Genelec 8010A Test

Die finnische Schmiede Genelec kennen in Fachkreisen nahezu alle, die sich mal ernsthaft mit Monitoring im Studiobereich befasst haben, und erst recht so ziemlich alle, die sich regelmäßig beruflich im Broadcast-Sektor bewegen. Schon lange stehen oder hängen die finnischen Monitore in den Tonregien der hiesigen Sendeanstalten und zählen dort zum Standard-Rüstzeug der aktiven Toningenieure. Die Company produziert schon seit 1978 Aktivmonitore, die seitdem auch in anspruchsvollen Studios auf der ganzen Welt stehen. Um auch bei Semi-Profis und Musikern aus dem Bereich des Home-Recordings, denen doch in der Regel deutlich weniger Budget zur Verfügung stehen, ernsthaftes Interesse zu wecken, offeriert uns Genelec die 8010A, die nun neben der 8020A, ein Produkt genau für diese Klientel darstellt.  

Genelec 8010A
Genelec 8010A


Zu den „Tugenden“ einer Monitorbox zählen Robustheit, was Gehäuse und Treiber angeht, und ein lineares Klangbild und das bei genügend hoher Abhörlautstärke. Nicht jede Box hat die zuletzt genannte Eigenschaft, zumal der Schein oft trügt. Eine von den Maßen groß ausfallende Box garantiert noch lange keinen druckvollen Sound, dagegen aber ein Platz- und Aufstellungsproblem aufgrund der Sperrigkeit. Für die im März erschienenen 8010A von Genelec gilt das wohl kaum, denn sie kombinieren die Handlichkeit einer Computermonitorbox mit dem professionellen Know-How aus dem Studiobereich. Meine an die kleinen Finnen geknüpften Erwartungen sind schon recht hoch, denn ich höre seit Jahren auch privat auf Genelecs…  

Details

Keine Tischlampe

Geschützt wird der Packungsinhalt von zwei einfarbigen und sachlich bedruckten Pappkartons, die mehr auf eine Tischlampe von IKEA als auf hochwertige Monitore schließen lassen. Aber zum Glück bestätigt ein säuberlich aufgeklebter Zettel die Boxen als Packungsinhalt und nicht ein Möbelstück inklusive stundenlanger Montage. Entsprechend fällt der Lieferumfang übersichtlich aus: neben der Box ein Netzkabel und ein englisches Manual.

Der Lieferumfang der 8010A
Der Lieferumfang der 8010A

Die kompakten Abmessungen von gerade einmal 195 mm in der Höhe, 121 mm Breite und 116 mm Tiefe inklusive Fuß versprechen unzählige Aufstellungsmöglichkeiten. Schließlich können die kleinen Boxen selbst aus der kleinsten Ecke den Raum beschallen. Doch werden sie auch entsprechend mit den Umgebungsbedingungen zurechtkommen? Dazu später mehr, denn vor meinem Test riskiere ich einen ersten Blick auf die Zweikanal-Box.
Schon der entkopplungshemmende Iso Pod-Standfuß, auf dem die Box stabil, sicher und vibrationsdämpfend zugleich steht, kündigt an, dass sie es anscheinend laut mag und jenseits der Computermonitoring-Liga spielt, zumindest technisch, klanglich und auch preislich. Das anthrazit-farbige Gehäuse wirkt nicht nur hochwertig, sondern dank seines Metallmantels aus recyceltem Aluminium-Druckguss auch äußerst massiv. Kein Wunder, dass die Box damit auf 1,5 Kilogramm kommt.

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Da es sich bei der 8010A um eine Zweiwegebox handelt, sorgt für den Tiefton ein Drei-Zoll-Treiber,  und die höheren Frequenzen deckt eine 3/4-Zoll-Kalotte ab. Die beiden Endstufen werden jeweils mit einer maximalen Leistungsaufnahme von 25 Watt angegeben. Die interne Frequenzweiche trennt den zu übertragenden Frequenzbereich bei 3 kHz. Engmaschige Gitter schützen die beiden Speaker vor Fremdeinwirkungen. Eine kleine LED rechts unterhalb des Basstreibers zeigt den momentanen Status der Box an. Schwenkt der Blick auf die Rückseite, fällt einem das Bassreflexrohr auf, das laut Genelec geschwungen und damit aerodynamisch optimiert ist, um die Tieffrequenzerweiterung des Tieftöners zu ermöglichen. Unterhalb dessen halten sich fünf kleine Schalter versteckt, mit denen sich die Autostart-Funktion aktivieren und die Sensitivität um 10 dB senken lassen. Aber auch der Klang ist entsprechend den Umgebungen und dem Aufstellungsort anpassbar.

