ansprechend, auch wenn man hier durchaus zuviel des Guten geben kann. Gerade bei heftigeren Einsätzen schmeckt allerdings irgendwann unweigerlich eine gewisse leicht „knispelige“ Härte durch, die sich vermutlich auf die Eigenschaften der ab Werk verbauten Übertrager zurückführen lässt. Für mehr „Sweetness“ wäre es tatsächlich ein Experiment wert, die Übertrager zu tauschen.

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Fazit

Beim überraschend günstigen Preis des PREQ-73 muss man sich mit den Erwartungen im Zaum halten. Klar, der GAP verspricht einiges, sogar so viel, dass man eben geneigt ist, alle Erwartungen eingelöst sehen zu wollen. Aber letztlich wird man damit dem Ansatz von Golden Age Project nicht gerecht. Bringen wir es so auf den Punkt: Der PREQ-73 bietet einen exakt abgezirkelten, praxistauglichen Funktionsumfang mit den bewährten klanglichen Qualitäten des Herstellers, und das zu einem mehr als fairen Preis. Leichte Abzüge in der B-Note nehmen wir dabei ganz gelassen als unvermeidlich hin.

Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • Klangeigenschaften
  • auf das Wesentliche reduzierter Funktionsumfang
  • Preis-Leistungsverhältnis
Contra
  • kein Trittschallfilter
Artikelbild
Golden Age Project PreQ-73 Test
Für 419,00€ bei
Signalfarbe: Mit seinem feuerroten Look hebt sich der GAP-73 vom Farbschema der Vintage-Vorbilder ab.
Features und Spezifikationen
  • Preamp in Anlehnung an den klassischen Neve 1073
  • diskrete Class-A-Schaltung
  • 80 dB Vorverstärkung
  • variable Eingangsimpedanz
  • Instrumenteneingang
  • Zweiband-EQ mit Shelving-Kurven
  • Preis: € 444,– (UVP)
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