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Gibson Flying V 7 String EB Test

Zwar erzählt uns die Gibson History etwas anderes, aber wenn von einer Flying V die Rede ist, denkt man zwangsläufig an Metal und Rock. Wohl kaum jemand käme auf die Idee, diese eigenwillige und doch recht futuristische Gitarrenform gleichzusetzen mit cleanem Sound und akkuratem Kurzhaarschnitt, und doch kommt Letzteres der Wahrheit ein gutes Stück näher: Lange, bevor man zu der Erkenntnis gelangte, dass ein zerrender Amp nicht unbedingt defekt sein muss und eine übersteuerte Vorstufe durchaus ihren Reiz haben kann, war sie schon da. Schon 1958 war das Flying V Design ein Bestandteil von Gibsons Modernist Serie.

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Doch bevor sie zum begehrten Rock-Tool avancierte, fristete die von Gibson-Präsident Ted McCarthy auf den Weg gebrachte Gitarre zunächst ein Schattendasein. Und weil die Verkaufszahlen mager blieben, wurde die Produktion bereits 1962 wieder eingestellt.Erst als die V Mitte der 60er Jahre vor der Gürtelschnalle einiger angesagter Blues-Größen auftauchte, nahm ihre Popularität zumindest so viel Fahrt auf, dass Gibson sich 1967 entschloss, die Produktion wieder anzuschieben und ihr eine zweite Chance zu geben. Heute gehört der Pfeil zum traditionellen Portfolio der amerikanischen Gitarrenbauer und zum unverzichtbaren Handwerkszeug der umtriebigen Hardrock- und Metal-Szene. Kein Wunder, dass die späte Popularität im Laufe der Jahre auch Nachahmer auf den Plan rief und Firmen wie B.C. Rich oder Jackson ihre eigenen windschnittigen Modelle produzierten. Mit unserem Testexemplar, einer 7-saitigen Variante, fährt Gibson jetzt eine gezielte Attacke auf die ganz harten Jungs unter den V-Anhängern. Wir haben uns die Axt umgehängt und es ordentlich krachen lassen.

DETAILS

Die Flying V ist ein großes Instrument und wird standesgemäß in einem Koffer Marke Sarkophag angeliefert. Allerdings verrät ein Blick auf die Waage, dass ihre 3,7 Kilo eher im umgekehrten Verhältnis dazu stehen. Das freut natürlich!Der Korpus der Gitarre besteht aus Mahagoni, versehen mit einem glänzend schwarzen Nitro-Finish. Ein fünfschichtiges Schlagbrett (schwarz/weiß) schützt die Oberfläche beim exzessiven Riffing vor Kratzspuren. Als Hardware kommen eine “V“ String-Thru Tailplate und eine 7-String Tune-o-matic Brücke zum Einsatz – die Saiten werden bei der Flying V traditionell durch den Korpus geführt, bevor sie ihren Weg über die Brücke in Richtung Hals antreten.

Für eine adäquate Motorisierung sorgen zwei direkt in den Korpus geschraubte EMG-Pickups, am Hals arbeitet ein 07 Alnico, am Steg ein 81-7 Keramik.Die Kontrolle über die beiden übernehmen ein Master-Volumen-Poti und zwei Tone-Potis – jeweils mit schwarzen Kappen bestückt. Geschaltet werden die aktiv befeuerten Triebwerke von einem 3-Wege-Toggle-Switch, der unterhalb des Steg-Pickups ein Plätzchen auf dem Schlagbrett gefunden hat und Les Paul-typisch durch die Pickup-Kombis führt.

In der unteren Zarge parkt das Batteriefach, das eine 9-V-Batterie beherbergt und die aktive Elektronik der Gitarre mit Strom versorgt. Die Kinkenbuchse sitzt auf der Oberseite der unteren „Pfeilspitze“, was immer dann ungünstig ist, wenn mal kein Winkelklinkenstecker zur Hand ist. Bei Verwendung eines geraden Anschlusses steht das Kabel ab und wird im ungünstigsten Fall geknickt, was schnell zu Kabelbruch führen kann. Wäre es nicht cleverer gewesen, die Buchse der Flying V in die Zarge zu verlegen? Aber das nur so nebenbei!
Der eingeleimte Hals der V besteht aus Mahagoni und besitzt ein Palisander-Griffbrett, das mit 22 sauber eingesetzten, abgerundeten und entgrateten Medium-Jumbo-Bünden bestückt ist. Das zum Einsatz kommende Mahagoni ist Quarter Sawn, eine Schnitttechnik, die „stehende Jahresringe“ erzeugt. Dies wiederum sorgt für ein Stabilitäts-Plus, das gerade bei einer Gitarre mit zusätzlicher Basssaite durchaus angesagt ist. Außerdem klingen Quarter Sawn Hälse etwas brillanter und transparenter als Hälse aus Flat Sawn Hölzern – auch das in Verbindung mit tieferen Stimmungen ganz sicher kein Nachteil.