Fotostrecke: 2 Bilder Die grün oder rot leuchtende LED zeigt den Modus an

Den Abschluss des Backpanels bilden ein Netzschalter, die Netz- und XLR-Buchsen, beide an der Oberkante in das Chassis eingelassen, sodass die Kabel nach unten weggeführt werden. Genelec löste die Kabelführung entsprechend der Montage auf Stativen. Diese lassen sich über Schraubgewinde an der Rückseite und an der Unterseite fixieren. Allerdings stört die Kabelführung bei der Aufstellung mit dem mitgelieferten Standfuß, denn Netz- und XLR-Kabel werden dabei geknickt, was ich zunächst einmal als nicht so besonders gelungen einordnen muss.  
Weitere Features weist die 8010A nicht auf, sodass der vermutlich unkomplizierten Inbetriebnahme nichts im Wege stehen sollte.

XLR, nur ein Anschluss, dafür aber wenigstens den professionellsten!
XLR, nur ein Anschluss, dafür aber wenigstens den professionellsten!

Praxis

Genelecs 8000er-Serie ist für ein Monitoring im nahen Umfeld mit einem Abstand von circa einem Meter konzipiert. Dabei schafft die Box laut Manual einen Schalldruckpegel von 96 dB, bei Halbierung der Entfernung sogar 102 dB, ohne dabei hörbar zu verzerren. Realisiert wird das über Genelecs erweiterte Treiber-Technologie in Kombination mit besonderen Filtern, die für eine verbesserte Auflösung über das gesamte Audiospektrum sorgen sollen. Sollte es einmal zu viel werden, beugt eine Überlastungsschutzschaltung größeren Schäden an den Treibern oder der Elektronik vor. In der Theorie hört sich das alles sehr gut an, aber wie machen sich die 8010A nun im Studioalltag?  
Das Netzkabel wird in die entsprechende Buchse gesteckt, gleiches gilt für den XLR-Eingang, den ich mit den XLR-Masterausgängen meines Rane Sixty-Two verbinde. Anschließend schalte ich den Monitor mit Hilfe des Netzschalters ein. Die frontseitige LED gibt mir für meinen Test nun grünes Licht. Schnell noch die Switches der Rückseite überprüfen, um die Box meiner Testumgebung anzupassen. Folgende Optionen werden mir über die Schalterkombinationen geboten:  
– Für eine flache, reflexionsfreie Wiedergabe
– Freie Aufstellung in einem gedämpften Raum
– Freie Aufstellung in einem hallenden Raum
– Aufstellung in der Nähe zur Wand – In der Nähe zu einer reflektierenden Oberfläche
– Aufstellung in einer Ecke oder einem Wandschrank  
Die jeweiligen klanglichen Anpassungen realisiert u.a. der Desktop Control-Schalter, der die 200 Hertz Bassfrequenz um 4 dB reduziert. Wenn die Box auf einem Tisch steht, dämpft dies lästige Vibrationen und vermeidet typische Überbetonungen in diesem Frequenzbereich. Zudem konfigurieren die beiden Bass Tilt-Schalter das Klangbild, indem sie tiefe Frequenzen um 4 oder 6 dB drosseln. In der Kombination der beiden Schalter verändert sich entsprechend der Sound. Abschließend reguliert das Sensitivity Adjustment, sprich die Eingangsempfindlichkeit, den Pegel um 10 dB.  
Um herauszufinden, wie sich der resultierende Sound aufgrund der Schaltungen anhört, probiere ich in meinem Test alle Einstellungen aus. Für den Lautstärkepegel ist ausschließlich der Zuspieler zuständig, da die Monitorbox über keinen eigenen Lautstärkeregler verfügt. Entsprechend werden der Master und der Gain des Kanals meines Mischers genau getrimmt, um die Genelec ordentlich aus der Reserve zu locken.  
Schon die ersten Töne beeindrucken mich dank des grandiosen Pegels, der sich hier ergibt. Der Bass klingt für eine Box dieser Größe ungewöhnlich füllig. Selbst bei Frequenzen unterhalb der 100 Hertz gibt sich die Box keine Blöße. Wer es allerdings laut bevorzugt, sollte mit dem Bass Tilt die niedrigen Frequenzen entweder um 4 oder 6 dB senken, um somit den Dreizöller hinsichtlich der großen Auslenkungen bei Tieftönen ein wenig zu entlasten und einen größeren Gesamtpegel zu erreichen. Bezüglich der Mitten und Höhen offenbart die Box keinen Grund für Beanstandungen. Das Instrumentarium definiert sich klar und detailreich, das Signal schallt unverfälscht und präzise aus den zwei Lautsprechern. Die HiHats werden messerscharf auf die Ohren „geschossen“, und man erhält ein transparentes Klangbild im Mittel- und Hochtonbereich. Die Aktivbox soll einen Übertragungsbereich von 74 Hertz bis 20 Kilohertz ermöglichen. Genelec gibt bei dieser Messung maximale Abweichungen über den gesamten Frequenzbereich von maximal plus/minus 2,5 dB an. Das merkt man auch und somit lässt sich damit auch durchaus mischen, egal, ob im Studio oder beim DJing.  
Wie bereits erwähnt, verfügt die 8010A-Serie über eine ISS Autostart-Funktion. Dafür ist zunächst der Monitor über den Netz-Switch einzuschalten. Bekommt die Box über mehrere Minuten kein Signal, fährt sie automatisch in den Stand By-Modus, der mit einer rot leuchtenden LED quittiert wird. Erfolgt anschließend eine Signalzuspielung, reagiert die Box entsprechend und wechselt wieder zum „On“-Status mit grüner LED. Bezüglich der zeitlichen Verzögerung können Ungeduldige auch die Funktion am Schalter „ISS Disable“ deaktivieren.

