Aus dem Hause Gibson kommt eine auf 300 Stück limitierte Sonderauflage einer Melody Maker Gitarre, die den Jonas Brothers gewidmet ist. Jonas Brothers? Wer um alles in der Welt sind die Jonas Brothers? Eine Frage, die sich hierzulande jetzt viele stellen werden. Nun, bei den besagten Brüdern handelt es sich um drei junge Musiker, die in Amerika aufgrund diverser Disney-Serien und TV-Auftritten recht bekannt und erfolgreich sind – und echte Brüder obendrein. Eine Tatsache, die vielen Gibson-Anhängern offensichtlich reichlich suspekt ist, und so beklagen sie sich in Foren und Kommentaren auf der Gibson-Homepage darüber, dass eine „Kinderband“ (neben gestandenen Männern und Guitar-Heroes wie Slash, Jimmy Page oder Zakk Wylde) mit einer speziell für sie entworfenen Gitarre geadelt wird.
Uns soll das weniger berühren, denn auch diese Gitarre ist in erster Linie das, was sie ist: eine Gitarre. Und dazu eine echte Gibson, die für einen überaus schlanken Preis über die Ladentheke gereicht wird. Grund genug, wie wir finden, sie völlig unvoreingenommen auf Klang und Ton zu testen.
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Details
Korpus Die Melody Maker tauchte erstmals im Jahr 1959 am Markt auf. Die ersten Modelle folgten dem typischen Single-Cut-Design der Les Paul, allerdings war ihr Korpus wesentlich dünner und auch die traditionell verbaute gewölbte Ahorn-Decke fehlte. Später war die Gitarre dann in diversen Double-Cut Designs erhältlich. Ursprünglich als Einsteigergitarre geplant, entwickelte sich die MM aufgrund ihres baubedingt geringen Gewichts und ihres knackigen Tons schnell zu einem echten Verkaufsschlager.
Unser Testmodell orientiert sich am Design der typischen Melody Maker Singlecuts jener Zeit, weist aber einige Unterschiede auf, die ihrem Signature-Status geschuldet sind. So ist der dünne Mahagoni-Body weiß lackiert (satin white) und auf der Vorderseite mit dem Jonas Brothers Logo versehen. Außerdem haben sich die drei Brüder handschriftlich auf dem schwarzen Schlagbrett verewigt – zum Glück für die Jungs waren es nur 300 Instrumente, die signiert werden mussten. Mit einer Korpusstärke von konstant 36 mm – lediglich an den Kanten ist der Body etwas gerundet – ist sie gerade einmal einen Millimeter dicker als eine SG.
Die Gitarre kommt mit einer einteiligen Wrap-Around-Brücke. Die Saiten werden also von der Halsseite eingefädelt und dann um die Brücke herum gespannt. Es gibt keine einzelnen Saitenreiter, die in Höhe und Oktavreinheit eingestellt werden könnten. Stattdessen lässt sich die Brücke mit zwei Inbusschrauben seitlich in der Tiefe verstellen und ermöglicht so eine (zumindest globale) Feinabstimmung der Oktavreinheit. Die Brücke ist wie das Stop-Tailpiece einer Standard Les Paul an zwei in den Korpus eingelassenen Bolzenschrauben befestigt, und durch entsprechendes Drehen dieser Schrauben kann die Saitenlage nachjustiert werden.
Pickups Die Melody Maker ist mit zwei P90 Soapbar Single Coil Pickups ausgestattet, die ihr Innenleben unter schwarzen Kappen verstecken. Die Tonabnehmer können mit einem Drei-Wege Toggle-Switch geschaltet werden, der die üblichen Kombinationen Hals-, Steg- und beide Pickups ermöglicht. Kontrolliert werden die beiden Singlecoils über einen Master-Volume und Tone-Regler. Potis, Pickup-Wahlschalter und Anschlussbuchse parken auf dem Schlagbrett. Alles in greifbarer Nähe sozusagen.