Auf dem Griffbrett finden sich keinerlei Markierungen, lediglich die Halskante zeigt mit kleinen weißen Punkten an, wo genau sich die Hand gerade befindet. Die ebenfalls schwarz lackierte Kopfplatte ist leicht angewinkelt, um den Saitendruck auf den aus Corian bestehenden Sattel zu erhöhen. Das wiederum spart den Saitenniederhalter. Corian ist ein Verbundmaterial, das aus Knochenstaub und Epoxy besteht und etwas weicher und runder klingt als reiner Knochen.
Das Stimmen übernehmen sieben goldfarbene Steinberger Gearless-Mechaniken, drei an den beiden Seiten der Kopfplatte, eine in der Spitze. Für all diejenigen, die diese Mechaniken nicht kennen, hier eine kurze Beschreibung: Die Steinberger Gearless besitzen keine Stimmwirbel. Stattdessen wird die Saite mit einem sogenannten Tuning-Knob, ähnlich einem Poti mit Metallkappe, auf Tonhöhe gebracht. Ich muss zugeben, ich war erst skeptisch, aber das Ganze funktioniert wirklich sehr gut und mit einem Verhältnis von 40:1 zudem auch noch sehr fein auflösend und leichtgängig. Um eine bestmögliche Stimmstabilität zu garantieren, ermöglichen die Gearless-Mechaniken ein Festklemmen der Saiten. Zu diesem Zweck wird eine Schraube (Clamping Knob) aus der Mechanik gedreht, in der sich ein kleines Loch befindet. Durch dieses fädelt man die Saite, zieht sie stramm und schneidet sie kurz ab (ca. 6 mm). Alternativ kann man die Schraube auch festziehen, ohne die Saite vorher abzulängen, was dazu führt, dass eine Sollbruchstelle entsteht. Dort lässt sich “der Draht” dann durch Hin- und Herbewegen abbrechen. Ist das erledigt, dreht man den Clamping Knob wieder hinein, was die Saite fixiert. Mit dem Tuning Knob auf der Rückseite der Kopfplatte schließlich justiert man die richtige Tonhöhe. Hört sich zwar nicht so an, ist aber tatsächlich genial einfach! Bleibt noch die große, vierlagige Kunststoffabdeckung mit goldenem Gibson-Logo zu erwähnen, die die Fräsung für den Halsstab verschließt.

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PRAXIS

Im Sitzen lässt sich eine Flying V naturgemäß relativ unbequem spielen. Also Gurt ran, klassische Rockstarpose und…  ah, so ist es richtig bequem und jetzt kann es wirklich losgehen! Die Gitarre pendelt sich automatisch in die richtige Position ein, wozu die leichten Steinberger-Mechaniken sicherlich einiges beitragen. Der Hals des Pfeils zeigt keine Deadspots und auch die höchsten Bünde sind mangels Korpus bestens zu erreichen. Trocken gespielt schwingt die Gitarre laut und mit einem ausgewogenen Mittenschub aus. Dabei besitzt sie, obwohl hier kein Ahorn verbaut wurde, ein angenehmes Höhenbild.

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Die Gitarre kam gut eingestellt und mit einer guten Saitenlage bei mir an, sodass ich ohne Umwege ein paar Audiofiles aufnehmen konnte. Wie immer starte ich meinen Praxis-Check mit einem cleanen Fender Deluxe Amp. Ich spiele drei Mal dieselbe Phrase und schalte, beginnend mit dem Hals-Pickup, durch die Positionen.

Audio Samples
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Deluxe Switch Mid Steg

Die EMGs haben ganz schön Dampf und so ist es nicht möglich, mit dem Amp wirklich cleane Sounds zu produzieren. Es sei denn, ich drehe das Volumen-Poti an der Gitarre herunter, was aber wiederum dazu führt, dass die Höhen reduziert werden. Der Hals-PU klingt ausgewogen, im Bassbereich recht prominent und lässt Anschlagsgeräusche zu. Die Mittelposition hat einen ähnlichen Sound, wobei sie in den tieferen Mitten etwas schlanker daherkommt. Dagegen wirkt der Steg-PU fast schon dünn, was aber verzerrten Sounds ganz bestimmt sehr gut zu Gesicht stehen wird. Dazu aber später mehr. Insgesamt vermisse ich ein wenig die Höhen, in dieser Hinsicht hält sich die Flying V vornehm zurück.
Als Nächstes habe ich eine kleine Oktav Funky-Line zum Besten gegeben, die ampseitig in der Regel gerne etwas “angeschmutzt“ gespielt wird. Dazu habe ich die Mittelposition, also beide Pickups im Synchron-Betrieb gewählt.