Genelec, ein Name, der was verspricht!
Genelec, ein Name, der was verspricht!

Fazit

Wahre Größe sollte man nicht nach den Maßen beurteilen, denn Genelecs aktive Monitore 8010A stapeln aufgrund ihrer kompakten Maße zunächst ziemlich niedrig. Doch schon beim ersten Griff zum Chassis spürt man die Professionalität des Monitors, der für die Beschallung im Nahfeldbereich konzipiert wurde. Ein schweres, robustes Aluminium-Druckgussgehäuse steht auf einem vibrationshemmenden Iso Pod-Fuß. In einem Abstand von einem Meter schafft die Zweiwegebox einen Schalldruckpegel von 96 dB, als Paar sogar 105 dB, mit einem Bass, den man ihr wirklich nicht zutraut. Der Monitor profitiert von einem langen Bassreflexrohr samt optimierter Treiber und Filter. Und sollte die Box ihre Grenzen erreichen, macht sie dank Limiter rechtzeitig zu. Auch auf die von flexiblen und unterschiedlichen Aufstellungsmöglichkeiten hervorgerufenen Resonanzen kontert sie entsprechend mit verschiedenen, darauf angepassten Einstellungsmöglichkeiten. Klanglich möchte ich den Genelec 8010A ein druckvolles, klares und neutrales Monitoring bescheinigen, das sie vor allem für jegliche Arbeit im Studio prädestiniert. Auch als Wegbegleiter on Tour, entweder für den FOH oder die DJ-Kanzel, sind sie bestens geeignet. Mit ihrem satten Pegel setzen sie sich gegenüber der Geräuschkulisse und der PA gut durch. Mit diesen Argumenten bekommt die Box von mir eine klare Kaufempfehlung. Leider verfügt sie nur über eine XLR-Buchse. Die nicht so zufriedenstellende Anschlussflexibilität und das Abknicken der Kabel beim Betrieb auf dem Standfuß sind daher auch meine einzigen Kritikpunkte.

Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • Sehr hochwertige Verarbeitung
  • Sehr massives Gehäuse
  • Linearer, ausgewogener und klarer Sound
  • Im Verhältnis zur Größe hoher Schalldruckpegel
  • Autostart
  • Iso Pod-Standfuß
Contra
  • Anschluss nur über XLR
  • Kabel knicken beim Aufstellen um
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Genelec 8010A Test
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