Hals Der aus Mahagoni gefertigte Hals der Melody Maker ist Gibson-typisch mit dem Korpus verleimt. Das Griffbrett aus Palisander weist leider leichte Verarbeitungsmängel auf, denn es ist ein Hauch schmaler als der Hals. Dadurch entsteht eine kleine Kante, die aber beim Spielen nicht sonderlich stört. Ansonsten gibt es an der Gitarre nichts zu kritteln, sie lässt sich dank der guten Werkseinstellung angenehm spielen. Die 628mm-Mensur entspricht dem, was auch die große Schwester zu bieten hat. 22 Medium Frets teilen das Ganze in „musikalische Abschnitte“. Dabei sind die Bünde sauber abgerichtet und poliert – für entspanntes Spiel mit guter Intonation und Bendings ist also gesorgt. Zur Orientierung sind Dot Marker auf dem Griffbrett und an der Halskante eingelassen. Das schlanke Slim-Taper-Halsprofil liegt gut in der Hand und der matt lackierte Halsrücken unterstützt schnelle Lagenwechsel. Dank des Cutaways und eines schlanken Hals-Korpus-Übergangs sind auch die hohen Lagen recht locker zu bespielen, selbst der 22. Bund lässt sich ohne große Fingerverrenkungen erreichen. Auf der entgegengesetzten Halsseite laufen die Saiten über einen sauber abgerichteten und gefeilten Kunststoffsattel in Richtung Standard-Gibson-Headstock. Bei den alten Melody Makers kam übrigens noch eine etwas schmalere Kopfplatte zum Einsatz. Die Gibson Vintage Mechaniken mit weißen Stimmknöpfen haben eine Übersetzung von 14:1 und sorgen für einen reibungslosen und schnellen Stimmvorgang. Es gibt keine „Hänger“ beim Drehen oder tote Punkte in der Zahnradübertragung. Auf der Kopfplatte findet man oben das Gibson-Logo, unten ist die Kunststoffabdeckung für den Halsstellstab montiert. Auch hier wurde aus Kostengründen auf den üblichen Schnickschnack verzichtet, die Abdeckung ist einlagig, besitzt keine Gravur mit dem Gitarrennamen und die Kopfplatte trägt weder Perlmutteinlagen noch Typenbezeichnung. Summa summarum ein schlichtes Design, das aber nicht negativ auffällt und zumindest optisch den Blick nicht für das eigentlich Wesentliche verstellt, den Klang. Und um den geht es jetzt!
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Praxis
Das Instrument wird mit einer Tasche und dem nötigen Werkzeug geliefert. Das kann aber erst einmal im Gigbag bleiben, denn die Gitarre ist ab Werk gut eingestellt, muss nur noch gestimmt werden und schon kann es losgehen.
Clean Als Erstes werden wir uns die drei Tonabnehmer-Kombinationen in unverzerrtem Zustand zu Gemüte führen. Die P90-Pickups haben einen satten Ausgangspegel, der naturgemäß höher liegt als der gewöhnlicher Single-Coil-Pickups. Im Vergleich zu einer mit Humbuckern ausgestatteten Les Paul ist der Grundsound der Melody Maker etwas schneller in der Ansprache – mit guten Höhen und knackigen Bässen. Man merkt das bereits am Halspickup, der extrem spritzig rüberkommt.
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Neck Clean
Die Mittel-Position des Toggle-Switch, also die Kombination aus Hals- und Steg-Tonabnehmer, bringt einen schönen Zwischenpositions-Sound, bei dem das Bassfundament des Hals-PUs eine Symbiose mit den klaren Höhen des Stegpickups eingeht.
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Neck Bridge Clean
Der Bridge-Pickup hat zwar eine gute Portion Höhen am Start, klingt aber trotzdem nicht bissig. Auch für Cleansounds ist er sehr gut zu gebrauchen.
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Bridge Clean
Was mir sehr gut gefällt, ist die schnelle Ansprache des Instrumentes. Auf diese Weise lassen sich knackige Rhythm-Grooves erzeugen, die ein Spielgefühl vermitteln, wie ich es eher bei einer Tele als bei einer „Les Paul Style“ Gitarre erwarten würde. Man kann richtig deftig in die Saiten langen und dem Amp so einen schmatzigen Funky-Sound entlocken.
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Neck Funk
Es geht aber auch komplett anders. Wenn man den Tone-Regler ein wenig zurücknimmt, dann wird der Klang wesentlich weicher und auch gegen einen sanften Anschlag mit dem Daumen hat das Instrument nichts einzuwenden. Die Pickups sind in der Lage, auch feine Anschlagsnuancen an den Amp zu übertragen – und genau aus diesem Grund sind P90-Pickups bei vielen Gitarristen (vor allem der Vintage-Fraktion) so beliebt.
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Neck Jazz
Crunch Jetzt wird es etwas dreckiger und wir testen die Jonas Brothers Melody Maker in der Disziplin Crunchsounds. Verstärkerseitig kommt mein Marshall Plexi zum Einsatz und siehe da, gerade bei leicht angezerrten Sounds machen die P-90 einen extrem guten Job. In Verbindung mit der direkten Ansprache des Instruments lassen sich knackige Riffs entspannt abfeuern. Hier ein Beispiel mit Hals- und Steg-Pickup im Synchronbetrieb.
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Neck Bridge Crunch
Hier fällt beim Spielen eine leichte Kompression der Pickups auf. Was bei Cleansounds noch von Vorteil war, kann bei verzerrten Sounds mitunter etwas nachteilig wirken, denn die dynamische Bandbreite der beiden in der MM verbauten Tonabnehmer ist nicht so hoch, wie man es von richtig hochwertigen P90s gewöhnt ist. Aber die dynamische Ansprache und die damit verbundene Möglichkeit der Steuerung des Verzerrungsgrades über den Anschlag sind trotzdem noch völlig im grünen Bereich. Beim folgenden Beispiel habe ich zuerst leicht mit den Fingern und dann hart mit dem Pick angeschlagen.