Audio Samples
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Deluxe Funk Mid

Na siehste, geht doch! Ich habe übrigens am Amp nichts an den Einstellungen verändert. Die Gitarre reagiert recht sensibel auf verschiedene Anschlagsstärken und tönt schön rund. Jetzt werde ich dem Hals-Pickup auf die Windungen fühlen.
Ich schnappe mir meinen Marshall JCM 800, stelle einen leichten Crunch ein und spiele eine Picking-Linie. Und so hört sich das Ganze an:

Audio Samples
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Neck JCM800 Light Crunch Picking

Auch hier vermisse ich leider die Höhen ein wenig – aber eine Vollmahagoni-Gitarre mit Palisander-Griffbrett klingt halt nun einmal so. Für das kleine Picking zwischendurch in einer ansonsten eher verzerrt spielenden Band geht das Ganze aber absolut in Ordnung.
Ich erhöhe jetzt den Zerrgrad am Marshall auf einen satten Crunch.

Audio Samples
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JCM800 Mute Riff

Nun wendet sich das Blatt, die V fühlt sich offensichtlich richtig wohl. Die Mitten geben dem Sound genau den Growl, den er braucht. Natürlich macht die tiefe H-Saite eine ganze Menge Schub, bleibt aber zu jeder Zeit transparent und differenziert hörbar.
Auch beim nächsten Beispiel wird am Amp nichts geändert, aber ich spiele offener als vorher.

Audio Samples
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JCM800 Riff

Auch bei diesem Riff zeigt die Gitarre ihr wahres Gesicht. Anschläge werden zwar herausgearbeitet, spielen sich aber nicht in den Vordergrund. Ich würde die V in einer Produktion mit einer tiefergelegten Tele oder Ähnlichem doppeln, ganz einfach, weil das Klangbild auf diese Weise „nach oben hin“ erweitert wird. Das ist im Übrigen völlig normal und wird seit Langem genauso gemacht.
Ein Mesa Boogie Rectifier wartet mit Gain-Regler bei 15 Uhr auf seinen Einsatz.

Audio Samples
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Rectifier Steg Riff

Die Kombination aus Flying V und Boogie würde ich als glückliche Ehe bezeichnen. Der Rectifier ist bekannt für seinen extrem sauberen Bass- und Tiefmitten-Bereich und erzeugt so einen satten, fetten, authentischen und richtig bösen Metal-Sound. Obwohl die V schlanker wird, erhöht sich der Druck. Dieses Phänomen ist der Ausdünnung der Tiefmitten geschuldet. Tiefe Frequenzen haben bekanntermaßen die meiste Energie, und wenn diese im Zaum gehalten werden, rücken die schwächeren, höheren Frequenzen in den Vordergrund, und so klingt es dann unterm Strich eben fetter.
Abschließend noch ein kleines Lick, um die Lead-Qualitäten der Gitarre zu checken. Dazu habe ich einfach die Einstellung vom Beispiel vorher beibehalten.

Audio Samples
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Boogie Steg Lead

Bestanden! Die Flying V klingt ausgesprochen dick und setzt sich soundmäßig mit breiter Brust in Szene.

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FAZIT

Eine Flying V war und ist eine spezielle Gitarre, und wer sich für sie entscheidet, weiß, worauf er sich einlässt. Die Gibson Flying V 7-String EB ist gut verarbeitete und auch das Finish ist ohne Fehl und Tadel. Trotz der siebten Saite ist die Bespielbarkeit erstaunlich gut und komfortabel. Es bedarf natürlich einer kleinen Umgewöhnung. Clean hat sie mich nicht überzeugt, aber Besitzer einer V werden heutzutage auch kaum in einer Countrykapelle zu finden sein. Ihre wahre Bestimmung findet die Gitarre im verzerrten Betrieb. Und hier macht sie einen wirklich guten Job – auch die zusätzliche tiefe Saite kommt dabei transparent und ausreichend differenziert rüber. Das Preis-Leistungsverhältnis ist gut.

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Technische Daten
  • Hersteller: Gibson
  • Bezeichnung: Gibson Flying V 7-string EB
  • Bauform: Flying V
  • Korpus: Mahagoni
  • Hals: Quartersawn Mahagoni
  • Griffbrett: Palisander
  • Halsprofil: 12“ Radius
  • Bünde 22 Medium Jumbo
  • Mensur: 628mm
  • Sattelbreite: 5,0 cm
  • Mechaniken: Steinberger Gearless Gold Mechaniken
  • Brücke: Gold “V“ string-thru Tailplate + 7-string Tune-o-matic Brücke
  • Farbe: Schwarz
  • Pickups: EMG 707 Alnico (Hals), EMG 81-7 Keramik (Steg)
  • Gewicht: 3,7 kg
  • Preis: € 1.199,00 (UVP)
Unser Fazit:
4 / 5
Pro
  • Sound (vor allem verzerrt)
  • Verarbeitung
  • Bespielbarkeit
  • Mechaniken
  • Preis
Contra
  • Position der Klinkenbuchse
  • Cleansounds bauartbedingt eher mäßig
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Gibson Flying V 7 String EB Test
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