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Dyna Pick
Hi-Gain Was bei höheren Gain-Settings (vor allem in etwas höheren Übungsraumlautstärken) unangenehm auffällt, ist die Einstreu-Empfindlichkeit der Tonabnehmer. Da habe ich schon bessere Single-Coil-Kandidaten unter den Fingern gehabt. Hier stoßen die eingebauten P90 an ihre Grenzen. Man kann eben nicht alles haben. Die Stärken dieser Pickups liegen nun mal eher in den Clean- bis Mid-Gain-Sounds, und wer vermehrt im HiGain-Bereich wildern möchte, der sollte im Zweifelsfall ein gutes Noisegate am Start haben.
Die Tonabnehmer liefern zwar einen höheren Pegel, aber so richtig krachen will es trotzdem nicht. Hier ein Beispiel mit einem voll aufgerissenen Hughes & Kettner Duotone.
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Hi Gain
Unterm Strich ist die Tonwiedergabe der P90 aber absolut in Ordnung – und vor allem angenehm transparent. Die Saiten werden in gleichmäßiger Lautstärke wiedergegeben und auch bei hohen Verzerrungen sind Akkorde und einzelne Anschläge klar zu hören – wie der folgende „Akkordtest“ bestätigt. Die Akkorde E, G, D, A, E werden langsam nacheinander angeschlagen, sind klar zu erkennen und auch beim letzten E-Akkord hört man jeden einzelnen Anschlag.
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Chords
Regelweg des Volume- und des Tone-Reglers Zuguterletzt widmen wir uns noch dem Wirkungsbereich der beiden Regler. Los geht es mit dem Volume-Poti. Es ist grundsätzlich sehr angenehm, wenn die Interaktion zwischen Pickups und Volume-Regler sich so gestaltet, dass man den Grad der Verzerrung über den Volume-Regler der Gitarre steuern kann. Im besten Fall ist der Klang bei zurückgenommenem Volume clean, hat dabei aber nicht viel an Lautstärke verloren. Selbstverständlich ist das auch vom generellen Verzerrungsgrad des Amps abhängig. Ich habe eine MidGain-Verzerrung eingestellt und zuerst mit Gitarren-Volume auf drei, dann voll aufgedreht gespielt.
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Dyna Poti
Sehr schön! Die Verzerrung wagt sich bei Volume auf 3 nur minimal aus der Deckung, bei 10 gibt es dann das volle Brett. Entsprechend hoch ist die Bandbreite der einstellbaren Sound-Nuancen. Auch der Regelweg ist angenehm linear. Bei jeder Stufe nimmt der Grad der Verzerrung ein wenig mehr zu.
Auch das Tone-Poti hat einen guten Wirkungsgrad, hier kann man zum einen den Klang etwas weicher gestalten, indem man nur wenig zurückdreht, auf der anderen Seite sind bei komplett zurückgenommenem Poti aber auch richtig muffige Zerrsounds möglich. Im nächsten Audio spiele ich mit dem Steg-Pickup, einmal Tone komplett abgedreht, dann voll auf.
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Tone
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Ob man nun ein Fan der Jonas Brothers ist oder nicht: Die für die drei Buben in limitierter Stückzahl gebaute Melody Maker macht eine sehr gute Figur. Man bekommt es hier mit einem schnörkellosen Instrument zu tun, bei dem auf so manche (Gibson-typische) Feinheit verzichtet wurde, das aber dennoch mit den wesentlichen Dingen aufwarten kann. Und der Preis stimmt: Eine Original-Gibson für unter 600,- Euro inklusive Gigbag, da kann man nicht meckern. Aber auch die gebotene Qualität geht in Ordnung. Zwar gibt es ein paar kleine Mängel wie das etwas schmal geratene Griffbrett und das Einstreuverhalten der Pickups, aber unterm Strich tut das dem positiven Eindruck insgesamt keinen Abbruch. Mit einer guten Werkseinstellung und einer amtlichen Bespielbarkeit hat es die wichtigsten Voraussetzungen für ein inspirierendes Spielen an Bord. Die P90 Pickups machen ihren Job ebenfalls sehr ordentlich und sind mit ihrer sehr guten Tonübertragung vor allem im Clean- und Crunch-Bereich ganz weit vorne. Wer eher seltener Hi-Gain-Sounds spielt und eine Gibson zum guten Kurs sucht, der sollte die Jonas Brother Melody Maker ruhig einmal antesten. Das Preis-Leistungsverhältnis ist sehr gut.
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